OGH vom 30.05.2017, 8ObA58/16m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Hübner und Mag. Andreas Schlitzer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. P***** M*****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen 172.583,94 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 38/16h22, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , AZ 5 Cga 43/15a (verbunden mit AZ 9 Cga 88/15y), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.565,72 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 427,62 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der 1970 geborene Kläger war seit Jänner 1992, zuletzt als Kapitän, bei der beklagten Partei beschäftigt. Das Dienstverhältnis, das dem Kollektivvertrag für das Bordpersonal der A***** und L***** („OS-KV Bord“) sowie dem Zusatzkollektivvertrag „Einsparungspaket“ unterlag, endete einvernehmlich zum .
Dem Kläger steht ab Pensionseintritt eine Pension aus der Pensionskasse zu, deren Höhe sich aus der Verrentung des Unverfallbarkeitsbetrags zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis ergibt.
Die Pensionsleistung unterliegt den folgenden Rechtsgrundlagen:
1. OS-KV Bord 2008 Punkt 63 (Pensionsregelung für Piloten und Flugbegleiter):
„Der Arbeitgeber leistet zur zusätzlichen Absicherung der Ruhestandsbezüge des Personals einen Beitrag an eine Pensionskasse. Dieser Beitrag des jeweiligen Monatsbruttoentgelts wird für jeden Angestellten monatlich zu den Fälligkeitsterminen des Entgelts für den vorhergehenden Monat auf das Pensionskassenkonto des Angestellten überwiesen. Eine Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Arbeitsverfassungsgesetz ist abzuschließen.“
2. Zusatzkollektivvertrag 2 zum OS-KV Bord
Punkt 10 (Firmenpension Piloten Punkt 63):
„A
I. Endet das Dienstverhältnis eines Angestellten,
a) wenn er zumindest das 15. Dienstjahr als Pilot bei A
b) wenn er zumindest das 15. Dienstjahr als Pilot bei A
c) wenn er zumindest das 15. Dienstjahr als Pilot bei A
1. Bemessungsgrundlage der Firmenpension ist das letzte Bruttomonatsgehalt des Angestellten gemäß seiner Einstufung zur Beendigung des Dienstverhältnisses.
2. Der vorläufige Pensionsbetrag beläuft sich auf 60 (sechzig) Prozent der Bemessungsgrundlage.
3. (...)
4. (...)
5. Ab dem Zeitpunkt, ab welchem dem Firmenpensionsempfänger ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung zusteht, wird dieser Anspruch (...) auf die Firmenpension angerechnet.
6. (...)
7. (...)
8. Die Firmenpension wird monatlich im Nachhinein gezahlt. Je eine zusätzliche Monatspension wird für Juni und für November als Sonderzahlung gewährt.
9. Der Firmenpensionsempfänger darf eine Erwerbstätigkeit oder auch eine unentgeltliche Tätigkeit als Konsulent oder ähnliches im Rahmen eines Luftverkehrsunternehmens oder einer gewerblichen Zivilluftfahrerschule nur mit Zustimmung von A
II. Liegt kein Leistungsanspruch gemäß Punkt 63 I. vor, so gebührt dem Angestellten ab Vollendung des 55. Lebensjahres unter der Voraussetzung der Beendigung des Dienstverhältnisses und nach Ablauf des Abfertigungszeitraumes (...) eine lebenslange Firmenpension nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
1. Die Höhe der Leistung ergibt sich aus der Verrentung des bis zum Leistungsanfall angesparten Kapitals entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse.
2. Die Absätze 3, 8 und 9 des Punkt 63, I. gelten sinngemäß.“
3. Anhang VII (Pensionskasse Piloten - Zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung für Piloten durch den Beitritt zur Vereinigte Pensionskasse AG) lautet:
„
Der Arbeitgeber erklärt sich bereit, für seine Piloten als Ergänzung zu den Leistungen der Sozialversicherung eine zusätzliche Versorgung durch den Beitritt zu einer überbetrieblichen Pensionskasse zu treffen. Der Arbeitgeber wird zu diesem Zweck mit der Vereinigte Pensionskasse AG (im folgenden kurz: Pensionskasse) einen Pensionskassenvertrag abschließen, der die Umsetzung der in dieser Vereinbarung getroffenen Regelung sicherstellt.
