OGH vom 29.01.2014, 9ObA170/13k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Johann Schneller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Personalvertretung der Stadt S*****, vertreten durch Mag. Ariane Jazosch, Mag. Thomas Moser, Rechtsanwälte in 4050 Traun, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde S*****, vertreten durch Jaeger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in Linz, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert: 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil der Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 77/13z 16, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Die beklagte Stadtgemeinde gewährte seit Anfang der 1970 er Jahre bis einschließlich 2011 allen bei ihr beschäftigten Vertragsbediensteten unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit den Karfreitag eines jeden Jahres unter Fortzahlung der Bezüge dienstfrei.
Die klagende Personalvertretung der Stadtgemeinde begehrt die Feststellung, dass jedem bis in den Dienst der Beklagten aufgenommenen Vertragsbediensteten ungeachtet seiner Konfessionszugehörigkeit weiterhin das jährliche Recht auf einen dienstfreien Karfreitag bei vollem Entgelt zustehe. Durch die betriebliche Übung seien Individualansprüche entstanden, die durch den Landesgesetzgeber nicht abgeändert werden könnten.
Die Vorinstanzen erachteten das Begehren im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Übergangsbestimmungen der §§ 228 Abs 2 Oö GDG 2002, 165i Oö GBG 2001 und 83 Oö LVBG in der Fassung des 2. Oö Landes und Gemeindedienstrechts-änderungsgesetzes 2011 (2. Oö DRÄG 2011) sowie die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme zur Verringerung des Personalaufwands als nicht berechtigt. Dem hält die Revision der Klägerin keine Argumente entgegen, die eine entscheidungsrelevante Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO begründen könnten.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin meint, den Übergangsbestimmungen käme bloß relativ zwingende Wirkung zu, die die Anwendung günstigerer einzelvertraglicher Bestimmungen zur Karfreitagsregelung unberührt lasse. Diese Frage stellt sich jedoch nicht:
Die am in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 96 Abs 2a Oö GDG 2002, 50 Abs 2a Oö GBG 2001 und 23 Abs 2a Oö LVBG in der Fassung des 2. Oö Landes und Gemeinde-Dienstrechtsänderungsgesetzes 2011 (2. Oö DRÄG 2011) lauten jeweils:
„ Soweit der Karfreitag kein gesetzlicher Feiertag im Sinn des § 1 Abs 2 Feiertagsruhegesetz 1957 bzw § 7 Abs 3 Arbeitsruhegesetz ist, sind Dienstzeiteinschränkungen unzulässig. “
Den jeweiligen Übergangsbestimmungen der §§ 228 Abs 2 Oö GDG 2002, 165i Oö GBG 2001 und 83 Oö LVBG ist zunächst folgender Wortlaut gemeinsam:
„ Mit Inkrafttreten des 2. Oö Landes- und Gemeinde-Dienstrechtsänderungsgesetzes 2011 sind Bestim-mungen in sämtlichen Regelungen, die Dienstzeiteinschränkungen hinsichtlich des Karfreitags vorsehen, nichtig; ansonsten bleiben derartige Regelungen unverändert aufrecht.“
Für Landesbeamte wurden in Artikel I dieser Novelle in den §§ 64 Abs 2a und 164 Abs 1 Oö LBG 1993 wortgleiche Bestimmungen vorgesehen.
2. Die Erläuterungen zur Übergangsbestimmung für Landesbeamte (BlgRV oöLR Nr 414/2011, XXVII. GP, S 13; Blg AB Nr 477/2011, XXVII. GP, S 12) halten dazu fest: „Es wird klargestellt, dass der Karfreitag nur noch dann dienstfrei sein soll, wenn er für die jeweils betroffenen BeamtInnen und Beamten ein gesetzlicher Feiertag ist. Sonstige (generelle) Dienstzeiteinschränkungen im Sinn einer Festlegung als sonstigen dienstfreien Tag (allenfalls unter Aufrechterhaltung eines Journaldienstes) sind hinsichtlich des Karfreitags künftig nicht mehr zulässig. Hinsichtlich der entsprechenden und bisher zulässigen Bestimmungen in sämtlichen Regelungen wie flexible Dienstzeitregelungen, (Betriebs )Vereinbarungen, sonstigen innerdienstlichen Regelungen usw wird daher festgelegt, dass Bestimmungen mit einem derartigen Regelungsinhalt außer Kraft treten bzw ex nunc nichtig sind, …“
Für Landesvertragsbedienstete wurde in der Übergangsbestimmung des § 83 Abs 2 Oö LVBG ausdrücklich beigefügt: „Dies gilt sinngemäß auch für Einzelverträge.“
Die diesbezüglichen Erläuterungen (BlgRV OöLR Nr 414/2011, XXVII. GP, S 20; Blg AB Nr 477/2011, XXVII. GP, S 19) verweisen dazu auf die zitierten Erläuterungen zum Oö LBG, „wobei die Festlegung, dass Bestimmungen betreffend Dienstzeiteinschränkungen hinsichtlich des Karfreitags außer Kraft treten bzw ex nunc nichtig sind …, sinngemäß auch für Einzelverträge gilt.“
In Zusammenschau dieser Erläuterungen ergibt sich daraus aber, dass mit der Formulierung „sämtliche Regelungen, die Dienstzeiteinschränkungen hinsichtlich des Karfreitags vorsehen“, solche gemeint sind, denen eine kollektive Anordnung zugrunde liegt (arg [„generelle] Dienstzeiteinschränkungen“). Da auch § 83 Abs 2 Oö LVBG die Geltung der Nichtigkeit von die Karfreitagsdienstzeit einschränkenden Regelungen „sinngemäß“ und damit keineswegs nur klarstellend auf Einzelverträge erstreckt, muss davon ausgegangen werden, dass Einzelverträge nicht unter die generelle Nichtigkeitssanktion fallen.
