VfGH vom 08.10.2009, B508/09

VfGH vom 08.10.2009, B508/09

Sammlungsnummer

18908

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die abfallpolizeiliche Anordnung der Räumung einer Grundfläche von gefährlichen Abfällen; willkürliche Beurteilung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002; Beendigung des Mietverhältnisses zum früheren Anlagenbetreiber sowie dessen Konkurs kein ausreichender Grund für die Annahme des Übergangs der Anlageninhaberschaft

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist Rechtsnachfolgerin von

N. L., des verstorbenen Eigentümers zweier Liegenschaften in Wien, auf denen seit dem Jahr 1985 auf Grund eines Mietvertrages mit N. L. von einem näher bezeichneten Dritten eine - auch auf gefährliche Abfälle bezogene - Abfallbehandlungsanlage betrieben wurde.

2. Anlässlich einer am unter Beiziehung mehrerer Sachverständiger seitens der Magistratsabteilung 22 (für den Landeshauptmann von Wien als Anlagenbehörde) gemäß § 62 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I 102/2002 idF BGBl. I 34/2006, (im Folgenden: AWG 2002) vorgenommenen Revision wurden diverse Missstände v.a. hinsichtlich der Lagerung von Abfällen sowie Gefahr im Verzug konstatiert, weshalb dem (nach Aufhebung des Konkurses über das Vermögen des früheren Anlagenbetreibers und dessen Löschung aus dem Firmenbuch) als Anlageninhaber angesehenen Liegenschaftseigentümer N. L. gemäß § 62 Abs 4 AWG 2002 im Wege unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt die unverzügliche Durchführung bestimmter (Sofort)Maßnahmen aufgetragen wurde.

Da der Genannte diesen Anordnungen keine Folge leistete, wurden die Maßnahmen im Auftrag des Landeshauptmannes von Wien gemäß § 62 Abs 4 AWG 2002 im Wege der Ersatzvornahme am 30. und durchgeführt.

3. Die gegen die Anordnung dieser Maßnahmen vom Liegenschaftseigentümer N. L. gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG eingebrachte Maßnahmenbeschwerde wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (im Folgenden: UVS) vom als unbegründet abgewiesen.

4. Diesen Bescheid hob der Verfassungsgerichtshof (in Stattgabe der dagegen von der beschwerdeführenden Partei, der Verlassenschaft nach dem zwischenzeitig verstorbenen N. L., erhobenen Beschwerde) mit Erkenntnis vom , B340/07, (in dem auf das Erkenntnis vom , B1702/07, verwiesen wird), wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz auf (s. dazu unten Pkt. II.2.).

5. Mit (Ersatz)Bescheid des UVS vom wurde die Maßnahmenbeschwerde erneut als unbegründet abgewiesen. Begründend wird ausgeführt:

"1. Mit Bescheid vom , Zl. UVS-02/13/5729/2006, hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien im ersten Rechtsgang die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Maßgeblich für diese Entscheidung war die Rechtsauffassung, der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin sei mit seiner Aufkündigung des Bestandverhältnisses (durch Klage auf Räumung des Hauptgebäudes des Mietgegenstands samt damit verbundener Auflösungserklärung betreffend die Mietrechte der ÖSTAB am Bestandobjekt, welcher durch Anerkenntnis der Gegenseite Rechnung getragen worden war) selbst zum Anlageninhaber im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes geworden.

...

Mit Erkenntnis vom , Zl. B340/07 (verweisend auf E v , Zl. B1702/07), hat der Verfassungsgerichtshof den Bescheid aufgehoben. In seinen Entscheidungsgründen gibt der VfGH zwar die Argumente des UVS Wien wieder, vertritt aber dennoch die Ansicht, die daraus abgeleitete Rechtsmeinung lasse eine nachvollziehbare Begründung vermissen, weshalb dem UVS Wien ein gravierender, den angefochtenen Bescheid mit Willkür belastender Begründungsfehler unterlaufen sei.

