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OGH vom 30.01.1996, 14Os186/95

OGH vom 30.01.1996, 14Os186/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Eichinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann P***** wegen des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Eisenstadt vom , GZ 15 Vr 282/93-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Franiek zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Johann P***** des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er ab 1980 bis in Punitz und anderen Orten einen Vorrat von Waffen und Schießbedarf angesammelt hat, der nach Art und Umfang geeignet war, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, und zwar

A/ Waffen, nämlich

I. 43 Stück Langwaffen;

II. 6 Stück Faustfeuerwaffen;

III. 24 Bajonette;

B/ insgesamt 12.231 Stück Munition.

Die Geschworenen hatten die Hauptfrage nach dem Vergehen des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 StGB (mit einer Beschränkung gemäß § 330 Abs 2 StPO) mehrheitlich mit fünf Stimmen bejaht, die Eventualfrage in Richtung der Vergehen nach § 36 WaffG sowie § 7 KrMatG daher unbeantwortet gelassen und die Zusatzfrage in Richtung eines Rechtsirrtums nach § 9 StGB mehrheitlich (sechs Stimmen) verneint.

Rechtliche Beurteilung

Die (nominell) auf die Gründe der Z 9, 10 a, 11 lit a und lit b sowie 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Durch die Verneinung der Zusatzfrage haben die Geschworenen, wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend darlegt, unmißverständlich (wenn auch sprachlogisch nicht einwandfrei) zum Ausdruck gebracht, daß sie dem Angeklagten einen entschuldbaren Rechtsirrtum in Ansehung der (schon abstrakten Gefahren-) Eignung der von ihm angesammelten Kampfmittel (iwS), damit eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, nicht zugebilligt haben. Von der behaupteten Undeutlichkeit des Wahrspruches (Z 9) kann daher nicht gesprochen werden.

Aber auch der aus dem unterschiedlichen Abstimmungsverhalten der Laienrichter bei Beantwortung der Haupt- und der Zusatzfrage abgeleitete Widerspruch des Wahrspruches liegt nicht vor. Denn dieser muß sich allein aus dem Vergleich der Antworten auf die einzelnen Fragen ergeben, das Stimmenverhältnis ist dabei einer Prüfung im Sinne des § 345 Abs 1 Z 9 StPO entzogen (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 332 E 22).

Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 10 a) wiederholt der Beschwerdeführer seine Verantwortung, die sichergestellten Waffen bloß aus Sammlerleidenschaft zusammengetragen zu haben, vermag damit aber nach Prüfung des Beschwerdevorbringens an Hand der Akten keine erheblichen Bedenken gegen die im Wahrspruch festgestellte entscheidende Tatsache zu erwecken, daß er bei Anlegung seiner Waffensammlung die davon ausgehende Gefahreneignung im Sinne des § 280 Abs 1 StGB zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat.

Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 11 lit a) behauptet, er habe "die Waffen lediglich aus einem ernsthaften historischen Interesse heraus gesammelt, keinesfalls aber, um einen Kampfmittelvorrat im Sinne des § 280 StGB anzulegen", geht er nicht von dem - im gegebenen Rahmen bindenden - Wahrspruch der Geschworenen aus und führt die Beschwerde damit nicht gesetzmäßig aus. Der vom Angeklagten ersichtlich vorausgesetzte weitere Vorsatz, mit dem Waffenvorrat tatsächlich eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, ist in subjektiver Hinsicht ebensowenig erforderlich (Leukauf-Steininger Komm3 § 280 RN 6; Steininger in WK § 280 Rz 20) wie die Absicht, damit die innere Sicherheit des Staates zu stören oder den Staat zu bedrohen (Foregger-Serini StGB5 § 280 Anm I; SSt 55/28).

