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OGH vom 24.11.2014, 17Os40/14g

OGH vom 24.11.2014, 17Os40/14g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tagwerker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. F***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom , GZ 604 Hv 5/13b-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, der Angeklagten und ihres Verteidigers Mag. Hiob zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. F***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 23. und am in ***** als Richterin des dortigen Bezirksgerichts, mithin als Beamtin (im nach dem StGB maßgeblichen funktionalen Sinn) mit dem Vorsatz, dadurch Mag. B***** und andere Personen an deren Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten, an denen diese ein schutzwürdiges Interesse haben (§ 1 DSG), zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem sie ohne dienstliches Erfordernis im elektronischen Abfragesystem der Justiz (kurz: VJ) Daten zu einem Zivilverfahren des Bezirksgerichts ***** abfragte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 1a, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Der Schuldspruch basiert im Wesentlichen auf folgenden Feststellungen (US 3 f):

Am habe Dr. H***** (zufällig) als Zuschauer einen kleinen Teil einer Tagsatzung zur (öffentlichen) mündlichen Streitverhandlung in einem beim Bezirksgericht ***** geführten Zivilverfahren mitverfolgt. Dort sei unter anderem erörtert worden, dass Mag. B***** beim Kauf eines Autos einen zu geringen Kaufpreis in die Kaufvertragsurkunde eingefügt habe, „um nicht die gesamte Nova entrichten zu müssen“. Dr. H***** habe dies der Angeklagten, seiner Lebensgefährtin, erzählt.

In weiterer Folge hätten sich Mag. B***** und die Angeklagte um die Planstelle des Vorstehers des Bezirksgerichts ***** beworben. Letztere habe, nachdem sie das Aktenzeichen des genannten Zivilverfahrens über einen Mitarbeiter des Bezirksgerichts ***** in Erfahrung gebracht habe, (ohne dienstliches Erfordernis und ohne Zustimmung der Verfahrensbeteiligten) über das VJ Einsicht in die Daten dieses Zivilverfahrens genommen und mehrere Seiten des (als Textdatei abrufbaren) Verhandlungsprotokolls ausgedruckt. Bei dieser Einsichtnahme habe die Angeklagte wissentlich ihre Befugnis zu derartigen Abfragen missbraucht und mit dem Vorsatz gehandelt, die an jenem Verfahren Beteiligten in deren Recht auf Geheimhaltung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu verletzen.

Aus Z 1a macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr Verteidiger sei in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen und dadurch „faktisch an der Ausübung seines Verteidigungsrechtes gehindert“ gewesen. Sie übersieht dabei, dass dieser Nichtigkeitsgrund nur auf die Abwesenheit des Verteidigers während der Hauptverhandlung abstellt, nicht auf die Art und Weise, wie der (anwesende) Verteidiger seinen Pflichten nachkommt. Für eine allzu rigide Handhabung der Anwesenheitspflicht des Verteidigers (also eine extensive Interpretation dieses Nichtigkeitsgrundes) besteht kein Anlass (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 154 und 163; vgl die Materialien zum StrafprozessreformG, mit welchem die Ausschließung einer Person als Verteidiger aufgrund ihrer Ladung als Zeuge zur Hauptverhandlung beseitigt wurde EBRV 25 BlgNR 22. GP 85). Im Übrigen führt die Rüge nicht näher aus, worin die Beeinträchtigung des Verteidigers durch dessen Vernehmung bestanden habe; eine solche ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich (vgl 15 Os 118/11h). Zudem hat der Verteidiger eine Beeinträchtigung (oder Interessenkollision) in der Hauptverhandlung nicht thematisiert, vielmehr selbst seine Vernehmung beantragt (ON 39 und 41 S 3 f und 27 f).

Die Feststellung, die Beschwerdeführerin habe die personenbezogenen Daten vor den inkriminierten Abfragen nicht gekannt, stützte das Erstgericht auf den Umstand, dass sie vom genannten Zivilverfahren nur über ihren Lebensgefährten erfahren habe, der selbst nur einen kleinen Teil der Verhandlung mitverfolgt und demnach gerade nicht Kenntnis von diesen Daten erlangt habe (US 4 f und 9 f). Dass diese Überlegung offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist, also gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstößt (RIS-Justiz RS0118317), vermag die Mängelrüge nicht darzulegen.

