OGH vom 23.03.2010, 8ObA57/09d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und ARin Angelika Neuhauser in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. G***** K*****, vertreten durch Mag. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Opernring 8, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P***** GmbH, wegen Feststellung einer Konkursforderung (Streitwert: 35.354,89 EUR brutto sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 1/09g-30, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
I. Dass Ausführungen des Erstgerichts in seiner rechtlichen Beurteilung die Annahme rechtfertigen können, das Erstgericht habe das zwischen den Parteien bestandene Rechtsverhältnis als Zielschuldverhältnis qualifiziert, mag zutreffen. Diese rechtliche Qualifizierung wurde jedoch vom Berufungsgericht ohnedies nicht übernommen, das vom Vorliegen eines freien Dienstvertrags ausgegangen ist.
II. Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich vom „echten“ Arbeitsvertrag durch das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit; maßgeblich ist die tatsächliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehungen ( Krejci in Rummel , ABGB 3 § 1151 Rz 83 mwH). Die Frage, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag oder ein freier Dienstvertrag vereinbart wurde, kann immer nur anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (RIS Justiz RS0111914). Dies führt dazu, dass die Tätigkeit von Lehrenden, Vortragenden oder Trainern je nach den konkreten Umständen ganz unterschiedlich zu beurteilen ist (vgl nur einerseits die von der Klägerin ins Treffen geführte Entscheidung 8 ObA 2158/96b; andererseits die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 9 ObA 10/99g). Ausschlaggebend sind die konkreten Rahmenbedingungen und Inhalte der zu beurteilenden Tätigkeiten, sodass allgemeingültige Aussagen des Obersten Gerichtshofs regelmäßig nicht möglich sind. Hat daher - wie hier - die zweite Instanz ihrer Entscheidung die vom Obersten Gerichtshof judizierten Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt, verwirklicht die Anwendung dieser Kriterien auf den jeweiligen Einzelfall - von unvertretbaren Fehlbeurteilungen abgesehen - keine iSd § 502 Abs 1 ZPO qualifizierte Rechtsfrage.
III. Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, dass das hier zu beurteilende Beschäftigungsverhältnis durchaus Merkmale aufweist, die für die Annahme einer Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit ins Treffen geführt werden können. Die Auffassung der zweiten Instanz, dass allerdings die gegen diese Annahme sprechenden Umstände überwiegen, ist nicht unvertretbar:
IV. So ergibt sich aus dem der Tätigkeit der Klägerin zugrunde gelegten Rahmenvertrag, dass die Klägerin berechtigt war, die Übernahme von Kursen abzulehnen. Ihre nunmehrigen Andeutungen, dass diese Möglichkeit nur theoretisch bestand, sind durch Feststellungen nicht gedeckt. Zudem durfte sich die Klägerin vertreten lassen und hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht. Soweit die Revision von einer Beschränkung der grundsätzlich bestehenden Vertretungsmöglichkeit der Klägerin im Fall einer „mehr als 50%igen“ Vertretung ausgeht, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab. In keinem Fall musste die Klägerin eine Vertretung vorab durch die Gemeinschuldnerin genehmigen lassen. Eine „mehr als 50%ige“ Vertretung unterschied sich von einem sonstigen Vertretungsfall lediglich dadurch, dass nicht die Klägerin, sondern die nunmehrige Gemeinschuldnerin den Vertrag mit dem Vertreter abschloss.
V. Den von der Revisionswerberin primär ins Treffen geführten Umständen kommt bei der Abwägung der für bzw gegen eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit sprechenden Umstände nicht das von ihr gewünschte Gewicht zu: Die Vorgabe eines bestimmten Kursinhalts und definierter Kursziele, die Verwendung beigestellter Lehrmittel und die Abhaltung der Kurse in den Räumen des Veranstalters liegt in der Natur vergleichbarer Tätigkeiten; derartige Umstände sind daher für sich allein nicht geeignet, die persönliche Abhängigkeit des Vortragenden zu begründen. Dass die Anwesenheit der Kursteilnehmer und die Einhaltung des Rauchverbots in den Nichtraucher-Räumlichkeiten kontrolliert wurde, hat mit der hier vorzunehmenden Abgrenzung überhaupt nichts zu tun.
VI. Die behaupteten Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die dazu vorgebrachten Umstände ergeben sich zum Teil ohnedies aus dem festgestellten Sachverhalt, zum Teil sind sie durch Vorbringen nicht gedeckt, zum Teil sind sie für die rechtliche Beurteilung unerheblich.
VII. Weitere relevante Einwände gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen wurden nicht erhoben.
VIII. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die von der zweiten Instanz vorgenommene Abwägung der für und gegen die persönliche Abhängigkeit der Klägerin sprechenden Umstände jedenfalls vertretbar und die dagegen erhobene Revision daher aus den schon oben dargestellten Gründen nicht zulässig ist.