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OGH vom 06.06.2016, 17Os6/16k

OGH vom 06.06.2016, 17Os6/16k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom , GZ 17 Hv 12/15a 180, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan K***** wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Michael F***** betreffenden Umfang aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Stefan K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 17 Os 2/14v) Stefan K***** (soweit relevant jeweils idF vor BGBl I 2015/112) der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (1/I), des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (4/6) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (5/a), weiters der Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (1/XI), der Fälschung eines Beweismittels nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 293 Abs 1 StGB (1/XIV), der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (2 und 3/I/2 und 3), der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (3/I/1) und nach §§ 223 Abs 1, 224 StGB (4/1), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (4/4/e und f), der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB (4/7) und der Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB (5/b), Michael F***** mehrerer Verbrechen der schweren Nötigung nach „§§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB als Beitragstäter nach § 12, zweiter Fall StGB“ schuldig erkannt.

Danach haben (soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung)

Stefan K*****

1/I/ am in F***** mit dem Vorsatz, dadurch „den Staat und die Prozessparteien an ihrem konkreten Recht auf Zurückweisung verspäteter Anträge“ (als Ausfluss des Rechts der klagenden Partei auf Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche in angemessener Frist) zu schädigen, versucht, die in der Einlaufstelle des dortigen Landesgerichts beschäftigte Nadine P*****, mithin eine Beamtin (im strafrechtlichen Sinn) wissentlich zum Missbrauch deren Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, zu bestimmen, indem er sie aufforderte, auf dem von ihm vorgelegten Wiedereinsetzungsantrag in einem (im Urteil näher bezeichneten) arbeitsrechtlichen Verfahren dieses Landesgerichts den Einlaufstempel mit dem Datum des Vortages anzubringen;

1/XI/ durch die von Punkt X des Schuldspruchs des am diesem Verfahren ergangenen Urteils des Landesgerichts Feldkirch (ON 50a) erfasste Tat Eleonore B***** der Verletzung einer Amtspflicht falsch verdächtigt, wobei er wusste, dass diese Verdächtigung falsch war und sie dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt;

1/XIV/ nach dem in B***** versucht, die mit der Ausstellung von Zeitbestätigungen betraute Bedienstete des Unabhängigen Verwaltungssenats Sandra H***** zur Herstellung eines falschen Beweismittels zu bestimmen, indem er sie aufforderte, eine Zeitbestätigung betreffend seine Anwesenheit bei einer Verhandlung mit einer unrichtigen Endzeit auszustellen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, diese Zeitbestätigung sodann in einem (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten [US 10]) Verwaltungsverfahren zu gebrauchen;

3/I/1/ vor dem in L***** eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, nämlich einen Erfolgsnachweis der „Fachhochschule Wien“ betreffend den Zeitraum Wintersemester 2002/2003 bis Winter-semester 2004/2005 im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem er sie bei seiner Bewerbung dem Geschäftsführer des Hotels A***** vorlegte;

4/1/ von bis eine hinsichtlich Ernst Kö***** ausgestellte österreichische Strafregisterbescheinigung, somit eine inländische öffentliche Urkunde, mit dem Vorsatz, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Unbescholtenheit gebraucht werde, durch Änderung der Personaldaten auf seine eigenen verfälscht;

4/4/ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

e/ bis durch Ansichnehmen und Behalten des Behindertenausweises und zweier vinkulierter Sparbücher des Ernst Kö*****;

f/ in der Nacht zum in W***** durch die zu Punkt 4/6 beschriebene Tat, indem er den ihn betreffenden (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) Ermittlungsakt an sich nahm;

4/6/ in der Nacht zum in W***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Lade- und ein USB Kabel, eine Polizeiuniformjacke, eine Polizei-Einsatztasche „mit diversen Utensilien und Unterlagen“ durch Einbruch in das Gebäude der Polizeiinspektion mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er die eingemauerte Halterung des Sicherungsgitters des sich neben dem Haupteingang befindlichen Fensters durchsägte und herunterbog und das dahinter befindliche WC Fenster (durch welches er einstieg) mit einem Flachwerkzeug aufbrach;

4/7/ durch die zu Punkt 4/6 beschriebene Tat „an einer Einrichtung, die der öffentlichen Sicherheit dient, nämlich der Polizeiinspektion W*****, eine Sachbeschädigung begangen“;