Gleiches gilt für den Einwand offenbar unzureichender Begründung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite. Die Tatrichter stützten sich dabei primär auf das äußere Tatgeschehen (RIS-Justiz RS0116882), auf das Zugeständnis der Beschwerdeführerin zu wissen, dass sie solche Abfragen nur im dienstlichen Interesse tätigen dürfe und - in Bezug auf den Schädigungsvorsatz - auf ihre Berufserfahrung, aufgrund derer sie gewusst habe, welche Daten sie bei einer Abfrage im VJ sehen würde (US 5 bis 7).

Das Erstgericht hat die leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin ausführlich erörtert (US 5 ff). Dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider bestand zu einer schriftlichen Auseinandersetzung mit sämtlichen Details der - zudem als unglaubwürdig verworfenen - Aussage keine Notwendigkeit (RIS-Justiz RS0098642, RS0098778).

Dass die Beschwerdeführerin das Aktenzeichen des Zivilverfahrens von einem Mitarbeiter des Bezirksgerichts ***** erfahren habe, wurde ohnehin so festgestellt (US 3), betrifft im Übrigen aber keine entscheidende Tatsache.

Der Beantwortung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist vorauszuschicken:

§ 1 Abs 1 DSG normiert einen (grundrechtlichen) Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogener Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Personenbezogene Daten sind nach der Legaldefinition des § 4 Z 1 DSG Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist. Darunter sind Informationen (im weitesten Sinn) zu verstehen, die mit einer Person in Verbindung stehen oder gebracht werden können (Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 4 Anm 2; Knyrim, Datenschutzrecht2 , 14; Lehner/Lachmayer in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht, 98; Berka, Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich Rz 481; vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 22 Rz 10). In diesem Sinn geschützt ist im vorliegenden Fall daher auch - wie mit Blick auf die insofern unklaren Feststellungen im angefochtenen Urteil (vgl US 3 f) angemerkt wird - die (in der gezielt abgefragten Zeugenaussage enthaltene) Information darüber, dass bestimmte Personen (Mag. B***** oder seine Frau auf Käuferseite und ein namentlich genannter Verkäufer) einen Kaufvertrag über ein Auto abgeschlossen, in diesem Zusammenhang ein Zivilverfahren geführt und allenfalls eine inhaltlich unrichtige Urkunde mit dem Ziel der Abgabenverkürzung erstellt haben.

Bei der Annahme eines (vom Geheimhaltungsanspruch vorausgesetzten) schutzwürdigen Interesses legen Rechtsprechung und Lehre einen großzügigen Maßstab an: Es wird grundsätzlich angenommen, sofern es nicht im Sinn des § 1 Abs 1 zweiter Satz DSG auszuschließen ist. Ob es über diese gesetzlichen Ausschlusstatbestände hinaus einer eigenständigen Prüfung der Schutzwürdigkeit bedarf (so Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 1 Anm 7; Wiederin, Privatsphäre und Überwachungsstaat, 60 f; vgl RIS-Justiz RS0107203 [T4 und T 5]) oder nicht (so unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zum DSG 2000 [EBRV 1613 BlgNR 20. GP, 34 f] etwa Duschanek in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht § 1 DSG Rz 40 bis 42; Jahnel, Handbuch Datenschutzrecht, 2/26; im Ergebnis wohl auch Lehner/Lachmayer in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht, 98 f, die auf die informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Person abstellen; vgl RIS-Justiz RS0116746; zum weiten gemeinschaftsrechtlichen Schutzbereich [auch hinsichtlich bereits veröffentlichter Daten] vgl Art 1 Abs 1 und Art 2 lit a und b der Richtlinie 95/46/EG [Datenschutzrichtlinie] und Art 8 GRC sowie EuGH, , C-73/07), kann dahingestellt bleiben, weil vom festgestellten Schädigungsvorsatz (US 4 und 7) jedenfalls im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (vgl § 1 Abs 1 DSG) relevante personenbezogene Daten (wie Namen, Adressen, Geburtsdaten und familiäre Beziehungen) der am Zivilverfahren Beteiligten erfasst waren.

Allgemeine Verfügbarkeit im Sinn des § 1 Abs 1 zweiter Satz DSG ist nur dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt der in Rede stehenden Verwendung von Daten diese tatsächlich (noch) jedermann zugänglich sind. Dies trifft etwa bei Daten zu, die in öffentlichen Registern oder Büchern, in Kundmachungen oder in sonstigen öffentlich abrufbaren Informationsquellen wie etwa dem Telefonbuch oder dem Internet auffindbar sind. (Einmal hergestellte) Öffentlichkeit bedeutet jedoch nicht in jedem Fall allgemeine Verfügbarkeit. Neben der jeweiligen Reichweite unterschiedlicher Arten von Öffentlichkeit (etwa in Form eines Gesprächs vor mehreren Anwesenden, einer Berichterstattung durch Massenmedien oder der Abrufbarkeit im Internet) ist - unter dem Aspekt fortdauernder Verfügbarkeit - die zeitliche Komponente zwischen (einmaliger) Veröffentlichung und Verwendung der Daten zu berücksichtigen. Nach diesen Kriterien kann von allgemeiner Verfügbarkeit in einer öffentlichen Verhandlung vorgekommener Daten - ohne (hier nicht festgestellte) qualifizierte Berichterstattung in Massenmedien oder dem Internet - nicht die Rede sein (ausführlich zur [fehlenden] allgemeinen Verfügbarkeit personenbezogener Daten von Beteiligten in Zivilverfahren 6 Ob 165/13b, EvBl-LS 2014/49 = JBl 2014, 401; zum Ganzen Jahnel, Handbuch Datenschutzrecht, 2/18 ff; zum Erfordernis des Fortdauerns der allgemeinen Verfügbarkeit Lehner/Lachmayer in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht, 99; EBRV 1613 BlgNR 20. GP, 35; zum weitgehend synonymen Verständnis des in § 8 Abs 2 DSG verwendeten Begriffs der „zulässigerweise veröffentlichten Daten“ vgl auch Wiederin, Privatsphäre und Überwachungsstaat, 59).

Liegt nach diesen Kriterien ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse vor, sind Eingriffe in dieses (also in das Grundrecht auf Datenschutz) - abgesehen von sonstigen hier nicht relevanten Fällen (zur hier fehlenden Zustimmung der betroffenen Personen vgl US 7 f) - nur gerechtfertigt, wenn sie der Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen (auch des Staates) dienen und verhältnismäßig sind (§ 1 Abs 2 DSG).

Weiters ist klarzustellen, dass Strafbarkeit nach § 302 Abs 1 StGB durch missbräuchliche Abfrage personenbezogener Daten zwar grundsätzlich ausscheidet, wenn dem Täter die erlangten Informationen schon vor der Abfrage bekannt waren. Der Tatbestand ist jedoch erfüllt, wenn die missbräuchliche Abfrage der Überprüfung des Wahrheitsgehalts einer (etwa nur gerüchteweise zugekommenen) Information oder der Aktualität von Daten dient (Glosse zu 17 Os 3/13i, EvBl 2013/101, 692).

Vor diesem Hintergrund trifft der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die von der Beschwerdeführerin abgefragten Daten seien zufolge deren Erwähnung in einer öffentlichen Verhandlung allgemein verfügbar, nicht zu. Die einmalige - nicht qualifizierte - Veröffentlichung gegenüber Beteiligten des Verfahrens und zufällig anwesenden Zuhörern ist der generellen Zugänglichkeit etwa eines öffentlichen Registers (vgl zum Melderegister die in der Rüge zitierten Entscheidungen 17 Os 20/12p, EvBl 2013/42, 274 und 11 Os 105/11t) keineswegs gleichzuhalten. Gegenteiliges ist auch aus der ebenfalls ins Treffen geführten Entscheidung 4 Ob 230/07p nicht abzuleiten, weil diese sich nicht mit dem Maßstab der allgemeinen Verfügbarkeit, sondern der (davon verschiedenen) Bedeutung der Wortfolge „der Öffentlichkeit unbekannte Verhältnisse oder Umstände“ in § 48a Abs 3 BAO befasst.

