OGH vom 21.05.2007, 8Ob36/07p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek, Dr. Glawischnig und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helfried E*****, vertreten durch Hajek & Boss & Wagner Rechtsanwälte OEG in Neusiedl am See, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 42.974,34 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 181/06a-17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 27 Cg 56/06p-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 42.974,34 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 5.918,40 bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 7.622,10 (darin EUR 4.090 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei war Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1147 KG N*****, auf der das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft früher eine höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau betrieben hatte. Sie verkaufte diese Liegenschaft mit Vertrag vom der Stadtgemeinde N*****, die sie unverzüglich an den Kläger weiterveräußerte. Der Kaufpreis war für Grünland sehr hoch. Der Kläger hatte bereits die Vertragsverhandlungen mit der beklagten Partei für die Stadtgemeinde N***** geführt. Zweck des Erwerbs war die Umwidmung in Bauland und die Errichtung von Wohnhäusern. Die Stadtgemeinde N***** wurde nur deshalb zwischengeschaltet, um eine sonst notwendige öffentliche Ausschreibung zu vermeiden. Sowohl die beklagte Partei als auch die Stadtgemeinde N***** als Verkäufer erklärten „für das ausgewiesene Ausmaß, nicht jedoch für eine bestimmte Beschaffenheit des Vertragsobjekts, wohl aber dafür (zu haften), dass dieses von allen in diesem Vertrag nicht ausdrücklich übernommenen Lasten, „insbesondere Pfandrechten, Dienstbarkeiten, Reallasten und Besitzrechten Dritter vollkommen frei" sei. Die beklagte Partei sowie die Stadtgemeinde N***** als Verkäuferinnen garantierten in beiden Verträgen (mit Ausnahme einer bestimmten näher bezeichneten Dienstbarkeit) „die vollkommen lastenfreie Übereignung dieses Vertragsobjekts hinsichtlich aller bücherlichen und auch außerbücherlichen Belastungen, insbesondere in Ansehung bevorrechteter Forderungen öffentlicher Gebietskörperschaften oder von Versorgungsunternehmen". In beiden Verträgen erklärten die jeweiligen Käufer, nämlich die Stadtgemeinde N***** und der Kläger „Beschaffenheit und Wert, sowie die örtlichen Grenzen und den Stand der baulichen Aufschließung des Vertragsobjekts ordnungsgemäß zu kennen und auf jede daraus resultierende Gewährleistung zu verzichten" (Hervorhebung durch den OGH). Die Verkäuferin hafte „jedoch ausdrücklich nicht für eine bestimmte Verwendungsmöglichkeit oder Ertragsfähigkeit." Vereinbarungsgemäß obliege es „ausschließlich der Käuferin (dem Käufer), die Verwendung und Verwertung dieser Vertragsliegenschaft auf eigene Kosten selbst zu bestimmen".
Zwischen den Streitteilen bzw den Vertretern der Stadtgemeinde N***** wurde nie über Haftung, Gewährleistung, Lasten, Mängel odgl gesprochen. Für die Beteiligten war dies deshalb nicht wichtig, weil alle davon ausgingen, dass auf dem Gelände einer Gärtnerei „nichts sein könne". Weder die beklagte Partei noch die Stadtgemeinde sagten Kontaminationsfreiheit ausdrücklich zu.
Die auf der Liegenschaft betriebene Versuchsanstalt für Gartenbau war ursprünglich mit Öl beheizt worden. Zu diesem Zweck befand sich ein Öltank im Erdreich der Liegenschaft, der bis zu seiner Stilllegung 1992 bzw 1993 regelmäßig befüllt worden war. Bei Stilllegung war der Tank geleert und mit Magerbeton verfüllt worden. Der Tank war zwar dicht, jedoch war es durch Überfüllungen beim Betanken im Lauf der Jahre zur Kontamination des um den Tank, insbesondere den Einfüllstutzen, befindlichen Erdreichs gekommen. Insgesamt waren ca 275 t Erdreich kontaminiert, was ca 120 bis 130 m³ bzw einer Fläche von 33 m², die teilweise bis zur Tiefe von 5,5 m kontaminiert war, entsprach. Aufgrund des Umstandes, dass nur 1 l Öl ca 10.000 l Trinkwasser verseuchen kann, lag ein großes Gefahrenpotenzial vor. Die Messwerte überschritten die zulässigen massiv.