5/ um den in F*****

a/ mehrere im angefochtenen Urteil namentlich genannte Personen, die als Zeugen zur Hauptverhandlung in diesem Verfahren geladen waren, durch Versenden der von Michael F***** in seinem Auftrag verfassten Drohbriefe mit im erstinstanzlichem Urteilsspruch detailliert wiedergegebenem Inhalt, durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Abstandnahme von ihrer Aussage in der Hauptverhandlung zu nötigen versucht;

b/ die Personen laut Punkt 5/a durch die dort beschriebene Aufforderung, ihre Zeugenaussage in seinem Sinn zu revidieren, zu bestimmen versucht, vor dem Landesgericht F***** in diesem Verfahren als Zeugen bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen;

Michael F***** um den in F***** durch das Abschreiben der ihm von Stefan K***** überreichten Vorlage der Drohbriefe sowie deren Überreichung an diesen zur Ausführung der von Punkt 5/a erfassten strafbaren Handlung beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von Stefan K***** aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan K*****:

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil uneingeschränkt bekämpft, zu den Schuldsprüchen 2, 3/I/2 und 3 aber inhaltlich nicht argumentiert, war auf sie in diesem Umfang mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Der nominell im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobene Einwand, das Erstgericht habe im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen 1/XIV, 3/I/1, 4/1, 4/4/e und f, 4/6 und 4/7 die Feststellungen „keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen“, spricht keine Nichtigkeitskategorie an. Die rechtlichen Schlussfolgerungen aus den Feststellungen finden sich in den genannten Schuldsprüchen (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Das ersichtlich gemeinte, teilweise Fehlen korrespondierender rechtlicher Erwägungen in den Entscheidungsgründen (vgl § 270 Abs 2 Z 5 StPO) ist hingegen nicht Gegenstand der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde (RIS-Justiz RS0122721).

Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus dem äußeren Geschehen“ (US 14 ff) ist der zu den Schuldsprüchen 1/I, XI und XIV ausgeführten Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider nicht offenbar unzureichend. Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen des Täters ist rechtsstaatlich vertretbar und bei wie hier leugnenden Angeklagten methodisch meist auch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882). Soweit zum Schuldspruch 1/XI fehlende Begründung angenommener Kenntnis des Beschwerdeführers, „dass Eleonore B***** einen Amtsmissbrauch begangen“ habe, „wenn sie den Einlaufstempel zurückdatiert“, bemängelt wird, übergeht die Rüge, dass das Erstgericht falsche Verdächtigung einer mit Strafe bedrohten Handlung in Form von Missbrauch der Amtsgewalt nicht konstatierte (US 9 f). Da Wissentlichkeit in Bezug auf die rechtliche Einordnung der vorgeworfenen Handlung nicht vorausgesetzt ist ( Pilnacek/Świderski in WK 2 StGB § 297 Rz 39; Fabrizy , StGB 12 § 297 Rz 8), betrifft der weitere Einwand auch insoweit fehlender Begründung keine entscheidende Tatsache (RIS Justiz RS0117499).

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch 1/I verfehlt die von der Prozessordnung vorgeschriebene (RIS-Justiz RS0099810) Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts, indem sie auf Basis einer Bestimmung der Eleonore B***** (anstatt festgestellt: der Nadine P***** US 8 f) argumentiert. Dass die Aufforderung, den Einlaufstempel auf dem überreichten Wiedereinsetzungsantrag um einen Tag rückzudatieren, keine Bestimmung zu Missbrauch der Amtsgewalt darstelle, wird zudem bloß behauptet, ohne im Einzelnen darzulegen, weshalb dies so sei (RIS-Justiz RS0099620).

Gleiches gilt für den zum Schuldspruch 1/XI unsubstantiiert erhobenen Einwand, „im Ankündigen einer Rückdatierung liegt noch keine Verletzung von Amtspflichten“.

Weshalb es erforderlich gewesen wäre, zum wegen Herstellung eines falschen Beweismittels nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 293 Abs 1 StGB ergangenen Schuldspruch 1/XIV Feststellungen „hinsichtlich der Tauglichkeit der gewünschten ausgestellten Amtsbestätigung als Beweismittel zu treffen“, wird nicht dargelegt. Zudem unterlässt die Rüge den gebotenen Hinweis auf derartige Feststellungen zum (der Sache nach angesprochenen) Ausnahmesatz nach § 15 Abs 3 StGB indizierende Verfahrensergebnisse (RIS Justiz RS0118580; Ratz , WK StPO § 281 Rz 602).