2. Zwar lässt der Verfassungsgerichtshof in seiner Begründung nicht erkennen, an welcher Stelle der Schlusskette zum Punkt 'Anlageninhabereigenschaft des Beschwerdeführers' eine Lücke die Nachvollziehbarkeit der Schlussfolgerung seiner Meinung nach beeinträchtigt. Allerdings ist noch während des beim VfGH anhängigen Beschwerdeverfahrens mit Tessar, Der Anlageninhaberbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, RdU 2008/22, eine vom gegenständlichen Anlassfall inspirierte, eingehende Untersuchung veröffentlicht worden, welche die Richtigkeit der bereits im aufgehobenen Bescheid in aller Kürze dargestellten Schlussfolgerung umfassend nachweist, indem sie die Stellung eines Anlageninhabers eindeutig und zwingend auf die - zu einer Abfallbehandlungsanlage gegebene - Inhaberschaft im Sinne des § 309 ABGB zurückführt. (Diesem Ergebnis folgt in seiner soeben - 2009 - erschienenen dritten Auflage auch der Standardkommentar von List/Schmelz, AWG 20023, 421 f.)

Der Autor analysiert in einem ersten Schritt die §§52f AWG und leitet daraus in nachvollziehbarer Weise eine Personenidentität des 'Inhabers einer mobilen Behandlungsanlage' iSd § 52 Abs 6 AWG, ferner der Person, welcher gemäß § 53 Abs 1 AWG das Recht zur Aufstellung (und somit auch zum Betrieb) der genehmigten mobilen Abfallbehandlungsanlage zukommt, und schließlich dem 'Inhaber einer Genehmigung gemäß § 52 Abs 1 AWG' ab und verallgemeinert dieses Ergebnis wie folgt:

'Schon auf Grund des Auslegungsprinzips der Einheit der Rechtsordnung und der Rechtssprache und des Umstands, dass laut der RV zur Stammfassung des AWG 2002 dem AWG ein einheitlicher Inhaberbegriff zu Grunde liegt, wird dieses Auslegungsergebnis auch auf die Inhaberbegriffe bezüglich ortsfester Abfallbehandlungsanlagen zu übertragen sein. Verallgemeinernd kann gefolgert werden, dass den Inhaberbegriffen eine Personenidentität zu Grunde liegt und als AI [Anlageninhaber] der Inhaber der Abfallbehandlungsanlagengenehmigung anzusehen ist.' ...

'Ein AI ist daher die Person, welche zum Betrieb einer genehmigten 'Abfallbehandlungsanlage' berechtigt ist.'

Im nächsten Schritt setzt sich der Autor mit der etwas kryptischen Erläuterung des Begriffs 'Inhaber' in den EB zur RV, 984 BglNR 21. GP, 87, 103, auseinander. Er verwirft die aus den EB allenfalls ableitbare Hypothese, die Sachherrschaft über die Anlage wäre nicht unbedingt die Voraussetzung der Inhaberschaft, mit dem Hinweis, der Verlust des Anknüpfungspunktes der dinglichen Wirkung bewirke stets auch den Verlust der aus einem Bescheid mit dinglicher Wirkung abgeleiteten Rechtsstellung, und verweist dazu - unter Anführung zahlreicher Belege - auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes:

'So fordert der VwGH für die anlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 74 GewO die Inhabung iSd § 309 ABGB des Antragstellers während des gesamten Genehmigungsverfahrens. Außerdem bejaht der VwGH auch ohne eine explizite Eintrittsregelung [...] ein Eintrittsrecht der Person, an deren Rechtsstellung das dingliche Recht anknüpft, in ein laufendes Genehmigungsverfahren.'

[...]

In einer systematischen Interpretation des AWG verweist der Autor auf § 64, welcher die dingliche Wirkung der meisten anlagenrechtlichen Bescheide normiert, und führt dazu aus:

'Von einer 'dinglichen Wirkung' eines Bescheides ist dann zu sprechen, wenn dieser stets dem eine Rechtstellung einräumt, der entsprechende Rechte an der 'betroffenen' Sache hat. Die dingliche Wirkung eines Bescheides bewirkt somit die Erstreckung der Bescheidwirkungen auf die sachenrechtlichen Rechtsnachfolger in die sachenrechtliche Rechtsstellung der Person, deren Antrag durch Bescheid genehmigt worden ist.'

[...]

'Regelmäßig sprechen dingliche Bescheide demjenigen eine Rechtsstellung zu, dem zumindest die Innehabung der jeweiligen Sache zukommt.'

[...]

