VfGH vom 02.11.2005, B475/05
Sammlungsnummer
17692
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt aufgrund der Annahme einer standesrechtlich untersagten Doppelvertretung als Strafverteidiger sowie wegen Berufspflichtenverletzungen in Folge Verzögerungen bei Prozesshandlungen und nicht ordnungsgemäßer Abrechnung; Anwendbarkeit von RAO und Standesrecht auf den die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden Beschwerdeführer auch bei Tätigkeit als Strafverteidiger; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch repressive Maßnahmen
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Mit Bescheid des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom , Zl. D 126/99, wurde er der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von ATS 15.000,- verurteilt, weil er in einem Verfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien sowohl I W, als auch A L verteidigt habe, obwohl in Folge wechselseitig belastender Verantwortung eine Kollision widerstreitender Interessen der beiden Mandanten gegeben gewesen sei.
1.2. Mit Bescheid des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom , Zl. D 166/99, wurde der Beschwerdeführer des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung schuldig erkannt und zu einer Zusatzgeldbuße von € 2.000,- verurteilt, weil er als Vertreter der E B die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien und die bedingte Entlassung der Mandantin aus der Haft nicht mit gehörigem Eifer betrieben habe. Weiters habe er mit ihr einen Betrag von ATS 58.448,- nicht abgerechnet.
2. Im Rechtsmittelverfahren wurden die beiden Verfahren verbunden. Mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom wurde den Berufungen, soweit sie sich gegen die Schuldsprüche der beiden bekämpften Bescheide richteten, keine Folge gegeben. In ihren Strafaussprüchen wurden die Bescheide aufgehoben und der Beschwerdeführer zu einer Geldbuße von insgesamt € 5.000,- verurteilt.
3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B1119/03, wurde der Bescheid der OBDK vom aufgehoben, weil der Beschwerdeführer in seinem durch Art 6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurde.
4.1. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde den Berufungen, soweit sie sich gegen die Schuldsprüche richteten, mit Bescheid der OBDK vom erneut keine Folge gegeben. Die Strafaussprüche der Bescheide wurden aufgehoben und in der Sache selbst erkannt. Der Beschwerdeführer wurde zu einer Geldstrafe von € 5.000,- verurteilt.
4.2.1. Zu D 126/99 wurde begründend ausgeführt, dass A L als verdeckter Drogenfahnder ermittelt habe. Im Rahmen seiner Tätigkeit habe er mit I W, die Anfang Juli 1997 verhaftet worden sei, Kontakt gehabt. I W habe A L der Begehung mehrerer Delikte beschuldigt, weshalb über diesen die Untersuchungshaft verhängt worden sei. In der Haftverhandlung vom wurde A L vom Beschwerdeführer und von einem weiteren Rechtsanwalt vertreten. In der Folge habe der Beschwerdeführer auch die Vertretung von I W übernommen. Am habe diese in der Kanzlei des Beschwerdeführers einen umfangreichen Widerruf ihrer Anschuldigungen gegenüber A L unterfertigt.
Am habe der Beschwerdeführer namens beider Angeklagten Einspruch gegen die Anklageschrift erhoben. Diesen Einspruch habe er mit Schriftsatz vom zurückgezogen.
Da I W in der Folge geflohen sei, seien die Strafverfahren getrennt worden. Knapp vor der Hauptverhandlung gegen A L am habe der Beschwerdeführer die eidesstattliche Erklärung von I W vom an den nachfolgenden Vertreter des A L übermittelt. Bei seiner Aussage als Zeuge im Strafverfahren habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er von I W angewiesen worden sei, das entlastende Schriftstück erst über deren gesonderten Auftrag vorzulegen.
Nachdem I W nach Österreich ausgeliefert worden sei, habe sie in der Hauptverhandlung vom ihre schriftlichen Angaben vom bestätigt, weshalb A L freigesprochen worden sei.
4.2.2. Der Beschwerdeführer habe die sich wechselseitig belastenden Angeklagten über längere Zeit hindurch gleichzeitig vertreten und dem Gericht die A L entlastende Urkunde fast sechs Monate lang nicht vorgelegt. Solange die eidesstattliche Erklärung der I W beim Beschwerdeführer deponiert gewesen sei, habe ein Spannungsverhältnis bestanden, weil sich ein Mandant des Beschwerdeführers in diesem Verfahren leugnend und der andere geständig verantwortet und seinen Mitangeklagten schwer belastet habe. Es sei daher eine (echte) Doppelvertretung vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe nicht exkulpieren können, dass I W und A L mit seinem Vorgehen einverstanden gewesen seien. Da der Beschwerdeführer die bei ihm unterfertigte eidesstattliche Erklärung fast sechs Monate lang zurückgehalten habe und der auch von ihm vertretene A L deshalb längere Zeit vom Polizeidienst suspendiert gewesen sei, könne weder von einem geringfügigen Verschulden, noch von nur unbedeuteten Folgen seines Verhaltens gesprochen werden.
