OGH vom 22.10.2002, 10ObS287/02g

OGH vom 22.10.2002, 10ObS287/02g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gottfried Winkler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karin S*****, vertreten durch Mag. Irene Haase, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16, 3101 St. Pölten, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Wochengeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 7/02d-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cgs 132/01z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei für den Zeitraum 1. 4. bis ein weiteres Wochengeld von täglich EUR 13,17, insgesamt daher EUR 1.527,72 zu bezahlen und die mit EUR 678,03 (darin EUR 112,47 Umsatzsteuer und EUR 3,20 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit EUR 437,08 (darin EUR 72,85 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 300,10 (darin EUR 50,02 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erzielte im Dezember 2000 kein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit. Seit steht sie in einem unbefristeten Dienstverhältnis zu DI Georg Peitl in Deutsch-Wagram. Ihr Monatsverdienst beträgt S 19.000,-- (EUR 1.380,78) brutto bzw S 13.931,50 (EUR 1.012,44) netto zuzüglich zweier Sonderzahlungen jährlich. Von bis bezog die Klägerin S 27.863,-- (EUR 2.024,88) netto, vom 1. 3. bis S 3.634,-- (EUR 264,09) netto. Ab befand sich die Klägerin im vorzeitigen Mutterschutz ohne Entgeltfortzahlung. Der Klägerin wurde aufgrund eines ärztlichen Zeugnisses des arbeitsinspektionsärztlichen Dienstes für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit ihres Kindes die Weiterbeschäftigung verboten. Errechneter Geburtstermin war der . Die Tochter der Klägerin wurde am geboren. Unstrittig ist, dass bei Heranziehung eines Beobachtungszeitraums vom bis das Wochengeld S 362,22 (EUR 26,32) pro Kalendertag, bei Heranziehung eines Beobachtungszeitraums vom bis zumindest S 543,33 (EUR 39,49) pro Kalendertag beträgt.

Mit Bescheid vom hat die beklagte Partei der Klägerin anlässlich des Versicherungsfalles der Mutterschaft das Wochengeld vom bis in der Höhe von S 362,22 (EUR 26,32) für den Kalendertag zuerkannt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin unter Anrechnung des bereits aus dem Titel des Wochengeldes geleisteten Betrages einen weiteren Betrag an Wochengeld in Höhe von S 25.355,40 (EUR 1.842,65) für den Zeitraum bis zu zahlen, ab. Der Gesetzgeber habe mit der Novellierung des § 120 ASVG mit der 50. ASVG-Novelle, BGBl 1991/676, klar gestellt, dass der Versicherungsfall der Mutterschaft im Falle eines Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs 3 MSchG mit dessen Beginn als eingetreten gelte, somit mit . Entgegen der früheren Rechtsprechung (SSV-NF 4/19, 4/131, 5/32) habe der Gesetzgeber mit der 50. ASVG-Novelle auch den Beobachtungszeitraum in § 162 ASVG dahin präzisiert, dass unzweifelhaft die letzten 13 Wochen vor Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft heranzuziehen seien. Da die Klägerin nach Kalendermonaten bezahlt worden sei, habe die beklagte Partei zutreffend den Zeitraum bis für die Bemessung herangezogen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. In rechtlicher Hinsicht führte es ua aus, dass der novellierte § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG klar auf den zurückzurechnenden Zeitraum vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft abstelle, weshalb die frühere Judikatur nicht zum Tragen komme. Der Bemessungszeitraum reiche daher bis zum zurück.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (RIS-Justiz RS0085788); sie ist auch teilweise berechtigt.