'Zudem ist auch den durch § 64 AWG nicht ausdrücklich eine dingliche Wirkung zuerkannten anlagenrechtlichen Bescheiden eine dingliche Wirkung zuzusprechen [...], da nach der höchstgerichtlichen Judikatur und der hL nämlich, sofern nichts Gegenteiliges normiert ist, allen anlagenrechtlichen Bescheiden eine dingliche Wirkung zukommt. Bei den anlagenrechtlichen Bescheiden handelt es sich nämlich (grundsätzlich) um Bescheide, welche zwar an Personen ergehen, ihrer Rechtsnatur nach - ungeachtet der persönlichen Eigenschaften des Bescheidadressaten - aber nur auf Eigenschaften der Sache abstellen.'

[...]

'In diesem Sinn kommt allen anlagenrechtlichen Bescheiden, wie auch allen baubehördlichen oder projektbezogenen Bescheiden, dingliche Wirkung zu.'

[...]

'Nach der VwGH-Judikatur ist für die Qualifizierung eines Bescheides mit dinglicher Wirkung somit nicht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich.'

[...]

Daran anknüpfend, untersucht der Autor, welche sachenrechtliche Rechtstellung für die Bejahung einer Anlageninhaberschaft maßgeblich ist. Auf Grund eingehender Überlegungen führt er dazu unter anderem aus:

'Wenn man zudem berücksichtigt, dass die anlagenrechtlichen Bestimmungen des AWG weitgehend denen der GewO nachgebildet sind, liegt es nahe, der dinglichen Wirkung anlagenrechtlicher Bescheide nach dem AWG denselben Anknüpfungspunkt als der GewO zu Grunde zu legen. Zur § 64 AWG vergleichbaren anlagenrechtlichen Bestimmung des § 80 Abs 5 GewO hat der VwGH auf die Rechtsstellung des Inhabers iSd § 309 ABGB abgestellt.'

[...]

In der Folge verweist der Autor darauf, dass auch die dingliche Wirkung der anlagenrechtlichen Bescheide nach dem Wasserrechtsgesetz an die Rechtsstellung des Inhabers im Sinne des § 309 ABGB anknüpft. Auch nach Erlassung der WRG-Novelle 1990 habe der Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf seine Vorjudikatur - ohne Berücksichtigung des in der Zwischenzeit eingefügten § 138 Abs 4 WRG - ausgesprochen, dass 'nicht nur die unmittelbare Herbeiführung eines wasserrechtlich bewilligungsbedürftigen Zustandes ohne diese Bewilligung eine Übertretung von Bestimmungen iSd § 138 Abs 1 WRG dar(stellt), sondern auch die Aufrechterhaltung, Duldung oder Nutzung eines solcher Art konsenslos geschaffenen und bestehenden Zustandes', wozu er auf , verweist. Dieser Auslegung habe sich auch der VfGH angeschlossen (VfSlg. 13.587/1993). Da nun aber die Aufrechterhaltung bzw. Duldung eines Missstandes bzw. die Nutzung einer Sache regelmäßig durch den Inhaber iSd § 309 ABGB erfolge, dürfte zumindest nach dieser Judikatur die Inhaberschaft iSd § 309 ABGB der Anknüpfungspunkt der dinglichen Wirkung und der angesprochenen wasserrechtlichen Aufträge nach dem WRG sein (konkludent idS auch ; , 92/07/0154; , 98/07/0080; , 99/07/0114).

Auf Grund weiterer Überlegungen schränkt der Autor ein, dass es zur Bejahung der Inhaberschaft iSd § 309 ABGB in einem Fall nicht auf die unmittelbare Sachherrschaft an der Sache ankomme, nämlich wenn auf Grund des äußeren Anscheins davon auszugehen ist, dass der unmittelbare Sachinhaber für jemand anderen (daher einen mittelbaren Sachinhaber) die Sachherrschaft wahrnimmt. Er zieht folgendes Resümee:

'Wenn man daher die Inhaberschaft iSd § 309 ABGB als Anknüpfungspunkt der dinglichen Wirkung der anlagenrechtlichen Bescheide des AWG qualifiziert, ist für die Ermittlung des AI auf den äußeren Anschein abzustellen. Diesem äußeren Anschein entsprechend ist derjenige, welcher auf eigene Rechnung und im eigenen Namen und zudem unbekämpft eine genehmigte Abfallbehandlungsanlage tatsächlich (aktuell) betreibt, als derjenige einzustufen, welcher von einem (tatsächlich erteilten) Abfallbehandlungsanlagenbetriebsrecht Gebrauch macht. Dieser ist als AI anzusehen, zumal dieser auch im Fall, dass er nicht die unmittelbare Sachherrschaft an der Anlage ausübt, als mittelbarer Sachinhaber und folglich als Inhaber iSd § 309 ABGB einzustufen ist. In den Fällen aber, in welchen von jemandem nicht nach außen sichtbar von einem erteilten Abfallbehandlungsanlagenbetriebsrecht Gebrauch gemacht wird, besteht kein leicht erschließbarer äußerer Anschein dahingehend, dass diesem ein Abfallbehandlungsanlagenbetriebsrecht zukommt. Folglich ist in diesem Fall (mangels eines eine Besitzmittlung für einen mittelbaren Sachinhaber nahelegenden äußeren Anscheins) auf Grund des äußeren Anscheins die Person, welcher die unmittelbare Sachherrschaft zukommt, als Inhaber iSd § 309 ABGB anzusehen.