Es gab von außen keinerlei Hinweise auf eine Kontamination der Liegenschaft. Kein im Zug des Vertragsabschlusses tätiger Vertreter der beklagten Partei hatte Kenntnis von einer Kontamination. Bei Kenntnis vom Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks wäre einem Fachmann die Kontamination leicht erkennbar gewesen. Der für die Abwicklung des Verkaufs zuständige Vertreter der beklagten Partei wusste nichts davon, dass sich auf der Liegenschaft ein Öltank befand. Die beklagte Partei hatte vor dem Verkauf der Liegenschaft ein Wertvorstellungsgutachten über den Zustand der Liegenschaft eingeholt. In diesem fand sich der Passus „Hinweise auf Bodenkontamination konnten im Zug der Erhebungen nicht gemacht werden". Dieses Gutachten war für die beklagte Partei nur für die wertbestimmenden Momente relevant. Der damals tätige Sachverständige wusste nichts vom Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks im Erdreich der Liegenschaft. Auch andere Vertreter der beklagten Partei, insbesondere auch der Direktor der auf der Liegenschaft betriebenen Versuchsanstalt, wussten nichts vom Öltank. Ein lang auf der Liegenschaft tätiger Mitarbeiter der beklagten Partei war jedoch von diesem Öltank in Kenntnis. Der Öltank war auch von außen nicht sichtbar. Zu sehen waren nur Befülldeckel. Weder der Kläger noch Vertreter der Stadtgemeinde N***** hatten vom Öltank Kenntnis. Wäre der Kläger vor Vertragsabschluss vom Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks informiert worden, hätte er einen Sachverständigen geholt und das Erdreich überprüfen lassen. Wären dann Kontaminationen festgestellt worden, hätte er so verhandelt, dass die Entsorgungskosten vom Kaufpreis abgezogen worden wären.
Im Jahr 2005 beauftragte der Kläger eine Transportfirma mit Abbrucharbeiten auf der Liegenschaft. Bei Entfernung der Fundamente stieß ein Fahrer auf einen Öltank im Erdreich und bemerkte, dass dieses um den Tank verunreinigt war. Der Kläger wusste frühestens Mitte Juni 2005, dass das Erdreich der Liegenschaft teilweise kontaminiert war. Nach Kenntnis von der Kontamination beauftragte er ein Unternehmen mit der Beseitigung des kontaminierten Erdreichs. Der Kläger zahlte dafür (angemessene) EUR 40.478,84. Weiters zahlte er im Zusammenhang mit der Beseitigung der Kontamination (angemessene) EUR 335,50. Aufgrund der Kontamination der Liegenschaft schritt nie eine Behörde ein, insbesondere gab es diesbezüglich nie behördliche Aufträge. Der Kläger setzte Maßnahmen zur Beseitigung der Kontamination in der Form, in der eine einschreitende Behörde Auflagen erteilt hätte.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei Entsorgungskosten von EUR 42.974,34 sA. Im Zuge der Bauarbeiten habe sich überraschend herausgestellt, dass ein Teil des Erdreichs mit Öl kontaminiert gewesen sei, wodurch ihm Entsorgungskosten in Höhe des Klagsbetrags entstanden seien. Die Beklagte habe ihm die Kosten zu ersetzen, weil mit der vertraglich vereinbarten Lastenfreiheit die Freiheit von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Lasten gemeint sei. Eine Ölkontamination sei eine solche Last, weil eine Entsorgungsverpflichtung gemäß Abfallwirtschaftsgesetz bestehe. Die Kontamination sei auf einen aufgelassenen Öltank zurückzuführen, von dem die Beklagte gewusst habe. Dass die den Vertrag auf Seiten der Beklagten abschließenden Organe darüber nicht Bescheid gewusst hätten, begründe ein Organisationsverschulden der Beklagten. Sie habe überdies die Freiheit von Kontamination zugesagt.