In der Revision wiederholt die Klägerin ihren Standpunkt, dass ungeachtet des Eintritts des Versicherungsfalles mit der Beobachtungszeitraum zur Ermittlung des Durchschnittsverdienstes gemäß § 162 Abs 3 ASVG immer vom Beginn der achtwöchigen Schutzfrist vor der voraussichtlichen oder tatsächlichen Entbindung zurückzurechnen sei. Mit der 50. ASVG-Novelle sei diese Rechtslage nicht verändert, sondern nur als Selbstverständlichkeit klar gestellt worden. Nur auf diese Weise könne die Gleichbehandlung von Schwangeren, die wegen einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit ihrer selbst oder ihres Kindes nicht weiter beschäftigt werden dürfen, mit solchen Schwangeren, bei denen dies nicht zutreffe, gewährleistet werden. Folgte man der Ansicht der Vorinstanzen, käme es aber gerade zu einer solchen Ungleichbehandlung: Eine andere Schwangere, die ebenfalls am zu arbeiten begonnen hätte und die ihre Beschäftigung bis tatsächlich ausüben hätte können, hätte beim selben Geburtstermin () und demnach Beginn der Schutzfrist Anspruch auf Wochengeld auf Basis der Monate Jänner, Februar und März 2001. Die Klägerin dagegen soll - da sie nur bis arbeiten hätte dürfen - Wochengeld auf Basis der Monate Dezember, Jänner und Februar erhalten, was sich wegen ihrer Einkommenslosigkeit im Dezember 2000 finanziell mit einem 33 % niedrigeren Wochengeld auswirke. Die Unzulässigkeit der Unterscheidung zeige sich noch drastischer bei einem Vergleich mit einer Schwangeren, die bei ansonsten gleichem Sachverhalt von bis wegen identer Schwangerschaftsprobleme nicht im vorzeitigen Mutterschutz, sondern bloß im Krankenstand gewesen wäre:

Auch bei dieser Schwangeren wäre - bei regulärem Beginn der Achtwochenfrist am - der Bemessungszeitraum zweifellos jener von 1. 1. bis . Eine allfällige Einkommensminderung wegen des Krankenstandes im Zeitraum 8. 3. bis würde nicht schaden, da diese Zeit gemäß § 162 Abs 3 lit b ASVG bei der Bemessung außer Betracht zu bleiben habe. Darüber hinaus werde übersehen, dass der Gesetzgeber mit der 55. ASVG-Novelle durch Änderung des § 162 Abs 3 lit b ASVG ausdrücklich die Gleichstellung von Zeiten des Bezuges von vorzeitigem Wochengeld mit solchen des Krankengeldbezuges angeordnet habe. Wenn aber Zeiten des Bezuges von "vorzeitigem" Wochengeld seither bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht zu bleiben hätten, könne dies nichts anderes bedeuten als dass ebendiese Zeiten an sich innerhalb des Beobachtungszeitraumes gelegen sein müssten. Andernfalls wäre die Anordnung eben derselben Zeiten durch das Gesetz überflüssig. Zusammengefasst könne in der Änderung des § 120 ASVG im Zuge der 50. ASVG-Novelle keinesfalls eine Absage an die frühere Judikatur zum Beginn des Beobachtungszeitraums nach § 162 Abs 3 ASVG erblickt werden. Ausgehend von der eindeutigen Bestimmung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG müsse der Wortlaut des § 162 Abs 3 ASVG teleologisch dahin reduziert werden, dass im Falle des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 3 MSchG die Berechnung des Wochengeldes nicht nach den letzen drei Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles, sondern nach den letzten drei Kalendermonaten vor Eintritt der achtwöchigen Schutzfrist vor der voraussichtlichen Entbindung zu erfolgen habe.

Dazu hat der Senat erwogen:

Das Wochengeld soll einen Ersatz für den im Zusammenhang mit der Entbindung stehenden Verlust des Arbeitsverdienstes darstellen (Initiativantrag zur 9. ASVG-Novelle, 517 BlgNR 9. GP 75). Der Gesetzgeber entschied sich dabei aber für das Durchschnittsprinzip, das vergangene Werte berücksichtigt, und nicht für das Ausfallsprinzip, das die in Zukunft voraussichtlich zu erwartende Entwicklung in Rechnung stellt (vgl Löschnigg, Wochengeldberechnung unter Berücksichtigung von Probelehrzeiten, DRdA 1982, 393 [395 bei FN 22]; Binder in Tomandl, SV-System 14. ErgLfg 264/4). Er nimmt daher in Kauf, dass die Versicherte trotz des Wochengeldes einen Verdienstausfall erleiden kann (SSV-NF 4/19, 4/131). Bis vor der 50. ASVG-Novelle galt der Versicherungsfall der Mutterschaft nach § 120 Abs 1 Z 3 ASVG (idF BGBl 1987/609) als eingetreten "mit dem Beginn der achten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung; wenn aber die Entbindung vor diesem Zeitpunkt erfolgt, mit der Entbindung; ist der Tag der voraussichtlichen Entbindung nicht festgestellt worden, mit dem Beginn der achten Woche vor der Entbindung." § 162 Abs 1 ASVG sah dagegen bereits ab der 11. ASVG-Novelle (BGBl 1963/184) einen Wochengeldbezug für die Dauer eines individuellen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 3 MSchG vor. Nach § 162 Abs 3 ASVG in der Fassung BGBl 1986/111 und BGBl 1990/408, also vor der 50. ASVG-Novelle, wurde das Wochengeld nach dem durchschnittlich in den letzten 13 Wochen bzw letzten drei Kalendermonaten gebührenden Arbeitsverdienst bemessen.

