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OGH vom 13.07.2006, 8ObA52/06i

OGH vom 13.07.2006, 8ObA52/06i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Josef Sinzinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ulm, Rechtsanwalt-GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Zentralbetriebsrat in der Österreichischen Nationalbank, 1090 Wien, Otto Wagner Platz 3, vertreten durch Grießer Gerlach Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, in eventu Anfechtung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 14/06i-13, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 4 Cga 26/05d-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem Punkt 1 mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser zu lauten hat:

„1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Zentralbetriebsrates in der Österreichischen Nationalbank in der Sitzung vom , mit welchem Mag. Thomas R***** und Dr. Martina G***** gemäß § 22 Abs 5 NBG als Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank entsendet wurden, ungültig ist."

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, dass dieser zu lauten hat:

„Das weitere Begehren auf Feststellung, dass der beklagte Zentralbetriebsrat den Kläger als einen der beiden Belegschaftsvertreter gemäß § 22 Abs 5 NBG in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank zu entsenden habe, wird abgewiesen."

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Am fand die Zentralbetriebsratswahl in der Österreichischen Nationalbank statt. Es kandidierten zwei wahlwerbende Gruppen, in der Folge immer als Fraktion 1 und Fraktion 2 bezeichnet. Unter Anwendung des d'Hondtschen Wahlverfahrens entfielen auf die Fraktion 1 drei Mandate und auf die Fraktion 2 zwei Mandate.

Mit Kundmachung des Wahlvorstandes für die Zentralbetriebsratswahl in der Österreichischen Nationalbank vom wurde festgestellt, dass der Zentralbetriebsrat der Österreichischen Nationalbank aus folgenden Personen besteht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Mag. Thomas R***** (Fraktion 1) [= Vorsitzender]
2.
Dr. Martina G***** (Fraktion 1)
3.
Heinz K***** (Fraktion 1
4.
Gerhard K***** (Fraktion 2) [= Kläger]
5.
Mag. Günther T***** (Fraktion 2)
Dem Vorsitzenden des Zentralbetriebsrates wurde mit Schreiben vom mitgeteilt, dass die Fraktion 2 den Kläger für die Entsendung in den Generalrat nominiere. Dieses Schreiben wurde vor der konstituierenden Sitzung am vom Vorsitzenden des Zentralbetriebsrates übernommen.
In der konstituierenden Sitzung des Zentralbetriebsrates am wurde in Anwesenheit sämtlicher Zentralbetriebsratsmitglieder ein Beschluss über die Entsendung jener zwei Vertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank gefasst, zu deren Entsendung gemäß § 22 Abs 5 NBG der Zentralbetriebsrat berechtigt ist. Mit den drei Stimmen der Zentralbetriebsräte der Fraktion 1 gegen die beiden Stimmen der Zentralbetriebsräte der Fraktion 2 wurde eine Entsendung Mag. Thomas R***** und Dr. Martina G***** als Belegschaftsvertreter in den Generalrat beschlossen. Unter Anwendung der Grundsätze des Verhältniswahlrechtes ergibt sich bei einer Mandatsstärke von 3 : 2 zwischen den Fraktionen, dass beide Fraktionen berechtigt wären, jeweils eine Person zu nominieren. Der Kläger strebt mit seinem Hauptbegehren die Feststellung an, dass der Beschluss des Zentralbetriebsrates in der Sitzung vom , mit welchem Mag. Thomas R***** und Dr. Martina G***** gemäß § 22 Abs 5 NBG als Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank entsendet wurden, ungültig ist. Ferner begehrt der Kläger (Punkt 2.) die Feststellung, dass die Beklagte den Kläger als einen der beiden Belegschaftsvertreter gemäß § 22 Abs 5 NBG in den Generalrat zu entsenden habe. Als Eventualbegehren zu Punkt 1. des Hauptbegehrens beantragt der Kläger die Ungültigerklärung des Beschlusses des Zentralbetriebsrates vom .
Der Kläger bringt dazu zusammengefasst vor, dass die Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom über die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat (AR-VO) auch für die Entsendung in den Generalrat der Nationalbank analog heranzuziehen sei. Unter Anwendung der Grundsätze des Verhältniswahlrechtes ergebe sich ein Recht der Zentralbetriebsratsfraktion 2 auf Nominierung eines Vertreters. Das NBG enthalte keine speziellen Bestimmungen über den Vorgang der Entsendung der beiden Belegschaftsvertreter in den Generalrat. Es liege demnach eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch die arbeitsverfassungsrechtlichen Bestimmungen zu schließen sei. Dem österreichischen Betriebsverfassungsrecht sei das Repräsentationsprinzip immanent.
Der Beklagte wendet im Wesentlichen ein, dass die Österreichische Nationalbank als Tendenzbetrieb gemäß § 132 Abs 1 ArbVG von der Anwendung der §§ 110 bis 112 ArbVG zur Gänze ausgenommen sei. Es sei daher auch die AR-VO nicht anzuwenden. Mangels entsprechender Regelung über den Entsendungsvorgang im § 22 Abs 5 NBG sei § 68 ArbVG heranzuziehen, wonach die Beschlüsse des Betriebsrates mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden.
Das Erstgericht - das ein ursprünglich von der „Mitgliedergruppe der ZBR in der Österreichischen Nationalbank Fraktion 2" gestelltes gleichlautendes Begehren rechtskräftig zurückwies - wies die Begehren des Klägers zur Gänze ab.
Es vertrat die Auffassung, dass mangels Anwendbarkeit der §§ 110 bis 112 ArbVG auf die Österreichische Nationalbank nur § 22 Abs 5 NBG als Rechtsgrundlage für die Entsendung von Vertretern in den Generalrat herangezogen werden könne. Demnach sei das zuständige Belegschaftsorgan zu dieser Entsendung berechtigt. Dieses zuständige Entsendungsorgan sei der Beklagte. Dessen Beschlüsse könnten gemäß § 68 Abs 2 ArbVG mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es den Beschluss des Zentralbetriebsrates in der Österreichischen Nationalbank in der Sitzung vom für ungültig erklärte und feststellte, dass der Beklagte den Kläger als einen der beiden Belegschaftsvertreter in den Generalrat zu entsenden habe. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Frage des Entsendungsvorganges in den Generalrat keine Rechtsprechung vorhanden sei.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass gemäß § 22 Abs 5 NBG das nach § 40 ArbVG zuständige Belegschaftsorgan berechtigt sei, zu Verhandlungen über Personal-, Sozial- und Wohlfahrtseinrichtungen zwei Vertreter in den Generalrat zu entsenden. Das NBG enthalte weder eine Regelung über den Entsendungsvorgang noch eine Regelung über die Belegschaftsvertretung. Richtig sei, dass § 132 Abs 1 ArbVG die Anwendbarkeit des Mitbestimmungskonzeptes des ArbVG unter anderem für die Österreichische Nationalbank einschränke. Der Gesetzgeber habe damit vor allem der Eigenart bestimmter Unternehmensziele Rechnung tragen und ausschließen wollen, dass deren Verfolgung durch die Ausübung von Mitbestimmungsrechten der Belegschaft gestört werden könnten. Der absolute Tendenzschutz im Sinne des § 132 Abs 1 Satz 1 ArbVG bewirke, dass die Bestimmungen der §§ 110 bis 112 ArbVG (Mitwirkung im Aufsichtsrat, Einspruch gegen die Wirtschaftsführung) auf Verwaltungsstellen der Österreichischen Nationalbank nicht anzuwenden seien.