In diesem Sinne ist mE daher die kryptische Inhaberbegriffsdefinition der Erläuterungen zur AWG-Stammfassung auszulegen. AI ist demnach derjenige, welcher der Sachinhaber iSd

§309 ABGB ist (welcher daher die Sachherrschaft inne hat). Grundsätzlich ist der mittelbare Sachinhaber (daher im Falle eines aufrechten Anlagenbetriebs der Anlagenbetreiber) als Sachinhaber iSd

§309 ABGB anzusehen. Im Fall eines nicht aufrechten Anlagenbetriebs kommt dagegen - mangels eines gegenteiligen äußeren Anscheins - dem unmittelbaren Sachinhaber (daher der die unmittelbare Sachherrschaft ausübende Person) die Stellung des AI zu.'

Durch die auszugsweise zitierte Publikation ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien in aller Ausführlichkeit der Nachweis erbracht, dass die bloße zivil-, also sachenrechtliche Inhaberschaft an der Abfallbehandlungsanlage zumindest dann, wenn niemand anderer nach außen ersichtlich die Anlage betreibt, die Anlageninhaberschaft iSd Abfallwirtschaftgesetzes bedingt (bzw. mit dieser äquivalent ist). Diese Ansicht wird von List/Schmelz, AWG 20023, 421 f., geteilt; die Autoren führen dazu noch aus (ebenda, 422):

'Demnach ist Anlageninhaber eine Person, die Gewahrsame gem § 309 ABGB an der Anlage hat (zu § 83 GewO 1973, ). Die Innehabung setzt lediglich voraus; dass sich eine Sache im Herrschaftsbereich einer Person befindet. Die Gewahrsame richtet sich dabei nach der Verkehrsauffassung (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht, 257).

Im gegenständlichen Fall bedürfte es somit höchstens noch der Darlegung, dass der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des beschwerdegegenständlichen Auftrages zivilrechtlicher Inhaber der Abfallbehandlungsanlage war (sollte der Hinweis auf das zitierte Standardlehrbuch nicht ausreichen). Obwohl der Beschwerdeführer diesen Umstand nicht bestritten hat, sei dazu ergänzend ausgeführt, dass eine Bestandsache mit rechtswirksamer Auflösung des Bestandverhältnisses an den Eigentümer zurückfällt und dieser auch sachenrechtlich die Gewahrsame wiedererlangt, wenn der frühere Bestandnehmer die Aufgabe seines Rechtsbesitzes deutlich kundgetan hat (was mit Anerkenntnis vom hier der Fall war). Hat der Bestandvertrag in der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstückes bestanden, mit der vertragsgemäß das Recht zur Errichtung einer Betriebsanlage verbunden war, so fällt mit rechtskräftigem Erlöschen des Bestandvertrages und Räumung des betreffenden Grundstücks durch den Bestandnehmer nicht nur dieses, sondern auch die darauf errichtete Anlage sachenrechtlich an den Eigentümer zurück, sodass dieser damit auch wieder Inhaber des Grundstücks und der mittlerweile darauf errichteten Anlage wird. Verwiesen sei auf den lehrbuchmäßigen Fall eines Baurechts, welches an den Grundeigentümer zurückfällt, wodurch dieser auch Eigentümer (und natürlich Inhaber) des zwischenzeitlich aufgrund des Baurechts errichteten Hauses wird. Wenn dies sogar für ein verbüchertes Baurecht gilt, so hat dies umso mehr für das schwächere Bestandsrecht zu gelten.

