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OGH vom 01.09.1999, 9ObA167/99w

OGH vom 01.09.1999, 9ObA167/99w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Franz Höllebrand als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ingeborg K*****, Ordinationsgehilfin, ***** vertreten durch Dr. Hans-Peter Keul und andere, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Herwig Sch*****, Facharzt, ***** vertreten durch Dr. Johannes Grund und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 46.667,24 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 41/99g-17, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit ist das nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehende Gesamtverhalten des Dienstnehmers innerhalb eines längeren Zeitraumes und nicht nur der letzte zur Auflösung führende Vorfall zu prüfen (8 ObA 294/94). Das außerdienstliche Verhalten muß sich aber auf das Arbeitsverhältnis in der Weise auswirken, daß dadurch das dienstliche Vertrauen des Arbeitgebers verlorengeht, wobei bei einem außerdienstlichen Verhalten die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im allgemeinen eher bestehen bleibt als bei einem dienstlichen Verhalten (9 ObA 115/98x) und daran kein so strenger Maßstab zu knüpfen ist (9 ObA 15/95). Es ist dabei der Zusammenhang des außerdienstlichen Verhaltens mit der dienstlichen Position und dem damit verbundenen Aufgabengebiet und der Auswirkung auf das Dienstverhältnis zu beachten (SZ 63/13; 9 ObA 156/95). Eine außerdienstliche Ehrverletzung kann eine Entlassung nur dann rechtfertigen, wenn zwischen ihr und dem Arbeitsverhältnis ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und die Ehrverletzung geeignet ist, sich auf das Arbeitsverhältnis oder auf den Betrieb auszuwirken (8 ObA 303/95).

Ob das Verhalten in der einen oder anderen Richtung zu gewichten ist und die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung begründet, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab (Arb 9631; 8 ObA 195/97b). Bei einer Lebensgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Dienstnehmer kann zwar nicht immer von einer strikten Trennung zwischen der Dienst- und der Privatsphäre ausgegangen werden. Dennoch ist die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der Streit nach der Ordination um das vom Beklagten der Klägerin, wenn auch unter ihrer finanziellen Beteiligung bei der Anzahlung zur Verfügung gestellte Leasingfahrzeug, das nach den Feststellungen kein Problem im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis darstellte, ein Privatstreit gewesen sei, keine krasse Verkennung der Rechtslage. Ob das Fahrzeug der Klägerin auch für den Weg zur Arbeit zur Verfügung gestellt worden war oder die Zeugin B***** auch als Patientin, die im Streit der Streitteile vermitteln wollte, am Tag des Streites die Ordination aufsuchte und den Streit mitanhörte, kann den unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis nicht herstellen, weil die Feststellung nicht vernachlässigt werden kann, daß dieses Streitgespräch nicht um Probleme im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ging.

Daß die Äußerungen der Klägerin nicht geeignet waren, sich auf das dienstliche Vertrauen des Beklagten als Arbeitgeber auszuwirken, ist bei Beurteilung der Umstände des Einzelfalles (Auflösung der Lebensgemeinschaft) daher keine krasse Fehlbeurteilung, zumal sie mit den dienstlichen Belangen und den dienstlichen Interessen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang standen. Bei einer Vermengung einer Lebensgemeinschaft und einem Dienstverhältnis ist an das außerdienstliche Verhalten im Rahmen der Lebensgemeinschaft bzw deren Auflösung und Abwicklung kein so strenger Maßstab in Bezug auf die Auswirkungen von Äußerungen auf das Dienstverhältnis anzulegen. Hatte dieser Vorfall aber nicht das Gewicht eines Entlassungsgrundes, vor allem, weil er nicht mit dem Arbeitsverhältnis in unmittelbarem Zusammenhang stand, dann konnten die früher verwirklichten Dienstpflichtverletzungen, die nicht als Anlaß für eine Entlassung genommen wurden, auch nicht bei Würdigung des Gesamtverhaltens zum Ausspruch der Entlassung berechtigen (Arb 10.445).

Soweit der Revisionswerber die Frage aufwirft, ob auf die "freiwillige" Zahlung des 15. Gehaltes ein Rechtsanspruch bestand, zeigt er auch damit keine Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG auf. Zunächst übersieht er, daß das Berufungsgericht die diesbezüglichen Ausführungen in der Rechtsrüge der Berufung nicht als gesetzmäßig ansah und auf die richtige Rechtsansicht des Berufungsgerichtes verwies (§ 500a ZPO). Daß die Rechtsrüge entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ordnungsgemäß ausgeführt war, wäre nach ständiger Rechtsprechung mit Mängelrüge geltend zu machen gewesen, um den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung heranziehen zu können (SSV-NF 10/137).

Im übrigen entspricht es der ständigen Judikatur, daß eine Zuwendung den Charakter der Freiwilligkeit verliert, wenn mangels ausdrücklicher Betonung des unverbindlichen und jederzeit widerruflichen Charakters der Zuwendung ein Entgeltanspruch als stillschweigend vereinbart angesehen werden kann. Es kommt dabei auf den Eindruck des Arbeitnehmers vom schlüssigen Verhalten des Arbeitgebers an, nicht aber auf das Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers (Arb 10.493, 9 Ob 222/98g ua). Soweit das Berufungsgericht mangels eines Vorbehaltes oder des Vorhandenseins von Bedingungen von einem nicht einseitig beseitigbaren Rechtsanspruch ausging, so bedurfte es aufgrund des objektiv zu beurteilenden Arbeitgeberverhaltens und dem auf den Vertragsanspruch gestützten Klagebegehren keiner weiteren Feststellung über das subjektive Verständnis der Klägerin vom Arbeitgeberverhalten.