Die beklagte Partei bestritt und wendete Verzicht auf Gewährleistung ein. Die vereinbarte Lastenfreiheit betreffe nur bücherliche und außerbücherliche Lasten. Die Beklagte treffe kein Verschulden, zumal sie von der Ölkontamination nichts gewusst habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der Ausschluss der Gewährleistung für bestimmte Eigenschaften oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjekts gelte nicht für die gemäß § 922 ABGB im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Die Freiheit einer Liegenschaft von Kontaminationen wie der vorliegenden, gehöre zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften einer zum Zweck der Bebauung gekauften Liegenschaft. Der Verkäufer habe den Käufer bereits über das Vorhandensein von Verdachtsgründen betreffend Bodenkontaminationen aufzuklären. Es könne dahingestellt bleiben, ob Kontaminationen unter die Begriffe „Lasten" bzw „Belastungen" fallen oder ob damit nur rechtliche Belastungen bzw Lasten gemeint seien. Der Gewährleistungsverzicht betreffe hier nämlich nur offene Mängel. Der Kläger begehre aber ausschließlich die Kosten der Beseitigung des kontaminierten Erdreichs und mache damit Schadenersatzansprüche geltend. Diese setzten gemäß § 933a ABGB nicht nur rechtswidriges, sondern auch schuldhaftes Verhalten voraus. Ob der Veräußerer schadenersatzpflichtig werde, richte sich nach den §§ 1295 ff ABGB. Die Kausalität resultiere hier aus der Veräußerung, die Rechtswidrigkeit aus der Vertragsverletzung bzw der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Das Verschulden liege in der Nichtaufklärung über den Mangel betreffende „Verdachtsgründe" trotz Kenntnis oder Kennenmüssens bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit. Es gelte grundsätzlich die allgemeine Beweislastregel des § 1296 ABGB, wonach der Kläger nicht nur zu behaupten und zu beweisen habe, dass ein Schaden vorliege, sondern auch, dass den Beklagten daran ein Verschulden treffe. Lediglich dann, wenn der Mangel(folge)schaden auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Veräußerers zurückzuführen sei, trete eine Umkehr der Beweislast im Sinn des § 1298 ABGB ein. Das objektiv fehlerhafte Verhalten liege hier bereits in der Vertragsverletzung, indem der Beklagte vertragswidrig ohne insoweit rechtswirksamen Gewährleistungsverzicht ein mangelhaftes Grundstück übergeben habe. Eine Aufklärungspflicht und damit letztendlich die Beweislastumkehr trete dann nicht ein, wenn der Mangel auch einem Fachmann nicht leicht erkennbar sei. Hier habe eine Aufklärungspflicht über das Vorhandensein des stillgelegten Öltanks bestanden. Die beklagte Partei bzw ihr Organwalter/Vertreter hätten als Betreiber der Gärtnerei vom Vorhandensein des Öltanks Kenntnis haben müssen. Dass kein in die Vertragsverhandlungen involvierter Organwalter tatsächlich Kenntnis gehabt habe, sei der Beklagten als Fahrlässigkeit anzulasten. Ein redlicher Verkäufer hätte als Betreiber der Gärtnerei Kenntnis vom Öltank gehabt und den Käufer auch darüber aufgeklärt. Im Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks liege ein ausreichender Verdachtsgrund betreffend Bodenkontaminationen. Die Berufung auf ein Wertgutachten entschuldige die beklagte Partei nicht, da ein redlicher Verkäufer den Sachverständigen vom Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks auf der Liegenschaft informiert hätte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und ließ die Revision zu.
