OGH vom 29.06.2020, 8ObA53/20g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. TarmannPrentner und Mag. WesselyKristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aud dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mairhofer Gradl Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch ANWALTSSOCIETÄT SATTLEGGER DORNINGER STEINER Partner OG in Linz, wegen 726 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 3/20b-20, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger war bei der Beklagten vom bis als Kellner beschäftigt. Die Beklagte betreibt in einem Einkaufszentrum ein Lokal mit einem „Café-Bereich“ und einem dahinter liegenden und abgegrenzten „Bar-Bereich“. Die Öffnungszeiten des Lokals waren am Montag, Dienstag und Donnerstag von 9:30 bis 19:00 Uhr, am Mittwoch von 9:30 bis 2:00 Uhr und am Freitag sowie Samstag jeweils von 9:30 bis 5:00 Uhr. Der „Café-Bereich“ war zu diesen Zeiten immer geöffnet, der „Bar-Bereich“ nur am Mittwoch, Freitag und Samstag ab jeweils 21:00 Uhr.
Auf das Arbeitsverhältnis ist der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe anzuwenden.
Das hat das auf Punkt 9 lit b dieses Kollektivvertrags gestützte Begehren des Klägers auf Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags abgewiesen, weil der Betrieb der Beklagten kein Nachtbetrieb im Sinne dieser Bestimmung sei.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 8 ObA 32/11f zum Begriff des Nachtbetriebs im Sinne des Punkts 9 lit b des Kollektivvertrags dahin Stellung genommen, dass ein überwiegend (nur) in den Nachtstunden geöffneter Gastronomiebetrieb (wie etwa eine „Nachtbar“) unter ganz anderen organisatorischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen geführt werde, als ein rund um die Uhr geöffneter Gastronomiebetrieb. Schon vor diesem Hintergrund bedeute es keine willkürliche Ungleichbehandlung, wenn die Kollektivvertragsparteien mit Punkt 9 lit b des Kollektivvertrags offensichtlich das Regelungsziel verfolgten, jene Arbeitgeber, die einen Gastronomiebetrieb als Nachtbetrieb führen, zur Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags zu verpflichten, nicht aber jene, die einen Gastronomiebetrieb bloß auch in den Nachtstunden geöffnet halten.
Daraus folgt, dass Gastronomiebetriebe, die bloß auch in der Nacht bzw sogar rund um die Uhr geöffnet halten, für den kollektivvertraglichen Nachtarbeitszuschlag noch kein „Nachtbetrieb“ sind. Vielmehr setzt ein solcher „Nachtbetrieb“ voraus, dass die Öffnungszeiten ausschließlich oder weitaus vorwiegend nur in die typische Nachtzeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr fallen (zur Maßgeblichkeit der Öffnungszeiten vgl auch Schrank, Leitentscheidungen der Höchstgerichte zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht (34. Lfg 2011) Besondere Arbeitszeiten – Nachtarbeitszuschlag – „Nachtbetriebe“ in der Gastronomie? ; Stupar, taxlex 2011, 423).
2. Ganz in diesem Sinne ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass der an sechs Tagen in der Woche durchgehend ab 9:30 Uhr, davon aber nur an zwei Tagen von 22:00 bis 5:00 Uhr und an einem weiteren Tag von 22:00 bis 2:00 Uhr geöffnete Betrieb der Beklagten nicht das Tatbestandselement „Nachtbetrieb“ erfüllt, weil er seine Tätigkeit weit überwiegend, und zwar in der Woche an 75 Stunden tagsüber entfaltet und bloß an 18 Stunden zur typischen Nachtzeit.
3. Dieser Beurteilung setzt der Revisionswerber nichts Stichhältiges entgegen:
3.1 In der Entscheidung 8 ObA 32/11f wurde einer Abgrenzung von Nachtbetrieben zu Betrieben, die auch in der Nacht tätig sind, nach der schwierig zu berechnenden und Schwankungen unterworfenen Frage, zu welcher Tages- oder Nachtzeit der maßgebliche wirtschaftliche Umsatz erwirtschaftet werde, ausdrücklich eine Absage erteilt. Dies erfolgte unter der Annahme, dass die Kollektivvertragsparteien eine praktisch durchführbare Regelung anstreben.
Dennoch will der Revisionswerber darauf abstellen, dass der Schwerpunkt des Betriebs der Beklagten auf den Nachtbetrieb gerichtet sei, also ein Nachtbetrieb vorliege, der auch tagsüber geöffnet habe. In dem Zusammenhang meint er, ein bloßes Abstellen auf die Öffnungszeiten würde einer Umgehung des Anspruchs auf Nachtarbeitszuschlag Tür und Tor öffnen.
Die Frage, ob eine Umgehungskonstruktion eine andere Beurteilung gebietet, stellt sich hier jedoch nicht, weil der Kläger im konkreten Fall jegliche Anhaltspunkte für eine solche schuldig bleibt.
3.2 Auch vorwiegend zwischen 22:00 und 6:00 Uhr geöffnete Betriebe können selbstredend Dienstnehmer haben, die nicht überwiegend in dieser Zeit beschäftigt sind (etwa weil sie in der Buchhaltung oder Reinigung tätig sind). Daraus, dass der Anspruch auf Nachtarbeitszuschlag nach Punkt 9 lit b des Kollektivvertrags neben dem Vorliegen eines Nachtbetriebs eine Beschäftigung des Dienstnehmers überwiegend in der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr erfordert, lässt sich daher nicht ableiten, dass unter Nachtbetrieben auch Betriebe zu verstehen sein müssten, die in erheblichem Ausmaß auch tagsüber geöffnet haben.
3.3 Letztlich argumentiert der Kläger, dass mit dem Café und Barbereich zwei getrennte Betriebsteile im Sinne des § 34 ArbVG gegeben seien. Dieser Ansicht widerspricht aber schon die Feststellung, dass die ständigen Mitarbeiter der Beklagten unter einem einheitlichen Betriebsleiter sowohl im Café als auch im Barbereich arbeiten. In welchem dieser Bereiche der Kläger tätig war, lässt er außerdem offen, sodass er selbst bei Annahme eigener Betriebe einen Anspruch nicht dargetan hätte.
4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00053.20G.0629.000 |
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