Die Pensionsvorsorge erfolgt gegebenenfalls durch Überweisung eines Deckungserfordernisses und die Zahlung von Beiträgen (§ 4) an die Pensionskasse. Sie erfüllt die Verpflichtungen aus dem Pensionsstatut gemäß Punkt 63 des Kollektivvertrages für das Bordpersonal der A
Die Pensionsleistungen werden direkt und ausschließlich durch die Pensionskasse erbracht.
Der Beitrags- und Leistungsberechnung wird der jeweils gültige Geschäftsplan der Pensionskasse zugrunde gelegt.
§ 2 (...)
§ 3 Anwartschaften
Die vom Arbeitgeber an die Pensionskasse entrichteten Beiträge und das gegebenenfalls überwiesene Deckungserfordernis ergeben eine Anwartschaft auf die in § 10 angeführten Leistungen.
Die Teilnahme an der Zusatzvorsorge (Entrichtung von Beiträgen) im Weg über die Pensionskasse beginnt mit Aufnahme des Dienstverhältnisses, frühestens mit Beitritt des Arbeitgebers zur Pensionskasse.
Die Höhe der Anwartschaften ergibt sich aus dem Leistungsrecht gemäß Punkt 63 KV.
§ 4 Beiträge des Arbeitgebers
(1) Erstdotation
Der Arbeitgeber wird die für den Anwartschaftsberechtigten (AWB) in der Bilanz vorhandene Pensionsrückstellung abzüglich handelsrechtlichem Fehlbetrag gemäß Bilanz zum mit Ablauf des als Deckungserfordernis in die Pensionskasse übertragen.
(2) Laufende Beiträge
a) Definitionen (…)
Die rechnungsmäßige Deckungsrückstellung entspricht dem prospektiven Deckungskapital = Barwert der zukünftigen Leistungen abzüglich Barwert der zukünftigen Beiträge, wobei folgende Annahmen getroffen werden:
- 8%ige Beitragsleistung p.a., berechnet vom gebührenden Grundgehalt zzgl. Flugzulage
- Berücksichtigung eines rechnungsmäßigen vorgesehenen Überschusses in Höhe von 7,5 %
- Zugrundelegung einer Durchschnittskarriere (…).
(...)
b) Laufende Beiträge 1997 bis 2009
Der laufende Beitrag errechnet sich aus der Differenz zwischen der auf den Jahresbeginn diskontierten rechnungsmäßigen Deckungsrückstellung zu Jahresende (dRDR) und der vorhandenen Deckungsrückstellung zum Ende des Vorjahres (VDR). Darin ist eine linear über 13 Jahre verteilte Einbringung des Zusatzbeitrags enthalten. Der Zusatzbeitrag entspricht der Differenz aus rechnungsmäßiger Deckungsrückstellung zum und der Erstdotation. (...)
c) Laufende Beiträge ab 2010
Der laufende Beitrag errechnet sich aus der Differenz zwischen den auf den Jahresbeginn diskontierten rechnungsmäßigen Deckungsrückstellung zu Jahresende (dRDR) und der vorhandenen Deckungsrückstellung zum Ende des Vorjahres (VDR).
(...)
(3) Nachschusspflicht (Unter- oder Überdeckung)
Reicht die vorhandene Deckungsrückstellung zur Finanzierung der gemäß § 10 zugesagten Leistungen nicht aus, verpflichtet sich der Arbeitgeber auch jenen Beitrag zu leisten, der zur Leistungserbringung erforderlich ist (Nachschusspflicht).
Zur Leistungserbringung nicht erforderliche Vermögensteile werden dem Arbeitgeber rückverrechnet.
(...)
§ 7 Unverfallbarkeit der Anwartschaften
Scheidet ein AWB vor Eintritt eines Leistungsfalles aus dem Dienstverhältnis aus, so werden seine bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens erworbenen Anwartschaften auf Alters- und Hinterbliebenenpension unverfallbar im Sinne des
Über die unverfallbaren Ansprüche kann vom Ausscheidenden in folgender Weise disponiert werden:
(...)
Der geschäftsplanmäßige Unverfallbarkeitsbetrag entspricht zumindest der vorhandenen Deckungsrückstellung zuzüglich einer allfälligen anteiligen, positiven Schwankungsrückstellung.
(...)