In seinen Entscheidungen vom , 10 ObS 216/90(SSV-NF 4/131) und vom , 10 ObS 65/91(SSV-NF 5/32), hat der Oberste Gerichtshof darauf hingewiesen, dass es wohl einem Versehen des Gesetzgebers entspringe, dass § 120 Abs 1 Z 3 ASVG nicht an die seit der 11. ASVG-Novelle bestehende Möglichkeit eines Wochengeldbezuges während eines individuellen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 3 MSchG angepasst wurde. Der Oberste Gerichtshof hob hervor, dass eine Versicherte bei der Bemessung der Höhe des Wochengeldes durch ein individuelles Beschäftigungsverbot nicht anders gestellt werden dürfe als eine Versicherte, deren Anspruch auf Wochengeld nur während des generellen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 1 MSchG bestehe. Der 13-wöchige Beobachtungszeitraum sei daher - entsprechend der Rechtslage vor der 11. ASVG-Novelle - immer vom Beginn der generellen Schutzfrist zurückzurechnen. Soweit die Versicherte während dieser Zeit wegen eines individuellen Beschäftigungsverbotes kein Arbeitsentgelt, sondern Wochengeld bezogen habe, sei für die Bemessung von jenem Arbeitsverdienst auszugehen, auf den sie Anspruch gehabt hätte.

Mit der 50. ASVG-Novelle (BGBl 1991/676) wurde in § 120 Abs 1 Z 3 ASVG folgender Satz angefügt: "Darüber hinaus gilt der Versicherungsfall der Mutterschaft bei Dienstnehmerinnen und Bezieherinnen einer Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 in jenem Zeitpunkt und für jenen Zeitraum als eingetreten, in dem diese auf Grund besonderer Vorschriften des Mutterschutzrechtes im Einzelfall auf Grund des Zeugnisses eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes nicht beschäftigt werden dürfen, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre."

In den Erläuternden Bemerkungen (RV 284 BlgNR 18. GP 28) wird dazu ausgeführt, dass es sich bei dieser Ergänzung lediglich um eine Klarstellung handelt, die sich aufgrund von Erfahrungen in der Vollzugspraxis im Interesse der Versicherten als erforderlich erwiesen habe, um allfällige Zweifel daran auszuschließen, dass bei Vorliegen eines Beschäftigungsverbots iSd § 3 Abs 3 MSchG für werdende Mütter grundsätzlich ein Anspruch auf Wochengeld bestehe. Im Übrigen wird ein Zusammenhang mit den Änderungen des § 157 erster Halbsatz und des § 162 Abs 1 Satz 3 ASVG hergestellt.

§ 157 erster Halbsatz ASVG lautete in der Fassung der 50. ASVG Novelle: "Der Versicherungsfall der Mutterschaft umfaßt den nach seinem Eintritt (§ 120 Abs. 1 Z 3) liegenden Zeitraum der Schwangerschaft". Der dritte Satz in § 162 Abs 1 ASVG wurde folgendermaßen geändert: "Über die vorstehenden Fristen vor und nach der Entbindung hinaus gebührt das Wochengeld ferner für jenen Zeitraum, während dessen Dienstnehmerinnen und Bezieherinnen einer Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 auf Grund besonderer Vorschriften des Mutterschutzrechtes im Einzelfall auf Grund des Zeugnisses eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes nicht beschäftigt werden dürfen, weil Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre."

In den Erläuternden Bemerkungen (RV 284 BlgNR 18. GP 31) wird die Änderung in § 157 ASVG als lediglich der Klarstellung dienend und in einem sachlichen Zusammenhang mit der Änderung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG stehend begründet. Ebenso wird bei der Änderung des § 162 Abs 1 ASVG ein sachlicher Zusammenhang mit der Änderung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG hergestellt. Der Begründung der ebenfalls mit der 50. ASVG-Novelle vorgenommenen Änderung des § 162 Abs 3 ASVG wird vorangestellt, dass "nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei der Auslegung und Anwendung des § 162 Abs. 3 ASVG unter den letzten drei Kalendermonaten die letzten drei vollen Kalendermonate vor dem Beginn des Anspruches auf Wochengeld zu verstehen sind und daß der in diesem Beobachtungszeitraum gebührende Arbeitsverdienst durch die Zahl aller hineinfallenden Kalendertage und nicht nur durch die Zahl der tatsächlichen Beschäftigungstage zu teilen ist (so zB OGH 10 Ob S 356/88 vom )." (RV 284 BlgNR 18. GP 32). Da diese Rechtsprechung zu einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Härtefall führte, wenn vor dem Kalendermonat des Eintritts des Versicherungsfalls nicht mindestens ein Kalendermonat des Bezuges eines Arbeitsverdienstes lag, wurde in § 162 Abs 3 ASVG ein neuer Satz 2 aufgenommen, wonach in diesem Sonderfall der im Kalendermonat des Eintritts des Versicherungsfalls gebührende Arbeitsverdienst für die Bemessung des Wochengelds maßgeblich ist. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 284 BlgNR 18. GP 32) bewirken "geringfügige weitere Änderungen des bisherigen Gesetzeswortlautes ... keine weiteren inhaltlichen Änderungen, sondern lediglich textliche Bereinigungen und Klarstellungen." Dies bezieht sich offenbar auch auf die Änderung in § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG, in dem für die Bemessung nun ausdrücklich auf den in den letzten 13 Wochen bzw in den letzten drei Kalendermonaten "vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft" gebührenden Arbeitsverdienstes abgestellt wurde.

Mit der 55. ASVG-Novelle (BGBl I 1998/138) wurden § 120 Abs 1 Z 3 und § 162 Abs 1 ASVG dahin geändert, dass jeweils auch Bezieherinnen einer Leistung nach dem Karenzgeldgesetz (KGG) sowie Versicherte gemäß § 43 Abs 2 KGG einbezogen wurden. In den Gesetzesmaterialien wird die Änderung mit einer Anpassung an das Karenzgeldgesetz begründet (RV 1234 BlgNR 20. GP 30).

Weiters wurde mit der 55. ASVG-Novelle § 162 Abs 3 lit b ASVG geändert. Blieben nach der vorher geltenden Fassung für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes in dem dafür maßgeblichen Zeitraum "Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat" außer Betracht, wurden mit der Novelle auch "Zeiten, während derer die Versicherte infolge ... eines mutterschutzrechtlichen

Beschäftigungsverbotes ... nicht das volle Entgelt bezogen hat,"

einbezogen. Die Erläuternden Bemerkungen (RV 1234 BlgNR 20. GP 32 f) führen dazu aus: "Gemäß § 162 Abs. 3 lit. b ASVG sind Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit (oder Kurzarbeit) nicht das volle Entgelt bezogen hat, nicht in den dreizehnwöchigen bzw. dreimonatigen Beobachtungszeitraum zur Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, nach dem sich das Wochengeld bemißt, einzubeziehen. Dadurch erhöht sich das Wochengeld, weil sich der Divisor (= Zahl der Kalendertage innerhalb des Beobachtungszeitraumes), durch den der Arbeitsverdienst zu teilen ist, (um diese in Tagen auszudrückenden Zeiten) entsprechend verringert. Nicht auf einer Krankheit beruhende Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (etwa auf Grund des § 3 Abs 3 des Mutterschutzgesetzes), in denen bereits Wochengeld bezogen wurde, müssen hingegen nach geltender Rechtslage in den Beobachtungszeitraum einbezogen werden. Diese unterschiedliche Behandlung von Wochen- und Krankengeldbezug soll durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 162 Abs 3 lit b ASVG (Berücksichtigung auch der Zeiten eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes) beseitigt werden."

Unzweifelhaft besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen § 120 Abs 1 Z 3 und § 162 ASVG. Dieser wird nicht nur in den Gesetzesmaterialien immer wieder betont, sondern kommt auch im Gesetzeswortlaut durch die Bezugnahme auf den (in § 120 Abs 1 Z 3 ASVG definierten) Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft in § 162 Abs 3 ASVG zum Ausdruck. Die Ergänzung des § 120 Abs 1 Z 3 ASVG durch die 50. ASVG-Novelle um den Fall des individuellen Beschäftigungsverbots stellt im Zusammenhang mit § 162 Abs 3 ASVG klar, dass für die Bemessung des für die Dauer des individuellen Beschäftigungsverbots gebührenden Wochengelds der Beobachtungszeitraum vom Eintritt des individuellen Beschäftigungsverbots zurückzurechnen ist.