4.3.1. Zu D 166/99 führte die OBDK aus, dass E B den Beschwerdeführer spätestens am mit der Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien beauftragt habe. In dieser Besprechung sei der Beschwerdeführer auch angewiesen worden, die bedingte Entlassung seiner Mandantin aus der Haft zu beantragen. Erst am - somit fast sechs Monate nach der Auftragserteilung - habe der Beschwerdeführer eine Strafanzeige gegen G G eingebracht. Den Antrag auf Entlassung aus der Haft habe der Beschwerdeführer erst am gestellt.
4.3.2. Die Betreibung eines Wiederaufnahmeverfahrens mehr als fünf Monate nach Übernahme des Auftrags und die Stellung eines Antrags auf bedingte Entlassung aus der Haft mehr als ein halbes Jahr nach Vorliegen der Voraussetzungen zeige nicht den vom Gesetz geforderten Eifer. Durch die Verzögerungen habe der Beschwerdeführer eine Berufspflichtenverletzung begangen.
4.3.3. Im Jänner 1998 habe E B den Beschwerdeführer beauftragt, bei ihrer Versicherung Leistungen für gestohlene Wertgegenstände einbringlich zu machen. Die Versicherung habe ihm im März 1998 einen Betrag von ATS 58.448,- ausbezahlt. Daraus hätten bestimmte Zahlungen für die Mandantin getätigt werden sollen. Über einen allfällig verbleibenden Restbetrag hätte eine gesonderte Regelung über die Honorierung des Beschwerdeführers für seine Tätigkeit getroffen werden sollen. Nachdem E B aus der Haft entlassen worden sei, habe ihr der Beschwerdeführer diverse Belege über die aus dem Depot geleisteten Beträge übergeben, eine Abrechnung in Form einer schriftlichen Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben oder eine Leistungsaufstellung seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeiten habe er nicht übergeben, obwohl ihm eine Leistungsaufstellung und Honorarabrechnung möglich gewesen wäre.
4.3.4. Die nicht ordnungsgemäße Abrechnung des von der Versicherung einbringlich gemachten Betrages von ATS 58.448,- stelle ebenfalls eine Berufspflichtenverletzung dar. Die Übergabe von Belegen ersetze nicht die Abrechnung.
5. Gegen dieses als Bescheid zu wertende Erkenntnis der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie der Beschwerde entgegentritt und deren Abweisung beantragt.
7. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens nicht entstanden.
2.1. Der Beschwerdeführer sieht sich in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 B-VG verletzt, weil die belangte Behörde sich nicht mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 12 Os 111/87, und dessen Rechtsprechung zu Art 6 Abs 3 litc EMRK auseinandergesetzt habe.
2.2. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 10 Abs 1 RAO (VfSlg. 13842/1994, 14411/1996, 15844/2000) und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde dieser Vorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14848/1997, 15241/1998 mwN, 16287/2001, 16640/2002).
2.3. Die belangte Behörde hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist in - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht zu beanstandender Weise zu ihren Ergebnissen gelangt. Die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 12 Os 111/87, behandelt einen anderen Fragenkomplex, nämlich die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 2 StPO durch das Gericht trotz Einschreitens eines Wahlverteidigers, während im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer für seine beiden Mandanten eingeschritten ist, obwohl sich der eine Klient leugnend und der andere geständig verantwortete und seinen Mitangeklagten schwer belastete.
Der Beschwerdeführer wurde daher nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 B-VG verletzt.
3.1. In seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 7 EMRK erachtet sich der Beschwerdeführer verletzt, weil aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 12 Os 111/87, ableitbar sei, dass er nicht gegen das Doppelvertretungsverbot verstoßen habe.
3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11776/1988 darlegte, muss sich eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen Ehre und Ansehen des Standes auf gesetzliche Regelungen oder auf verfestigte Standesauffassungen - wozu Richtlinien oder die bisherige (Standes-)Judikatur von Bedeutung sind - stützen, die in einer dem Klarheitsgebot entsprechenden Bestimmtheit feststehen. Dem aus Art 7 EMRK erfließenden Gebot entspricht die Behörde dann nicht, wenn sie - statt zu benennen, gegen welche konkrete Standespflicht ein inkriminiertes Verhalten verstößt - sich nur mit Rechtsprechungshinweisen begnügt.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die belangte Behörde stützte sich auf § 10 Abs 1 RAO und führte aus, dass ein Spannungsverhältnis bestanden habe, solange die eidesstattliche Erklärung der I W beim Beschwerdeführer deponiert war. Ein Mandant des Beschwerdeführers habe sich im Verfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien leugnend verantwortet, während der andere geständig gewesen sei und seinen Mitangeklagten schwer belastet habe. Daher sei eine Doppelvertretung vorgelegen. Der belangten Behörde kann in ihrer Ansicht aus - verfassungsrechtlicher Sicht - nicht entgegengetreten werden.
Die belangte Behörde hat sich bei der Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes auch im Rahmen dessen gehalten, was bei vernünftiger Interpretation des § 10 Abs 1 RAO für den Beschwerdeführer erkennbar sein musste, nämlich dass er sich einer Bestrafung aussetzt.
