OGH vom 29.04.2013, 8Ob37/13v

OGH vom 29.04.2013, 8Ob37/13v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache der Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen R***** K*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, vertreten durch den erbantrittserklärten Erben C***** K*****, dieser vertreten durch die Suppan Spiegel Rechtsanwälte GmbH in Wien, Insolvenzverwalter Dr. Stephan Riel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Genehmigung der Schlussrechnung, über den Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 166/12f 24, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 3 S 21/12a 19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts über die Genehmigung der Schlussrechnung wiederhergestellt wird. Der Gerichtskommissär und der Sachverständige im Verlassenschaftsverfahren haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In der zugrundeliegenden Verlassenschaftssache wurde ein Notar zum Gerichtskommissär bestellt. Dieser führte eine Inventarisierung des Nachlasses durch. Die im Inventar aufgenommenen Kraftfahrzeuge wurden im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens von einem Sachverständigen geschätzt und danach vom Gerichtskommissär verwertet. Der Verkaufserlös wurde auf das vom Gerichtskommissär geführte Verlassenschaftskonto eingezahlt. In der Folge bestimmte das Verlassenschaftsgericht die Gebühren des Gerichtskommissärs mit 8.807,80 EUR und die Gebühren des Sachverständigen mit 2.718,58 EUR.

Über Antrag des erbantrittserklärten Erben eröffnete das Erstgericht mit Beschluss vom , GZ 3 S 21/12a 2, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verlassenschaft und bestellte einen Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter. In seinen Berichten führte der Insolvenzverwalter aus, dass das Verlassenschaftsvermögen im Zuge des rund 2 ½ Jahre dauernden Verlassenschaftsverfahrens im Wesentlichen veräußert worden sei. Das Realisat von 111.242,19 EUR sei an den Insolvenzverwalter überwiesen worden. Die im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens noch nicht verwerteten Pretiosen und Uhren seien von ihm verkauft worden.

Der Gerichtskommissär sowie der Sachverständige meldeten ihre im Verlassenschaftsverfahren bestimmten Gebühren als Insolvenzforderungen an. In der Folge bemängelten sie die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf des Insolvenzverwalters und brachten vor, ihre Gebühren nur irrtümlich als Insolvenzforderungen angemeldet zu haben. Tatsächlich seien ihre Ansprüche als Masseforderungen zu berücksichtigen.

Mit Schriftsatz vom (ON 12) erstattete der Insolvenzverwalter seinen Abschlussbericht über seine Verwaltungstätigkeit und legte die Schlussrechnung sowie den Verteilungsentwurf vor. Zudem beantragte er die (bewilligte) Festsetzung seiner Entlohnung wie folgt:

Mindestentlohnung 2.000 EUR

Erhöhung gemäß § 82b IO 2.000 EUR

4.000 EUR

Barauslagen pauschal 200 EUR

20 % USt 840 EUR

insgesamt 5.040 EUR.

Die Schlussrechnung weist folgenden Inhalt auf:

Buchg Nr Datum Einnahmen Ausgaben Verwendungszweck

1 111.242,19 EUR Übertrag Realista Notar

Dr. Prayer

2 14,30 EUR BPD Wien, Stempelgebühr

55844/12 P301/12

3 7.319,00 EUR Erlös Verkauf Schmuck, Uhren

118.561,19 EUR 14,30 EUR Summe

118.546,89 EUR Überschuss

Dazu wird im Schriftsatz ON 12 ausgeführt:

„Ich lege einen Ausdruck der für dieses Insolvenzverfahren geführten Einnahmen- und Ausgabenrechnung vor.

Bei Einnahmen von 118.561,19 EUR

und Ausgaben von 14,30 EUR

ergibt sich ein Saldo zu

Gunsten der Masse von 118.546,89 EUR.“

Der Verteilungsentwurf hat folgenden Inhalt:

Gesamtmasse per 118.546,89 EUR

Offene Masseforderungen:

1) Entlohnung MV brutto 5.040,00 EUR

2) Pauschalgebühr 600,00 EUR

3) Belohnung Gläubigerschutzverbände brutto 480,00 EUR

Summe offene Masseforderungen: 6.120,00 EUR

Restmasse für Konkursgläubiger: 112.426,89 EUR

für festgestellte Forderungen (ohne Sicherstellungen): 112.426,89 EUR

für sichergestellte Forderungen: 0,00 EUR

Korrekturbetrag/Centausgleich 0,00 EUR

Verteilungsentwurf Quote: 33,343314%

PN ON Gläubiger festgestellte Forderung Auszahlungsbetrag

1 1 Finanzamt *****

StRNr ***** 107.613,36 EUR 35.881,86 EUR

2 2 Engel auf Pfoten

Verein *****

vertreten durch Rant Freyler Rechtsanwälte OG

210.390,00 EUR 70.151,00 EUR

3 3 U***** vertreten durch

Milavec, Dr. Alexander Rechtsanwalt

1.219,02 EUR 406,46 EUR

4 5 Z***** Ing. R*****

allg. beeideter und gerichtl. zertif.

SV f. d. Kfz Wesen 2.718,00 EUR 906,27 EUR

5 6 R*****, Mag. G*****

öff. Notar als Gerichtskommissär

8.807,80 EUR 2.936,81 EUR

6 7 W*****

Gemeinnützige GmbH vertreten durch

Salzborn, Mag. Eduard Rechtsanwalt

6.431,53 EUR 2.144,49 EUR

Gesamtsumme 337.179,71 EUR 112.426,89 EUR

Dazu wird im Schriftsatz ON 12 ausgeführt:

„Vorbehaltlich der antragsgemäßen Bestimmung meiner Entlohnung ergibt sich folgende Verteilung:

Saldo gemäß Verwaltungsschlussrechnung 118.546,89 EUR

abzüglich Verfahrenskosten 6.120,00 EUR

verbleibt eine Verteilungsmasse von 112.426,89 EUR

bei festgestellten Insolvenzforderungen von 337.179,71 EUR

ergibt ich eine Verteilungsquote von 33,34 %.“

Das Erstgericht sprach aus, dass die Schlussrechnung gemäß § 122 IO genehmigt werde. Die Ansprüche des Gerichtskommissärs und des Sachverständigen seien keine Masseforderungen, sondern Insolvenzforderungen, zumal die Aufzählung des § 46 IO taxativ sei. Die Entscheidung über die Genehmigung des Verteilungsentwurfs erfolge nach Klärung dieser Rechtsfrage.

Das Rekursgericht änderte über die Rekurse des Gerichtskommissärs und des Sachverständigen den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters die Genehmigung versagt werde. Der Rekurs der beiden (nach Ansicht des Rekursgerichts) übergangenen Massegläubiger gegen die Genehmigung der Schlussrechnung sei zulässig, weil dadurch der vom Insolvenzverwalter zu verteilende Betrag bindend festgestellt werde. Nach Engelhart handle es sich bei den Kosten der Inventarisierung und Schätzung sowie den Gebühren des Verlassenschaftskurators nicht um Masseforderungen, weil diese vor Insolvenzeröffnung entstanden seien. Nach Ansicht des Rekursgerichts führe dieser Ansatz allerdings zu einer Besserstellung der Insolvenzgläubiger, weil die gleiche Verwertungstätigkeit des Insolvenzverwalters im Zuge des Insolvenzverfahrens eine bevorrechtete Masseforderung begründen würde. Es erscheine daher gerechtfertigt, eine fiktive Berechnung des Masseverwalterhonorars unter der Prämisse vorzunehmen, dass die gesamte Verwertungstätigkeit im Zuge des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Der daraus ermittelte Entlohnungsanspruch sei anteilsmäßig auf den Gerichtskommissär und den Insolvenzverwalter aufzuteilen. Die dann noch verbleibende Gebühr des Gerichtskommissärs sei als Insolvenzforderung zu berücksichtigen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Rekurslegitimation der Massegläubiger im Zusammenhang mit der Schlussrechnung und zur Qualifikation der Gebühren des Gerichtskommissärs als Masseforderung höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters, der auf die Wiederherstellung des Genehmigungsbeschlusses des Erstgerichts abzielt.

Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragen der Gerichtskommissär und der Sachverständige, dem Revisionsrekurs des Insolvenzverwalters den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Frage des Befriedigungsrangs von Kosten nach der Rechtsprechung um keine Entscheidung im Kostenpunkt handelt (RIS Justiz RS0007399; 1 Ob 164/12t).

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Rechtsmittellegitimation der Gläubiger im Zusammenhang mit der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint. Außerdem erweist sich die Entscheidung des Rekursgerichts als korrekturbedürftig.

2. Zur Rechtsmittellegitimation der Gläubiger:

2.1 Das Rekursgericht hat zunächst die Zulässigkeit des Rekurses, den die beiden Gläubiger (Gerichtskommissär und Sachverständiger im Verlassenschaftsverfahren) gegen den erstinstanzlichen Beschluss auf Genehmigung der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters erhoben haben, geprüft und diese bejaht.

2.2 Die Prüfung der vom Insolvenzverwalter vorgelegten (Schluss-)Rechnung erfolgt von Amts wegen durch das Insolvenzgericht. Die Verfahrensbeteiligten haben gemäß § 121 Abs 3 KO (IO) das Recht, in die Rechnung Einsicht zu nehmen, gegen diese Bemängelungen zu erheben und an der zur Prüfung der Rechnung durchzuführenden Tagsatzung teilzunehmen. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 121 KO (IO) handelt es sich bei diesen Personen um die Gläubigerausschussmitglieder, den Schuldner und sämtliche Insolvenzgläubiger ( Riel in Konecny/Schubert , KO § 121 Rz 37 f). Das Bemängelungsrecht und die Rechtsmittellegitimation der Insolvenzgläubiger gegen die Genehmigung der Schlussrechnung ist nicht zweifelhaft (Riel § 122 Rz 19 f).

Im Anlassfall wurden die beiden Gläubiger (Gerichtskommissär und Sachverständiger) vom Erstgericht als Insolvenzgläubiger behandelt. Das Rekursgericht qualifizierte die beiden Gläubiger als Massegläubiger und prüfte die Frage, ob ihnen die genannten Verfahrensrechte auch als Massegläubiger zustehen.

Diese Frage ist zu bejahen.

2.3 Mit dem IRÄG 1997 wurde die der Regelung in § 121 Abs 3 KO im Wesentlichen entsprechende Bestimmung in § 130 Abs 1 KO dahin geändert, dass der Begriff „Konkursgläubiger“ durch „Gläubiger“ ersetzt und auf Massegläubiger erweitert wurde. Demnach sind alle Gläubiger von der Verteilungstagsatzung zu verständigen, um auch den Massegläubigern die Möglichkeit zu eröffnen, Erinnerungen gegen den Verteilungsentwurf zu erheben (RV 734 BlgNR 20. GP 49). In § 121 Abs 3 KO wurde die entsprechende Anpassung unterlassen.

Riel (in Konecny/Schubert , KO § 121 Rz 39 und § 122 Rz 20) spricht sich im Hinblick auf die Verpflichtung des Konkursgerichts zur umfassenden amtswegigen Prüfung der (Schluss )Rechnung dafür aus, möglichst allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich am Rechnungslegungsverfahren zu beteiligen und daher auch Massegläubigern Parteistellung (und damit Rekurslegitimation) zuzuerkennen.

Auch Kodek (in Bartsch/Pollak/Buchegger 4 §§ 121, 122 Rz 28) vertritt einen solchen Ansatz. Er leitet aus der Neufassung des § 130 Abs 1 KO durch das IRÄG 1997 eine Systemänderung im Sinn einer Stärkung der Rechte der Massegläubiger nicht nur im Verteilungsverfahren, sondern auch im Rechnungslegungsverfahren ab.

Die Rechtsprechung hat ebenfalls schon eine Präferenz für die Erweiterung der Verfahrensbeteiligten im Verfahren über die Schlussrechnung erkennen lassen. In der Entscheidung 8 Ob 15/05x hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der Haftung des Masseverwalters Folgendes ausgesprochen: „Bei den Ansprüchen gegen den Masseverwalter aus der pflichtwidrigen Führung seines Amtes wird zwischen jenen unterschieden, die den Befriedigungsfonds aller (Konkurs )Gläubiger schädigen (den sogenannten Gemeinschaftsschäden) und jenen, die nur einen einzelnen Geschädigten betreffen (Einzel oder Individualschäden). Die sogenannten Gemeinschaftsschäden können nun während des Konkursverfahrens nur im Rechnungslegungsverfahren iSd §§ 121 ff KO oder durch einen neuen Masseverwalter geltend gemacht werden. Schon dies spricht dafür, auch den Massegläubigern bei der Rechnungslegung im Zusammenhang mit behaupteten Gemeinschaftsschäden Parteistellung einzuräumen.“

