OGH 15.02.1994, 14Os162/93
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
RS0086558 | Die Tathandlungen des Finanzvergehens nach § 35 Abs 2 FinStrG setzen nicht voraus, daß der Täter selbst die Warenerklärung im Sinn der §§ 51 f ZollG abgibt. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Aziz Ludwig G***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Hauptzollamtes Linz als Finanzstrafbehörde I.Instanz sowie die Berufung der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom , GZ 29 Vr 2.136/92-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Presslauer, des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Dr.Koplinger, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Aflenzer zu Recht erkannt:
Spruch
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben und der im angefochtenen Urteil enthaltene Ausspruch über die bedingte Nachsicht der gemäß § 19 FinStrG verhängten Wertersatzstrafe aufgehoben.
Der Berufung der Finanzstrafbehörde wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß auch der Ausspruch über die bedingte Nachsicht der gemäß § 38 Abs. 1 FinStrG verhängten Geldstrafe aufgehoben wird. Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am geborene Aziz Ludwig G***** des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG als Beteiligter nach § 11 dritter Fall FinStrG schuldig erkannt.
Den Urteilsfeststellungen zufolge übermittelte der Angeklagte in der Zeit von März bis Juni 1990 im Auftrag seines Vaters unter Einschaltung eines Speditionsunternehmens 25 türkische Teppiche von Hamburg an Käufer in Österreich. Er stellte mit dem entsprechenden gewerbsmäßigen Hinterziehungsvorsatz für diese Teppiche in insgesamt 17 Fällen Rechnungen aus, in denen nicht die richtigen Kaufpreise aufschienen, wodurch vom Zollamt die Eingangsabgaben um insgesamt 79.010 S zu niedrig festgesetzt wurden.
Angemerkt sei, daß aus diesen Urteilsannahmen eine unmittelbare Täterschaft und nicht eine Beitragstäterschaft des Angeklagten abzuleiten gewesen wäre, weil er eine Eingangsabgabenverkürzung unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht (§ 35 Abs. 2 FinStrG) bewirkt hat. Die Tathandlungen dieses Vergehens setzen nicht voraus, daß der Täter selbst die Warenerklärung im Sinne der §§ 51 f ZollG abgibt (SSt. 48/6; 15 Os 117/89). Auf Grund der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 11 FinStrG bezeichneten Täterschaftsformen ist der Beurteilungsfehler jedoch ohne Konsequenzen geblieben.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten eine Geldstrafe von 60.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) und gemäß 19 FinStrG hinsichtlich der (mit einer Ausnahme) nicht für verfallen erklärten Teppiche eine Wertersatzstrafe von 100.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe). Beide Geldstrafen wurden unter Bezugnahme auf § 26 Abs. 1 FinStrG und § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Die bedingte Nachsicht der Wertersatzstrafe wird von der Anklagebehörde und von der Finanzstrafbehörde je mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Außerdem ficht die Finanzstrafbehörde auch die für die Abgabenhinterziehung verhängte Geldstrafe mit Berufung an.
Beide Nichtigkeitsbeschwerden sind im Recht, weil - wie auch das Erstgericht in der Urteilsausfertigung einräumt - der bekämpfte Ausspruch über die bedingte Nachsicht der Wertersatzstrafe nur bei dem hier nicht gegebenen Fall einer Jugendstraftat in Betracht kommt (§ 26 Abs. 1 FinStrG) und demgemäß eine Überschreitung der gerichtlichen Strafbefugnis im Sinn des von der Staatsanwaltschaft ausdrücklich und vom Hauptzollamt Linz der Sache nach geltend gemachten Anfechtungsgrundes der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO unterlaufen ist.
Bei Erledigung der beiden Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof auf den geltend gemachten Beschwerdepunkt zu beschränken (§ 290 Abs. 1 StPO). Die unbekämpft gebliebene und zum Vorteil des Angeklagten ausschlagende Reduktion des Wertersatzes, welche insoweit ohne gesetzliche Basis mit den gegebenen Einkommensverhältnissen des Verurteilten und nicht entsprechend der (allerdings hiezu zitierten) Vorschrift des § 19 Abs. 5 FinStrG mit einem (in Wahrheit gar nicht vorliegenden) Mißverhältnis der Unrechtsfolge zu den objektiven und subjektiven Umständen der Tat begründet wurde, kann auch unter dem Gesichtspunkt eines Sachzusammenhanges (§ 289 StPO) nicht behoben werden.
Es war daher den beiden Nichtigkeitsbeschwerden Folge zu geben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO der Ausspruch über die bedingte Nachsicht der gemäß § 19 FinStrG verhängten Wertersatzstrafe im Ausmaß von 100.000 S (im Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) aufzuheben.
Auch der Berufung der Finanzstrafbehörde, mit welcher sie sich gegen die Höhe der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht wendet, kommt teilweise Berechtigung zu.
Wenngleich die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe insofern einer Korrektur bedürfen, als von einer bloß untergeordneten (richtigerweise jedoch als unmittelbare Täterschaft zu beurteilenden) Beteiligung des Angeklagten keine Rede sein kann, erachtet der Oberste Gerichtshof angesichts der Bedeutung der Milderungsgründe des Geständnisses und der Unbescholtenheit eine Erhöhung der in erster Instanz gefundenen Geldstrafe für nicht geboten.
Im Recht ist die Berufung jedoch, soweit sie sich gegen die bedingte Nachsicht dieser Sanktion wendet.
Bei der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben und dem damit wiederholten bewußten Eingehen kriminellen Risikos fehlt einer bloß bedingten Geldstrafe die notwendige spezialpräventive Effektivität. Auch die bedingte Nachsicht der gemäß § 38 Abs. 1 FinStrG verhängten Geldstrafe war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1994:0140OS00162.9301.0215.0 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAE-00297