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OGH vom 13.03.2012, 10ObS30/12b

OGH vom 13.03.2012, 10ObS30/12b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Ernst Bassler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Z*****, vertreten durch Mag. Dr. Josef Kartusch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, wegen Abfindung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 3/12h 16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin hatte als Witwe im Falle des Todes des Versicherten Anspruch auf Abfindung gemäß § 269 Abs 1 Z 1 ASVG in der am Stichtag geltenden Fassung vor der Änderung durch die 40. ASVG Nov (BGBl 1984/484), sofern eine Hinterbliebenenpension nur mangels Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen (§ 235) nicht gebührte, jedoch mindestens ein „anrechenbarer Versicherungsmonat“ vorlag (vgl 10 ObS 191/06w mwN). Es ist auch im vorliegenden Fall nicht strittig, dass diese Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, weil kein anrechenbarer Versicherungsmonat vorliegt.

Die Klägerin macht ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese damals bestehende Rechtslage geltend und verweist insbesondere darauf, dass sie die Anspruchsvoraussetzungen nach der durch die 40. ASVG Nov, BGBl 1984/484, geänderten Rechtslage erfüllen würde, weil durch diese Gesetzesänderung die im § 233 Abs 1 ASVG seinerzeit vorgesehene Halbdeckung des Anrechnungszeitraums mit Versicherungszeiten ersatzlos aufgehoben worden sei und seither bereits das Vorliegen eines einzigen Beitragsmonats als Anspruchsvoraussetzung ausreiche. Ihr verstorbener Ehegatte habe in Österreich Beiträge für 67 Versicherungsmonate in der Erwartung, dafür einmal eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten, einbezahlt. Der Bestimmung des § 269 Abs 1 ASVG liege auch eine Pflicht zur Rückerstattung vom Versicherten geleisteter Versicherungsbeiträge zugrunde.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass die im § 269 Abs 1 ASVG als einmalige Leistung vorgesehene Abfindung nicht als Beitragserstattung sondern als eine Maßnahme gedacht ist, die für die Hinterbliebenen den Übergang in die durch den Tod des/der Versicherten eingetretene neue Situation erleichtern soll (vgl 10 ObS 9/05d unter ausdrücklichem Hinweis auf das Erkenntnis des , VfSlg 10.792). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung aller drei Höchstgerichte, dass in der Sozialversicherung, insbesondere in der Pensionsversicherung, der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, während der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist. Es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung, sodass auch in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt (vgl 10 ObS 9/05d uva; RIS Justiz RS0116064, RS0102041; VfSlg 15.859, 14.842, 12.739 ua; VwGH, , Zl 2002/08/0002; , Zl 2000/08/0099; , Zl 98/08/0336 ua). Auch eine Rückerstattung der Beiträge sieht das Gesetz in einem solchen Fall nicht vor (10 ObS 22/05s ua; RIS Justiz RS0102041 vgl auch § 70 ASVG).

Schließlich hat der Oberste Gerichtshof in der ebenfalls die Gewährung einer Abfindung nach § 269 ASVG betreffenden Entscheidung 10 ObS 191/06w bereits darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für die begehrte Leistung an dem durch den Versicherungsfall ausgelösten Stichtag (hier: ) gegeben sein müssen und bei Hinterbliebenenleistungen die Erreichung der allgemeinen Leistungsvoraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt als dem erwähnten Stichtag ausgeschlossen ist. Auch eine Stichtagsverschiebung durch eine neuerliche Antragstellung auf einen späteren, willkürlich gewählten Zeitpunkt ist nicht möglich (10 ObS 191/06w mwN). Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist aber eine zeitliche Differenzierung bei den Anspruchsvoraussetzungen durch eine Stichtagsregelung grundsätzlich auch nicht gleichheitswidrig (stRsp; RIS Justiz RS0117654, RS0053393 ua).

Aus den dargelegten Gründen sind durch die Revisionsausführungen beim erkennenden Senat Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Rechtslage nicht entstanden. Der erkennende Senat sieht daher wie in dem zu 10 ObS 191/06w beurteilten Fall keinen Anlass für einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof.

Die außerordentliche Revision war somit mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.