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OGH vom 17.12.2007, 8ObA57/07a

OGH vom 17.12.2007, 8ObA57/07a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. Mag. Dr. Thomas Keppert und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Marialuise J***** , vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B***** GmbH, ***** vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 18.438,50 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 160/06z-32, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Antrag der Beklagten auf Zuspruch von Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des Verfahrens lediglich restliche Ruhegenussansprüche der Klägerin nach dem Bundestheaterpensionsgesetz (BThPG) für die Zeit vom bis in der Höhe von 18.438,50 EUR brutto sind. Die für die Zeit danach erhobenen Ansprüche hat die Beklagte auf Grund der rückwirkend mit in Kraft getretenen Änderung des BThPG durch die Dienstrechts-Novelle 2005 beglichen.

Die Revision verweist auf einen tatsächlich vorliegenden Widerspruch zwischen den Entscheidungen 9 ObA 55/05m einerseits und 9 ObA 131/06i andererseits. Der Widerspruch besteht darin, dass diese Entscheidungen den Spruch des Erkenntnisses des , G 77/04, mit welchem festgestellt wurde, dass § 5 Abs 8 Bundestheater-Pensionsgesetz idF BGBl I 1998/123 verfassungswidrig war und die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, unterschiedlich interpretierten: In 9 ObA 55/05m wurde ausgesprochen, dass das als verfassungswidrig festgestellte Gesetz auch über den Anlassfall hinaus nicht mehr anzuwenden ist. Demgegenüber wurde in der Entscheidung 9 ObA 131/06i erkannt, dass das genannte Erkenntnis des VfGH auf die vor Fällung des Erkenntnisses verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls keine Auswirkungen habe.

Allerdings ist die Beantwortung der Rechtsfrage nach den Auswirkungen des Erkenntnisses des VfGH im hier zu beurteilenden Fall nicht präjudiziell, weil das Berufungsgericht das Klagebegehren aus anderen Gründen und somit im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat:

Die Klägerin stand bis zu ihrer Ruhestandsversetzung zum als Tänzerin in einem Dienstverhältnis zum Bund. Für den hier maßgeblichen Zeitraum von September 1998 bis einschließlich Dezember 2001 wurde ihr Ruhegenuss, ausgehend von einer angenommenen Dienstzeit von 27 Jahren und 11 Monaten, mit 62 % der Ruhegenussermittlungsgrundlage festgesetzt.

Der Ruhegenussanspruch der Klägerin ist mit ihrer Versetzung in den Ruhestand, die zum erfolgte, entstanden. Er hat sich auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Rechtslage konkretisiert. Gemäß § 5 ABGB wirken mangels gegenteiliger Anordnung im Gesetz nach diesem Zeitpunkt erfolgte Änderungen der Rechtslage nicht zurück (9 ObA 3/05i mwN).

Für die Zeit vom bis zum Ablauf des wurde durch die 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl Nr I 1998/123, eine anstelle der bisherigen §§ 5 und 5a BThPG tretende Regelung des § 5 BThPG mit folgendem Wortlaut geschaffen:

„§ 5

(1) Die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage beträgt 80 % der Ruhegenussermittlungsgrundlage.

(2) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den zeitlichen Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, in dem der Bundestheaterbedienstete frühestens Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand gehabt hätte, ist die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 %-Punkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf 2 Kommastellen zu runden.

.....

(6) Die Ruhegenussbemessungsgrundlage darf 62 % der Ruhegenussermittlungsgrundlage nicht unterschreiten.

(7) Bei Vorliegen einer als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit von mindestens 336 Monaten darf die Ruhegenussbemessungsgrundlage - abweichend von Abs 6 - 71 % der Ruhegenussermittlungsgrundlage nicht unterschreiten. Dieser Prozentsatz vermindert sich für jeweils 12 auf die Zahl von 336 fehlende Monate der als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit um 1 %-Punkt, darf jedoch 62 nicht unterschreiten.

(8) Zur als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit im Sinne des Abs 7 zählt jeder Monat, in dem

1. ein Solotänzer mindestens drei Vorstellungen absolviert und 20 Probendienste geleistet hat oder

2. ein sonstiges Ballettmitglied mindestens fünf Vorstellungen absolviert und 20 Probendienste geleistet hat

sowie die spielfreie Zeit im Ausmaß von höchstens zwei Monaten pro Spieljahr.

(9) Abs 7 ist nur auf Ballettmitglieder anzuwenden, die vor dem dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterstellt worden sind. Nach diesem Datum angefallene Ruhegenüsse oder von solchen abgeleitete Versorgungsgenüsse sind erforderlichenfalls nach den Abs 7 und 8 neu zu bemessen.

....."

Bereits in 9 ObA 23/02a (siehe auch 9 ObA 3/05i) wurde - unter teilweiser Ablehnung der Entscheidung 8 ObA 18/99a - dem klaren Wortlaut des § 5 Abs 7 BThPG idF BGBl Nr I 1998/123 entsprechend klargestellt, dass die Rechtsauffassung, die in § 5 Abs 7 BThPG normierte Grenze von 336 Monaten wirke „absolut", abzulehnen ist:

Vielmehr legt § 5 Abs 7 Satz 2 BThPG in der auf die Klägerin anzuwendenden Fassung unmissverständlich fest, dass sich der dort festgelegte Prozentsatz von 71 „für jeweils 12 auf die Zahl von 336 fehlende Monate der als Ballettmitglied zurückgelegten Dienstzeit um einen Prozentpunkt vermindert, jedoch 62 nicht unterschreiten darf". Daraus folgt aber, dass der Klägerin unter Zugrundelegung der angerechneten Dienstzeit von 27 Jahren und 11 Monaten unabhängig von den Auswirkungen des zitierten Erkenntnisses des VfGH ein Ruhegenuss von 70 % (71 abzüglich ein Prozentpunkt für das auf 336 fehlende Dienstmonat) der Ermittlungsgrundlage gebührte. Der Umstand, dass die Beklagte den Ruhegenuss der Klägerin lediglich mit 62 % der Ermittlungsgrundlage bemaß und bezahlte, beruht somit nicht auf einer Anwendung einer später durch den VfGH als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des BThPG, sondern auf einer Fehlinterpretation des § 5 Abs 7 BThPG idF BGBl Nr I 1998/123. Darauf, dass die Klägerin unter Außerachtlassung des vom VfGH als verfassungswidrig erkannten § 5 Abs 8 BThPG idF BGBl Nr I 1998/123 (wegen Erreichen von 336 statt der angerechneten 335 Dienstmonate) einen weiteren Prozentpunkt mehr (71 statt 70) von der Ermittlungsgrundlage zu erhalten hätte, stützt sich die außerordentliche Revision nicht einmal ansatzweise.

Rechtliche Beurteilung

Damit erweist sich aber der von der Beklagten in erster Instanz erhobene Einwand der nicht gehörigen Verfahrensfortsetzung bzw der Verjährung als berechtigt.

Im Unterbrechungsbeschluss des Erstgerichtes wurde ausdrücklich ausgesprochen, dass eine Verfahrensfortsetzung nur über Antrag erfolge. Dadurch war die Klägerin zur Vornahme einer zur Fortsetzung des Verfahrens geeigneten Handlung verhalten (1 Ob 418/97w mwN uva). Schon ein verhältnismäßig kurzer zeitlicher Abstand zwischen Wegfall des Unterbrechungsgrundes und Fortsetzungsantrages rechtfertigt nach der Rechtsprechung den Schluss, dass der Kläger das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe (8 Ob 33/89; 1 Ob 561/95; 1 Ob 418/97w uva). Bei einem Zeitraum von - wie hier - fast sechs Jahren ist dieser Schluss geradezu zwingend (so etwa 1 Ob 418/97w zu einem Zeitraum von acht Monaten). Als besonderen Grund für ihre Untätigkeit hat sich die Klägerin darauf berufen, dass erst seit dem Erkenntnis des überhaupt eine erfolgreiche Geltendmachung ihrer Pensionsdifferenzansprüche möglich gewesen wäre. Dieses Vorbringen ist aus den dargelegten Gründen nicht stichhältig, weil der Klägerin auch ohne Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs 8 BThPG idF BGBl Nr I 1998/123 durch das Erkenntnis des VfGH ein Ruhegenuss von 70 % der Ermittlungsgrundlage auf Basis des anzuwendenden § 5 Abs 7 BThPG idF BGBl Nr I 1998/123 gebührte.

Die von der Klägerin geltend gemachten, der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unterliegenden (RIS-Justiz RS0034240) Pensionsdifferenzansprüche sind daher auch dann verjährt, wenn man das ursprünglich erhobene Feststellungsbegehren als geeignet ansieht, die Verjährung zu unterbrechen. Darauf, wie Ansprüche verjähren, die aus der Aufhebung eines Gesetzes durch den VfGH mit Rückwirkungsanordnung oder aus der Feststellung, dass ein bestimmtes Gesetz verfassungswidrig war, resultieren, kommt es daher hier ebenso wenig an wie auf die Frage, welche Wirkung dem mehrfach zitierten Erkenntnis des VfGH zukommt.

Der Beklagten wurde die Erstattung einer Revisionsbeantwortung nicht aufgetragen. Die dennoch erstattete Beantwortung war daher nicht zu honorieren (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO).