OGH vom 25.01.2006, 9ObA4/06p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und ADir. Reg.Rat Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard T*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt Gesellschaft mbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Heimo Berger, Rechtsanwalt in Villach, wegen EUR 5.000 sA und Bucheinsicht (Streitwert EUR 2.000), infolge der Revision und des Rekurses der beklagten Partei gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 34/05i-27, mit denen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 35 Cga 178/03i-18, in seinem Punkt 2.1 (Bucheinsicht) als Teilurteil bestätigt und in seinem Punkt
2.2 (Zahlungsbegehren und Kostenentscheidung) aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
1. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt am Standort Villach ein Dienstleistungsunternehmen mit den Gewerbeberechtigungen für Versicherungsmakler, Berater in Versicherungsangelegenheiten, Vermögensberater und Immobilienmakler.
Der Kläger, der über einen Gewerbeschein für die Vermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten und Bausparverträgen verfügt, war für die Beklagte ab Anfang 2002 auf der Basis einer sogenannten Kooperationsvereinbarung tätig. Seit bis zur Auflösung des Vertragsverhältnisses im Juni 2003 war der Kläger aufgrund einer „Vertriebslizenzvereinbarung" für die Beklagte ausschließlich als Vermittler tätig, wobei er die Arbeiten im von der Beklagten zur Verfügung gestellten Büro verrichtete und deren Software verwendete. Der hier maßgebliche Punkt der Vereinbarung lautet:
„VII.
Grundlage dieser Lizenzvereinbarung ist die Nutzung der Service- und Verwaltungsplattform durch den Lizenznehmer, wodurch ihm die Konzentration auf die Beratungs- und Betreuungstätigkeit am Kunden ermöglicht wird.
Die vom Lizenznehmer zu entrichtende Verwaltungscourtage beträgt EUR 57,-- (ATS 784,34) pro Kunde. Dem Lizenznehmer steht es frei, diese Courtage dem Versicherungs-/Finanzdienstleistungskunden im Rahmen des Maklerauftrages als Dienstleistungscourtage (Vertragsverwaltungscourtage) vorzuschreiben, wobei dies auch direkt durch den Lizenzgeber erfolgt.
Die Verantwortlichkeit für die Zahlung dieser Courtage verbleibt aber in jedem Fall beim Lizenznehmer.
Für die Dienstleistungen aus dieser Lizenzvereinbarung steht dem Lizenzgeber ein monatlicher Vertragsverwaltungsprovisionsanspruch in Höhe von EUR 2.200,-- zu und ist dieser erstmals nach dem der Vertragsunterzeichnung folgenden Monatsersten fällig. Die weiteren Fälligkeiten sind mit jedem folgenden Monatsersten festgelegt. Die Lizenzvereinbarung umfasst das Recht auf Bedienung von 500 Kunden aus dem Bereich der Privatklientel und gilt diese Anzahl auch als Mindestbasis für diese Lizenz. Bei Überschreitung dieser Anzahl ist der Erwerb einer weiteren Lizenz im ausgeführten Ausmaß erforderlich. Zur Sicherstellung dieser Mindestabnahmemenge stellt der Lizenznehmer dem Lizenzgeber eine uneingeschränkte, abstrakte, abtretbare und verpfändbare Bankgarantie in Höhe von EUR 28.500 (ATS 392.168,65) auf den variablen Zeitraum bis zur Erreichung der 500 Kundenaufträge zur Verfügung.
Diese Bankgarantie reduziert sich nach Ablauf eines Jahres um jenen Betrag, welcher durch die Verrechnung der Courtage an die Versicherungs-/Finanzdienstleistungskunden und deren Bezahlung in bar auf dem Verwaltungskonto der G***** GmbH regelmäßig einlangt. Als Stichtag zur Feststellung der um den so errechneten Reduktionsbetrages für die Höhe der Bankgarantie für das folgende Geschäftsjahr, wird der 1. 4. eines jeden Jahres vereinbart. Der Lizenzgeber hat das Recht, diese Bankgarantie auch in Teilbeträgen in Anspruch zu nehmen. Dies im Besonderen für den Fall, dass der Lizenznehmer die Vertragsverwaltungsprovision (EUR 2.200) über längstens 3 Monate nicht bezahlt hat.
Im Falle einer Inanspruchnahme verpflichtet sich der Lizenznehmer zur unverzüglichen Auffüllung der Bankgarantie auf die Höhe, welche zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme Gültigkeit hatte.