Abgesehen davon ist - wie bereits unter Punkt II.2.3. dargelegt - die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 12 Os 111/87, im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Der bekämpfte Bescheid steht daher im Lichte der zitierten Rechtsprechung mit dem aus Art 7 EMRK erfließenden Klarheitsgebot im Einklang.
4.1. Unter dem Titel des Art 7 B-VG rügt der Beschwerdeführer weiters, die belangte Behörde habe § 9 RAO willkürlich angewendet.
4.2. § 9 Abs 1 RAO lautet:
"§9. (1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Er ist befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten."
4.3. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie annimmt, dass die Betreibung einer Wiederaufnahme eines Strafverfahrens fast ein halbes Jahr nach Übernahme des Auftrags und die Stellung eines Antrags auf bedingte Entlassung aus der Haft mehr als ein halbes Jahr nach Vorliegen der Voraussetzungen nicht den vom Gesetz geforderten Eifer in der Vertretung zeigen. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, beinhaltet der Begriff "Eifer" ein gewisses Aktivwerden, dem ein Untätigsein während mehrerer Monate nicht entspricht.
Von einer willkürlichen Anwendung des § 9 Abs 1 RAO durch die belangte Behörde kann daher keine Rede sein. Der Beschwerdeführer wurde auch dadurch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 7 B-VG verletzt.
5.1. Weiters behauptet der Beschwerdeführer, die belangte Behörde lege § 19 RAO denkunmöglich aus. In keiner Bestimmung sei vorgeschrieben, dass Abrechnungen an die Schriftform gebunden seien.
§19 RAO sei lediglich eine Sonderaufrechnungsvorschrift, die im vorliegenden Fall nicht zum Tragen komme.
5.2. § 19 Abs 1 RAO lautet:
"§19. (1) Der Rechtsanwalt ist berechtigt, von den für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, in soweit sie durch erhaltene Vorschüsse nicht gedeckt ist, in Abzug zu bringen, ist jedoch schuldig, sich hierüber sogleich mit seiner Partei zu verrechnen."
5.3. Von der belangten Behörde wurde nicht die Form der Abrechnung beanstandet, sondern das Fehlen jeglicher Abrechnung. Sie führt aus, dass ein Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch in ziffernmäßig überprüfbarer Weise bekannt zu geben habe. Ihr kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die Übergabe von Einzelbelegen nicht dem Begriff "verrechnen" iSd. § 19 Abs 1 RAO entspricht.
Der Beschwerdeführer wurde daher nicht wegen denkunmöglicher Auslegung des § 19 Abs 1 RAO in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.
6.1. Der Beschwerdeführer behauptet weiters eine Verletzung in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art 6 EMRK, gemäß Art 14 EMRK und gemäß Art 7 B-VG, weil "die Strafprozessordnung gar keine Rechtsanwälte nach der RAO kennt, sondern nur Strafverteidiger nach der StPO". "Nur-Verteidiger" seien keinem Disziplinarrecht unterworfen.
6.2. Gemäß § 39 Abs 3 StPO hat der Präsident jedes Gerichtshofes zweiter Instanz für seinen Sprengel eine Verteidigerliste anzulegen. In diese Liste sind alle im Sprengel des Gerichtshofes zweiter Instanz "die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden" Rechtsanwälte aufzunehmen. Auf ihr Ansuchen sind aber auch für die Rechtsanwaltschaft oder das Notariat geprüfte Rechtsverständige aufzunehmen, sofern nicht Umstände vorliegen, die nach dem Gesetz die Ausschließung von der Rechtsanwaltschaft oder dem Notariat zur Folge haben. Da sogenannte "Nur-Verteidiger" im Vergleich zu "die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden" Rechtsanwälten nicht zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten befugt sind, liegen unterschiedliche Berechtigungen vor, die eine unterschiedliche Betrachtungsweise rechtfertigen. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen "die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden" Rechtsanwalt, somit sind die RAO und ihr Standesrecht auf ihn anwendbar.
Es hat daher weder eine Verletzung des Art 6 EMRK, noch des Art 14 EMRK, noch des Art 7 B-VG stattgefunden.
7.1. Schließlich erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 6 StGG verletzt, weil bei einer Disziplinarstrafe ein Verbot bzw. eine Behinderung der Erwerbsbetätigung vorliege.
7.2. Eine Verletzung des Grundrechtes auf Erwerbsausübung setzt voraus, dass einem Staatsbürger durch einen Bescheid der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird (zB VfSlg. 10501/1985, 15431/1999).
7.3. Dem Beschwerdeführer wurde weder der Antritt, noch die Ausübung einer Erwerbsbetätigung verwehrt. Über ihn wurde lediglich eine Geldstrafe verhängt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 7910/1976) verletzen repressive Maßnahmen, etwa die disziplinäre Behandlung wegen Verletzung von Standespflichten, nicht das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht gemäß Art 6 StGG.
Der Beschwerdeführer wurde daher nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 6 StGG verletzt.
8. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10659/1985, 12915/1991, 14408/1996, 16570/2002 und 16795/2003).
9. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
10. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.