OGH vom 30.10.2001, 10ObS288/01b

OGH vom 30.10.2001, 10ObS288/01b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux und Walter Benesch (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna K*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger em., DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller, Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Bemessung der vorzeitigen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 149/01w-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 6 Cgs 81/00f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit folgender Maßgabe bestätigt:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin ab eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit in einer Höhe von monatlich S 5.603,60 zu gewähren.

Das auf Leistung einer höheren Pension gerichtete Mehrbegehren der Klägerin wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 4.058,90 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am geborene Klägerin führte von bis den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in G*****, mit einem Einheitswert von S 207.000,-- nach Überlassung durch ihren Ehegatten alleine.

Die Klägerin erwarb in der Zeit von Februar 1958 bis einschließlich Jänner 2000 insgesamt 299 für die Pensionsleistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate. Darin enthalten sind 118 Ersatzmonate für Zeiten der Kindererziehung ohne zeitliche Deckung. In dem für die Berechnung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigenden, mit begrenzten Beitragszeitram erwarb die Klägerin ab dem erstmaligen Eintritt in die Pflichtversicherung 163 Beitragsmonate.

Die Bemessungsgrundlage, die sich daraus aufgrund der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen nach entsprechender Aufwertung und Vervielfachung mit den maßgeblichen Beitragsbelastungsfaktoren ergibt, beträgt für die Zeit der Beitragsmonate S 15.699,--. Die Bemessungsgrundlage für die Zeiten der Kindererziehung beträgt S 8.312,-- (§ 14 Abs 1 BSVG iVm § 141 Abs 1 lit a sublit bb BSVG).

Mit Bescheid vom erkannte die beklagte Partei der Klägerin aufgrund ihres Antrags vom ab eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit in der monatlichen Höhe von S 5.603,60 brutto zu. Die beklagte Partei ging dabei von einer Gesamtbemessungsgrundlage von S 12.784,-- aus, die wie folgt errechnet wurde:

Bemessungsgrundlage für die Zeit der Beitragsmonate

S 15.699,-- x 181 (299 Versicherungsmonate abzüglich

118 Ersatzmonate für nicht deckende Zeiten der

Kindererziehung) S 2.841,519,00

Bemessungsgrundlage für die Zeiten der Kindererziehung

S 8.312,-- x 118 (118 nicht deckende Ersatzmonate)

S 980.816,00

S 3,822.335,00

Diese Summe der Bemessungsgrundlagen von S 3.822.335,00 geteilt durch

die 299 Versicherungsmonate ergebe eine Gesamtbemessungsgrundlage von

S 12.784,00

Unter Berücksichtigung der Steigerungspunkte

von 43,833

errechne sich eine Bruttopension von S 5.603,60

Das Erstgericht wies - ohne Bescheidwiederholung - die allein gegen die Ermittlung der Gesamtbemessungsgrundlage gerichtete Klage im wesentlichen mit der Begründung ab, dass die beklagte Partei die Pensionshöhe richtig berechnet habe. Die von der beklagten Partei vorgenommene Bildung gesonderter Bemessungsgrundlagen für die Monate der Pflichtversicherung einerseits und der Kindererziehungszeiten andererseits entspreche den Erfordernissen der §§ 113 f, 116 BSVG. Kindererziehungszeiten seien jedenfalls nicht als Beitragszeiten, sondern als Ersatzzeiten anzusehen. Lägen - wie im Fall der Klägerin - weniger als 180 Beitragsmonate vor, sei die Bemessungsgrundlage die Summe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen aus den vorhandenen Beitragsmonaten, geteilt durch die um ein Sechstel erhöhte Zahl dieser Beitragsmonate.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistungen aus der Pensionsversicherung aus der Summe der 180 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen aus dem Zeitraum vom erstmaligen Eintritt in die Versicherung bis zum Ende des letzten vor dem Stichtag oder dem Bemessungszeitpunkt gemäß § 134 BSVG liegenden Kalenderjahres, geteilt durch 210, gebildet werde. Lägen weniger als 180 Beitragsmonate vor, so sei die Bemessungsgrundlage die Summe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlgen aus den vorhandenen Beitragsmonaten, geteilt durch die um ein Sechstel erhöhte Zahl dieser Beitragsmonate. Die Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung sei dagegen gemäß § 114 Abs 1 BSVG der Richtsatz nach § 141 Abs 1 lit a sublit bb BSVG.

