OGH vom 28.05.2013, 8Ob42/13d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. J***** P*****, 2) Mag. H***** P*****, 3) W***** P*****, 4) Mag. C***** K*****, und 5) Mag. G***** S*****, alle vertreten durch die Saxinger Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1) T***** S***** e.U., *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Rechtsanwalt in Linz, und 2) T***** S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Bodingbauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung, über die Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 205/12h 22, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Linz vom , GZ 13 C 671/12w 14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.223,02 EUR (darin enthalten 203,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit Mietvertrag vom haben die Kläger die Räumlichkeiten im ersten Stock eines Hauses in Linz an die Erstbeklagte vermietet. Die Zweitbeklagte ist zum in den Mietvertrag eingetreten. Mit Vereinbarung vom hat die Erstbeklagte die solidarische Haftung für sämtliche Ansprüche der Kläger aus dem Mietverhältnis übernommen. Gleichzeitig wurde der offene Mietzins zum (9.120,07 EUR) sowie der Hälftebetrag des Mietzinses für den Zeitraum Juli bis Dezember 2011 bis zum gestundet. In der Folge sollte der gestundete Betrag in 18 gleichen Monatsraten bei sonstigem Terminsverlust gezahlt werden.
Mit der zugrunde liegenden Klage begehrten die Kläger offene Mietzinse und Betriebskosten (bis April 2012) in Höhe von 14.620,32 EUR. Gleichzeitig begehrten sie, die Zweitbeklagte zur Räumung des Mietobjekts zu verpflichten. Die Stundungsvereinbarung sei nicht eingehalten und die geschuldeten Beträge mehrfach fristwidrig und unvollständig gezahlt worden. Ende März 2012 habe die Zweitbeklagte die Zahlungen gänzlich eingestellt. Mit Schreiben vom seien die fälligen Beträge eingemahnt worden. Angesichts der offenen Mietzinse und Betriebskosten werde gemäß § 1118 ABGB die Aufhebung des Bestandvertrags erklärt. In der Folge brachten die Kläger noch vor, dass die von der Zweitbeklagten im Verfahren eingewendeten Gegenforderungen verjährt seien.
Die Zweitbeklagte stellte außer Streit, dass eine offene Mietzinsforderung bestehe. Gegen diese Forderung werde jedoch mit Aufwandsersatzansprüchen gemäß § 1097 iVm §§ 1036 f ABGB aufgerechnet. Die eingewendeten Gegenforderungen resultierten aus Investitionen, die im Jahr 2007 vorgenommen worden seien.
Das Erstgericht erließ ein Teilurteil und verpflichtete darin die Zweitbeklagte zur Räumung der gemieteten Räumlichkeiten. Die Zweitbeklagte gründe ihre Aufwandsersatzansprüche auf nützliche Verbesserungen iSd § 1097 zweiter Fall ABGB. Den Ersatz solcher Aufwendungen könne der Mieter jedoch erst nach Beendigung des Bestandverhältnisses begehren. Zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung habe daher ein qualifizierter Mietzinsrückstand bestanden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beurteilung des Erstgerichts zu den nützlichen Aufwendungen sei zutreffend. Mangels Fälligkeit sei die Kompensation der von der Zweitbeklagten ins Treffen geführten Aufwendungen nicht möglich. Richtig sei, dass notwendige Aufwendungen (§ 1097 erster Fall ABGB) grundsätzlich schon während des aufrechten Bestandverhältnisses verlangt werden könnten. Ein Räumungsbegehren nach § 1118 ABGB könne jedoch nur durch eine (rechtzeitige) außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgewehrt werden. Eine gerichtliche Aufrechnung genüge hingegen nicht. Außerdem seien die behaupteten Gegenforderungen verjährt. Das Berufungsgericht gehe iSd § 1486 Z 1 ABGB von einer dreijährigen Verjährungsfrist aus. Für den Rückforderungsanspruch des Mieters könne die Verjährungsfrist nicht länger sein als für die Professionistenforderung selbst. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine neuere Judikatur des Höchstgerichts zur Frage der Verjährung vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Zweitbeklagten, die auf eine Abweisung des Räumungsbegehrens abzielt.
Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragen die Kläger, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Mit dem zugrunde liegenden Teilurteil wurde (nur) dem Räumungsbegehren wegen eines rückständigen Mietzinses nach § 1118 ABGB stattgegeben. Die Beklagte hat offene Mietzinsforderungen zugestanden, dagegen im Verfahren aber Gegenforderungen wegen Aufwandsersatzes aus Investitionen (§ 1097 iVm §§ 1036 f ABGB) eingewendet. Mit den prozessual aufgerechneten Gegenforderungen will die Zweitbeklagte somit dem Bestehen des geltend gemachten Mietzinsrückstands entgegentreten.
Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung in erster Linie darauf gestützt, dass das Erlöschen eines Bestandzinsrückstands zur Abwehr eine Räumungsbegehrens nach § 1118 ABGB nur durch eine unbedingte außergerichtliche Aufrechnungserklärung herbeigeführt werden könne. Zudem ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Gegenforderungen aus Aufträgen an Professionisten zur Vornahme von Investitionen auch dann der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen, wenn sie von einem Mieter geltend gemacht werden. In der Revision tritt die Zweitbeklagte ausschließlich der zuletzt angeführten Hilfsbegründung des Berufungsgerichts entgegen.
2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass der Bestandnehmer zur Abwehr eines Räumungsbegehrens nach § 1118 ABGB wegen rückständigen Bestandzinses behaupten und unter Beweis stellen kann, die rückständige Bestandszinsforderung sei durch Kompensation erloschen. Er muss in einem solchen Fall unter Anerkennung der behaupteten Bestandzinsschuld eine unbedingte außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgeben und im Räumungsstreit die Abgabe der Erklärung und das Bestehen der Gegenforderung, die die Bestandzinsschuld zum Erlöschen gebracht hat, nachweisen (RIS Justiz RS0021118; RS0021036). Ebenso entspricht es der Rechtsprechung, dass eine Vertragsauflösung nach § 1118 ABGB durch eine erst nach Zugang der Auflösungserklärung ausgesprochene Aufrechnung nicht mehr berührt wird (RIS Justiz RS0119980; 1 Ob 30/05a).
3. Aus den dargestellten Grundsätzen ergibt sich, dass die von der Zweitbeklagten vorgenommene rein prozessuale Aufrechnung den Mietzinsrückstand im gegebenen Zusammenhang, nämlich zur Abwehr des Räumungsbegehrens, nicht beseitigen kann. Auf die in der Revision ausschließlich thematisierte Frage, ob die prozessual aufgerechneten Gegenforderungen verjährt sind, kommt es damit nicht an. Die vom Berufungsgericht als erheblich qualifizierte Rechtsfrage stellt sich gar nicht. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt aber nicht vor, wenn bloß eine Frage rein theoretischer Natur gelöst werden soll (RIS Justiz RS0111271).
Auf das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens am Auflaufen des Mietzinsrückstands iSd § 33 Abs 2 und 3 MRG hat sich die behauptungs und beweisbelastete Zweitbeklagte nicht berufen (RIS Justiz RS0069316; vgl auch RS0070349 [T4]). Diese Frage wird auch in der Revision nicht thematisiert.
4. Da es der Zweitbeklagten insgesamt nicht gelingt, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, war die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.