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VfGH vom 26.06.1984, B472/82

VfGH vom 26.06.1984, B472/82

Sammlungsnummer

10076

Leitsatz

Pensionsgesetz 1965; Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes nach Aufhebung des § 19 Abs 4

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bf. ist die frühere Ehefrau eines am 10. Feber 1982 verstorbenen Bundesbeamten des Ruhestandes; die Ehe war mit Urteil vom nach § 49 EheG aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden worden.

Mit Bescheid vom stellte das Bundesrechenamt unter Bezugnahme auf § 19 Abs 1, 2 und 4 erster Satz iVm. § 14 Abs 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. 340, (zuletzt geändert durch das BG BGBl. 558/1980; im folgenden: PensionsG 1965) fest, daß der Bf. Versorgungsbezug in einem betragsmäßig angeführten Ausmaß (nämlich entsprechend ihrem zuletzt gegebenen Unterhaltsanspruch auf 35 vH des Nettoeinkommens des früheren Ehemannes) gebühre. Gegen diesen Bescheid ergriff die Bf. Berufung wegen des Ausmaßes des Versorgungsbezugs; dieser gebühre ihr - ohne die erwähnte Beschränkung auf den zuletzt gegebenen Unterhaltsanspruch - in der Höhe eines Witwenversorungsgenusses. Der Bundesminister für Finanzen wies dieses Rechtsmittel jedoch mit Bescheid vom mangels der in lita des zweiten Satzes im § 19 Abs 4 PensionsG 1965 festgelegten Voraussetzung ab, daß das Scheidungsurteil einen Ausspruch nach (der mit , also erst nach dem hier maßgebenden Urteil in Kraft getretenen Bestimmung des) § 61 Abs 3 EheG enthält.

2. Gegen den Berufungsbescheid des Bundesministers für Finanzen richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH, in der die Bf. eine Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

II. Aus Anlaß (auch) dieser Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs 4 PensionsG 1965 ein und hob diese Gesetzesstelle mit Erk. G77/83, 71/84 vom als verfassungswidrig auf.

III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

Wie sich aus Art 140 Abs 7 B-VG ergibt, bewirkt die Aufhebung einer Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig für den Anlaßfall, daß sie auf ihn nicht mehr anzuwenden ist; aus welchen verfassungsrechtlichen Gründen die Aufhebung ausgesprochen wurde, ist hiefür ohne Belang. Die Beschwerdesache ist daher so zu beurteilen, als ob die aufgehobene Gesetzesstelle bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte. Demnach wäre die bel. Beh. nicht befugt gewesen, den Versorgungsbezug der Bf. im oben erwähnten eingeschränkten Ausmaß festzustellen, das ausschließlich aus der als verfassungswidrig aufgehobenen Gesetzesvorschrift herleitbar wäre. Daraus folgt, daß die Bf. durch den bekämpften Bescheid wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt wurde; der Bescheid war sohin aufzuheben.

Fundstelle(n):
AAAAE-00630