Der Berufungswerberin sei zunächst dahin beizupflichten, dass aus der in beiden Verträgen vereinbarten Verpflichtung zur lastenfreien Übergabe der Liegenschaft für den Kläger nichts zu gewinnen sei. Derartige Klauseln kämen in dieser oder ähnlicher Form typischerweise in zahlreichen Kaufverträgen über Liegenschaften vor und betreffen nach allgemeinem Verständnis „Lasten" im Sinn des § 443 ABGB, also privatrechtliche Lasten im Sinn von Beschränkungen des Eigentumsrechts sowie öffentlich-rechtliche Lasten, deren Verpflichtung zur Übernahme sich aus den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergebe, nicht aber Sachmängel. Die Kontaminierung des Erdreichs einer Liegenschaft sei aber ein Sachmangel. Von einer öffentlich-rechtlichen Last könne in diesem Zusammenhang nur dann gesprochen werden, wenn bereits im Zeitpunkt des Eigentumserwerbes ein behördlicher Entsorgungsauftrag bestanden hätte (vgl 7 Ob 562/94). Dass Bodenkontaminationen auch als „Altlasten" bezeichnet werden, sei kein ausreichendes Indiz für die Annahme, die Parteien hätten hier mit der üblichen die Lastenfreistellung betreffenden Klausel auch einen solchen Sachmangel gemeint.
Werde die Haftung für bestimmte Eigenschaften oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjekts ausgeschlossen, nicht aber für die gemäß § 922 ABGB im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften, erfasse ein solcher Gewährleistungsausschluss jedenfalls massive Kontaminationen einer Liegenschaft, die zum Zweck der Errichtung eines Hauses verkauft wurde, nicht. Nichts anderes könne im vorliegenden Fall gelten. Dass hier „nur" 33 m² von insgesamt über 48.000 m² der Liegenschaft kontaminiert gewesen seien - dies allerdings bis zu einer Tiefe von mehreren Metern - vermöge daran nichts zu ändern. Die Kontaminierung sei in ihrer Intensität jedenfalls so massiv gewesen, dass eine Entsorgung geboten gewesen sei. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob schon ein Haus auf der Liegenschaft errichtet worden sei, weil dies ganz offenkundig nur wegen der unverzüglichen Entsorgung möglich gewesen sei.
Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass die klagsgegenständlichen Mängelbeseitigungskosten aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt werden, was ein Verschulden der beklagten Partei voraussetze. In Betracht komme hier lediglich eine Verletzung ihrer vorvertraglichen Aufklärungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung bestehe zwar keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entschließung einen Einfluss haben könnten, doch sei sie dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten durfte. Während der Oberste Gerichtshof in 10 Ob 2066/96p eine Aufklärungspflicht des Grundstückverkäufers offenbar nur dann angenommen habe, wenn dieser definitiv von einer konkreten Kontaminierung gewusst habe und den bloßen Verdacht einer möglichen Kontaminierung aufgrund einer bestimmten Vornutzung als keine Aufklärungspflicht des Verkäufers begründend gewertet habe, habe er noch in 7 Ob 562/94 gemeint, dass die Annahme einer Schadenersatzverpflichtung zumindest ein Kennenmüssen, also Fahrlässigkeit voraussetze, um daraus das erforderliche Verschulden abzuleiten. In 5 Ob 104/99a setze der Oberste Gerichtshof an den Verkäufer eines kontaminierten Grundstücks strengere Anforderungen und verlange bereits eine Aufklärung des Käufers über das Vorhandensein von Verdachtsgründen. Für die Aufklärungspflicht bei bloßer Verdachtslage plädiere auch Pilgerstorfer (ÖJZ 2001, 373) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH und mit ausführlichen Literaturhinweisen. Der Umstand, dass die beklagte Partei nichts von der Kontaminierung des Erdreichs gewusst habe, vermöge sie nicht zu exkulpieren. Da das Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks, von dem nur die Beklagte Kenntnis gehabt habe bzw hätte haben müssen, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Kontaminierung des Erdreichs führe, habe ein solcher ausreichender Verdachtsgrund bestanden. Es wäre für die Beklagte erkennbar gewesen, dass die Information über das Vorhandensein des Öltanks und die damit verbundene Gefahr der Kontaminierung für die Erwerber der Liegenschaft relevant sein werde. Dies umso mehr, als die frühere Nutzung der Liegenschaft als Gärtnerei das Vorliegen eines solchen Gefahrenpotenzials für die Erwerber eben gerade nicht nahe lege.
Die Revision sei zulässig, da die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Aufklärungspflicht des Verkäufers einer Liegenschaft über Umstände, die einen Verdacht auf deren Kontaminierung begründen, nicht einheitlich erscheine.