Bis zum Zeitpunkt der Vorlage einer bestätigten Bankgarantie in vereinbarter Höhe gelten sämtliche Provisionsansprüche des Lizenznehmers an den Lizenzgeber abgetreten und steht dem Lizenzgeber die Aufrechnung der Vertragsverwaltungsprovisionsansprüche mit den Provisionsansprüchen des Lizenznehmers kompensando zu. Da die G***** GmbH bei den Produktlieferanten als Vertragspartner (Einkaufsgemeinschaft) die Provisionskonten in ihrem Namen führt und der Auszahlung von Provisionen ohne Abzug einer Stornoreserve Bankgarantien zur Besicherung eventueller Stornoprovisionsrückbelastungen vorlegen muss, wird vereinbart, dass die vom Lizenznehmer zu begebende Bankgarantie bei Erreichen von 500 Kunden zur Besicherung von Stornoprovisionsrückbelastungen von Produktlieferanten diese auf maximal EUR 7.300 reduziert. Der Lizenznehmer verpflichtet sich daher, zur Sicherung von Stornoprovisionsrückbelastungen, die gegebene Bankgarantie jährlich in der Höhe von EUR 7.300 dem Lizenzgeber auf die Dauer der aufrechten Kooperationsvereinbarung zur Verfügung zu stellen. Bei Auflösung der Lizenzvereinbarung, aus welchem Rechtsgrund auch immer, ist die Dauer der verbleibenden Bankgarantien auf jene Verträge abzustimmen, welche der Lizenznehmer eingereicht hat. Die Bankgarantie ist jedenfalls auf die Dauer der Stornohaftungszeiträume gemäß den Provisionsbestimmungen der Versicherer/Finanzdienstleister aufrecht zu erhalten. Im Falle der Inanspruchnahme der Bankgarantie ist der Lizenznehmer verpflichtet, diese auf den Betrag von EUR 7.300 aufzufüllen.
Bei einer eventuellen Inanspruchnahme gelten die vorangeführten Auffüllungsverpflichtungen."
Am Ende der schriftlichen Vereinbarung hielten die Streitteile noch Nachstehendes fest:
„Da bereits eine Besicherung in Höhe von EUR 7.267,28 in Form einer Barleistung und EUR 7.300 in Form eines Sparbuches zur Verfügung gestellt wurde, reduziert sich die Erfordernis der Bankgarantie auf EUR 13.933."
Im Auftrag des Klägers übernahm die H*****-Bank AG gegenüber der R*****bank ***** registrierte GenmbH am vorerst bis die unwiderrufliche und uneingeschränkte Garantie für den Betrag von EUR 13.933. Der Kläger nahm mit seiner Unterschrift gegenüber der garantierenden Bank zur Kenntnis, dass dieser sämtliche Bereicherungs- und Schadenersatzansprüche, die im Falle einer ungerechtfertigt vorgenommenen Inanspruchnahme der Garantie entstehen, abgetreten werden.
Am unterfertigte der Kläger nachstehende Erklärung zum Lizenzvertrag:
„Ich, Gerhard T*****, habe auf Grund des mit der G***** GmbH abgeschlossenen Lizenzvertrages vom eine abstrakte Bankgarantie durch die H*****-Bank AG über den Betrag von EUR 13.933 begeben.
Mir ist bekannt, dass diese Bankgarantie zur Besicherung eines Kredites bei der R*****bank ***** registrierte GenmbH dient, wobei das Darlehensrealisat der G***** GmbH zufließt. Hiermit erkläre ich mich mit dieser Vorgangsweise durch die Geschäftsführung ausdrücklich für einverstanden und habe zur Kenntnis genommen, dass die Laufzeit des Kredites mit gegeben ist und bis zu diesem Zeitpunkt der Kredit durch die G***** abzudecken ist, andernfalls von der R*****bank ***** registrierte GenmbH die Bankgarantie gezogen wird. Ich nehme weiters zur Kenntnis, dass die Firma G***** GmbH entweder den Kredit vor dem abdecken wird bzw durch Verlängerung der Bankgarantie eine Verlängerung der Kreditzeit erwirken wird."
Im Juni/Juli 2003 zog die R*****bank ***** registrierte GenmbH die vom Kläger begebene Bankgarantie ein.