Da § 22 Abs 5 NBG keine eigenständige Regelung über den Entsendungsvorgang in den Generalrat enthalte, müssten die erforderlichen Regelungselemente durch analoge Anwendung der Bestimmungen des ArbVG über die Entsendung in den Aufsichtsrat erschlossen werden, ohne dass es dadurch zu einer Verletzung des Tendenzschutzes komme. § 22 Abs 5 NBG lasse erkennen, dass ein Mitwirkungsrecht der nach betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommenden Belegschaftsorgane in Personalangelegenheiten verankert werde. Davon ausgehend könne dem Gesetzgeber kein eigener Regelungswille hinsichtlich einer Abänderung arbeitsverfassungsrechtlicher Regelungen über den Entsendungsvorgang unterstellt werden. Unter Anwendung des in der AR-VO etablierten d'Hondtschen Wahlverfahrens ergebe sich bei einer Mandatsstärke von 3 : 2, dass auch die Fraktion 2 berechtigt sei, eine Person in den Generalrat zu nominieren. Darüber hinaus bestimme § 22 Abs 4 NBG, dass Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates und eines Landtages dem Generalrat nicht angehören könnten. Das aktuelle Verzeichnis der Wiener Landtagsabgeordneten ergebe jedoch, dass der vom Zentralbetriebsrat als Belegschaftsvertreter in den Generalrat entsandte Mag. Thomas R***** dem Wiener Landtag als Abgeordneter angehöre. Dieser gemäß § 269 ZPO offenkundige Umstand hindere eine Entsendung des Genannten in den Nationalrat.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von dem Beklagten erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und teilweise berechtigt. Ob eine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstreitigkeit vorliegt, ist aus dem materiellen Betriebsverfassungsrecht zu beantworten (ZAS 1991/1 [Rebhahn]). Hier geht es um eine Streitigkeit zwischen dem Zentralbetriebsrat der Österreichischen Nationalbank einerseits und dem - in der Frage der konkreten Beschlussfassung überstimmten - Kläger, der diesen Zentralbetriebsrat als Mitglied angehört. Dem einzelnen (überstimmten) Betriebsratsmitglied ist - in Wahrung der Belegschaftsrechte - ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Nichtigkeit eines Betriebsratsbeschlusses zuzubilligen (ZAS 1991/1 [Rebhahn]; RIS-Justiz RS0051045). Die Aktivlegitimation des Klägers ist somit gegeben.