Die Revision der beklagten Partei ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Voranzustellen ist, dass der erkennende Senat die Rechtsansicht des Berufungsgerichts insoweit ausdrücklich billigt, als dieses die Auffassung vertreten hat, dass die Verpflichtung zur lastenfreien Übergabe der Liegenschaft nicht auch den hier vorliegenden Sachmangel betreffe. Dieser Beurteilung vermag der Kläger mit dem Hinweis auf die §§ 73 und 74 AWG nichts von Relevanz entgegenzusetzen. Im Übrigen kann der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen aber aus folgenden Erwägungen nicht gefolgt werden:
Da die Streitteile den Kaufvertrag über die Liegenschaft nach dem abgeschlossen haben, sind auf den vorliegenden Rechtsfall die Gewährleistungsbestimmungen idF des GewRÄG, BGBl I 2001/48, anzuwenden. Nach § 932 Abs 1 ABGB idgF kann der Übernehmer wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern. Gemäß § 932 Abs 2 ABGB kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind. Weder hat der Kläger Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit des Aufwands noch Verzug der beklagten Partei mit der Verbesserung behauptet. Der Kläger erachtet vielmehr auch noch im Revisionsverfahren die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, wonach sein Anspruch als Schadenersatzbegehren zu qualifizieren sei, ausdrücklich als zutreffend. Sein Anspruch ist daher nach § 933a ABGB zu prüfen. Nach dieser Bestimmung kann der Übernehmer wegen des Mangels selbst auch als Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Im vorliegenden Fall wurde nicht einmal behauptet, dass der Kläger die Beklagte zur Mängelverbesserung aufgefordert, ihr also das „Recht zur zweiten Andienung" eingeräumt hat, sein Zahlungsbegehren aber ausdrücklich aus dem Titel der „Mangelbehebungskosten" ableitet und damit einen sekundären Rechtsbehelf geltend macht. Der Frage, ob der Übernehmer im Fall „voreiliger" Selbstvornahme der Verbesserung, also ohne Ablehnung der Nacherfüllung durch den Übergeber oder vor erfolglosem Ablauf der dazu gesetzten Frist überhaupt den (ganzen oder teilweisen) Ersatz der Verbesserungskosten verlangen könnte (siehe 5 Ob 191/05g mit Hinweis auf die vergleichbare Rechtslage in Deutschland; P. Bydlinski, Neues zum neuen Gewährleistungsrecht, JBl 2005, 681 [684 ff]; Reischauer, Das neue Gewährleistungsrecht und seine schadenerstzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137 [143 f]) braucht allerdings hier aus nachstehenden Überlegungen nicht nachgegangen zu werden:
In seinen Entscheidungen 7 Ob 562/94 und 10 Ob 2066/96p knüpft der Oberste Gerichtshof den Schadenersatzanspruch für Kosten einer Entkontaminierung der gekauften Liegenschaft zumindest an ein „Kennenmüssen", also fahrlässige Unkenntnis von der bestehenden Mangelhaftigkeit. In 7 Ob 562/94 verneinte der Oberste Gerichtshof eine Schadenersatzverpflichtung der Verkäuferin mit dem Argument, dass ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, dass sie nach Abschluss der Tätigkeit der von ihr beauftragten Professionisten und nach deren Billigung durch die Gewerbebehörde als Bescheiderfüllung vor dem Verkauf an die Klägerin nicht nochmals die stillgelegte Anlage (auf der früher eine Tankstelle betrieben wurde) auf ihre Dekontaminierung hin überprüft habe. Mangels Nachweises von objektiven Anhaltspunkten, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Entsorgung hervorrufen mussten, habe für die Verkäuferin dazu keine Verpflichtung bestanden. In 10 Ob 2066/96p verneinte der Oberste Gerichtshof ebenfalls ein Verschulden der Verkäuferin, wenngleich der als Verhandlungspartner auf Seite der Verkäuferin auftretende Prokurist aufgrund seiner Projektkenntnisse „offensichtlich" mit der Möglichkeit einer Kontaminierung gerechnet habe, habe er nichts von einer konkreten Kontaminierung gewusst ( Hervorhebung durch den erkennenden Senat). Die Nichtaufklärung der Kläger, die gleichermaßen mit einer Kontaminierung hatten rechnen müssen, über den bloßen Verdacht, es könnte möglicherweise eine Kontaminierung vorliegen, rechtfertige nicht die Annahme eines zur Begründung des Schadenersatzanspruchs vorauszusetzenden Verschuldens der Beklagten. Letztlich setzte der Oberste Gerichtshof auch in seiner Entscheidung 5 Ob 104/99a - in der er die außerordentliche Revision der dort beklagten Partei zurückwies - für ein Verschulden der Verkäuferin jedenfalls das „Vorhandensein von Verdachtsgründen" und Nichtaufklärung der Käuferin darüber, voraus.