Indem er im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Schuldsprüchen 5/a und b fehlerhafte Annahme vollendeter statt versuchter Tatausführung behauptet, lässt der Beschwerdeführer offen, weshalb dies für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidend sein soll (vgl RIS-Justiz RS0122138; vgl im Übrigen US 6 und 23 f, wo ausdrücklich von Versuch ausgegangen wird). Im Hinblick auf die hinreichend deutlichen Urteilsannahmen, der Beschwerdeführer habe die Drohbriefe versandt, ist die Frage, ob diese den Opfern „tatsächlich zugegangen sind“, ohne Bedeutung (US 12 f und 21 iVm [vgl RIS-Justiz RS0114639] US 5; vgl Hager/Massauer in WK 2 StGB § 15 Rz 56 und 186 f).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) wendet ein, Missbrauch der Amtsgewalt liege zu Punkt 1/I nicht vor, denn „durch die Anbringung des Einlaufstempels“ werde „noch kein eigenständiger Hoheitsakt vollzogen“ und „durch das Rückdatieren des Einlaufs des Antrags“ werde „kein eigenständiger Hoheitsakt ausgelöst“, weshalb „eine andere strafgesetzliche Bestimmung, nämlich §§ 12, 15, 311 StGB erfüllt“ sei. Sie argumentiert damit nicht methodengerecht auf Basis des Tatbestands des § 302 Abs 1 StGB, der nicht bloß die Setzung von Hoheitsakten, sondern Fehlgebrauch der Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften (RIS Justiz RS0095963) erfasst. Weshalb die Entgegennahme eines Antrags (auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) und dessen Kennzeichnung als rechtzeitig nicht geeignet sei, den Hoheitsakt in Form der Entscheidung über diesen Antrag vorzubereiten, lässt die Rüge offen (vgl im Übrigen zur Tatbestandsmäßigkeit dieses Verhaltens und zur fehlenden Eigenschaft eines Eingangsvermerks als öffentliche Urkunde bereits 17 Os 2/14v).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Auf vom Angeklagten Stefan K***** selbst verfasste Ergänzungen war nicht einzugehen (RIS Justiz RS0100152 [T4]).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Dieses wird zu beachten haben, dass das angefochtene Urteil mehrere Subsumtionsfehler (Z 10) aufweist:

Zum Schuldspruch 1/XI stellte das Erstgericht fest, Stefan K***** sei mit Urteil des Landesgerichts F***** „vom “ (richtig: vom [ON 50a]) nach § 223 Abs 1 StGB verurteilt worden. Danach habe er am „eine verfälschte Urkunde“ (richtig [vgl 17 Os 2/14v]: ein falsches Beweismittel), nämlich ein E-Mail des Inhalts, „kommen Sie bitte gleich morgen ab 07:30 Uhr bei der Einlaufstelle vorbei, dann können wir ausnahmsweise ihre Vorlage mit dem heutigen Stempel versehen“, als Beilage eines Beweisantrags im hier gegenständlichen Strafverfahren des Landesgerichts F***** vorgelegt. Dadurch habe er in Tateinheit auch „Eleonore B***** wissentlich und willentlich einer Verletzung einer Amtspflicht, nämlich der angekündigten Rückdatierung, falsch verdächtigt und sie der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt“ (US 9). Dass es sich bei Eleonore B***** um eine Beamtin und keine Vertragsbedienstete (so aber ON 37 S 11) handelt, haben die Tatrichter nicht konstatiert. Nur bei Beamten besteht aber die Gefahr behördlicher (disziplinärer) Verfolgung wegen Verletzung einer Amtspflicht, während dies bei Vertragsbediensteten (in Bezug auf Dienstpflichten) bloß privat-(arbeits )rechtliche Konsequenzen nach sich zieht und daher Verleumdung nach § 297 Abs 1 StPO nicht in Betracht kommt ( Pilnacek/Świderski in WK 2 StGB § 297 Rz 24; Fabrizy , StGB 12 § 297 Rz 7).

Zum Schuldspruch 3/I/1 nahm das Erstgericht Gebrauch einer verfälschten inländischen öffentlichen Urkunde an, stellte dazu aber nur fest, Stefan K***** habe im Zuge einer Bewerbung unter anderem einen Erfolgsnachweis einer (nicht näher spezifizierten) „Fachhochschule Wien“ mit nachträglich veränderten Leistungsbeurteilungen vorgelegt (US 11). Wie bereits zu 17 Os 2/14v (mwN) festgehalten sind öffentliche Urkunden mit qualifizierter Beweiskraft nur solche, die ein Beamter innerhalb der Grenzen seiner hoheitlichen Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet hat. Dies ist in Bezug auf die konstatierte, von einer Fachhochschule ausgestellte Urkunde („Erfolgsnachweis“ [vgl § 17 FHStG]) mit Blick darauf, dass auch juristische Personen privaten Rechts Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen sein können und Organe dieser Bildungseinrichtungen nur ausnahmsweise hoheitliche Aufgaben wahrnehmen (§ 10 Abs 3 Z 9 FHStG; VfSlg 19.823 [wonach das Verhältnis zwischen Fachhochschulerhaltern auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Studierenden grundsätzlich privatrechtlicher Natur ist]; Hauser , Fachhochschul-StudienG 7 § 10 Anm 3, 23, 68 f, 79), nicht ohne weiteres anzunehmen. Die Subsumtion (auch) nach § 224 StGB erweist sich daher auf Basis des Urteilssachverhalts als verfehlt.