Außerdem handelt es sich bei einem Haus wie bei einer Betriebsanlage um unbewegliche Sachen, die idR das sachenrechtliche Schicksal der Liegenschaft teilen, auf der sie errichtet sind, nämlich dann, wenn sie weder mit einem vom Grundeigentum abgeleiteten Recht verbunden und damit einer besonderen Gewahrsame zugänglich sind, noch eine vom Grundeigentümer verschiedene Person - wenn auch widerrechtlich - die tatsächliche Gewahrsame ausübt. Im Zeitpunkt der bekämpften Maßnahme lag keiner dieser Fälle vor. Der seinerzeitige Beschwerdeführer war vielmehr uneingeschränkter (dh durch keinerlei von ihm übertragene Rechte oder fremde Besitzansprüche eingeschränkter) Eigentümer des Betriebsgrundstückes, und dieses befand sich in seiner Gewahrsame, samt allen damit fest verbundenen Bauwerken. Auf seinen Besitzwillen an den letzteren (oder am Grundstück insgesamt) kam es daher nicht an. Da aber - wie von Tessar nachgewiesen - im hier interessierenden Zusammenhang Sachinhaberschaft und Anlageninhaberschaft gleichbedeutend sind, ist (nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien nunmehr jedenfalls in nachvollziehbarer Weise) der Nachweis erbracht, dass der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung Anlageninhaber war.

Dieses Ergebnis ist auch deshalb zwingend, weil die gegenteilige Auffassung zu inhaberlosen Betriebsanlagen führen würde, obwohl unbewegliche Sachen nach österreichischem Recht nicht derelinquiert werden können (und Anlagen nach den der Gewerbeordnung und verwandten Gesetzen zu Grunde liegenden Zielsetzungen auch keineswegs einfach aufgegeben werden sollen). Die Dereliktion unrentabler Abfallbehandlungsanlagen mit all ihren Folgen wäre dann die wirtschaftlich logische Konsequenz. Dass der Verwaltungsgesetzgeber - durch ein gänzlich anderes Verständnis des Anlageninhaberbegriffs als oben ausführlich dargelegt - so etwas hätte zulassen wollen, kann nicht unterstellt werden.

3. Zu allen weiteren Rechtsfragen wird auf die Begründung des aufgehobenen Bescheides vom , Zl. UVS-02/13/5729/2006, verwiesen, deren Nachvollziehbarkeit vom VfGH ja lediglich in puncto 'Anlageninhabereigenschaft' bemängelt worden ist.

Zugleich wird darauf hingewiesen, dass der UVS Wien in diesem Bescheid seine Abweisung überdies mit mangelnder Beschwer begründet hatte (Punkt 3.3.1. der Begründung des Bescheides UVS-02/13/5729/2006 vom ). In dem vom VfGH zuerst aufgehobenen (wiewohl mehr als sechs Monate später erlassenen und datierten) Parallelbescheid vom , UVS-02/11/7363/2006, kommt dieses Begründungselement nicht vor, weshalb der VfGH in seiner Musterentscheidung - auf die er in seinem gegenständlichen Erk. lediglich verweist - nicht darauf eingeht.

..."

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie "auf Beachtung der Bindungswirkung gemäß § 87 Abs 2 VfGG" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

Begründend wird u.a. vorgebracht, dass die Behörde im angefochtenen Ersatzbescheid auf ihrer unrichtigen Rechtsauffassung beharre und meine, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes genüge getan zu haben, indem die Abweisung ausführlicher als im aufgehobenen Bescheid begründet werde. Der Ersatzbescheid werde aber gerade auf jene Rechtsansicht gestützt, die vom Verfassungsgerichtshof ausdrücklich abgelehnt worden sei. Das Erkenntnis mache deutlich, dass ein erzwungener Übergang der Anlageninhaberschaft auf eine Person, welche die Anlage nicht betreiben will, außer Betracht bleibe. Im vorliegenden Fall sei kein Betreiberwille vorgelegen. Die beschwerdeführende Partei könne auch deshalb nicht als Anlagenbetreiber qualifiziert werden, weil die Anlage im Zeitpunkt der behördlichen Anordnung nicht mehr in Betrieb gewesen sei. Aus dem Umstand, dass nach dem Anerkenntnis des Auflösungsbegehrens weiterhin Abfälle auf der Liegenschaft lagerten, könne nicht auf einen aufrechten Betrieb der Anlage geschlossen werden. Mangels Betreiberwillens und Betriebes der Anlage könne die beschwerdeführende Partei nicht als Anlageninhaber iSd § 62 Abs 4 AWG 2002 qualifiziert werden; § 62 Abs 4 AWG 2002 wäre daher nicht anzuwenden gewesen.