Zudem wurde in dieser Entscheidung ausgeführt: „So stellt nun auch § 122 KO seit der Insolvenzrechts Novelle 2002 in seinem Absatz 3 bei der Frage der Zustellung der Entscheidung über die Genehmigung der Rechnungslegung ausdrücklich darauf ab, ob 'Gläubiger', also nicht bloß 'Konkursgläubiger' Bemängelungen erhoben haben. Dass der Gesetzgeber mit dem Abstellen auf 'Gläubiger' regelmäßig auch Massegläubiger erfassen möchte, hat das Rekursgericht schon überzeugend anhand der RV zum Insolvenrechtsänderungsgesetz 1997 BGBl 114 heraus gearbeitet.“

In den Gesetzesmaterialien zur dargestellten Erweiterung der Beteiligtenstellung in § 130 KO durch das IRÄG 1997 in Bezug auf den Verteilungsentwurf (alle Gläubiger) heißt es (RV 734 BlgNR 20. GP 49): „Massegläubiger können gegen die Verteilung der Konkursmasse Rekurs erheben, wenn sie sich durch die Verteilung in ihrem den Konkursgläubigern vorangehenden Befriedigungsrecht beschwert erachten. Erinnerungen gegen den Verteilungsentwurf dürfen sie [bisher] jedoch nicht erheben. Dies wäre jedoch zweckmäßig. Es wird somit auch den Massegläubigern ein Recht auf Erhebung von Erinnerungen gegeben. Dadurch werden Rechtsmittel, die das Verfahren verzögern und die Konkursaufhebung verhindern, vermieden.“

2.4 Das Erinnerungs- und Rechtsmittelrecht der Massegläubiger im Zusammenhang mit dem Verteilungsentwurf bezieht sich nach diesen Ausführungen (auch) auf Individualansprüche.

Der Zweck der Rechnungslegung des Insolvenzverwalters gemäß §§ 121 ff KO (IO) ist die Schaffung einer Grundlage für die Überwachung des Insolvenzverwalters und die Vorbereitung der (Schluss )Verteilung ( Riel § 121 Rz 22). Dieser Gesetzeszweck spricht eindeutig für einen Gleichklang in den Regelungen der Verfahrens- und Rechtsmittelrechte zum Verteilungsentwurf einerseits und zur Rechnungslegung andererseits. Außerdem ist seit der Insolvenzrechts Novelle 2002 aufgrund der Änderung in § 122 Abs 3 KO (über die Zustellung der Entscheidung) klargestellt, dass die Bemängelung der Schlussrechnung nach dem Willen des Gesetzgebers auch den Massegläubigern zustehen soll. Nach dieser Bestimmung ist eine Zustellung an alle Gläubiger vorgesehen, wenn Bemängelungen Folge gegeben wurde. Sonst sind jene Gläubiger zu verständigen, deren Bemängelungen verworfen wurden ( Riel § 122 Rz 18).

2.5 Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass auch Massegläubigern ein Rekursrecht gegen den Beschluss über die Genehmigung der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters zusteht, wenn sie sich durch die Schlussrechnung (auch) in Individualansprüchen beschwert erachten.

2.6 Die Ansicht des Rekursgerichts, dass sich aus der zitierten Entscheidung 8 Ob 15/05x ein Rekursrecht der Massegläubiger gegen die Genehmigung der Schlussrechnung nur im Zusammenhang mit behaupteten Gemeinschaftsschäden ergebe, ist verkürzt. Diese Entscheidung betraf Schadenersatz ansprüche gegen den Insolvenzverwalter. Nur durch diesen Umstand und nicht durch die Erwägungen zur Parteistellung war die Bezugnahme auf Gemeinschaftsschäden bedingt. Dies hängt damit zusammen, dass der Insolvenzverwalter schon im Rechnungslegungsverfahren zum Ersatz von Schäden, die der Insolvenzmasse entstanden sind, also von sogenannten Gemeinschaftsschäden, verhalten werden kann. Da das Insolvenzgericht aber nur über den der Masse zu leistenden Ersatz absprechen kann, sind Individualschäden von einer solchen Entscheidung ausgeschlossen ( Riel § 122 Rz 12 und 15 f). Gläubigerforderungen dürfen nicht mit individuellen Schadenersatz ansprüchen gegen den Insolvenzverwalter verwechselt werden, die nicht Gegenstand des Rechnungslegungsverfahrens sein können.

2.7 Allgemein ist ein Rechtsmittel nur dann zulässig, wenn der Rechtsmittelwerber durch die Entscheidung in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist (RIS Justiz RS0006497; RS00065135). Auch diese Voraussetzung ist im Anlassfall zu bejahen, weil das Erstgericht vom Rechtsschutzantrag der beiden Gläubiger abgewichen ist.

