OGH vom 29.04.2014, 9ObA40/14v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Claudia Gründel und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** P*****, vertreten durch Mag. German Storch, Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Ernst Reitmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen 2.191,36 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 10/14y 24, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Liegt wie hier ein sogenannter „Mischbetrieb“ vor, so findet gemäß § 9 Abs 3 ArbVG jener Kollektivvertrag Anwendung, welcher für den fachlichen Wirtschaftsbereich gilt, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Für die „maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung“ im Sinn dieser Bestimmung kommt es darauf an, welcher Fachbereich dem Betrieb das „Gepräge“ gibt, welcher Fachbereich also für den Betrieb ausschlaggebend ist ( Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG §§ 9, 10 Rz 13; Runggaldier in Tomandl , ArbVG § 9 Rz 8; Reissner in ZellKomm² § 9 Rz 12 ua). Dabei kommt es nicht nur auf einen einzelnen Aspekt, wie etwa Umsatz, Gewinn, Betriebsmitteleinsatz, Ertragskomponenten, Zahl der Arbeitnehmer oder Zusammensetzung des Kundenkreises an, sondern es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung anzustellen, in die auch die wirtschaftliche Funktion des einen Fachbereichs für den anderen Fachbereich einzubeziehen ist (9 ObA 140/90; 9 ObA 7/12p). Die Beurteilung des Zusammenspiels der einzelnen Faktoren im Rahmen der geforderten Gesamtbetrachtung hängt immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (9 ObA 7/12p), sodass diese Abwägung in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage begründet.
Das Berufungsgericht ist unter Beachtung der Grundsätze dieser Rechtsprechung im konkreten Fall zum Ergebnis gelangt, dass bei den von der Beklagten durchgeführten Wartungs und Reinigungsarbeiten an Lüftungsanlagen, Klimaanlagen und Einkaufswagen die technische Komponente (technische Überprüfung, technische und mechanische Austausch und Reparaturtätigkeiten) im Vordergrund steht, sodass nicht der Kollektivvertrag für Arbeiter im Denkmal , Fassaden und Gebäudereinigungs-gewerbe, sondern jener für Arbeiter im eisen und metallverarbeitenden Gewerbe zur Anwendung gelange. Eine die Revision rechtfertigende unvertretbare Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zeigt die Revisionswerberin mit ihrem Argument, die Reinigungstätigkeiten überstiegen sowohl vom zeitlichen Ausmaß als auch nach dem Umsatz die Bedeutung der Reparaturtätigkeiten, schon deshalb nicht auf, weil es wie ausgeführt auf einzelne Aspekte nicht ankommt, sondern eine Gesamtbetrachtung durchzuführen ist. Die Beklagte führte nach dem festgestellten Sachverhalt eine einheitliche, aus Wartung und Reinigung bestehende Tätigkeit durch. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass nicht die Reinigung, sondern die technische Wartung dem Betrieb der Beklagten das Gepräge gebe, ist vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nicht vorrangig das Ziel der Reinigung, sondern jenes der technischen Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der gewarteten Geräte verfolgte, das aber ohne mechanische Arbeiten und Reparaturarbeiten nicht zu erreichen ist, nicht unvertretbar. Das Argument des Berufungsgerichts, es komme auch auf das Auftreten des Unternehmens „nach außen“ an, stellt nur ein weiteres Hilfsargument im Rahmen der vorgenommenen Gesamtbetrachtung dar, auf das hier daher nicht weiter besonders eingegangen werden muss.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00040.14V.0429.000