§ 10 Leistungen
(1) Aus der Zusatzvorsorge gebühren die Alterspension (§ 11), die erhöhte Alterspension (§ 12), die Invaliditätspension (§ 13), die Hinterbliebenenpensionen (Witwen-, Witwer-, Waisenpension) (§ 14) und die erhöhte Invaliditätspension bzw. die erhöhten Hinterbliebenenpensionen (§ 15).
(…)
(4) Valorisierung:
Die Pensionen werden entsprechend Punkt 63, I. 3. Abs. 3 KV valorisiert. Reicht die Differenz zwischen dem Rechnungszins (dzt. 5,5 %) und dem erzielten rechnungsmäßigen Überschuss (…) nicht zur Finanzierung für die Valorisierung in diesem Umfang aus, so leistet der Arbeitgeber an die Pensionskasse jenen Beitrag, der dafür erforderlich ist (Nachschusspflicht).
(...)
§ 11 Alterspension
Nach Erfüllung der Voraussetzungen gebührt dem Arbeitnehmer eine Alterspension.
Voraussetzungen, Anfall, Höhe, Dauer und Pflichten des Arbeitnehmers sind in Punkt 63 KV geregelt, wobei gegebenenfalls auch Punkt 1.7 des Anhanges V zum KV (Teilzeitbeschäftigung) anzuwenden ist.
§ 12 Erhöhte Alterspension
Für die in der Betriebsvereinbarung über die Gewährung eines Pensionszuschusses für Linienpiloten-Fluglehrer sowie Funktionäre im Bereich fliegendes Personal-Cockpit (BV C.13) vorgesehenen Fälle gebührt dem Arbeitnehmer eine erhöhte Alterspension. Voraussetzungen, Anfall, Höhe und Dauer des zusätzlichen Leistungsanspruchs sind in der genannten
§ 13 Invaliditätspension
(1) Anspruchsvoraussetzungen
Der Leistungsanspruch auf eine Invaliditätspension entsteht, wenn der Arbeitnehmer vor Vollendung des 55. Lebensjahres einen mit rechtskräftigem Bescheid eines Pensionsversicherungsträgers zuerkannten Anspruch auf eine Berufsunfähigkeits-/Invaliditätspension nach dem ASVG hat, das Dienstverhältnis zum Arbeitgeber beendet und der gesetzliche bzw. der im Kollektivvertrag festgelegte Abfertigungszeitraum abgelaufen ist.
(2) Höhe der Leistung
Die Höhe der Leistung ergibt sich aus der Verrentung des bis zum Leistungsanfall angesparten Kapitals entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse.
(3) (...)“
Die Beklagte erbrachte für den Kläger bis jährlich eine 8%ige Beitragsleistung, berechnet vom Grundgehalt zuzüglich Flugzulage. Bei einem Verbleib des Klägers im Dienstverhältnis bis zur Vollendung von 61,5. Lebensjahren (dem vorzeitigen Pensionsalter nach ASVG) sowie einer Weiterzahlung durch die Beklagte wäre bei der späteren Beendigung ein Kapitalbetrag vorhanden gewesen, der die Zahlung einer monatlichen Pension von 60 % der Bemessungsgrundlage, nämlich des letzten Bruttomonatsgehalts, ermöglicht hätte.
Der Aktuar der Pensionskasse überprüft jährlich, ob die von der beklagten Partei eingezahlte Geldleistung für diese Berechnung der Pension ausreicht. Wenn dies nicht der Fall war, leistete die Beklage einen entsprechenden Zuschussbetrag. Die Pensionskasse wies zum ein Guthaben in Höhe von über 270.000 EUR für den Kläger aus. Dieser Betrag stellt den Unverfallbarkeitsbetrag dar.
Seit dem Ausscheiden des Klägers zahlte die Beklagte für ihn keine weiteren Pensionskassenbeiträge mehr ein.
Der , die Beklagte zur Leistung eines Nachschusses in Höhe des Klagsbetrags samt Zinsen in die Pensionskasse, hilfsweise an ihn selbst, zu verpflichten, in eventu zur Zahlung von 66.999,37 EUR brutto samt Zinsen.