Die beschwerdeführende Partei moniert zudem, dass der UVS bei Anwendung des § 62 AWG 2002 iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Verpflichtung prüfen hätte müssen. Das Erfordernis der wirtschaftlichen Zumutbarkeit werde durch die Vorschrift des § 74 Abs 2 AWG 2002 konkretisiert; der UVS habe das Vorliegen der in dieser Bestimmung festgelegten Haftungsvoraussetzungen nicht erörtert und durch Anwendung des § 62 AWG 2002 die in § 74 leg.cit. normierte Schranke für behördliches Handeln umgehen wollen.

7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdebehauptungen mit näherer Begründung entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige -

Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 87 Abs 2 VfGG sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, dann, wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, im betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die Behörde ist also bei Erlassung des Ersatzbescheides an die vom Verfassungsgerichtshof im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht gebunden. Diese Verpflichtung der Behörde besteht für die die Aufhebung des Bescheides tragenden Gründe bzw. die zugrunde liegenden rechtlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes. Die Bindung erstreckt sich auch auf solche Fragen, die der Gerichtshof zwar nicht ausdrücklich behandelt hat, die aber eine notwendige Voraussetzung für den Inhalt seines aufhebenden Erkenntnisses darstellen (vgl. zB VfSlg. 14.898/1997, 16.651/2002, 17.154/2004).

2. In seinem Erkenntnis vom , B1702/07, - auf dessen Entscheidungsgründe im hier relevanten Erkenntnis vom , B340/07, verwiesen wird - hat der Verfassungsgerichtshof u.a. wörtlich ausgeführt:

"... § 62 AWG 2002 regelt in seinen Abs 2 bis 4 den

behördlichen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands im Fall eines konsenswidrigen Betriebes einer Behandlungsanlage. Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die geeigneten Maßnahmen in Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Inhaber der Anlage nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen (Abs4).

Adressat einer Anordnung nach dieser Vorschrift kann somit nur der Anlageninhaber sein; der Begriff des 'Inhabers' einer Anlage wird im Gesetz nicht näher definiert, aber durchgängig für diejenige (physische oder juristische) Person verwendet, welche die Anlage betreibt oder zumindest die Sachherrschaft über die Anlage hat (vgl. Erläut. zur RV 984 BlgNR 21. GP, 87, 103; ferner ).

... Die Annahme der belangten Behörde, dass N. L. nach

Wegfall der Anlagenbetreiberin zufolge Konkurses und nachfolgender Löschung aus dem Firmenbuch aufgrund seiner Rechtsposition als Eigentümer des Betriebsgrundstückes und vormaliger Bestandgeber der früheren Anlagenbetreiberin zum Inhaber der Anlage geworden ist, lässt aus folgenden Erwägungen eine nachvollziehbare Begründung vermissen:

Wie oben dargelegt (...), bejaht der UVS die Richtigkeit der Einstufung des (verstorbenen) Grundstückseigentümers (und Rechtsvorgängers der beschwerdeführenden Partei) als Anordnungsadressat zunächst unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (demzufolge der Begriff des Anlageninhabers nach dem AWG den Vorschriften nach der GewO nachgebildet sei) und unter Verweis auf die (Erläuterungen zur) RV zum AWG 2002 zum Begriff des 'Inhabers', ohne auszuführen, welche Schlussfolgerungen sich daraus für die hier entscheidende Frage der Anlageninhabereigenschaft des Eigentümers der Betriebsliegenschaft ergeben. Der bloße Verweis auf die Gesetzesmaterialien genügt zur Begründung dessen Anlageninhabereigenschaft indes nicht. Schon deshalb fehlt dem angefochtenen Bescheid eine plausible Begründung für die Annahme, dass N. L. nur zufolge seiner Stellung als Eigentümer des Grundstückes, auf dem sich die Behandlungsanlage befindet, (unabhängig von seinem Willen) zum Anlageninhaber iSd § 62 Abs 4 AWG 2002 geworden ist. Auch die im angefochtenen Bescheid weiters angestellten Überlegungen zur Beendigung von Bestandverhältnissen nach den Regeln des Privatrechts vermögen weder für sich noch iVm den übrigen Ausführungen eine tragfähige Grundlage für die Annahme des Überganges der Anlageninhaberschaft auf den Grundstückseigentümer N. L. zu liefern.

