zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 31.03.2020, 14Os16/20i

OGH vom 31.03.2020, 14Os16/20i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in der Strafsache gegen ***** P***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen des gewerbsmäßigen, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen, schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten ***** P*****, ***** J***** und ***** S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom , GZ 49 Hv 13/19k-276, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen, schweren Diebstahls durch Einbruch, und zwar ***** P***** sowie ***** J***** (jeweils zu A, B und C) nach § 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), § 15 StGB und ***** S***** (zu C und D) nach § 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 (zu ergänzen:) erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in B***** und anderen Orten Österreichs im einverständlichen Zusammenwirken als Mittäter mit weiteren abgesondert Verfolgten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung im Urteil namentlich genannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen, nämlich hochpreisige Personenkraftwagen und (teilweise) darin befindliche Wertsachen in jeweils 5.000 Euro, hinsichtlich der Angeklagten P***** und J***** insgesamt 30.000 Euro übersteigendem Wert von – bei P***** und J***** – 397.600 Euro und – bei S 287.340 Euro, weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei sie jeweils Funkstreckenverlängerer zur unbefugten Duplizierung der Funksignale der KfzSchlüssel verwendeten und solcherart mit widerrechtlich erlangten Zugangscodes in die Fahrzeuge eindrangen, und zwar

(A) P***** und J*****

1) in der Nacht auf den einen BMW X1 und einen Volvo V90;

2) in der Nacht auf den

einen Mercedes E 220d, einen Audi Q5 und einen Audi A6 Avant, wobei es im letzten Fall beim Versuch blieb;

(B) P***** und J***** mit dem abgesondert verfolgten ***** W***** in der Nacht auf den einen BMW X6;

(C) P*****, J***** und S***** in der Nacht auf den einen BMW 520d touring;

(D) S*****

1) in der Nacht auf den einen Volvo CX90 und einen BMW 520d xDrive touring;

2) in der Nacht auf den einen Porsche Cayenne GTS und zwei Sonnenbrillen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den Angeklagten P***** und J***** (weitgehend inhaltsgleich) aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO und vom Angeklagten S***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten P***** und J*****:

Entgegen den Einwänden der Mängelrügen begegnet die Ableitung der Feststellungen zu einem auf die Wertqualifikation nach § 128 Abs 2 StPO bezogenen Vorsatz der beiden Beschwerdeführer aus dem notorischen Wert von funktionstüchtigen Autos neueren Modells und der Auswahl von durchwegs der Luxusklasse zugehörigen Fahrzeugen als Diebstahlsobjekte (US 24) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken.

Bei (wie hier) aufgrund des Zusammenrechnungsgrundsatzes des § 29 StGB schadensqualifiziertem Diebstahl muss das Überschreiten der jeweils aktuellen Wertgrenze – den Beschwerdestandpunkten zuwider – nicht „bereits zu Beginn des Deliktszeitraums“ vom Vorsatz umfasst sein (14 Os 111/14a, 112/14y mwN). Mit dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung einer solchen Annahme des Erstgerichts sprechen die Rügen daher keine entscheidende Tatsache an.

Die Aussagen der Zeuginnen ***** W***** und ***** K***** blieben nicht unberücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), vielmehr wurden diese – mit nachvollziehbarer Begründung – als unglaubwürdig erachtet (US 17 f).

Aus welchem Grund die Konstatierungen, nach denen die Angeklagten bei den ihnen angelasteten Diebstählen sogenannte „Funkstreckenverlängerer“ verwendeten, mit denen sie – auf im Urteil detailliert beschriebene Weise – Funksignale zur anschließenden Öffnung der Schlösser von Kraftfahrzeugen abfingen, solcherart in diese eindrangen und sie sodann in Betrieb nahmen und stahlen (US 8), für die vorgenommene Subsumtion nach § 129 Abs 1 Z 1 (letzter Fall) StGB nicht ausreichen sollten und welche darüber hinausgehenden Feststellungen hiefür erforderlich gewesen wären, erklären die Subsumtionsrügen (Z 10) nicht (vgl dazu im Übrigen RIS-Justiz RS0132569 = 11 Os 8/19i mwN).

Dass die Konstatierungen, wonach die Angeklagten P***** und J***** es ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, dass der Wert der von ihnen gestohlenen Autos 300.000 Euro überstieg und sie dies auch wollten (US 10), die Annahme der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB nicht zu tragen vermögen und es insoweit – nach Ansicht des Beschwerdeführers J***** – „fall- und faktenbezogener Feststellungen zum qualifizierten Vorsatz, insbesondere auch wann ein solcher qualifizierter Vorsatz vermeintlich gefasst wurde“, bedurft hätte, wird von den weiteren Subsumtionsrügen bloß unsubstantiiert behauptet (RIS-Justiz RS0116569, vgl im Übrigen RS0132778).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****:

Entgegen dem – prozessordnungswidrig nur auf eine einzelne Urteilspassage (US 15) rekurrierenden – Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) wurden die Aussagen des Zeugen W***** bei gebotener Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe aktenkonform (sinngemäß) referiert (US 16 f, 22 f iVm ON 23 S 71, ON 24 S 37 ff, ON 57 S 36 ff und ON 245 S 5).

Mit der Behauptung, dass weder die Mitangeklagten noch die im Verfahren vernommenen Zeugen den Beschwerdeführer „im Zusammenhang mit den vermeintlichen Autodiebstählen belastet“ hätten,

lässt die Tatsachenrüge (Z 5a) außer Acht, dass

erhebliche Bedenken im Sinn der Z 5a – soweit hier von Bedeutung – nur aus in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnissen, nicht aber aus dem (angeblichen) Fehlen von Beweisen abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0128874; vgl im Übrigen auch

RS0098249).

Soweit die Beschwerde auf ein isoliert zitiertes Detail der – im Urteil berücksichtigten (vgl erneut US 15 ff) – Aussage des Zeugen W***** verweist, nach der S***** nichts mit Autodiebstählen zu tun gehabt habe, weckt sie gleichfalls keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, sondern bekämpft in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Dies gilt auch für das weitere Vorbringen, mit dem die Rüge den Umstand, dass Fingerabdrücke des Angeklagten S***** in Notizbüchern des Zeugen W***** sichergestellt werden konnten, in welchen als Diebstahlsobjekte ausgewählte und schließlich tatsächlich gestohlene Fahrzeuge mit Details und Adressen vermerkt waren, auf Basis eigener Beweiswerterwägungen für nicht geeignet erachtet, die Täterschaft des Beschwerdeführers zu erweisen, und die dazu angestellten – im Übrigen unvollständig wiedergegebenen – Überlegungen der Tatrichter kritisiert (vgl dazu auch RISJustiz RS0119424).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00016.20I.0331.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.