Die Behauptung, es liege „gemäß § 8 Abs 4 DSG auch kein schutzwürdiges Interesse vor, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht“, verwechselt den Schutzbereich des Grundrechts (zur besonderen Schutzwürdigkeit des Interesses an der Geheimhaltung strafrechtsbezogener Daten, also etwa auch der Information über den Verdacht der Begehung von Straftaten, im Sinn des § 8 Abs 4 DSG Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 § 8 Anm 19; Lehner in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht, 133) mit der bei der Prüfung eines Eingriffs im Einzelfall gebotenen Interessenabwägung (vgl Duschanek in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht § 1 DSG Rz 42; Jahnel, Handbuch Datenschutzrecht, 2/50).

Weshalb die Beschwerdeführerin (als Richterin) bei Kenntnisnahme eines - allenfalls strafbaren - Verhaltens des Richters Mag. B***** nach § 45 (Abs 3) oder § 109 (Abs 1) BDG hätte vorgehen müssen, bleibt unklar. Im Übrigen ist das Erstgericht - abgesehen davon, dass es eine (im Rechtsmittel behauptete) Vorgesetzteneigenschaft der Beschwerdeführerin gar nicht festgestellt hat - unmissverständlich davon ausgegangen, dass diese die Abfrage gerade nicht zum Zweck der Erstattung einer (Straf- oder Disziplinar-)Anzeige durchgeführt habe (US 5 f). Die Berufung auf den Rechtfertigungstatbestand des § 8 Abs 4 Z 4 DSG, der sich zudem nur auf die Datenweitergabe (vgl § 4 Z 12 DSG), nicht das Ermitteln oder Abfragen von Daten bezieht (vgl § 4 Z 9 DSG), geht daher ins Leere. Aus diesem Grund bestand auch kein Anlass, Feststellungen zum Verdacht einer von Mag. B***** (oder einer Partei des gegenständlichen Zivilverfahrens) begangenen strafbaren Handlung zu treffen.

Die Rechtsrüge verneint weiters eine (gewollte) Verletzung des Datenschutzrechts, weil die Beschwerdeführerin zufolge eines rechtlichen Interesses ohnehin Anspruch auf Akteneinsicht gehabt habe. Akteneinsicht steht dritten, also nicht am Verfahren beteiligten, Personen nach § 219 Abs 2 ZPO (wenn - wie hier - eine Zustimmung beider Parteien nicht vorliegt) bei Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses zu. Dieses muss ein in der Rechtsordnung gegründetes und von ihr gebilligtes Interesse sein, das über das bloß wirtschaftliche Interesse oder über Interessen der Information, der Pietät, des Anstands oder der Ethik hinausreicht. Überdies muss das rechtliche Interesse an der Akteneinsicht konkret sein. Die Einsichtnahme muss Bedeutung für die privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Dritten haben, sich auf diese also günstig auswirken. Dies kann nach der Rechtsprechung auch dann der Fall sein, wenn durch die Akteneinsicht eine Verbesserung der Beweislage bei Durchsetzung oder Abwehr eines Rechtsanspruchs erreicht werden kann. Wird Akteneinsicht hingegen als „reiner Erkundungsbeweis“ begehrt, wird diesen Anforderungen nicht entsprochen (RIS-Justiz RS0037263, RS0079198 insbesondere 3 Ob 58/12v]; Gitschthaler in Rechberger4 § 219 ZPO Rz 3/2; vgl Schragel in Fasching/Konecny2 § 219 Rz 3; Oshidari, WK-StPO § 77 Rz 2). Nach dem Urteilssachverhalt seien die inkriminierten Abfragen (nur) im Zusammenhang mit einer Bewerbung der Beschwerdeführerin (gegen Mag. B*****) um eine richterliche Planstelle gestanden. Ein ihr daraus erwachsendes rechtliches Interesse ist (da es dabei nicht um die Durchsetzung oder Abwehr eines Rechtsanspruchs ging [zum Fehlen eines Anspruchs auf Ernennung und einer Parteistellung im Besetzungsverfahren betreffend Bewerber um richterliche Planstellen vgl VfSlg 8.066, 14.368, 14.732, 17.620; Piska in Korinek/Holoubek B-VG Art 86 Rz 12 und 15; Kuscko-Stadlmayer ebd Art 3 StGG Rz 24 bis 34, Öhlinger/Eberhard Verfassungsrecht10 Rz 803]) nicht auszumachen. Vielmehr dienten die Abfragen lediglich ihrem Informationsbedürfnis und einem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse an der Ernennung auf diese Planstelle (vgl 17 Os 20/12p, EvBl 2013/42, 274).