Die belangte Behörde hat es in diesem Zusammenhang zudem verabsäumt, sich mit dem durchgängigen (und in der Maßnahmenbeschwerde hervorgehobenen) Vorbringen des N. L. bzw. der beschwerdeführenden Partei, wonach N. L. die Anlage nie betrieben und auch niemals den Willen gehabt habe, diese Anlage zu betreiben oder als eigene Sache innezuhaben, auseinanderzusetzen. Anders als die belangte Behörde meint, wurde der Liegenschaftseigentümer nicht durch die bloße Beendigung des Mietverhältnisses zum Anlageninhaber.

... Daraus erhellt, dass sich der UVS bei Bejahung der

Zulässigkeit der Heranziehung des Liegenschaftseigentümers als Anlageninhaber - aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes - auf keine hinreichend plausiblen Begründungselemente zu stützen vermochte und wesentliche Argumente der Maßnahmenbeschwerde übergangen hat. Dies fällt bei einer Entscheidung über einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit weit reichenden Folgen (wie hier) besonders ins Gewicht. Dem UVS ist deshalb insoweit (objektive) Willkür vorzuwerfen."

3. Die belangte Behörde ist ihrer aus § 87 Abs 2 VfGG erfließenden Verpflichtung nicht nachgekommen:

3.1. Nach den dargelegten Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes kann der (von der Maßnahme betroffene) Eigentümer des Betriebsgrundstückes (und unmittelbare Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Verlassenschaft) N. L. - dem nach der Aktenlage stets der Wille zum Betrieb der Anlage gefehlt hat - nach einvernehmlicher Auflösung des Bestandvertrages nicht bereits auf Grund dieser Rechtsposition als Liegenschaftseigentümer und Vermieter des Betriebsareals eo ipso zum Inhaber der Anlage und damit zum Normadressaten des § 62 Abs 4 AWG 2002 geworden sein.

3.2. Der Begründung des angefochtenen (Ersatz)Bescheides zufolge stellt die belangte Behörde jedoch im Kern wieder (nur) auf die zivilrechtlichen Regelungen über die Innehabung ab. Sie vertritt nämlich - unter Missachtung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes - die (verfehlte) Rechtsauffassung, dass (schon) das Eigentum am Betriebsgrundstück nach Beendigung des Bestandverhältnisses (über die Vermietung der Liegenschaft) den Übergang der Inhabereigenschaft in Bezug auf die (vom Bestandnehmer auf dem gemieteten Areal errichteten und betriebenen) Behandlungsanlage gemäß § 62 Abs 4 AWG 2002 bewirkt habe und es auf den Betreiberwillen des Liegenschaftseigentümers N. L. für dessen Qualifikation als Anlageninhaber nach dem AWG 2002 nicht ankomme.

Mit dieser Argumentation setzt sich die belangte Behörde über die oben dargelegte bindende Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes hinweg, wonach N. L. eben nicht eo ipso nur durch "Zurückfallen" des vermieteten Betriebsgrundstückes an ihn - ohne jeden Betriebswillen und ohne die Übernahme der Anlage in die eigene Gewahrsame festzustellen - zum Inhaber der auf dem Areal vom (untergegangenen) Bestandnehmer erbauten, in der Folge betriebenen Anlage geworden ist.

3.3. Die belangte Behörde verkennt insgesamt das (geschlossene) Haftungssystem des AWG 2002 (insb. §§62, 73, 74): Dies zeigt auch ein Blick auf die Vorschrift des § 74 AWG 2002. Würde nämlich - wie die belangte Behörde annimmt - bereits der bloße Wegfall des Anlagenbetreibers den Eigentümer des Betriebsgrundstückes ohne Weiteres zum Anlageninhaber machen (und damit dessen Haftung nach § 62 AWG 2002 begründen), bliebe für die Verpflichtung des Liegenschaftseigentümers nach § 74 AWG 2002 kein Raum.

3.4. Im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B1702/07, hat die belangte Behörde wiederum eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der Frage der Haftung der beschwerdeführenden Partei als Liegenschaftseigentümerin unterlassen, wodurch sie die Bindung an das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B340/07, nicht beachtete. Die beschwerdeführende Partei wurde somit durch den im zweiten Rechtsgang erlassenen (Ersatz)Bescheid abermals in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

3.5. Der Bescheid war daher schon deshalb aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-

enthalten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.