OGH 27.06.2001, 9ObA166/01d
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei K*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Klepp ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) Dipl. Ing. Stanislaus L*****, Angestellter, *****, vertreten durch Kerres & Diwok, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 4,729.000,- sA, Unterlassung (S 500.000,-) und Feststellung (S 100.000,-), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 156/01z-23, womit infolge Rekurses der klagenden (gefährdeten) Partei der Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 14 Cga 121/00h-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
Spruch
gefasst:
Die Akten werden dem Rekursgericht zur amtswegigen Berichtigung des Beschlusses vom durch Beisetzen des Ausspruches, ob der Wert des Streitgegenstandes S 52.000,-- bzw. S 260.000,- übersteigt, zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge: Klägerin) begehrt in ihrer Klage,
1) den Beklagten bzw. Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Beklagter) schuldig zu erkennen, es ab sofort bis zum zu unterlassen, im (näher bezeichneten) Geschäftszweig der Klägerin zu arbeiten,
2) ihn zur Zahlung von S 4,500.000,- sA zu verpflichten und
3) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin für sämtliche zukünftige Schäden, die aus der Verletzung der in § 20 des Dienstvertrages vom vereinbarten Konkurrenzklausel nach Beendigung des Dienstverhältnisses entstehen, zu haften habe.
Zur Sicherung des Anspruchs auf Unterlassung konkurrenzierender Handlungen (Punkt 1. des Klagebegehrens) beantragte die Klägerin gleichzeitig die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Beklagten ab sofort verboten werde, im (näher bezeichneten) Geschäftszweig der Klägerin bis zum zu arbeiten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung über Rekurs der Klägerin im Sinne der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung ab. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei und verwies dazu auf § 45 Abs 2 iVm §§ 47 Abs 1, 46 Abs 1 ASGG.
Dies gibt Anlass zu folgenden Überlegungen:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1 ASGG ist dieses Bundesgesetz auf Arbeitsrechtssachen nach § 50 und Sozialrechtssachen nach § 65 anzuwenden, soweit nicht anderes angeordnet ist. Arbeitsrechtssachen sind gemäß § 50 ASGG bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in den dort näher bezeichneten Fällen, sowie Streitigkeiten über Rechte und Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes oder gleichartigen bundesrechtlichen Bestimmungen ergeben. Beim Verfahren über einstweilige Verfügungen handelt es sich jedoch nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Das Verfahren zur Erlassung sämtlicher in der Exekutionsordnung angeführten einstweiligen Verfügungen ist ungeachtet ihres Charakters nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung durchzuführen (Arb 10.823; RIS-Justiz RS0103202; zuletzt RdW 1998, 367; Kuderna, ASGG2 113). Die Sonderbestimmungen des ASGG über das Rechtsmittelverfahren - insbesondere § 47 Abs 1 ASGG - haben daher im Verfahren über einstweilige Verfügungen, auch wenn diese im Rahmen eines Verfahrens über eine Arbeitsrechtssache beantragt werden, keine Anwendung zu finden (Arb 10.823; SZ 66/143; RIS-Justiz RS0005167 und RS0103202; zuletzt RdW 1998, 367). Dies bedeutet, dass gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 528 Abs 2 lit a ZPO der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 52.000,- nicht übersteigt. Übersteigt der Entscheidungsgegenstand hingegen S 52.000,-, nicht aber S 260.000,-, ist gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 528 Abs 2 lit 1a ZPO der Revisionsrekurs zwar ebenfalls grundsätzlich unzulässig, wobei jedoch in diesem Falle das Rekursgericht gemäß §§ 402, 78 EO iVm § 528 Abs 2a, 508 ZPO über Antrag des Revisionsrekurswerbers zu entscheiden hat, ob es seinen Ausspruch über die Nichtzulassung des ordentlichen Revisionsrekurses aufrechterhält oder den ordentlichen Revisionsrekurs nunmehr doch zulässt.
Gegenstand des Rekursverfahrens war ausschließlich der den geltend gemachten Unterlassungsanspruch betreffende, ebenfalls auf Unterlassung gerichtete Sicherungsantrag. Da somit der Entscheidungsgegenstand des Rekursverfahrens nicht in einem Geldbetrag besteht, ist gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 526 Abs 3 und § 528 Abs 2 ZPO der Ausspruch erforderlich, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- bzw. S 260.000,-- übersteigt; durch die vom Kläger vorgenommene Angabe des Wertes des Streitgegenstandes wird dieser Ausspruch nicht ersetzt (Ris-Justiz RS0042296; zuletzt 10 Ob 54/98h). Erst auf Grund dieses bislang fehlenden Ausspruchs kann beurteilt werden, ob der vorliegende außerordentliche Revisionsrekurs als solcher zu behandeln ist, ob ein Verfahren nach den §§ 528 Abs 2a, 508 ZPO durchzuführen ist oder ob der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.
