OGH vom 16.04.2013, 11Os47/13s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wancata als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef M***** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, AZ 17 Hv 216/10f des Landesgerichts Klagenfurt, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom , GZ 17 Hv 216/10f 23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 17 Hv 216/10f 23, verletzt durch die Unterlassung von das Vorliegen der Privilegierung des § 166 Abs 1 StGB ausschließenden Feststellungen §§ 270 Abs 4 Z 2, 488 Abs 1 StPO.
Dieses Urteil und der gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO ergangene Beschluss werden aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
Text
Gründe:
Mit Strafantrag vom legte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt Josef M***** das als Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierte Tatgeschehen zur Last (ON 10). Danach habe der Genannte am in Klagenfurt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der D***** AG ***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Bevollmächtigung durch Elisabeth K*****, auf ihren Namen eine Kraftfahrzeugversicherung für einen PKW der Marke Mercedes Benz abzuschließen, zu einer Handlung, nämlich zum Abschluss einer solchen Kraftfahrzeugversicherung verleitet, die Elisabeth K***** im Betrag von zumindest 425,30 Euro am Vermögen schädigte, wobei er zur Täuschung falsche, mit ihrem Namenszug unterfertigte Urkunden, und zwar eine Vollmacht für die Anmeldung eines PKWs und einen Antrag auf Kraftfahrzeugversicherung benutzt habe.
In der hierüber am beim Landesgericht Klagenfurt zum AZ 17 Hv 216/10f durchgeführten Hauptverhandlung verantwortete sich der Angeklagte dahingehend, von Elisabeth K***** fälschlich beschuldigt zu werden, zumal er die Lebensgemeinschaft mit ihr beendet habe (vgl ON 2 S 10 f, ON 13 S 3 ff).
Die Zeugin Elisabeth K***** gab an, dass der Angeklagte und sie im Tatzeitraum als „Pärchen“ zusammen lebten und er (der Angeklagte) ohne ihr Wissen ihre Unterschrift gefälscht und eine Kraftfahrzeugversicherung abgeschlossen habe, für welche sie zur Zahlung herangezogen worden sei (vgl ON 2 S 15 f, ON 13 S 6 ff).
Nach Einholung einer schriftkundlichen Expertise (ON 16) verantwortete sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung am im Sinne des wider ihn erhobenen Vorwurfs geständig (ON 22 S 4). Mit Urteil vom selben Tag wurde er anklagekonform des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen (bei Bemessung des Tagessatzes mit 4 Euro und Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen) sowie einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt (ON 22 S 8 f).
Unter einem fasste die Einzelrichterin gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der Josef M***** im Verfahren AZ 8 Hv 159/07t des Landesgerichts Eisenstadt gewährten bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung deren Probezeit auf fünf Jahre (ON 22 S 9).
Zufolge Rechtskraft des Urteils und des Beschlusses (vgl ON 24) erfolgte die Urteilsausfertigung gemäß § 270 Abs 4 StPO in gekürzter Form (ON 23).
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil verletzt wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 23 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt das Gesetz:
Nach § 166 Abs 1 StGB ist wegen Begehung im Familienkreis unter anderem derjenige, der einen Betrug zum Nachteil eines der dort genannten Angehörigen begeht, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen, wenn die Tat jedoch sonst mit einer Freiheitsstrafe bedroht wäre, die drei Jahre erreicht oder übersteigt, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Nach Abs 3 der genannten Bestimmung ist der Täter nur auf Verlangen des Verletzten zu verfolgen, weshalb Letzterem gemäß § 71 Abs 1 StPO die Erhebung der Privatanklage zukommt.
Eine gekürzte Urteilsausfertigung (§ 270 Abs 4 StPO) hat im Falle der Verurteilung des Angeklagten neben den wesentlichen Bestandteilen des Urteils (§ 270 Abs 2 StPO) auch die vom Gericht als erwiesen angenommenen, für die Subsumtion entscheidenden (vgl RIS Justiz RS0101786, va [T5 und T 6]) Tatsachen in gedrängter Darstellung zu enthalten (§ 270 Abs 4 Z 2 StPO), sodass die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nachvollziehbar und überprüfbar ist (RIS Justiz RS0125764).
Vorliegend ergaben sich bereits aus dem polizeilichen Abschlussbericht vom , nämlich aus den Protokollen über die Vernehmung des Josef M***** als Beschuldigten (ON 2 S 10) sowie der Zeugin Elisabeth K***** (ON 2 S 15) Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen zur Tatzeit in Lebens- und Hausgemeinschaft standen und solcherart der Betrug zum Nachteil eines der in § 166 Abs 1 StGB bezeichneten Angehörigen begangen wurde.
Trotz dieser zufolge einvernehmlichen Vortrags gemäß § 252 Abs 2a StPO in der Hauptverhandlung vorgekommenen (vgl ON 13 S 3 ff iVm ON 22 S 7) Verfahrensergebnisse, die die Annahme einer Tatbegehung im Familienkreis indizieren, hat das Landesgericht Klagenfurt die dem Schuldspruch zu Grunde liegende Tat den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB unterstellt, ohne gemäß § 270 Abs 4 Z 2 StPO iVm § 488 Abs 1 StPO in der gekürzten Urteilsausfertigung die einer Anwendbarkeit der Privilegierung des § 166 Abs 1 StGB und daran anknüpfend dem Vorliegen des Verfolgungshindernisses des § 166 Abs 3 StGB entgegenstehenden Tatumstände anzuführen. Deswegen ist das Urteil mit einem Feststellungsmangel behaftet.
Der Oberste Gerichtshof sah sich gemäß § 292 letzter Satz StPO veranlasst, neben der Feststellung der Gesetzesverletzung wie aus dem Spruch ersichtlich vorzugehen.
Den von der kassierten Entscheidung rechtslogisch abhängigen Entscheidungen und Verfügungen ist damit die Basis entzogen (RIS Justiz RS0100444; Ratz , WK StPO § 292 Rz 28).