Nach einer (von den Vorinstanzen zugelassenen) Klageänderung begehrte der Kläger letztlich, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm Bucheinsicht betreffend die von ihm während seiner Beschäftigungsdauer bei ihr vermittelten Geschäfte zu gewähren und ihm EUR 5.000 samt Zinsen zu zahlen. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, die Beklagte habe Provisionen und Bonifikationen nicht offengelegt, weshalb ihm ein rechtliches Interesse an der Offenlegung durch Bucheinsicht zustehe. Im Laufe des Verfahrens wurde weiters (einvernehmlich) festgehalten, dass der Kläger aufgrund einer getroffenen Vereinbarung berechtigt sei, bei der Beklagten im Beisein eines Wirtschaftsprüfers Bucheinsicht zu nehmen. Das Zahlungsbegehren ergebe sich daraus, dass die vom Kläger bestellte Bankgarantie von der begünstigten Bank zu Unrecht abgerufen worden sei, wobei nur ein Teilbetrag von 5.000 EUR geltend gemacht werde. Der Garantiebetrag sei wirtschaftlich der Beklagten zugekommen, da damit deren Verbindlichkeiten abgedeckt worden seien. Die Bankgarantie sei auch gar nicht „nicht wirksam" gewesen, weil kein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der aus der Garantie begünstigten Bank bestanden habe. Im Verhältnis zwischen den Streitteilen sei der Abruf insoweit zu Unrecht erfolgt, als keine Verbindlichkeit des Klägers gegenüber der Beklagten bestanden habe. Sollten Ansprüche des Klägers an die garantierende Bank abgetreten worden sein, seien diese durch Einlösung wieder auf ihn übergegangen, weil er der Bank den Garantiebetrag ersetzt habe.
Die Beklagte bestritt die aktive Klagelegitimation und wandte ein, sämtliche Rechte und Pflichten aus dem „Lizenzvertrag" seien vom Kläger auf eine OEG übertragen worden. Die Beklagte habe die Provisionskonten des Klägers bis unter seinem Namen geführt; sämtliche Provisionsabrechnungen seien auch dem Kläger fristgerecht ausgefolgt worden. Der Kläger habe das jederzeitige Bucheinsichtsrecht gehabt, das er auch teilweise ausgenutzt habe. Die Beklagte habe sich nicht dagegen ausgesprochen, dass in die Provisionsnoten und die gesamten Geschäftsbücher Einsicht genommen wird; sie sei jedoch nicht verpflichtet, Unterlagen an einen Dritten zu übermitteln. Dem Kläger sei die Bucheinsicht nicht verweigert worden; er habe jederzeit die Möglichkeit, in die Bücher der Beklagten Einsicht zu nehmen. Ansprüche wegen einer angeblich zu Unrecht abgerufenen Bankgarantie stünden dem Kläger nicht zu: Die Begebung einer abstrakten Bankgarantie sei „Ausfluss des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Lizenzvertrages" gewesen. Die aus der Garantie begünstigte Bank habe diese „infolge Beendigung des Lizenzvertrags" durch den Kläger abgerufen, zumal keine weiteren Verwaltungspauschalprovisionen bezahlt worden seien. Der Einzug sei zur Abdeckung des Kreditkontos aufgrund der „nachweislichen Untätigkeit des Klägers" erfolgt. Da die begünstigte Bank die Garantie in Anspruch genommen habe, sei die Beklagte nicht „Ansprechpartner" für eine Rückforderung. Dem Kläger mangle es auch an der aktiven Klagelegitimation, weil er sämtliche Ansprüche an die garantierende Bank abgetreten habe.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger die begehrte Bucheinsicht zu gewähren, und wies das Zahlungsbegehren ab. Der Kläger habe seine Vermittlungstätigkeiten ausschließlich für die Beklagte, somit in wirtschaftlicher Abhängigkeit, verrichtet, weshalb er als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren sei. Das Recht auf Bucheinsicht stehe auch dem sogenannten „freien" Handelsvertreter zu. Die Beklagte habe in der Streitverhandlung erklärt, dass dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt werde, im Beisein eines Wirtschaftsprüfers Einsicht in deren Geschäftsbücher zu nehmen. Im Verfahren habe die Beklagte das Recht des Klägers auf Bucheinsicht anerkannt, indem sie ihm wiederholt angeboten habe, gemeinsam mit seinem Vertreter in ihre Geschäftsbücher Einsicht zu nehmen. Dass die vereinbarte Bucheinsicht in einem anderen Verfahren gescheitert sei, sei nicht weiter von Belang. Der Kläger habe das Recht, die Bucheinsicht selbst vorzunehmen, um sich von der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Provisionsansprüche zu überzeugen. Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Bankgarantie habe sich die Beklagte zu Recht auf ihre mangelnde passive Klagslegitimation berufen. Auch bei einem unberechtigten Abruf der Garantie könnte der Kläger allfällige Ansprüche nur gegen den Garanten und/oder den Anweisungsempfänger geltend machen. Ob sich durch den Abruf der Bankgarantie eine Verbindlichkeit der Beklagten verringert habe, sei unerheblich, weil Bereicherungsansprüche nur subsidiär seien. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in seinem Ausspruch über die Bucheinsicht und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Im Übrigen hob es die Entscheidung über das Zahlungsbegehren auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, wobei es den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärte. Mit dem Einwand, die Bucheinsicht sei im Außerstreitverfahren durchzusetzen, mache die Beklagte inhaltlich den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO geltend, der jedoch nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht vorliege. Auch ein selbständiger Handelsvertreter könne die Bucheinsicht im streitigen Rechtsweg betreiben. In dem von der Beklagten im Verfahren zugestandenen jederzeitigen Bucheinsichtsrecht des Klägers und der in der Streitverhandlung abgegebenen Erklärung, dass der Kläger aufgrund einer Vereinbarung berechtigt sei, im Beisein eines Wirtschaftsprüfers Bucheinsicht zu nehmen, sei im Zusammenhang mit der weiteren Erklärung, der Kläger habe jederzeit die Möglichkeit in die Bücher der Beklagten Einsicht zu nehmen, ein wirksames prozessuales Anerkenntnis des gestellten Begehrens zu sehen. Dieses sei bis zum Schluss der Verhandlung nicht widerrufen worden. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Begehren eines (selbständigen oder unselbständigen) Handelsvertreters auf Bucheinsicht im streitigen Verfahren durchgesetzt werden kann, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.
Hingegen könne sich das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichts zum Zahlungsbegehren, die Beklagte sei nicht passiv zur Klage legitimiert, nicht anschließen. Die im Zuge des Vertrags der Streitteile eingeräumte Bankgarantie sei zugunsten einer kreditgewährenden Bank abgerufen worden und das Kreditrealisat sei der Beklagten zugeflossen. Die Bestellung von Kautionen im Arbeitsverhältnis unterliege den zwingenden Bestimmungen des KautionschutzG, die nach der Rechtsprechung auch auf Rechtsverhältnisse von arbeitnehmerähnlichen Personen anzuwenden seien. Hier habe sich die Beklagte für andere als Schadenersatzforderungen eine Bankgarantie vom Kläger einräumen lassen, die zur Sicherung eines mittels des Beklagtenvertreters als Strohmann aufgenommenen Kredits gedient habe, dessen Realisat unstrittig der Beklagten zugeflossen sei, weshalb nach Ansicht des Berufungsgerichts ein gegen die §§ 1 und 3 KautSchG verstoßendes Rechtsgeschäft vorliege, das mit Nichtigkeit behaftet sei. Der Kläger könne daher grundsätzlich von der Beklagten den durch den Abruf der Bankgarantie entstandenen Schaden fordern. Da das Erstgericht aufgrund seiner Rechtsansicht keine Feststellungen zu den Umständen der Abrufung der Bankgarantie und zu dem dem Kläger entstandenen Schaden getroffen habe und um die Parteien nicht mit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu überraschen, sei mit Aufhebung vorzugehen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil dieser zur Frage des Verstoßes gegen das KautSchG durch „Vertragsklauseln in Agenturverträgen mit Bankgarantie zugunsten der Lizenzgeber" noch nicht Stellung genommen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobenen Rechtsmittel, nämlich eine Revision sowie ein - als „Revisionsrekurs" bezeichneter - Rekurs, sind zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Zur Revision:
Soweit die Beklagte einen Nichtigkeitsgrund darin erblicken will, dass die Vorinstanzen ihrer Auffassung, der Anspruch auf Bucheinsicht könne nur im außerstreitigen Rechtsweg verfolgt werden, nicht beigetreten sind, übersieht sie, dass bereits das Berufungsgericht die auf diese Argumentation (Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs) gestützte Berufung wegen Nichtigkeit verworfen hat. Eine vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit kann jedoch nicht neuerlich in der Revision geltend gemacht werden (vgl dazu nur Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 69 mwN).