Zum Schuldspruch 4/4/f subsumierte das Erstgericht die im Zuge des von Punkt 4/6 erfassten Diebstahls durch Einbruch erfolgte Wegnahme des Stefan K***** betreffenden Ermittlungsakts dem (in Idealkonkurrenz verwirklichten) Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB. Auch insoweit liegt ein Subsumtionsfehler vor, weil das Urteil keinerlei Feststellungen zur von diesem Tatbestand vorausgesetzten subjektiven Tatseite enthält (vgl US 12 und 18 f).

Gleichermaßen verfehlt erweist sich die Annahme von mit diesem Diebstahl durch Einbruch idealkonkurrierender schwerer Sachbeschädigung (Punkt 4/7), welche sich nach Ansicht des Erstgerichts aus dem Durchsägen und Herunterbiegen eines Sicherungsgitters und dem Aufbrechen des dahinter liegenden WC Fensters des Gebäudes der Polizeiinspektion ergebe (vgl US 12). Die subsumierte Qualifikationsnorm des § 126 Abs 1 Z 5 StGB idF vor BGBl I 2015/112 setzte voraus, dass die Beschädigung der betroffenen Einrichtung, Anlage oder anderen Sache geeignet ist, die Erfüllung des durch diese Vorschrift besonders geschützten Zwecks hier der öffentlichen Sicherheit zumindest abstrakt zu gefährden (RIS Justiz RS0093455, RS0093445; Bertel in WK 2 StGB § 126 Rz 11 und 17; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 126 Rz 13 ff [insbesondere 20]). Feststellungen, welche die Annahme einer derartigen Gefährdung der Einsatzfähigkeit der Polizei oder deren Aufgabenerfüllung im Interesse der öffentlichen Sicherheit durch die inkriminierte Beschädigung trügen, enthält das angefochtene Urteil nicht. Damit ist aber Konsumtion der (verbleibenden) Sachbeschädigung nach § 125 StGB als typischer „Begleittat“ anzunehmen, weil die (nur auf diese Weise mögliche) Überwindung von Sicherungsgitter und Fenster als Sperrvorrichtungen typische Begleiterscheinungen der Einbruchsqualifikation waren (vgl RIS-Justiz RS0090686, RS0129772; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 59).

Diese (nur) Stefan K***** betreffenden Subsumtionsfehler wirkten sich nicht auf den Strafrahmen aus und wurden bei der Strafzumessung nicht in Anschlag gebracht (vgl US 24); sie waren demnach nicht konkret nachteilig im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO. Das Berufungsgericht ist an den insoweit fehlerhaften Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz allerdings nicht gebunden (RIS Justiz RS0118870; Ratz , WK StPO § 290 Rz 22 f, 27/1 und § 295 Rz 15).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zur amtswegigen Maßnahme:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das von Michael F***** nicht bekämpfte Urteil zu dessen Nachteil einen Rechtsfehler (Z 9 lit a) aufweist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO). Der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch wegen Verbrechen der schweren Nötigung nach (richtig [vgl US 5, 13 und 23]) §§ 12 dritter Fall, 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB setzt in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass sich der Vorsatz dieses Angeklagten als Beitragstäter auf sämtliche Elemente des objektiven Tatbestands der durch ihn geförderten strafbaren Handlung bezog (RIS-Justiz RS0089030, RS0089768, RS0089533; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 100 ff). Zum Vorsatz des Michael F***** konstatierte das Erstgericht jedoch lediglich, dieser habe sich darauf bezogen, „zur Ausführung der Tat des Erstangeklagten beizutragen“ (US 13, vgl auch US 21 f und 23). Weitere Ausführungen dazu, dass dieser Angeklagte den Einsatz der von ihm geschriebenen Briefe als Nötigungsmittel, deren (im Sinn des § 106 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierten) Bedeutungsinhalt und den Zweck, die Adressaten dadurch zu einem bestimmten Verhalten zu nötigen, in seinen Vorsatz aufgenommen hätte (vgl RIS-Justiz RS0093760, RS0092973), enthält das angefochtene Urteil nicht.

Der aufgezeigte Rechtsfehler erfordert die Aufhebung des gesamten Michael F***** betreffenden Urteils bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) samt Rückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0170OS00006.16K.0606.000