Nach § 7 des Anhangs VII-Pensionskasse Piloten-KV Bord seien bei Ausscheiden eines Anwartschaftsberechtigten vor Eintritt eines Leistungsfalls die bis dahin erworbenen Pensionsanwartschaften unverfallbar. Bei der gegenständlichen Pensionszusage, bei der es sich um eine leistungsorientierte handle, seien die erforderlichen Beitragssätze von Experten der Pensionskasse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen und habe der Arbeitgeber etwaige dabei zutage tretende Deckungslücken nach § 21 Abs 6 PKG zu schließen.
Bei der vorliegenden Pensionszusage werde das Ansparverhalten durch den Geschäftsplan der Pensionskasse geregelt, jedoch werde beispielsweise die „Vorpensionsleistung“ zwischen dem Vorpensionsalter und dem Regelpensionsalter nicht auf individueller Basis berechnet, sondern nur grob geschätzt. Daraus folge, dass die von der Pensionskasse für den Kläger zum ausgewiesene Deckungsrückstellung in der Pensionskasse nicht dem Unverfallbarkeitsbetrag des individuellen leistungsorientierten Pensionsanspruchs des Klägers gemäß Kollektivvertrag entsprechen könne. Zum tatsächlichen Austrittszeitpunkt sei daher eine Berechnung der Deckungsrückstellung nach den individuellen Voraussetzungen zu ermitteln. Eine leistungsorientierte Pensionskassenzusage sei so zu finanzieren, dass die Anwartschaft gleichmäßig über die Beitragszahlungsdauer finanziert werde und dadurch zum Austrittszeitpunkt zumindest die bereits erworbene unverfallbare Anwartschaft finanziert sei. Die Pensionskasse habe sich jedoch zum Austrittszeitpunkt als unterkapitalisiert herausgestellt, weshalb die Beklagte nach Anhang VII – Pensionskasse Piloten des KV Bord nachschusspflichtig werde.
Der Kläger habe sich den korrekten Unverfallbarkeitsbetrag mit 453.288,47 EUR errechnen lassen. Für den Fall, dass die Pensionskasse den eingeklagten Differenzbetrag auf diese Summe nicht annehmen könne, sei er an den Kläger zu zahlen. In eventu werde die Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrags nach § 7 BPG geltend gemacht, weil die Pensionskassenzusage ursprünglich aus einer leistungsorientierten Direktzusage hervorgegangen sei und nach wie vor starke Elemente einer solchen aufweise.
Die ein, bei der strittigen Pensionszusage handle es sich in der Ansparphase um ein beitragsorientiertes System, das nur ab der bescheidmäßigen Zuerkennung einer gesetzlichen Pension nach einer Mindestdienstzeit von 15 Jahren und 56,5. Lebensjahren mit einer zusätzlichen Leistungskomponente versehen sei. Aus Punkt 10 des Zusatzkollektivvertrags 2 zum OS-KV Bord 2008 gehe hervor, dass dann, wenn die Voraussetzungen des Punkts 63, I. Zusatz-KV 2 nicht erfüllt seien, nur die beitragsorientierte Pension zustehe. Der Kläger sei bereits in seinem 42. Lebensjahr aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden und könne deshalb keinesfalls mehr in den Genuss der leistungsorientierten Pension gelangen.
Die jährlichen Beiträge seien von der Beklagten nach der im Kollektivvertrag festgelegten Formel berechnet worden. Mit einer jährlichen Parallelrechnung sei außerdem überprüft worden, ob mit dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Deckungskapital die fiktiv zu befriedigenden Leistungsansprüche für das kalkulatorische Pensionsalter von 60 (ab 2004 61,5) Lebensjahren ausgereicht habe. Ein allfälliger Fehlbetrag sei der Beklagten als Nachschuss vorgeschrieben worden.
Jede Art des früheren Pensionseintritts sei von der Beklagten als „Risikoleistung“ durch einen weiteren Nachschuss zu finanzieren. Das Risiko der Performance der Pensionskasse sei durch die jährlichen laufenden Zusatzbeiträge abgedeckt worden, der Risikofaktor „vorzeitige Pensionierung“ durch eine Nachschusspflicht zum Zeitpunkt des Pensionsanfalls. Der für den Kläger errechnete Kapitalbetrag entspreche den kollektivvertraglichen Vereinbarungen und § 5 BPG. Für einen Nachschussanspruch bestehe keine Grundlage.