Gemäß § 132 Abs 1 ArbVG sind ua auf Verwaltungsstellen der Österreichischen Nationalbank die §§ 110 bis 112 ArbVG nicht anzuwenden. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannte, liegt der rechtspolitische Hintergrund des Tendenzschutzes für juristische Personen des öffentlichen Rechts und für die Verwaltungsstellen der Österreichischen Nationalbank offenkundig darin, dass die Erfüllung der diesen Institutionen durch Gesetz übertragenen Verwaltungsaufgaben durch Mitwirkungsrechte der Belegschaft nicht behindert oder unmöglich gemacht werden sollen (Schrammel, Probleme des Tendenzschutzes in der österreichischen Betriebsverfassung, FS-Strasser 1983, 559 [563ff]). Die durch § 132 Abs 1 ArbVG für unanwendbar erklärte Bestimmung des § 110 ArbVG bezieht sich auf die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Die Österreichische Nationalbank ist nach § 2 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Österreichische Nationalbank (NBG BGBl Nr 50/1984) eine Aktiengesellschaft. Allerdings bestehen Sonderregelungen für die Organisation der Österreichischen Nationalbank und ihre Organe: Ein Aufsichtsrat ist nicht zu bilden. Die Organe der Österreichischen Nationalbank sind vielmehr einerseits das Direktorium, das den gesamten Dienstbetrieb zu leiten und die Geschäfte der Österreichischen Nationalbank zu führen hat (§ 32 Abs 1 NBG); und andererseits der Generalrat, dem gemäß § 20 Abs 1 NBG die Überwachung jener Geschäfte obliegt, die nicht in den Aufgabenbereich des ESZB fallen. § 21 NBG nennt in seinem Abs 1 jene Agenden, für welche eine Zustimmung des Generalrates erforderlich ist. In Abs 2 erfolgt eine Aufzählung jener Gegenstände, die der Beschlussfassung durch den Generalrat vorbehalten sind.

Gemäß § 22 Abs 1 NBG besteht der Generalrat aus dem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und 12 weiteren Mitgliedern. Gemäß § 22 Abs 2 NBG werden der Präsident, der Vizepräsident und weitere sechs Mitglieder des Generalrates ernannt, die anderen sechs Mitglieder des Generalrates werden gewählt. Gemäß § 22 Abs 5 NBG ist das nach § 40 ArbVG zuständige Belegschaftsorgan berechtigt, zu Verhandlungen über Personal-, Sozial- und Wohlfahrtsangelegenheiten zwei Vertreter zu entsenden. Diese Vertreter haben bei Ausübung ihrer Befugnisse dieselben Rechte und Pflichten wie die Mitglieder des Generalrates. Dass der Zentralbetriebsrat das zuständige Organ für die Entsendung der Belegschaftsvertreter in den Generalrat ist, ist zwischen den Parteien nicht strittig.