Die von der Klägerin gewünschte Berechnungsmethode, die auf einem "Auffüllen" der auf die 180 Beitragsmonate des § 113 BSVG fehlenden 17 Monate durch Ersatzzeiten der Kindererziehung beruhe, widerspreche der für solche Zeiten ausdrücklich vorgesehenen Bildung einer eigenen Bemessungsgrundlage nach § 114 Abs 1 BSVG, der erst danach iSd § 116 BSVG vorgesehenen Bildung einer Gesamtbemessungsgrundlage und dem § 113 Abs 3 (iVm § 107a) BSVG, wonach die Bemessungsgrundlage nach § 113 Abs 3 BSVG nicht für Zeiten der Kindererziehung anzuwenden sei. Seien Kindererziehungszeiten vorhanden, werde zunächst die Bemessungsgrundlage nach § 113 BSVG berechnet und mit der Zahl der gesamten Versicherungsmonate mit Ausnahme der Kindererziehungsmonate multipliziert. Anschließend werde die Zahl der Kindererziehungsmonate mit der gesetzlich festgelegten Kindererziehungsbemessungsgrundlage multipli- ziert. Danach seien die beiden Produkte zu addieren und durch die Zahl der gesamten Versicherungsmonate zu dividieren. Der auf volle Schilling aufgerundete Quotient sei die Gesamtbemessungsgrundlage. Somit entspreche die von der beklagten Partei vorgenommene und vom Erstgericht bestätigte Berechnungsmethode der Gesetzeslage.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Zuspruchs einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit in der Höhe von monatlich S 6.575,53 abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist zutreffend, sodass es genügt, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Klägerin steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass dadurch, dass die "besten 180 Beitragsmonate" nicht vollständig seien, die fehlenden 17 Beitragsmonate mit Kindererziehungszeiten aufgefüllt werden müssten. Damit sei ihres Erachtens folgende Berechnung anzustellen:

Beitragszeit, erhöht um ein Sechstel

S 15.699,00 x 163 Beitragsmonate S 2,558.937,00

Kindererziehungszeit, S 8.312,-- x 17 S 141.304,00

Summe der 180 höchsten Versicherungsmonate S 2,700.241,00

Daraus ergebe sich eine monatliche Bemessungsgrundlage von S 15.001,33, woraus unter Heranziehung des gekürzten Steigerungsbetrages von 43,833 % eine monatliche Pension von S 6.575,53 zu errechnen sei.

Würde man der Ansicht des Berufungsgerichts folgen, würden nach Ansicht der Klägerin Frauen, die Erziehungszeiten angerechnet bekämen, in der Berechnung der Gesamtleistung gegenüber Pensionswerbern, die keine Kindererziehungszeiten angerechnet bekämen, erheblich benachteiligt werden. Es könne nicht Absicht des Gesetzgebers sein, ungleiche Berechnungsgrundlagen für den Leistungsanspruch zu bilden, zumal nach der Grundsatzbestimmung des § 113 Abs 1 BSVG der Pensionsberechnung die "höchsten 180 Versicherungsmonate" zugrunde zu legen seien.

Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen:

Nach § 113 Abs 1 Satz 1 BSVG ist Bemessungsgrundlage für die Leistungen aus der Pensionsversicherung die Summe der 180 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen (§ 118 bzw 118a BSVG) aus dem Zeitraum vom erstmaligen Eintritt in die Versicherung bis zum Ende des letzten vor dem Stichtag oder dem Bemessungszeitpunkt gemäß § 134 BSVG liegenden Kalenderjahres. § 113 Abs 1 Satz 2 BSVG enthält eine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass weniger als 180 Beitragsmonate vorliegen: In diesem Fall ist die Bemessungsgrundlage die Summe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen aus den vorhandenen Beitragsmonaten, geteilt durch die um ein Sechstel erhöhte Zahl dieser Beitragsmonate.

Wie sich aus dem Verweis auf die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen sowie auf § 118 BSVG ergibt, werden auch in § 113 Abs 1 Satz 1 BSVG nur Beitragsmonate angesprochen, nicht aber Ersatzzeiten: Die Bemessungsgrundlage wird aus den ,besten" 180 Beitragsmonaten gebildet (A. Radner ua, Bauernsozialversicherung3, 2. Lfg [1997], § 113 Anm 1). Zeiten der Kindererziehung können nicht zu diesen Beitragsmonaten gezählt werden, da es sich bei diesen Zeiten um Ersatzzeiten handelt (§§ 107a, 107b BSVG; A. Radner ua aaO § 107a Anm 2).

Für Kindererziehungszeiten wurde mit der 18. BSVG-Novelle (51. ASVG-Novelle, 19. GSVG-Novelle) in § 114 ASVG ein starrer, von den Einkommensverhältnissen unabhängiger Betrag als Bemessungsgrundlage festgelegt, was nichts daran ändert, dass es sich bei diesen Zeiten nicht um Beitragszeiten handelt, weshalb in dem hier gegebenen Fall, dass nicht zumindest 180 Beitragsmonate erreicht wurden, § 113 Abs 1 Satz 2 BSVG eingreift.

Für weibliche Versicherte, die - wie die Klägerin - am das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, gilt bei einem Stichtag ab dem , dass beim Vorhandensein von Kindererziehungszeiten eine Gesamtbemessungsgrundlage zu bilden ist; die Pension ist ein bestimmter Prozentsatz dieser Gesamtbemessungsgrundlage, in die auch die gesetzlich festgesetzte Kindererziehungsbemessungsgrundlage einbezogen ist (§ 114 BSVG). Es ist richtig, dass die sich unter Einbeziehung von Kindererziehungsbemessungsgrundlagen ergebene Gesamtbemessungsgrundlage wegen der Erhöhung des Divisors niedriger sein kann als die "normale" Bemessungsgrundlage, wie sie sich ohne Kindererziehungsmonate ergeben würde. Auf der anderen Seite sind jedoch die Kindererziehungszeiten bei der Berechnung des Steigerungsbetrages (§ 130 BSVG) zu berücksichtigen, sodass sich - verglichen mit dem Fall des Fehlens von Kindererziehungszeiten - keine niedrigere Pensionshöhe ergibt. Die von Buchta ("Pensionskürzung" durch Anrechnung von Kindererziehungszeiten, ZAS 1993, 121) aufgezeigten Fälle, in denen es zu einer Verringerung der Pensionshöhe durch die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten kam, wurden mit der 52. ASVG-Novelle, BGBl 1994/20, bzw der 19. BSVG-Novelle, BGBl 1994/22, beseitigt (siehe insbesondere Marek, Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung, DRdA 1995, 227 [229, 232]).

Da die beklagte Partei und die Vorinstanzen die Pensionshöhe gesetzeskonform berechnet haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen. Der Bescheid vom ist durch die Klagserhebung außer Kraft getreten, weshalb die darin von der beklagten Partei zuerkannte Leistung in den Urteilsspruch aufzunehmen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Obzwar die Klägerin mit ihrer Revision nicht mehr erreichte als seinerzeit die beklagte Partei in ihrem Bescheid zugesprochen hatte, war die Einbringung der Revision im Ergebnis notwendig, da aufgrund dieses Rechtsmittels der urteilsmäßige Zuspruch der bereits im Bescheid der beklagten Partei zuerkannten Leistung erfolgte (SSV-NF 3/31, 7/46).