3. Zur Genehmigung der Schlussrechnung:

3.1 Der Genehmigungsbeschluss des Erstgerichts bezieht sich nur auf die Schlussrechnung; die Entscheidung über die Genehmigung des Verteilungsentwurfs hat sich das Erstgericht ausdrücklich vorbehalten. In der Begründung des zugrundeliegenden Beschlusses nimmt das Erstgericht zwar in erster Linie auf die Qualifikation der von den beiden Gläubigern (Gerichtskommissär und Sachverständiger im Verlassenschaftsverfahren) geltend gemachten Gebührenansprüche als Insolvenz- oder Masseforderungen Bezug. Das Erstgericht hat sich aber auch mit der Schlussrechnung beschäftigt und festgehalten, dass sich dagegen von Amts wegen keine Bedenken ergeben hätten. Das Rekursgericht hat den Genehmigungsbeschluss des Erstgerichts nur deshalb abgeändert, weil es die Forderungen der beiden Gläubiger als Masseforderungen qualifiziert hat. Der Beurteilung des Erstgerichts zu den fehlenden Bedenken gegen die Schlussrechnung ist das Rekursgericht allerdings nicht entgegengetreten.

3.2 Die Qualifikation als Insolvenz- oder Masseforderung betrifft im Anlassfall nicht die Schlussrechnung, sondern den Verteilungsentwurf.

(Schluss-)Rechnung bedeutet, dass der Insolvenzverwalter in Form einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung abzurechnen hat. Die Rechnung besteht dementsprechend aus einer Gegenüberstellung der Einnahmen und der Ausgaben, wobei der Saldo dem aktuellen Massestand entsprechen muss ( Riel § 121 Rz 25). Hat nun der Insolvenzverwalter Masseforderungen befriedigt, so sind die entsprechenden Zahlungen des Insolvenzverwalters aus der Masse als Ausgaben zu berücksichtigen und in die Schlussrechnung aufzunehmen. Soweit der Insolvenzverwalter auf Masseforderungen aber noch keine Zahlungen vorgenommen hat, sind diese in den Verteilungsentwurf aufzunehmen. Nach § 129 Abs 3 KO (IO) sind erst im Verteilungsentwurf sämtliche Forderungen in ihrer Rangordnung, ferner das zur Verteilung verfügbare Vermögen und die Beträge anzuführen, die auf jede einzelne Forderung entfallen.

Entsprechend diesen Grundsätzen weist der Insolvenzverwalter im Schriftsatz ON 12 darauf hin, dass es sich bei seiner Verwaltungsschlussrechnung um eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung handelt. Aus diesem Grund werden in der Schlussrechnung die Einnahmen (118.561,19 EUR) und die Ausgaben (14,30 EUR) einander gegenübergestellt; zudem wird der Überschuss zum Stichtag mit 118.546,89 EUR ausgewiesen.

3.3 Da vom Erstgericht verneinte Bedenken gegen die Schlussrechnung nicht mehr Gegenstand des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens waren und die Begründung des Rekursgerichts dessen abändernde Entscheidung nicht trägt, war der Genehmigungsbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

4. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Qualifikation der Entlohnungsansprüche eines Gerichtskommissärs oder eines Verlassenschaftskurators für die Inventarisierung oder Schätzung des Nachlasses als Masseforderung in der Verlassenschaftsinsolvenz nach der Rechtsprechung davon abhängt, ob diese Vorleistungen vom Insolvenzverwalter für die Masse tatsächlich verwendet wurden (6 Ob 184/01d; 6 Ob 72/03m). Längere Zeit vor der Insolvenzeröffnung zurückliegende Tätigkeiten können ebenso wenig berücksichtigt werden wie nicht näher aufgeschlüsselte Entlohnungsansprüche. Im Anlassfall ergibt sich aus der Forderungsanmeldung jedenfalls des Gerichtskommissärs nicht, welche konkreten Verwertungshandlungen er zur Erzielung des an den Insolvenzverwalter überwiesenen Realisats vorgenommen hat und welcher Anteil an der ihm im Verlassenschaftsverfahren zugesprochenen Entlohnung auf diese Tätigkeiten entfällt .

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 254 Abs 1 Z 1 IO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00037.13V.0429.000