Dieser Auffassung ist beizupflichten, wenngleich § 113 Abs 4 ArbVG die Entsendung von Belegschaftsvertretern in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank nicht als Kompetenz des Zentralbetriebsrates aufzählt. Auch wenn man davon ausgeht, dass die ausdrückliche Zuweisung bestimmter Befugnisse an die Organe Betriebsausschuss, gemeinsamer Betriebsrat, Zentralbetriebsrat und Konzernvertretung durch taxative Aufzählung in den Absätzen 2 bis 5 des § 113 ArbVG erfolgt (Preiss in Cerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht Band III³ § 113 Erl 4), ergibt sich, dass den genannten Organen nicht nur die Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten gemäß §§ 109 bis 112 ArbVG, also insbesondere die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat, sondern ganz generell die Entsendung von Arbeitnehmervertretern ausschließlich zugewiesen ist (vgl §§ 179f, § 193, §§ 217f, § 234, § 247). Es spricht daher viel dafür, dass der Gesetzgeber ganz allgemein die Kompetenz für die Entsendung von Arbeitnehmervertretern auf die in § 113 Abs 2 bis 5 ArbVG genannten Organe ausschließlich übertragen wollte. Die Nichtaufzählung der Entsendung der Vertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank ist ausgehend von der aus § 113 Abs 2 bis 5 ArbVG hervorleuchtenden Absicht des Gesetzgebers, in einem abschließenden System die Entsendung von Arbeitnehmervertretern den in § 113 Abs 2 bis 5 ArbVG genannten Organen zu übertragen, als planwidrige Lücke anzusehen: Auch eine taxative Aufzählung schließt das Vorliegen einer unechten Lücke nicht aus. Analogie ist vielmehr auch bei einer taxativen Aufzählung geboten, wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle (hier: Entsendungskompetenz der in § 113 Abs 2 bis 5 ArbVG angeführten Belegschaftsorgane) enthält (RIS-Justiz RS0008839; RS0008928).

Damit bedarf es eines Eingehens auf die verfahrensentscheidende Frage, wie der Zentralbetriebsrat bei dieser Entsendung vorzugehen hat und insbesondere einer Auseinandersetzung damit, ob die Grundsätze des Verhältniswahlrechtes bei Entsendung der Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank heranzuziehen sind.

Der Senat teilt in dieser Frage die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes aus folgenden Überlegungen:

Nicht nur aus den maßgeblichen Bestimmungen über die Entsendung von Belegschaftsvertretern in den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft - insbesondere aus den §§ 2 bis 15 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom über die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat BGBl Nr 343/1974, auf die sich insbesondere das Berufungsgericht gestützt hat -, sondern aus dem gesamten System des ArbVG ergibt sich, dass der Arbeitsverfassungsgesetzgeber ein Repräsentationssystem etablieren wollte, in welchem die Repräsentierten soweit wie möglich in den Repräsentanten widergespiegelt werden. So ist etwa aus § 48b Abs 4 der Betriebsratswahlordnung (BR-WO) abzuleiten, dass der Zentralbetriebsrat (Betriebsausschuss, Betriebsrat) über die aus seiner Mitte zu entsendenden Delegierten als Konzernvertreter zu beschließen hat, wobei er an die Nominierungsvorschläge der nach dem d'Hondtschen System jeweils vorschlagsberechtigten wahlwerbenden Gruppen gebunden ist. §§ 2 bis 8 der Verordnung über die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat sind für die Durchführung der Nominierung und Entsendung sinngemäß anzuwenden. Das angesprochene Repräsentationssystem ergibt sich im Übrigen auch eindrucksvoll aus den Bestimmungen über die Betriebsratswahl (§ 4 Abs 1 BR-WO;§ 39 Abs 1 BR-WO; siehe auch § 53 Abs 1 BR-WO - betreffend Mitglieder des Jugendvertrauensrates).