Wie der Oberste Gerichtshof in den oben bereits zitierten Entscheidungen SSV-NF 4/131 und 5/32 zum Ausdruck gebracht hat, darf eine Versicherte bei der Bemessung der Höhe des während des generellen Beschäftigungsverbotes gebührenden Wochengeldes nicht im Hinblick auf ein individuelles Beschäftigungsverbot anders gestellt werden als eine Versicherte, deren Anspruch auf Wochengeld nur während des generellen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs 1 MSchG besteht. Dass eine solche Verschiedenbehandlung vom Gesetzgeber der 50. ASVG-Novelle beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Vielmehr ist im Fall eines "durchgehenden" Beschäftigungsverbotes (zuerst nach § 3 Abs 3 MSchG, dann nach § 3 Abs 1 MSchG) davon auszugehen, dass im Rahmen des Versicherungsfalls der Mutterschaft voneinander zu unterscheidende Ansprüche auf Wochengeld ausgelöst werden, je nachdem, ob die Schwangere dem individuellen oder dem generellen Beschäftigungsverbot unterliegt. Für diese Interpretation spricht auch der - wenn auch eher seltene - Fall, dass eine Schwangere eine gewisse Zeit einem individuellen Beschäftigungsverbot unterliegt, sodann aber während der Schwangerschaft ihre Beschäftigung wieder aufnehmen kann. In diesem Fall erwirbt die Schwangere mit dem Beginn des generellen Beschäftigungsverbotes einen neuerlichen Anspruch auf Wochengeld; bei der Bemessung der Höhe des Wochengeldes bleiben dabei entsprechend § 162 Abs 3 lit b ASVG in der seit der 55. ASVG-Novelle geltenden Fassung die Zeiten eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes im 13-wöchigen bzw dreimonatigen Bemessungszeitraum unberücksichtigt, was eine Neuberechnung der Höhe des Wochengeldes nahelegt.

In diesem Sinn ist zu differenzieren: Für die Dauer des individuellen Beschäftigungsverbotes ab gebührt der Klägerin unter Heranziehung des Beobachtungszeitraums vom bis ein Wochengeld von S 362,22 (EUR 26,32) pro Kalendertag. Für dessen Berechnung ist der im Bemessungszeitraum vom bis erzielte Nettoarbeitsverdienst von S 27.863,-- durch die Gesamtanzahl der Kalendertage des Bemessungszeitraums, das sind 90, zu teilen. Der Quotient ist um 17 % für Sonderzahlungen auf S 362,22 (EUR 26,32) zu erhöhen (§ 162 Abs 4 ASVG).

Ab dem Beginn der achten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung (Beginn des generellen Beschäftigungsverbotes) ist eine Neubemessung des Wochengelds iSd § 162 Abs 3 ASVG erforderlich. Errechneter Geburtstermin war der ; das generelle Beschäfigungsverbot begann daher am . Maßgeblicher Bemessungszeitraum ist danach der Zeitraum von 1. 1. bis . Dieser Zeitraum umfasst 90 Tage, wovon 24 Tage (8. 3. - ) im Hinblick auf das individuelle Beschäftigungsverbot außer Betracht zu bleiben haben. In diesem 90-tägigen Zeitraum hat die Klägerin ein Gesamteinkommen von S 31.497,-- erzielt. Geteilt durch 66 ergibt sich ein Quotient von S 477,23, der um 17 % zu erhöhen ist, sodass sich das tägliche Wochengeld mit S 558,36 (EUR 40,58) errechnet. Die Klägerin hat allerdings lediglich den Zuspruch eines täglichen Wochengelds von S 543,33 (EUR 39,49) beantragt. Für den Zeitraum von bis (116 Tage) ergibt sich daher ein noch offener Anspruch der Klägerin von EUR 1.527,72 (die Subtraktion der bereits bezahlten EUR 26,32 täglich von den zustehenden EUR 39,49 täglich ergibt eine Differenz von EUR 13,17; diese Differenz ist mit 116 zu multiplizieren).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Bemessungsgrundlage ist der ersiegte Betrag von EUR 1.527,72 (S 21.021,89).