Auch in der österreichischen Lehre knüpft lediglich Wilhelm (ecolex 1997, 729) ein Aufklärungsgebot des Verkäufers (bereits) daran, dass der Käufer klargemacht habe, dass die Reinheit des Grundstücks für ihn zum Inhalt des angestrebten Geschäfts gehöre. Nicht erforderlich sei, dass der Verkäufer von der Kontaminierung wisse. Die weit überwiegende Lehre nimmt eine Verletzung der Aufklärungspflicht allerdings nur bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis vom Vorliegen einer „Altlast" an. Madl (ecolex 1995, 703 ff) bejaht eine Irrtumsveranlassung aufgrund mangelnder Aufklärung durch den Verkäufer nur, wenn dieser von der Altlast wusste oder wissen musste. Wenn auch für ihn keine Hinweise auf eine Altlast vorlägen, könne nicht von einer Veranlassung des Irrtums durch ihn gesprochen werden. Kerschner (RdU 1997, 138 f) bejaht eine Aufklärungspflicht bereits bei „Kontaminierungsverdacht". In seiner Kritik an der Entscheidung 10 Ob 2066/96p vermerkt der Autor, dass auf Grundlage des Sachverhalts den Verkäufer - dem die Vornutzer und deren Tätigkeiten bekannt gewesen seien - eine Aufklärungspflicht getroffen hätte. Es sei zwar richtig, dass die Aufklärungspflicht an der Grenze objektiver Voraussehbarkeit einer Gefährdung der Interessen des Gegners endet, diese Grenze sei in diesem Fall allerdings noch keineswegs erreicht gewesen. Berger vertritt in seiner kritischen Besprechung der Entscheidung 7 Ob 562/94 (RdU 1996, 88) die Auffassung, dass den Verkäufer eine Aufklärungspflicht über das Vorhandensein von Altlasten immer dann treffe, wenn dieser von der Altlast entweder positiv gewusst habe oder wenn einem redlichen und sorgfältigen Verkäufer an seiner Stelle das Vorhandensein der Altlast hätte auffallen können. Ausführlich setzt sich Pilgerstorfer (Aufklärungspflicht und Gewährleistungsausschluss beim Kauf kontaminierter Grundstücke in ÖJZ 2001, 373) mit der Frage auseinander, bei welcher Kenntnisstufe der Verkäufer den Käufer bereits aufklären muss. Er gelangt unter Hinweis auf den Meinungsstand in Österreich sowie die deutsche Lehre und die Rechtsprechung des BGH zu dem Ergebnis, dass der Kaufinteressent nach der Auffassung des redlichen Verkehrs Aufklärung schon dann erwarten könne, wenn der Verkäufer auch nur Kenntnis von Indizien einer Kontaminierung des Bodens oder von einer bestimmten „altlastenverdächtigen" Vornutzung (Hervorhebung durch den erkennenden Senat) habe, die dem Käufer nicht bekannt sei. Der Käufer müsse redlicherweise über alle ihm nicht bereits bekannten Umstände, die für das Bestehen einer Bodenkontamination oder Altlast sprechen, vom Verkäufer aufgeklärt werden, damit ihm eine ausreichende Grundlage für seine Kaufentscheidung gegeben werde. Es handle sich hierbei nämlich um Umstände, von denen der Verkäufer annehmen müsse, dass sie für die Willensbildung seines Vertragspartners von ausschlaggebender Bedeutung seien. Dies seien nicht bloß preisbildende Faktoren, sondern Umstände, die vor allem die Beschaffenheit des Vertragsgegenstands selbst betreffen und zu einer Vereitelung des Vertragszwecks (zB Möglichkeit einer üblichen Bebaubarkeit oder Benutzbarkeit des Grundstücks) führen könnten. Es sei daher etwa davon auszugehen, dass der Verkäufer den Kaufinteressenten bereits über den Umstand einer