Es war daher die Berichtigung des Ausspruches gemäß § 430 ZPO aufzutragen (SSV-NF 2/1; 9 ObA 1003/96; 9 ObA 2250/96, 9 ObA 2274/96v uva). Über diesen Auftrag hatte der Oberste Gerichtshof als Dreiersenat (§ 7 des Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof) zu befinden: Grundsätzlich hat im Rekursverfahren über einstweilige Verfügungen gemäß § 388 Abs 2 und 3 EO iVm § 387 Abs 3 EO, welche Bestimmung in Arbeitsrechtssachen analoge Anwendung findet (Kuderna aaO 74, 114), der für die Hauptsache zuständige Fachsenat zu entscheiden. § 11a Abs 3 Z 1 ASGG sieht wiederum vor, dass auch in der Hauptsache, sofern es sich um Angelegenheiten nach Abs 1 Z 3 und 4 leg cit handelt, der Oberste Gerichtshof als Dreiersenat zu entscheiden hat. Die hier aufgetragene Berichtigung des Urteils (§ 11a Abs 1 Z 4 lit j ASGG) ist eine solche Angelegenheit (9 ObA 154/97f).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Dr. Anton Wladar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr.Günther Klepp ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) Dipl. Ing. Stanislaus L*****, Angestellter, *****, vertreten durch Kerres & Diwok, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 4.729.000,- sA, Unterlassung (S 500.000,-) und Feststellung (S 100.000,-), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 156/01z-23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat die für die Beurteilung der Konkurrenzklausel und den daraus von der Klägerin und gefährdeten Partei (in der Folge: Klägerin) abgeleiteten Unterlassungsausspruch maßgebende Rechtslage richtig und vollständig wiedergegeben. Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Beklagter) wendet sich in seinem Rechtsmittel nur gegen die Anwendung dieser unbestrittenen Rechtslage auf den hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall. Dabei zeigt er keine die Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigende Rechtsfrage auf.
Sowohl die Beurteilung der "Geschäftszweiggrenze" und der Frage nach dem Vorliegen einer Konkurrenzsituation, als auch die Beurteilung, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer begründeten Anlass zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegeben hat, kann nur an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen. Gleiches gilt für die Vornahme der Abwägung zwischen den geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers und den Interessen des Arbeitnehmers an der Nutzung seiner Spezialkenntnisse. Dem Rekurswerber gelingt es nicht, dazu unvertretbare Fehlbeurteilungen des Rekursgerichtes oder besondere Umstände aufzuzeigen, die in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinausgehen und eine Präzisierung der reichlich vorhandenen Rechtsprechung erfordern würden.
Der Einwand des Revisionsrekurswerbers, es fehle der Klägerin an einem Sicherungsinteresse, weil ohne die Erlassung der einstweiligen Verfügung die Durchsetzung des auf ein Jahr befristeten Unterlassungsanspruchs nicht vereitelt werde, ist angesichts der gar nicht bestrittenen Tatsache, dass der Kläger ein Arbeitsverhältnis beim Konkurrenten der Klägerin aufgenommen hat, schlicht unverständlich.
Dass der Klägerin durch den Umstand ein unwiederbringlicher Schaden droht, dass ihr technischer Leiter - ein maßgeblicher Know-How-Träger im Bereich der Produktentwicklung - als Leiter der Entwicklung von vergleichbaren Produkten bei einem wesentlichen Konkurrenten tätig wird, ist nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zu bejahen, dem zu entnehmen ist, dass die Klägerin und der nunmehrige Arbeitgeber des Beklagten auf einem technisch in rasanter Bewegung befindlichem Gebiet in hartem Konkurrenzkampf vor allem um Großkunden stehen. Die damit gegebene Gefahr des Verlustes vorhandener oder des Ausbleibens neuer Kunden wird aber von der Rechtsprechung als drohender unwiederbringlicher Schaden gewertet (RIS-Justiz RS0005256; zuletzt 1 Ob 1660/95; 4 Ob 20/92). Es sind daher die Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO verwirklicht. Der Rechtssatz, dass eine einstweilige Verfügung der endgültigen Entscheidung nicht vorgreifen und durch sie nicht das bewilligt werden darf, was die gefährdete Partei erst seinerzeit im Wege der Exekution erzwingen könnte, gilt nur für einstweilige Verfügungen nach §§ 379 und 381 Z 1 EO, nicht aber auch für solche nach Z 2 des § 381 EO (RIS-Justiz RS0009418; SZ 64/153).
Die unrichtige Wiedergabe der Parteienbehauptungen, die hier keinerlei Auswirkungen auf die Entscheidung hatte, begründet keine Aktenwidrigkeit (Kodek in Rechberger, ZPO**2, Rz 4 zu § 503 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:009OBA00166.01D.0627.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-01088