Die Forderung nach Feststellungen dahingehend, dass die Beschwerdeführerin lediglich einen Ausdruck der Aussage des Mag. B***** habe beschaffen wollen und „darüber hinaus kein Interesse an der Erlangung von Daten hatte“, ihr durch die Abfrage somit mehr Daten zugänglich geworden seien als gewollt (vgl 17 Os 1/12v, EvBl 2012/136, 922), bekämpft bloß die gegenteiligen Konstatierungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Nach diesen habe sie nämlich genau diesen Umstand in ihren Schädigungsvorsatz aufgenommen (US 4 und 7). Im Übrigen wäre nach dem zuvor Gesagten schon das Überprüfen der Richtigkeit der primär gesuchten Information (ob Mag. B***** tatsächlich eine inhaltlich unrichtige Urkunde mit dem Ziel der Steuerverkürzung verfasst habe) tatbestandsmäßig.

Der Einwand, „Namen und Adressen der Ehegatten B*****“ könnten „aus dem öffentlichen Telefonbuch entnommen werden“ (seien demnach allgemein verfügbar), übersieht, dass der Vorsatz der Beschwerdeführerin (nach den Feststellungen) auf Einsichtnahme in weitere Daten (wie Geburtsdaten und die familiäre Beziehung zwischen Mag. B***** und der Klägerin des Zivilverfahrens sowie personenbezogene Daten des dort Beklagten) gerichtet gewesen sei (US 3 f und 7) und spricht somit keinen entscheidenden Umstand an. Aus diesem Grund kann auch das Argument, bestimmte, Mag. B***** betreffende, Daten seien für Justizbedienstete im Personalverzeichnis (der Justiz) einsehbar, auf sich beruhen (zur Verfügbarkeit von Daten nur für einen bestimmten Personenkreis oder innerhalb einer Organisation vgl im Übrigen Jahnel, Handbuch Datenschutzrecht, 2/19; Lehner/Lachmayer in Bauer/Reimer [Hrsg], Handbuch Datenschutzrecht, 99; vgl auch 11 Os 109/01).

Das Erstgericht hat ausdrücklich konstatiert, dass die Beschwerdeführerin bei der zweiten Abfrage (am ) neuerlich mit dem Vorsatz gehandelt habe, „weitere ihr unbekannte personenbezogene Daten zu gewinnen“ (US 7). Welche Daten damit gemeint waren (nämlich Namen, Adressen, Geburtsdaten oder sonstige Informationen über Beteiligte des Verfahrens und andere dort auftretende Personen), ergibt sich dem weiteren Vorbringen zuwider unzweifelhaft aus dem Gesamtzusammenhang (US 3 f und 7).

