OGH vom 04.08.2009, 9ObA163/08y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Christine K*****, vertreten durch Forcher-Mayr, Kantner und Ruetz Rechtsanwältepartnerschaft in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anfechtung einer Kündigung, aus Anlass der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 51/08z-17, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 43 Cga 145/07p-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art 3 Abs 1 lit c der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG dahin auszulegen, dass er - im Rahmen eines Arbeitsrechtssystems, das beim allgemeinen Kündigungsschutz der Arbeitnehmer auf deren soziale (finanzielle) Angewiesenheit auf den Arbeitsplatz abstellt - der Bestimmung eines Kollektivvertrags entgegensteht, die einen über den gesetzlichen allgemeinen Kündigungsschutz hinausgehenden besonderen Kündigungsschutz nur bis zu jenem Zeitpunkt vorsieht, in dem typischerweise eine soziale (finanzielle) Absicherung durch die Leistung einer Alterspension gegeben ist, wenn diese Alterspension für Männer und Frauen zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfällt?
2. Steht Art 3 Abs 1 lit c der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG im Rahmen des dargestellten Arbeitsrechtssystems der Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers entgegen, der eine Arbeitnehmerin wenige Monate nach dem Zeitpunkt kündigt, in dem sie eine Absicherung durch eine Alterspension hat, um neue am Arbeitsmarkt bereits andrängende Arbeitnehmer einzustellen?
II. Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Text
Begründung:
I. Sachverhalt:
Die im Februar 1948 geborene Klägerin war beim beklagten Sozialversicherungsträger als leitende Ärztin angestellt. Sie wollte nicht mit Erreichung des 60. Lebensjahrs (Anfallsalters für den sozialversicherungsrechtlichen Anspruch auf Alterspension) in Pension gehen. Sie wurde daraufhin vom beklagten Sozialversicherungsträger zum gekündigt („in den Ruhestand versetzt"). Ihr Aktivbezug vor der Versetzung in den Ruhestand betrug 4.032,39 EUR netto monatlich. Als Pension erhält sie derzeit 3.890,62 EUR netto monatlich. Sie kann aber weiter eine Berufstätigkeit ausüben und selbständig oder unselbständig erwerbstätig sein. Zusätzlich erhielt die Klägerin mit der Beendigung des Dienstverhältnisses zur Beklagten eine Abfertigung im Ausmaß von etwa 80.000 EUR. Würde sie erst zum , nach Erreichen ihres 65. Lebensjahrs (dies entspricht dem Pensionsanfallsalter für Männer), in Pension gehen, erhielte sie eine Pension von 4.829,85 EUR netto monatlich. Die Klägerin hat zwei schuldenfreie Eigentumswohnungen. Ihr Ehegatte bezieht eine monatliche Nettopension von 4.000 EUR. Sie hat keine Sorgepflichten, möchte aber ihre Schwester unterstützen. Die Beklagte hat den Beschluss gefasst, alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die die Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand (Pension) nach dem einschlägigen Kollektivvertrag erfüllen, zu kündigen. Im Sprengel, in dem die Klägerin leitende Ärztin war, sind 23 Ärzte arbeitssuchend gemeldet, wobei die tatsächliche Zahl etwa drei Mal so hoch sein dürfte.
II. Zum Vorbringen der Parteien:
Die Klägerin stützt ihre Anfechtung der Kündigung unter anderem auch auf einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und macht eine geschlechtsbezogene Diskriminierung geltend. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung für die Kündigung der Klägerin. Sie ficht die Kündigung auch als sozialwidrig und wegen eines verpönten Motivs nach der Bestimmung des § 105 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) an.
Die Beklagte wendet zusammengefasst ein, auf die Altersgrenzen nach dem Sozialversicherungsgesetz abzustellen. Eine allfällige mittelbare Diskriminierung sei durch das Erfordernis, jungen Menschen einen Arbeitsplatz zu verschaffen und deren Beschäftigung zu fördern, gerechtfertigt. Die Möglichkeit der Beendigung stelle auch einen Ausgleich für die davor vom Kollektivvertrag eingeräumte Unkündbarkeit dar. Sie hänge mit dem nach Art 7 Abs 1 lit a der Richtlinie 79/7/EWG zulässigerweise unterschiedlichen Pensionsalter zusammen. Eine Beschäftigung über den Anfall der Pension hinaus würde bedeuten, dass die Klägerin sowohl den vollen Aktivbezug als auch die volle Pension nach dem allgemeinen Sozialversicherungsgesetz bezieht.