Das wies sämtliche Klagebegehren ab. Das zu beurteilende System stelle keine direkte Leistungszusage dar, weshalb eine Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrags nach § 7 BPG von vornherein ausscheide. Die vorliegende Pensionskassenzusage sei insofern leistungsorientiert, als es nach dem vollendeten 55. bzw 56,5. Lebensjahr drei Beendigungsvarianten gebe, die zum Pensionsbezug in Höhe von 60 % des Letztbezugs berechtigten, nämlich Dienstgeberkündigung, vorzeitige Auflösung wegen unverschuldeten Lizenzverlusts und einvernehmliche Auflösung. Nur in diesen Fällen, die eine Ausnahme vom normalen Pensionsantritt mit Erreichen des ASVG-Pensionsalters bildeten, habe die Beklagte eine allfällige Deckungslücke auszugleichen.
In allen anderen Fällen sei das System beitragsorientiert, weil sich die Pension nach Punkt 10 II des Zusatzkollektivvertrags 2 (nur) aus der Verrentung des bis zum Leistungsanfall angesparten Kapitals ergebe und hier von einer Nachschusspflicht keine Rede sei. Der Kläger könne die Voraussetzungen für das Erlangen einer Pension in Höhe von 60 % des Letztbezugs nicht mehr erfüllen, sodass für ihn auch keine Nachschusspflicht bestehe. Bezogen auf den Zeitpunkt des frühest möglichen Antritts der ASVG-Pension sei die Pensionskasse bis zu seinem Ausscheiden ausreichend dotiert gewesen.
Das gab dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge.
Der Kläger vertrete zusammengefasst den Standpunkt, dass ihm ein Unverfallbarkeitsbetrag in Höhe jenes Deckungserfordernisses zustehe, das unter der Fiktion der Weiterzahlung der Beiträge durch die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt für einen Bezug der Betriebspension ab dem Erreichen von 56,5. Lebensjahren („Vorpension“) in Höhe von 60 % des Letztbezugs ausgereicht hätte. Eine solche Leistung sei ihm nicht zugesichert worden. Weder könne eine Nachschusspflicht bereits in der Anwartschaftsphase geltend gemacht werden, noch lasse sich aus der Übertragungsvereinbarung für den Kläger eine Nachschusspflicht ableiten.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil der Auslegung kollektivvertraglicher Bestimmungen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
In seiner , mit der er primär die Abänderung der Vorentscheidungen im klagsstattgebenden Sinn anstrebt, wiederholt der Kläger seinen Standpunkt, die Beklagte sei aufgrund des § 4 Abs 2 des Anhangs VII des KV verpflichtet gewesen, so viel an Deckungskapital in die Pensionskasse einzuzahlen, dass damit eine Betriebspension ab dem 55. bzw 56,5. Lebensjahr in Höhe von 60 % des Letztbezugs finanziert hätte werden können. Es gebe bei der hier zu beurteilenden Pensionszusage keine beitragsorientierte Komponente.
Das Berufungsgericht interpretiere den Zusatzkollektivvertrag falsch, wenn es davon ausgehe, dass sich die Höhe der Firmenpension nach Anfall aus der Verrentung des angesparten Kapitals ergebe, aber nicht berücksichtige, dass in diesem Kapital auch laufende jährliche Nachschüsse enthalten seien, wie es die kollektivvertragliche Anordnung vorsehe. Es sei daher nicht richtig, dass die Nachschusspflicht erst zum Leistungsfall eintrete. Die bis zu seinem Ausscheiden erworbenen Anwartschaften des Klägers seien versicherungsmathematisch nach dem Teilwertverfahren unter Berücksichtigung seiner individuellen Parameter zu berechnen, dies ergebe den richtigen Unverfallbarkeitsbetrag.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist, wie das Berufungsgericht ausgesprochen hat, zulässig, weil davon auszugehen ist, dass die Auslegung der gegenständlichen Kollektivvertragsregelung – mag sie auch mittlerweile normativ außer Kraft getreten sein – potentiell neben dem Kläger noch eine Mehrzahl von ehemaligen Dienstnehmern der Beklagten betrifft. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist zutreffend, weshalb darauf grundsätzlich verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Zur Verdeutlichung und in Erwiderung zu den Revisionsausführungen ist Folgendes zu ergänzen:
1. Der Kläger vermengt in seinen Rechtsausführungen den Begriff „Nachschusspflicht“ mit dem jährlichen Mehrbetrag, der über die 8%ige Beitragsleistung hinausgeht und mit dem eine Angleichung der zum vorangegangenen Jahresende vorhandenen Deckungsrückstellung an die rechnungsmäßige Deckungsrückstellung zum 31. 12. des laufenden Jahres bewirkt wird (Formel Anh VII § 4 KV-Bord). Bei diesem Mehrbetrag handelt es sich aber nicht um einen Nachschuss, sondern um den variabel gestalteten Teil des fortlaufenden Arbeitgeberbeitrags. Die laufende jährliche Beitragsanpassung bezweckt offenbar – wie der Kläger argumentiert, zur Absicherung der Leistungen gegen erwartbare wirtschaftliche Schwierigkeiten der Beklagten – eine fortlaufende Ausfinanzierung der zugesagten Pensionen, sodass es unter normalen, dem Modellfall entsprechenden Verhältnissen keiner Nachschüsse bedarf.