Den Beschwerdeausführungen zuwider bedarf es auch keiner Ansammlung einheitlicher, artgleicher Kampfmittel, um das von § 280 StGB erfaßte Gefahrenpotential zu verwirklichen (Steininger in WK § 280 Rz 13; Mayerhofer-Rieder StGB4 § 280 E 2 a; a.M. Bertel-Schwaighofer BT II2 § 280 Rz 4), erschöpft sich doch die Zielsetzung des § 280 Abs 1 StGB darin, illegale und damit unkontrollierbare Waffen- und Munitionslager oder Lager von anderen Kampfmitteln an sich hintanzuhalten.

Der Vorrat an Waffen und Munition muß nach gleichfalls herrschender Lehre und Rechtsprechung auch nicht - wie die Beschwerde behauptet - dem modernen Stand der Waffentechnik entsprechen; angesichts des durch § 280 Abs 1 StGB angestrebten Rechtsschutzes genügt vielmehr dessen objektive Eignung als (noch taugliches) Mittel zum Kampf verwendet zu werden (Steininger in WK § 280 Rz 6, Foregger-Serini StGB5 § 280 Anm II; SSt 55/28). Ausgehend vom Gutachten des Waffensachverständigen Ing.Ingo W***** (S 105 ff/II), wonach die vom Angeklagten angehäuften Waffen und die Munition voll funktionsfähig und damit objektiv geeignet waren, als Kampfmittel eingesetzt zu werden, bejahte das Geschworenengericht somit zu Recht die Tatbestandsmäßigkeit nach § 280 Abs 1 StGB.

Der Einwand, auch Sportschützen würden bis zu 60.000 Stück Munition pro Jahr verschießen, vermag angesichts der vom Angeklagten gehorteten 12.228 scharfen Patronen deren grundsätzliche Eignung, damit gleichzeitig "eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten", nicht in Frage zu stellen. Unter Berücksichtigung der angesammelten 43 Langwaffen kommt der weiters relevierten Frage, wieviel Faustfeuerwaffen und Bajonette der Waffenvorrat enthielt, keine die Gefahreneignung berührende Bedeutung mehr zu (vgl Mayerhofer-Rieder StGB4 § 280 E 2 a). Die in diesem Zusammenhang vertretene Beschwerdeauffassung, wonach die inkriminierten 24 Bajonette überhaupt nicht als Waffen im Sinne des § 280 Abs 1 StGB zu werten wären, findet angesichts der Eignung derselben (vor allem in Verbindung mit den angesammelten Gewehren) als Hieb-, Stich- und Stoßinstrumente keine gesetzliche Stütze (Steininger im WK § 280 Rz 4 f).

Mit der Behauptung, der Angeklagte habe das Unrecht seines Verhaltens auf Grund der Schwierigkeiten bei der Auslegung des § 280 Abs 1 StGB nicht erkennen können, wird keiner der Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 StPO dargetan. Im übrigen läßt die Beschwerde damit die auch diesen Einwand erfassende Verneinung der Zusatzfrage nach dem Vorliegen eines Rechtsirrtums gemäß § 9 StGB durch die Laienrichter außer acht.

In gleicher Weise geht der Beschwerdeführer nicht vom Wahrspruch der Geschworenen aus, wenn er in der auf § 345 Abs 1 Z 11 lit a als auch Z 12 StPO gestützten Rechtsrüge einen Tatbildirrtum hinsichtlich der Eignung der von ihm angesammelten Waffen und Munition als Kampfmittel für eine größere Zahl von Menschen reklamiert. Denn die Geschworenen haben diese Frage angesichts der ausdrücklich auch darauf abstellenden Rechtsbelehrung eingehend erwogen, einen solchen Irrtum (beweiwürdigend) zuungunsten des Angeklagten jedoch verneint (siehe auch die Niederschrift).

