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OGH vom 05.12.1995, 14Os181/95

OGH vom 05.12.1995, 14Os181/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Bartholner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dietmar G***** wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 StGB sowie des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, AZ 29 Vr 985/95 des Landesgerichtes Salzburg, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom , AZ 9 Bs 345/95 (= ON 160), nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dietmar G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Am verhängte der Untersuchungsrichter über Dietmar G***** die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und Z 3 lit a und lit b StPO.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Linz der dagegen erhobenen Beschwerde nicht Folge und bestätigte die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung des Untersuchungsrichters (§ 179 Abs 6 zweiter Halbsatz StPO).

Dabei ging es davon aus, daß Dietmar G***** dringend verdächtig sei, im Oktober und November 1994 in Salzburg und Obertrum mit insgesamt 180 Mio S Bargeld, das einer großen Zahl von Anlegern in mehreren europäischen Ländern von der Führungsspitze des European-Kings-Club (EKC) - Damara B*****, Hans Günther S***** ua - unter Vortäuschung der sicheren Veranlagung durch das Verbrechen des schweren Betruges herausgelockt worden war, "im Wissen der verbrecherischen Herkunft iS des § 165 Abs 1 und Abs 2 StGB manipuliert", sich einen Teil "auch selbst unrechtmäßig zugeeignet" und dadurch das Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 StGB begangen zu haben. Die vom Untersuchungsrichter angenommenen Haftgründe erachtete es als gegeben. In die Prüfung der Dringlichkeit des Verdachtes der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (durch Unterdrückung von Geschäftsunterlagen des EKC) trat es nicht ein.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Grundrechtsbeschwerde mit Einwänden gegen die Dringlichkeit des Tatverdachtes und die Haftgründe.

Sie ist nicht berechtigt.

Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB begeht, wer Vermögensbestandteile im Wert von mehr als 100.000 S, die aus dem Verbrechen eines anderen herrühren, verbirgt oder ihre Herkunft verschleiert. Dabei genügt Eventualvorsatz hinsichtlich aller Tatbildmerkmale.

Nach Abs 2 ist zu bestrafen, wer wissentlich solche Vermögensbestandteile an sich bringt, verwahrt, anlegt, verwaltet, umwandelt, verwertet oder einem Dritten überträgt.

Zum Verbrechen wird die Tat (ua) dann, wenn sie in bezug auf einen 500.000 S übersteigenden Wert begangen wird (Abs 3).

Der Beschwerde zuwider konnte das Oberlandesgericht die Dringlichkeit des Verdachtes, Dietmar G***** habe im Oktober 1994 veranlaßt, daß aus einem Betrugsverbrechen zum Nachteil von Anlegern herrührende 6,41 Mio SFr in drei Kartons aus Liechtenstein heimlich - mit dem Auftrag, das "Deutsche Eck" nicht zu frequentieren (S 415/VI) - über die Grenze nach Österreich geschafft wurden, auf die Verantwortung des Beschwerdeführers selbst (S 185, 189, 190/XII) und die Angaben der von ihm beauftragten Mitarbeiter Christopherus B***** und Peter M***** (S 413 ff/VI, 499 ff/XI und 41 ff/XIII) gründen. Mit dieser physischen Verbringung des Geldbetrages ohne entsprechende Offenlegung von dessen Herkunft und Weitergabe war notwendigerweise ein Tarnungseffekt verbunden, der eine Zurückverfolgung des Geldflusses zu seinem verbrecherischen Ursprung mangels Buchungsunterlagen ("Paper trail") objektiv erschwert, wenn nicht gar vereitelt hat. Damit wurden aber die in Rede stehenden Vermögenswerte vor den Geschädigten und den nachforschenden Sicherheitsbehörden im Sinne des § 165 Abs 1 StGB verborgen (vgl Kienapfel BT3 § 165 RN 27, 28).

Zu diesem Faktum versagen sämtliche Einwände gegen das Wissen des Beschwerdeführers um das Herrühren des Vermögens aus einem Verbrechen schon deshalb, weil nach dem hier maßgeblichen Tatbestand des § 165 Abs 1 StGB dolus eventualis genügt, somit die Wissenskomponente der subjektiven Tatseite bereits erfüllt ist, wenn der Täter die Verbrechenskontaminierung der Gelder ernstlich für möglich hält.

Auf Grund der Verantwortung des Beschuldigten, wonach er bereits im Sommer 1994 durch Medienberichte und "solide Backgroundinformationen" zur Überzeugung gelangte, daß der EKC "ganz offensichtlich ein betrügerisches Anlagesystem ist, welches nach dem Motto des Schneeballsystems arbeitet" und Drogengelder "reinwäscht" (S 185/XII), konnte das Oberlandesgericht mit dem geforderten höheren Grad der Wahrscheinlichkeit aber auch annehmen, daß er wußte, daß alle ihm sonst vom EKC zugekommenen Vermögensbestandteile, insbesondere die unbestritten zur Weiterverteilung (teils nach Umwechslung in DM) übernommenen ca 73 Mio S (S 193/XII, 55/XIII) sowie sein "Honorar" von 6 Mio S (S 187/XII) aus einem Verbrechen herrühren.

Der Frage, wann er von der behördlichen Auflösung des schweizerischen EKC Kenntnis erlangte, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.

Bei dem dargestellten dringenden Tatverdacht kann es auch dahingestellt bleiben, ob weitere 60 Mio S mit oder ohne Wissen und Willen des Beschwerdeführers im Keller seines Wohnhauses vorübergehend verwahrt wurden (S 194/XII, 57/XIII) und es ist für die Haft gleichfalls ohne Relevanz, ob er aus einem Betrugsverbrechen herrührende weitere Gelder in die USA transferierte und aus welchem Beweggrund er seinen jedenfalls auf Vollendung der Geldwäscherei gerichteten Willensentschluß faßte.

Der Gerichtshof zweiter Instanz ist aber auch zutreffend zum Ergebnis gelangt, daß die Gefahr besteht, der - vor den inkriminierten Taten hochverschuldete (S 329 ff/VI) - Beschwerdeführer werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm angelasteten fortgesetzten strafbaren Handlungen mit schweren Folgen (§ 180 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO). Auch und gerade nach der Verhaftung einiger führender Mitglieder des EKC sind in dem vom Beschuldigten zugegebenen (S 197/XII) Verbergen von Unterlagen über deren Geschäfte und seine führende Rolle bei der professionell durchgeführten Geldwäscherei in einem die Verbrechensgrenze des § 165 Abs 3 StGB um ein Vielfaches übersteigenden Ausmaß jene bestimmten Tatsachen zu erkennen, die die angenommene Tatbegehungsgefahr begründen.

Demnach erübrigt es sich, bei Prüfung der behaupteten Grundrechtsverletzung auch noch auf den - inzwischen wegen Fristablaufes (§ 194 Abs 1 StPO) ohnehin weggefallenen - Haftgrund der Verdunkelungsgefahr einzugehen (NRsp 1993/51).

Dietmar G***** ist mithin durch den bekämpften Beschluß im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt worden, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.