III. Der bisherige Verfahrensverlauf:
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei nicht gerechtfertigt, dass die Klägerin neben ihrer Pension auch noch das volle Aktivgehalt beziehe. Dies sei auch einem Mann verwehrt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinne ab. Es ging zusammengefasst davon aus, dass die verfassungsgesetzlich vorgesehene Aufrechterhaltung des unterschiedlichen Pensionsalters für Männer und Frauen, die erst ab dem Jahr 2024 bis zum Jahr 2033 schrittweise aufgehoben werde, gleichheitswidrig sei. Die Kollektivvertragsbestimmung stelle einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung dar. Vor allem liege aber in der Entscheidung der Beklagten, die Klägerin mit Erreichen des Pensionsalters zu kündigen eine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, da die Klägerin bereits mit 60 Jahren, ein Mann aber erst mit 65 Jahren Anspruch auf Alterspension habe. Die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung bei der Möglichkeit des Dienstgebers, das Dienstverhältnis zu beenden, sei nicht gerechtfertigt. Der Klägerin könne der Vorteil durch die ASVG-Pension nicht entgegengehalten werden.
IV. Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Rechtsmittel:
Die Beklagte bekämpft mit ihrer zulässigen Revision die Rechtsansicht des Berufungsgerichts.
Die Klägerin beantragt, das Berufungsurteil zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
V. Zu den Vorlagefragen:
A. Zur innerstaatlichen Rechtslage:
a) Die Fragen der sozialversicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für eine Alterspension und der arbeitsrechtlichen Bestandskraft des Arbeitsverhältnisses bzw dessen Beendigung sind grundsätzlich zu trennen. Die gesetzliche Alterspension kann aus Gründen des weiter aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses nicht gekürzt werden (zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben siehe die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg 12.592).
b) Das Anfallsalter für den sozialversicherungsrechtlichen Anspruch auf Alterspension hat der Verfassungsgesetzgeber bis zum Jahr 2024 für Männer und Frauen unterschiedlich, nämlich mit 60 bzw 65 Jahren, festgeschrieben; in weiterer Folge wird das Anfallsalter für Frauen bis zum Jahr 2033 dem der Männer angeglichen. Diese lange Übergangsfrist wurde mit der gesellschaftlichen, familiären und ökonomischen Benachteiligung der Frauen und deren Vertrauen in die bisherige Rechtslage begründet (RV 737 der BlgNR 18. GP).
c) Arbeitsrechtlich besteht grundsätzlich Kündigungsfreiheit: Es bedarf im Allgemeinen keines Grundes für eine Kündigung, jedoch sind bei der Kündigung zum Schutz der Arbeitnehmer oft längere Fristen und auch Termine einzuhalten. Die Arbeitnehmer haben ab einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber Anspruch auf eine besondere Entgeltleistung (Abfertigung), die sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses bemisst und bis zu einem Jahresbezug betragen kann. In größeren Betrieben (ab fünf Arbeitnehmern) kann eine Kündigung aber im Rahmen der Mitwirkungsrechte der Belegschaft nach § 105 ArbVG unter anderem als sozialwidrig angefochten werden, wenn durch diese Kündigung wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden und der Arbeitgeber keine zur Rechtfertigung der Kündigung ausreichenden betrieblichen Gründe oder Gründe in der Person des Arbeitnehmers nachweisen kann („allgemeiner Kündigungsschutz"). Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob die Kündigung wesentliche Interessen der betroffenen Arbeitnehmer beeinträchtigt, wird auch berücksichtigt, inwieweit diese Arbeitnehmer bereits eine soziale Absicherung durch eine Alterspension haben. Das Erreichen des Regelpensionsalters schließt die Möglichkeit der Anfechtung einer Kündigung nicht zur Gänze aus, jedoch wird regelmäßig die Interessenbeeinträchtigung verneint, wenn eine ausreichende Absicherung des Lebensunterhalts, wie sie die Arbeitnehmer erwarten konnten, durch die Alterspension gegeben ist (OGH 8 ObA 53/04h; OGH 9 ObA 156/07t).