Diese Überlegungen sprechen insgesamt eher für die Annahme, dass die mangelnde Regelung des Entsendungsvorganges der gemäß § 22 Abs 5 NBG in den Generalrat zu entsendenden Belegschaftsvertreter durch das ArbVG nicht darauf zurückzuführen ist, dass der Gesetzgeber gerade bei Entsendung dieser Vertreter die Grundsätze des Verhältniswahlrechtes im Zusammenhang mit der Nominierung nicht verwirklicht wissen wollte. Auch aus den Bestimmungen des NBG kann nichts Gegenteiliges erschlossen werden: Vielmehr ergibt sich aus dem Verweis in § 22 Abs 5 NBG auf § 40 ArbVG die Absicht des Gesetzgebers, dass das zuständige Belegschaftsorgan nach den maßgeblichen arbeitsverfassungsrechtlichen Bestimmungen in die in allen Personal-, Sozial- und Wohlfahrtsangelegenheiten betreffenden Verhandlungen des Generalrates stimmberechtigte Dienstnehmervertreter eigenständig entsenden soll (vgl dazu auch VwGH ZfVB 1984/917). Dass der Gesetzgeber des ArbVG nicht - wie es der Beklagte meint - den Willen hatte, bei Entsendung der Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank das Verhältniswahlrecht „auszuschalten" und eine Entsendung durch Beschlussfassung im Sinne des § 68 Abs 2 ArbVG zu ermöglichen, ergibt sich letztlich auch aus der bereits erwähnten Tatsache, dass eine Nennung des zuständigen Belegschaftsorganes für die Entsendung in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank im Kompetenzkatalog des § 113 ArbVG fehlt. Dieser Umstand spricht ebenfalls dafür, dass der Gesetzgeber den in § 22 Abs 5 NBG 1984 geregelten Entsendungsvorgang übersehen hat und daher die erst nach Inkrafttreten des ArbVG geschaffene Bestimmung des § 22 Abs 5 NBG 1984 nicht zum Anlass für eine Änderung des ArbVG nahm: Zwar enthielt auch § 22 Abs 5 des Nationalbankgesetzes 1955 (BGBl Nr 184/1955) ein Entsendungsrecht des Betriebsrates in den Generalrat. Allerdings war dieses Entsendungsrecht so gestaltet, dass der Betriebsrat der Angestellten und der Arbeiterbetriebsrat berechtigt waren, je einen Vertreter zu entsenden. Die Frage der Anwendung des Verhältniswahlrechtes stellte sich daher nicht. Überdies sah auch die einschlägige Vorschrift des zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Nationalbankgesetzes BGBl Nr 184/1955 geltenden § 14 Abs 2 Z 4 des Betriebsrätegesetzes BGBl Nr 97/1947 eine Entsendung von zwei Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien durch Wahl mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen vor (Weißenberg in Betriebsrätegesetz, ÖGB-Verlag9, Erl 50 zu § 14). Dem Gesetzgeber des ArbVG, der die Entsendung von Arbeitnehmervertretern insbesondere in den Aufsichtsrat grundlegend änderte, ist daher zu unterstellen, dass er bei diesen Änderungen die in § 22 Abs 5 NBG 1984 geregelte Entsendung von Arbeitnehmern nicht bedacht hat. Diese - nachträgliche - Gesetzeslücke ist den erwähnten Wertungen des ArbVG entsprechend zu schließen. Dem Berufungsgericht ist daher darin zu folgen, dass eine Nominierung der Vertreter in den Generalrat nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes zu erfolgen hat, wobei infolge der unstrittigen Mehrheitsverhältnisse der Fraktion des Klägers ein Nominierungsrecht zusteht.

Im Ergebnis führt das zu einer Bestätigung des Punktes 1 des berufungsgerichtlichen Urteiles, allerdings mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe. Das Hauptbegehren zu Punkt 1 des Klagebegehrens ist vom Kläger zutreffend als Feststellungsbegehren formuliert: Die Verletzung der auf die Entsendung der Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank anzuwendenden Vorschriften über das Verhältniswahlrecht begründet eine Nichtigkeit des Entsendungsbeschlusses des Zentralbetriebsrates, auf die sich der Kläger berufen kann. Das Eventualbegehren des Klägers zu Punkt 1 zielt auf eine rechtsgestaltende Entscheidung des Gerichtes ab, die allerdings einer speziellen gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl dazu ZAS 1991/1 [Rebhahn]). Da das Berufungsgericht erkennbar diesem ersten Hauptbegehren des Klägers statttgeben wollte (und nicht etwa dieses erste Hauptbegehren abwies und dem Eventualbegehren, gerichtet auf Rechtsgestaltungserklärung, stattgab), ist der Ausspruch im berufungsgerichtlichen Urteil („... wird für ungültig erklärt ...") als bloßes Versehen zu deuten. Insofern hatte daher eine Maßgabebestätigung des Punktes 1 des berufungsgerichtlichen Urteiles zu erfolgen. Eines Eingehens auf die Eventualbegründung des Berufungsgerichtes, das den Beschluss auch deshalb für nichtig erachtete, weil der entsandte Zentralbetriebsratsvorsitzende dem Wiener Landtag als Abgeordneter angehöre, bedarf es daher nicht. Im Ergebnis berechtigt ist allerdings die Revision bezüglich Punkt 2 des Feststellungsbegehrens: Aus den dargelegten Gründen ist der Entsendungsbeschluss des Zentralbetriebsrates nichtig. Es wird daher eine neuerliche Beschlussfassung über die Entsendung der Belegschaftsvertreter in den Generalrat der Österreichischen Nationalbank unter Berücksichtigung der Grundsätze des Verhältniswahlrechtes zu erfolgen haben. Eine Vorgabe durch das Gericht, wie dieser Beschluss auszusehen hat, kommt allerdings nicht in Betracht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, nichtige Beschlüsse des Betriebsrates inhaltlich zu korrigieren oder umzudeuten. Jenes Begehren, das auf eine Feststellung der Berechtigung des Klägers auf seine Entsendung in den Generalrat abzielt, war daher abzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO: Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sind beide Feststellungsbegehren als gleichwertig anzusehen.