Schließlich versagt auch der weitere Einwand der Rechtsrüge, dem Angeklagten sei auf Grund der für ihn ausgestellten Waffenbesitzkarte der Besitz von fünf Faustfeuerwaffen erlaubt gewesen:

Dem § 345 StPO fehlt eine dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO analoge Bestimmung, insoweit es sich um Umstände handelt, vermöge welcher die Strafbarkeit der Tat aufgehoben oder die Verfolgung aus anderen als aus prozessualen Gründen ausgeschlossen ist. Demnach kann die Nichtannahme solcher Umstände im Geschworenengerichtsverfahren nicht angefochten werden. Soweit sich der Angeklagte daher auf den Rechtfertigungsgrund des erlaubten Besitzes von zumindest fünf Faustfeuerwaffen beruft, hätte er den rügepflichtigen Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO geltend machen müssen (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Abs 1 E 9, Z 6 E 2).

Das Beschwerdevorbringen ist im übrigen aber auch inhaltlich verfehlt:

Die behördliche Erlaubnis zum Besitz von Faustfeuerwaffen könnte nur dann einen auch den Tatbestand des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs 1 StGB erfassenden Rechtfertigungsgrund darstellen, wenn die Waffenbesitzkarte im konkreten Fall alle angesammelten Faustfeuerwaffen betroffen hätte, und darüber hinaus andere (nicht bewilligungspflichtige) Waffen oder Munition nicht in einem die Gefahreneignung nach § 280 Abs 1 StGB erreichenden Ausmaß vorhanden gewesen wären. Sobald der für die Waffensammlung Verantwortliche nämlich mehr als die nach der Waffenbesitzkarte (oder dem Waffenpaß) zulässige Anzahl von Faustfeuerwaffen besitzt und diese Waffen für sich allein oder zusammen mit anderen Kampfmitteln ausreichen, um eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, wird auch der Besitz der an sich erlaubten Anzahl von Faustfeuerwaffen rechtswidrig, weil durch diese Ansammlung von Waffen die von § 280 Abs 1 StGB verpönte abstrakte Gefahrenlage geschaffen wird. Ab dem die Gefahrenlage nach § 280 Abs 1 StGB begründenden und nicht mehr zur Gänze durch eine behördliche Erlaubnis gedeckten Besitz einer größeren Zahl von Waffen haben demnach die vorerst rechtens besessenen Faustfeuerwaffen - ebenso wie auch die zunächst zulässig erworbenen und besessenen Langwaffen - als rechtswidrig angesammelt zu gelten.

Da der Angeklagte nicht nur mehr als die ihm von der Waffenbehörde erlaubten Faustfeuerwaffen, sondern auch noch eine bereits für sich allein tatbildliche Anzahl von Langwaffen und eine ebensogroße Menge an Munition besaß, kann selbst im Umfang von fünf Faustfeuerwaffen kein Rechtfertigungsgrund vorliegen, sodaß für das Erstgericht kein Anlaß bestand, eine darauf abzielende Zusatzfrage nach § 313 StPO zu stellen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann P***** war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 280 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, welche es für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig nachsah, und ordnete gemäß § 26 Abs 1 StGB die Einziehung des vom Schuldspruch umfaßten Kampfmittelvorrats an.

Allein gegen das Einziehungserkenntnis richtet sich die Berufung des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der Einwand, das Beweisverfahren habe "eindeutig ergeben", daß der Berufungswerber "mit seiner Waffensammlung keine strafbare Handlung begangen hat", weshalb es schon an der primären Voraussetzung des § 26 Abs 1 StGB fehle, ist urteilsfremd und demnach unbeachtlich.

Das Vorliegen des weiteren gesetzlichen Erfordernisses, demzufolge der Einziehung nur solche Gegenstände unterliegen, welche ihrer spezifischen Beschaffenheit nach ausschließlich oder doch hauptsächlich dazu bestimmt sind, bei der Verübung weiterer strafbarer Handlungen verwendet zu werden, vermag der Angeklagte mit der Behauptung, er habe mit den Gewehren nicht selbst geschossen, die Pistolen nur zum "Hobbyschießen" verwendet, die Einziehung würde ihn überdies finanziell hart treffen, nicht in Frage zu stellen.

Der vom Angeklagten angesammelte Kampfmittelvorrat gebot somit das angefochtene Einziehungserkenntnis, um der Gefahr der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken.

Auch der Berufung konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.