d) Im hier anzuwendenden Kollektivvertrag (Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs - „DO.B") wurde abweichend vom unter c) dargestellten System der grundsätzlich freien Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers die Kündbarkeit des Arbeitnehmers massiv eingeschränkt. Die Arbeitnehmer können nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit nur aus bestimmten Gründen durch den Arbeitgeber gekündigt („in den Ruhestand versetzt") werden (OGH 8 ObA 50/05v mwN). Einen dieser Gründe stellt das Erreichen der Voraussetzungen für die Erlangung der Alterspension dar (§ 134 Abs 4 Z 1 iVm § 134 Abs 2 Z 2 DO.B). Der Kollektivvertrag verpflichtet insoweit den Arbeitgeber nicht zur Kündigung, ermöglicht diese aber. Die Möglichkeit der Anfechtung nach § 105 ArbVG bleibt allerdings unter den dort genannten Voraussetzungen - die hier noch nicht zu prüfen sind - bestehen.
B. Zum Gemeinschaftsrecht
a) Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist die Richtlinie 2002/73/EG dem beklagten Sozialversicherungsträger gegenüber unmittelbar anwendbar, da dieser eine staatliche Einrichtung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist (vgl zur Richtlinie 76/207/EWG etwa , Marshall, Slg 1986, 723; , Foster, Slg 1990, I-3313; zur Richtlinie 79/7/EWG: , Buchner, Slg 2000, I-3625).
b) Das Vorliegen einer Diskriminierung ist jeweils bezogen auf die konkreten Entscheidungsträger zu beurteilen (Allonby Rz 45 ua), hier also einerseits bezogen auf die Kollektivvertragsparteien, andererseits auf die Beklagte, die die Kündigung ausgesprochen hat.
c) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat sich bereits mehrmals mit der Auslegung der früheren Bestimmung des Art 5 der Richtlinie 76/207/EWG betreffend die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei den „Entlassungsbedingungen" befasst und diese im Wesentlichen auf alle Formen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erstreckt. Der OGH geht davon aus, dass auch auf den vorliegenden Sachverhalt die Bestimmungen der Richtlinie - hier Art 3 Abs 1 lit c der RL 2002/73/EG - zur Anwendung gelangen (zur Abgrenzung der Fragen der Ruhensstandversetzung und der Altersdiskriminierung zuletzt etwa , Incorporated Trustees).
d) Fälle, in denen das gesetzliche Pensionsalter für Männer und Frauen unterschiedlich war und Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen bei Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters gekündigt bzw entlassen haben, waren bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften:
In der Rechtssache Marshall (, Slg 1986, 723) waren ausschließlich Geschlecht und Alter der betroffenen Dienstnehmerin Grund für ihre Entlassung. Mit ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess war - anders als im hier zu beurteilenden Fall - für die Dienstnehmerin eine massive Entgeltverschlechterung verbunden. In dieser Entscheidung und in der Entscheidung in der Rs Beets-Proper (, Slg 1986 I-773) finden sich keine näheren Ausführungen zu den Gründen für die Kündigungsmöglichkeit mit dem Erreichen der Alterspension. In beiden Entscheidungen wurde weder die Struktur des Beendigungssystems des jeweiligen Mitgliedstaates noch die soziale Absicherung der betroffenen Arbeitnehmer bzw die Fragen der „Vergleichbarkeit" oder der Integration junger Arbeitnehmer als Motiv für Beendigungsbestimmungen erörtert.
e) In der Rs Burton (, Slg 1982 I-00554) verneinte der EuGH bei an das unterschiedliche Pensionsanfallsalter anknüpfenden unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für eine Arbeitgeberzusatzleistung das Vorliegen einer Diskriminierung. In der in jüngerer Zeit ergangenen Entscheidung in der Rs Hlocek () ging der EuGH davon aus, dass die Situation von Männern und Frauen nicht nach deren Alter, sondern nach deren sozialer Lage zu vergleichen sei und insoweit auch nach Lebensjahren für Männer und Frauen unterschiedliche Zugänge zu Leistungen gerechtfertigt werden können.