3. Für Gemeindebedienstete sieht § 165i Oö GBG 2001 ohne nähere Begründung keine entsprechende Erstreckung auf Einzelverträge vor. Von einem bloßen Versehen des Gesetzgebers innerhalb ein und desselben Gesetzes (2. Oö DRÄG 2011) kann hier aber nicht leicht ausgegangen werden, könnte für die Differenzierung doch auch maßgeblich gewesen sein, dass der Landesgesetzgeber nicht in von einer Gemeinde abgeschlossene Einzel (Sonder )verträge eingreifen wollte.
4. Kann die Übergangsbestimmung des § 165i Oö GBG 2001 dergestalt aber nur auf „sämtliche Regelungen“ mit kollektivem Charakter bezogen werden, stellen sich die von der Klägerin in der Revision aufgeworfenen weiteren Bedenken gegen die Wirksamkeit der Übergangsbestimmungen für wenngleich durch betriebliche Übung begründete individualvertragliche Ansprüche nicht.
Ein Widerspruch zur Entscheidung 8 ObA 54/12t ergibt sich daraus nicht, weil in jener Entscheidung Vertragsverhältnisse von Bediensteten einer Stadt mit eigenem Statut verfahrensgegenständlich waren, auf die mangels landesgesetzlicher Regelungen die Bestimmungen des ABGB bzw des AngG anzuwenden waren.
5. Damit gewinnt die Frage Bedeutung, ob die Beklagte durch das jahrzehntelange Gewähren eines dienstfreien Karfreitags im Wege betrieblicher Übung einen individualvertraglichen Anspruch ihrer Vertragsbediensteten geschaffen hat. Dies kann aber bereits mit der bestehenden Rechtsprechung gelöst werden und führt zu keinem anderen als dem von den Vorinstanzen erzielten Ergebnis:
Zutreffend führte bereits das Erstgericht aus, dass die Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete dadurch gekennzeichnet sind, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch Kollektivvertrag noch Betriebsvereinbarung noch Einzeldienstvertrag abdingbar, festlegen (s RIS Justiz RS0050823). Gemäß § 19 Abs 1 Oö GDG 2002 können in Ausnahmefällen im Dienstvertrag jedoch Regelungen getroffen werden, die von den Bestimmungen der Landesgesetze abweichen. Solche Verträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen. Dass im vorliegenden Fall derartige Sonderverträge nicht ausdrücklich abgeschlossen wurden, ist nicht weiter strittig. Wie aber bereits zur vergleichbaren Formalbestimmung des § 36 Abs 1 VBG (Sonderverträge für Bundesvertragsbedienstete) judiziert wurde, ist eine konkludente Genehmigung einer praktizierten Übung aufgrund der Schutzfunktion der Bestimmungen über die Sonderverträge zugunsten des Dienstgebers und der Allgemeinheit der Steuerzahler ausgeschlossen (s RIS Justiz RS0029331 [T1]; ebenso Ziehensack , Vertragsbedienstetengesetz § 36 Rz 9a, 9b, 16). Da die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten vielmehr nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden können (RS0029331 [T3] zu § 86 Vlbg LbedG 2000), hätte es einer ausdrücklichen Genehmigung durch das zuständige Organ, hier durch den Gemeindevorstand (§ 6 Abs 2 Z 5 Oö GemeindeO 1990), bedurft, die von der Klägerin aber nicht behauptet wurde.
6. Insgesamt kommt damit den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen nicht die Qualität von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zu. Die Revision ist daher zurückzuweisen.