Indem die Beschwerdeführerin Feststellungen zu einem Tatbildirrtum in Bezug auf die Zulässigkeit der Registerabfragen reklamiert, bekämpft sie im Ergebnis abermals bloß unzulässig die Konstatierungen zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs (US 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht hielt ein diversionelles Vorgehen mit der Begründung, die Angeklagte habe dies abgelehnt und keinerlei Verantwortungsübernahme gezeigt, zutreffend für ausgeschlossen (US 12; vgl auch ON 51 S 17 f; RIS-Justiz RS0126734; Schroll, WK-StPO § 198 Rz 9 f). Der - für den Fall der Erfolglosigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gestellte - „Eventualantrag wegen Diversion“ übersieht, dass der Oberste Gerichtshof im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde lediglich (aus Z 10a) zu prüfen hat, ob dem Erstgericht bei der Beurteilung der Diversionsvoraussetzungen (auf Basis des Urteilssachverhalts) ein Rechtsfehler unterlaufen ist (oder ein Feststellungsmangel vorliegt Ratz, WK-StPO § 281 Rz 659]). Da ein solcher Fall nicht gegeben ist und dem Schuldspruch auch sonst keine Nichtigkeit anhaftet, kommt Diversion nicht (mehr) in Betracht.

Die Beschwerde (ON 65) gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit welchem der Antrag auf Berichtigung der Protokolle über die Hauptverhandlung (ON 41 und 51) abgewiesen wurde (ON 63), bezieht sich nicht auf Vorgänge oder Umstände, die im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde als Urteilsanfechtungsgründe geltend gemacht wurden. Sie ist damit - ohne einer inhaltlichen Erwiderung zu bedürfen - erledigt (RIS-Justiz RS0126057).

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte eine für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Dabei wertete es die „zweifache Tatbegehung“ (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) als erschwerend, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel der Angeklagten und dass die Tat mit deren sonstigem Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), hingegen als mildernd.

Der Berufung zuwider stellt ein „Tatsachengeständnis“ keinen Milderungsgrund dar (RIS-Justiz RS0091585). Im Zugestehen der - ohnehin von den Strafverfolgungsbehörden ermittelten (vgl US 5 iVm ON 18 S 47 ff) - Abfragen im VJ ist auch kein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung im Sinn des § 34 Abs 1 Z 17 StGB zu erblicken (vgl RIS-Justiz RS0091512; vgl im Übrigen die Einschätzung des Erstgerichts, die Angeklagte habe ihre Verantwortung jeweils „an die Aktenlage“ angepasst [US 5]).

Die Annahme einer „psychischen Ausnahmesituation“ der Angeklagten von einer als Milderungsgrund (vgl § 34 Abs 1 Z 11 StGB) zu berücksichtigenden Intensität findet in dem von ihr bloß vage angedeuteten - ansonsten allerdings nicht objektivierten -
„unsachlichen Besetzungsverfahren“ (vgl ON 41 S 12) keine ausreichende Grundlage.

Weshalb es der Angeklagten mildernd zugute kommen soll, dass sie „die ihr bekannten Umstände über das Verhalten ihres Mitbewerbers (vorerst) nicht dem Dienstgeber und der Strafverfolgungsbehörde mitgeteilt hat“, vermag die Berufung im Hinblick auf die tatsächlich eingetretene Schädigung mehrerer Personen an ihrem Recht auf Datenschutz nicht darzulegen. Im Übrigen setzt § 302 Abs 1 StGB eine Verwertung der missbräuchlich beschafften Informationen nicht voraus.

Einem von der Berufungswerberin reklamierten geringen Schuldgehalt der Taten hat das Erstgericht ohnehin durch Bemessung der Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens Rechnung getragen. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe oder einem im Sinn der ständigen Rechtsprechung atypisch leichten Ausnahmefall der Verwirklichung des Tatbestands ist jedoch nicht auszugehen (vgl RIS-Justiz RS0102152, RS0091303; vgl auch Flora in WK2 StGB § 41 Rz 5, die bei ihrer Kritik an der Rechtsprechung vernachlässigt, dass der Ausnahmecharakter des § 41 StGB schon in dessen Überschrift zum Ausdruck kommt). Der Antrag, eine (zur Gänze) „bedingt nachgesehene Geldstrafe“ zu verhängen, hat daher auf sich zu beruhen (vgl die in §§ 37 und 43a Abs 1 StGB normierten gesetzlichen Voraussetzungen).

Die vom Erstgericht verhängte Strafe erscheint daher auch dem erkennenden Senat tat- und schuldangemessen und der Täterpersönlichkeit entsprechend und bedarf demnach keiner Korrektur.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:0170OS00040.14G.1124.000