f) Damit stellt sich die Frage, wie bei der Beurteilung, ob eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegt, die „Vergleichspersonen" zu definieren sind (etwa , Hlocek, Rz 46 ff; ähnlich , Gruber, Slg 1999, I/5295 oder , Österreichischer Gewerkschaftsbund). In den den Rs Marshall und Beets-Proper zugrundeliegenden Sachverhaltssubstraten wurde diese Frage noch nicht thematisiert. Diese älteren Entscheidungen unterscheiden sich zumindest nach den aus ihrem Wortlaut ersichtlichen Sachverhalten auch insoweit substantiell vom hier zu beurteilenden Fall, als es hier bei der Beurteilung der in Rede stehenden Kollektivvertragsbestimmung bloß um eine Aufhebung des vom Kollektivvertrag gewährten besonderen Kündigungsschutzes nach genau jenen Kriterien geht, die auch sonst im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes maßgeblich sind - nämlich der sozialen Absicherung der Arbeitnehmer (Alterspension). Auch geht es hier nicht darum, Arbeitnehmer absolut vom Arbeitsmarkt auszuschließen oder ihnen den Kündigungsschutz zur Gänze zu nehmen (der allgemeine Kündigungsschutz nach dem ArbVG bleibt erhalten), sondern nur darum, dass in einem bestimmten Arbeitsverhältnis der sehr weitgehende Kündigungsschutz des Arbeitnehmers eingeschränkt und dadurch die Möglichkeit der Einstellung jüngerer Arbeitnehmer geboten wird. Die Möglichkeiten der Klägerin, am allgemeinen Arbeitsmarkt weiter selbständig oder unselbständig tätig zu sein und daneben trotzdem die sozialversicherungsrechtliche Pensionsleistung zu beziehen, werden nicht beeinträchtigt. Nur der konkrete Arbeitsplatz wird am Arbeitsmarkt zur Disposition gestellt.
g) Allgemein stellt sich die Frage, welche Kriterien für die „Vergleichbarkeit" heranzuziehen und wie diese zu bewerten sind. Dabei sprechen wesentliche Argumente dafür, in den Bereichen, in denen keine unmittelbare Bewertung durch das Gemeinschaftsrecht erfolgt (vgl zum Subsidiaritätsprinzip Art 5 des EG-Vertrags) auf das jeweilige Arbeitsrechtssystem des Mitgliedstaats zurückzugreifen und nicht die Auswahl und die Bewertung nach zufälligen Vorlieben (zB „wohlverdienter Ruhestand" oder „erfülltes Arbeitsleben") der jeweiligen Arbeitnehmer vorzunehmen. Nur wenn den Mitgliedstaaten im Rahmen der ihnen verbliebenen Kompetenzen im demokratischen Gesetzgebungsprozess bzw den Sozialpartnern bei der ihnen zukommenden Normsetzung auch die Abwägung und Bewertung der Interessen zukommt und ihnen damit auch die Möglichkeit der (für beide Geschlechter einheitlichen) Zurückstellung bestimmter Interessen (Freude an der Arbeit) gegenüber anderen (Existenzsicherung, Integration junger Arbeitnehmer) offen steht, können sie auch ihre Verantwortung, etwa für die Integration junger Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt, effektiv wahrnehmen.
Im Ergebnis ist hier zu beurteilen, ob sich die Vergleichbarkeit allein nach dem Alter oder nach der sozialen Situation richtet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das österreichische Beendigungsrecht gerade auf die soziale Situation abstellt, was dafür spricht, eben diese soziale Situation zu vergleichen und damit jene Arbeitnehmer, die unter anderem auch durch eine ausreichende Alterspension abgesichert sind. Insoweit sind aber Männer und Frauen gleichgestellt, indem sie bei sozialer Absicherung infolge Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlangung der Alterspension den besonderen Kündigungsschutz des Kollektivvertrags verlieren.
h) Gerade im Hinblick auf die Bedeutung des Spielraums der Mitgliedstaaten bei der Gestaltung der beschäftigungspolitischen Maßnahmen - auch insoweit hat sich das Gemeinschaftsrecht gegenüber der Situation zum Zeitpunkt der Erlassung der Vorentscheidungen verändert - können die hier aufgeworfenen Fragen noch nicht als ausreichend durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt angesehen werden. Der Oberste Gerichtshof ist daher verpflichtet, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten.
Der Ausspruch über die Aussetzung des Verfahrens gründet sich auf § 90a Abs 1 GOG.