Auch wenn es zutrifft, dass die Prozesserklärungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Begehren auf Bucheinsicht nicht als prozessuales Anerkenntnis aufgefasst werden können, lassen die Revisionsausführungen doch nicht erkennen, aus welchem Grund die klagestattgebende Entscheidung in diesem Punkt unrichtig sein sollte. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz das Begehren auf Bucheinsicht nicht substanziiert bestritten, sondern sich allein gegen die (in der Folge zugelassene) Klageänderung ausgesprochen. Selbst wenn man ihren Einwand, der Kläger habe sämtliche Provisionsansprüche an eine OHG abgetreten, auch auf das Begehren auf Bucheinsicht beziehen wollte, wäre damit für die Beklagte nichts gewonnen, weil sie auf diesen Einwand in ihrer Revision nicht mehr zurückkommt. Sie tritt insbesondere auch der Auffassung der Vorinstanzen, durch die Erklärung in der Tagsatzung vom sei übereinstimmend vorgebracht worden, dass die Streitteile in einem anderen Verfahren eine Vereinbarung getroffen haben, nach der der Kläger berechtigt ist, bei der Beklagten im Beisein eines Wirtschaftsprüfers Bucheinsicht zu nehmen, nicht entgegen. Steht eine derartige Vereinbarung nun aber außer Streit, muss dem Klagebegehren auf Bucheinsicht schon deshalb Erfolg beschieden sein. Die Beklagte hat insbesondere auch nicht behauptet, dass sie von dieser Vereinbarung zurückgetreten wäre. Warum dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Bucheinsicht nicht zustehen sollte, bleibt somit insgesamt unerfindlich.
Die Entscheidung über die auf die Revisionsbeantwortung des Klägers entfallenden (anteiligen) Kosten beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1
Zum Rekurs:
Zutreffend hat schon das Berufungsgericht die passive Klagelegitimation der Beklagten für den Fall des unberechtigten Abrufs der Bankgarantie bejaht, wurde diese doch unzweifelhaft auf ihren Wunsch und in ihrem Interesse zugunsten einer kreditgewährenden Bank bestellt und hatte die Beklagte auch den wirtschaftlichen Vorteil aus dem Zufließen des Garantiebetrags. Die Frage, ob die Bankgarantie bezogen auf das Rechtsverhältnis der Streitteile unberechtigt in Anspruch genommen wurde - und ihr damit ein ungerechtfertigter Vermögensvorteil zugekommen ist -, ist in erster Linie aufgrund der wechselseitigen Prozessbehauptungen zu lösen, wobei die Beklagte die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Inanspruchnahme der Bankgarantie den Vereinbarungen zwischen den Streitteilen entsprochen hat. Insoweit erweisen sich die von der Beklagten in erster Instanz erhobenen Einwendungen jedoch als unschlüssig; die in Verletzung des Neuerungsverbots erstmals im Rekurs aufgestellten konkreteren Behauptungen sind unbeachtlich. Sie brachte dazu einerseits vor, der Abruf sei „aufgrund der nachweislichen Untätigkeit des Klägers" geschehen, was jedoch nicht im Entferntesten hinreicht, um den Eintritt eines vernünftigerweise in Betracht kommenden „Garantiefalls" darzulegen. Auch ihre weitere Prozessbehauptung, die Bankgarantie sei „infolge Beendigung des Lizenzvertrags durch den Kläger" gezogen worden, zumal keine weiteren Verwaltungspauschalprovisionen bezahlt worden seien, kann nicht als ausreichend schlüssige Einwendung qualifiziert werden, wird doch offen gelassen, warum die Beendigung des „Lizenzvertrages" zum Garantieabruf berechtigen sollte bzw warum der Kläger zur Zahlung „weiterer Verwaltungspauschalprovisionen" (in welcher Höhe und für welche Zeiträume) verpflichtet gewesen sein sollte. Mangels schlüssiger Behauptungen über den Eintritt eines vereinbarten „Garantiefalls" ist somit davon auszugehen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den ihr letztlich zugekommenen Garantiebetrag - im Umfang des Klagebegehrens - rückzuerstatten.
Eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung kommt jedoch nicht in Betracht, weil die Vorinstanzen Feststellungen über die strittige Frage einer allfälligen Abtretung der Bereicherungsansprüche gegen die Beklagte nicht getroffen haben. Die Beklagte hatte unter Hinweis auf den Text der (vom Kläger zum Zeichen seiner Zustimmung unterfertigten) Garantieerklärung eine Abtretung allfälliger Ansprüche wegen unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie an die garantierende Bank behauptet. Der Kläger hatte darauf erwidert, er habe der garantierenden Bank ihren Aufwand ersetzt und damit eine allenfalls abgetretene Forderung wieder eingelöst. Diese Frage wird vom Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu klären sein, wogegen alle übrigen Streitpunkte bereits abschließend erledigt sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist insbesondere auch auf die Anwendbarkeit des KautSchG nicht einzugehen, weil sich der Kläger im Verfahren erster Instanz darauf nicht einmal implizit berufen hat. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.