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VfGH vom 17.10.1985, B489/82

VfGH vom 17.10.1985, B489/82

Sammlungsnummer

10634

Leitsatz

Tir. GVG 1970 (1983); Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß § 4 Abs 1 und § 6 Abs 1 litc nach Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten; hier Grundverkehrsreferent ein dienstlich vorgesetzter Beamter des Berichterstatters der Landesgrundverkehrsbehörde - Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal gemäß Art 6 MRK

Spruch

Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal iS des Art 6 MRK verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Kaufvertrag vom erwarben die Bf. von H J

P die Gp. ... im Ausmaß von 24471 Quadratmeter aus der Liegenschaft

EZ ... KG Fügen, geschlossener Hof B, um einen Kaufpreis von

3000000 S.

1.2. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Fügen vom wurde der Eigentumsübertragung an die Bf. gemäß § 3 Abs 1 lita des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. 4/1971 idF LGBl. 6/1974 - als wiederverlautbarte Rechtsvorschrift laut Kundmachung der Tir. Landesregierung vom , LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) bezeichnet - die Zustimmung erteilt.

1.3. Der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom Folge gegeben und der beabsichtigten Eigentumsübertragung gemäß § 4 Abs 1 und § 6 Abs 1 litc des Grundverkehrsgesetzes 1970 die Zustimmung versagt.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Ua. aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der lita, c, d, e und f des § 13 Abs 4 Z 1 GVG 1983 gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein.

Mit Erk. des ua., wurde ausgesprochen, daß die vorzitierten Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.

4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1. In dem eben zitierten Erk. vom schloß sich der VfGH der im Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom im Rechtsfall Sramek geäußerten Rechtsansicht an. Er vertritt ebenso wie der Europäische Gerichtshof die Auffassung, daß das Tätigwerden eines Mitgliedes der Tir. Landesgrundverkehrbehörde, das in seiner Eigenschaft als Beamter des Amtes der Tir. Landesregierung dem beamteten Grundverkehrsreferenten und damit einer Partei des Verfahrens dienstlich untersteht, unter besonderen Umständen, wie sie im Fall Sramek - iS einer das Vertrauen in die Kommission beeinträchtigenden besonderen Verflechtung zwischen Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde (und damit eines Tribunals) und Grundverkehrsreferent - vorlagen, mit der Verfassungsbestimmung des Art 6 MRK unvereinbar ist.

Im Beschwerdefall liegen die gleichen Umstände vor wie im Fall Sramek. Insbesondere war der Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde Beamter der Abt. IIIb 3 des Amtes der Tir. Landesregierung; Grundverkehrsreferent war Dr. D S, Vorstand der Gruppe III, und damit, wie sich aus der damals maßgeblichen Geschäftseinteilung des Amtes der Tir. Landesregierung (laut V des Landeshauptmannes vom , LGBl. 21/1979) ergibt, ein dienstlich vorgesetzter Beamter des Berichterstatters der Landesgrundverkehrsbehörde Gemäß § 2 der zitierten Geschäftseinteilung waren nämlich die Abt. Ic, IIIa 1, IIIa 2, IIIb 1, IIIb 2, IIIb 3 und IIIc in der Gruppe III zusammengefaßt, sodaß zwischen beiden Beamten eine besonders enge Beziehung - mit hierarchischer Überordnung des als Partei des Verfahrens agierenden Grundverkehrsreferenten - bestand.

Der angefochtene Bescheid war aufzuheben, weil er die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal verletzt hat.

Fundstelle(n):
HAAAE-01254