2. Aus diesem Grund trifft es auch nicht zu, dass das gegenständliche Pensionskassenmodell ausschließlich leistungsorientiert wäre. Die dynamische Formel für die laufenden Beiträge ändert nichts daran, dass eine leistungsorientierte Zusage nur für jene Anwartschaftsberechtigten besteht, deren Dienstverhältnis nach zumindest 15 Dienstjahren und Vollendung des 55. bzw 56,5. Lebensjahres entweder durch Arbeitgeberkündigung, wegen unverschuldeten Lizenzverlusts oder durch einvernehmliche Auflösung endet. Alle Leistungsberechtigten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, erhalten eine beitragsorientierte Pension, die sich aus der Verrentung des bis zum Leistungsanfall angesparten Kapitals errechnet.
3. Über die Einhaltung der Formeln des § 4 Abs 2 des Anh VII KV Bord hinaus traf die Beklagte für den Kläger keine laufende Beitragspflicht. Insbesondere traf sie keine Pflicht, die laufenden Beiträge derart zu gestalten, dass die Deckungsrückstellung dem Barwert der zukünftigen Leistungen abzüglich Barwert der zukünftigen Beiträge unter der generellen Annahme einer privilegierten (Punkt 10 Zusatzkollektivvertrag 2 Punkt I) vorzeitigen Alterspension ab dem 55. Lebensjahr entsprach.
Wäre die Regelung über die Beitragspflicht in Anh VII § 4 KV-Bord derart zu verstehen, dann wäre die in Anh VII § 4 Abs 3 KV-Bord geregelte Nachschusspflicht gar nicht erforderlich gewesen. Der Fall, dass die vorhandene Deckungsrückstellung zur Finanzierung der gemäß § 10 des Anh VII KV-Bord zugesagten Leistungen nicht ausreicht, könnte ohnehin nicht eintreten, wenn selbst der „worst case“ (alle Anwartschaftsberechtigten gehen bereits mit 55 Jahren und Anspruch auf 60 % des Letztbezugs in Pension) schon durch die jährlich im Vorhinein angepasste Deckungsrückstellung auszufinanzieren wäre. Eine solche Beitragsgestaltung würde, wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung richtig ausführt, vielmehr eine (nach Anh VII § 4 Abs 3 KV-Bord wieder an den Arbeitgeber rückzuverrechnende) Überfinanzierung bewirken.
4. Richtig führt die Revision aus, dass der Unverfallbarkeitsbeitrag für den Kläger sich sowohl aus den 8 % des laufenden Bezugs als auch aus den anteiligen Mehrzahlungen aufgrund der Formel des Anh VII § 4 Abs 2 lit b) und c) KV-Bord zusammensetzt. Dass diese Berechnungsweise von der Pensionskasse nicht eingehalten wurde, hat der Kläger aber weder behauptet (er stützt sich lediglich darauf, dass die Beklagte mehr einzahlen hätte müssen), noch hat das Beweisverfahren einen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Pensionskasse die Beiträge der Beklagten gesplittet und dem Kläger davon nur den 8%igen laufenden Bezugsanteil angerechnet hätte.
Der Revision war daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41 und 50 ZPO.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:008OBA00058.16M.0530.000 |
Schlagworte: | Arbeitsrecht |
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