früheren Nutzung eines Grundstücks für Müllablagerungen aufzuklären habe. Nicht nur bei positiver Kenntnis, sondern bereits bei Vorliegen objektiver Verdachtsgründe hinsichtlich einer früheren Nutzung als Deponiefläche, bestehe eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Verkäufers. Ebenso habe der Verkäufer den Käufer auch über einen früheren Tankstellenbetrieb auf dem Grundstück aufzuklären, weil hier die Möglichkeit einer sanierungsbedürftigen Bodenkontamination immer bestehe. Bei sonstigen ehemaligen Betriebsstandorten werde man im Einzelfall darauf abstellen müssen, ob nach Art der ausgeübten Tätigkeiten zumindest mit der Möglichkeit von Bodenverunreinigungen zu rechnen sei.
Der BGH nimmt eine „Offenbarungspflicht" des Verkäufers eines kontaminierten Grundstücks etwa im Fall der früheren Nutzung eines Grundstücks als Mülldeponie, ungeachtet ob als „wilde Müllkippe" oder als Werksdeponie an (BGH NJW 1991, 2900; NJW 1992, 1953; NJW 1995, 1549). Ebenso wird die Offenbarungspflicht des Verkäufers eines Grundstücks, auf dem früher eine Tankstelle betrieben wurde, mit dem Hinweis der „bloße Möglichkeit einer Bodenverunreinigung mit Schadstoffen" bejaht (NJW 1999, 3777 [3778]). Im Zusammenhang mit der Veräußerung ehemaliger Industriegrundstücke vertritt der BGH allerdings die Auffassung, dass nicht jedes Industriegelände dessen Nutzung schon Jahrzehnte zurückliegt, von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen sei (BGH NJW 1994, 253 ua).
Selbst wenn man von jenen Auffassungen ausgeht, die eine Haftung des Veräußerers für Altlasten bereits bei Bestehen einer entsprechenden Verdachtslage bejahen, liegen diese Voraussetzungen nach den, dem hier zu beurteilenden Fall zugrunde liegenden Feststellungen nicht vor.
Aus den Feststellungen lässt sich gerade kein Hinweis für eine konkrete Verdachtslage im Hinblick auf die Möglichkeit einer Bodenkontamination ableiten. Es ist daher auch nicht auf die von der Rechtsmittelwerberin aufgeworfene Frage einzugehen, ob im Hinblick darauf, dass einem Fachmann die Kontamination bei Kenntnis vom Vorhandensein eines stillgelegten Öltanks leicht erkennbar gewesen wäre, eine allfällige Kenntnis für eine Verdachtslage bereits ausgereicht hätte. Im Hinblick auf die langjährige unbeeinträchtigte, allen bei den Vertragsverhandlungen beteiligten Personen bekannte, grundsätzlich als unbedenklich einzustufende Vornutzung des verkauften Grundstücks als Versuchsanstalt für Gartenbau, bestand für die mit der Vertragsabwicklung beauftragten Organe der beklagten Partei keinerlei Veranlassung zu weitergehenden Nachforschungen im Sinn der näheren Abklärung einer allfälligen Kontaminierungsmöglichkeit durch einen längst außer Betrieb genommenen, ordnungsgemäß verfüllten Öltank. Ein Verschulden der hier beklagten Partei an der Nichtaufklärung über das Vorhandensein eines stillgelegten Tanks ist daher unabhängig von der Frage der Beweislastverteilung angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Sachverhalts zu verneinen. Ausgehend von diesen Überlegungen bedarf es auch nicht des Eingehens auf die von der Rechtsmittelwerberin behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.
Der Revision ist daher Folge zu geben und das Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern.