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OGH vom 26.08.2014, 9ObA36/14f

OGH vom 26.08.2014, 9ObA36/14f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** K*****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 3.773,65 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 53/13g 34, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom , GZ 24 Cga 110/10m 30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 447,98 EUR (darin enthalten 74,66 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

I Der von 1952 bis 1992 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigte Kläger hat aufgrund seines Dienst und Pensionsvertrags vom einen Anspruch auf eine Betriebspension, die ab in Höhe von 10.384,54 EUR brutto 14 x jährlich ausbezahlt wurde. Nach seinem Dienst und Pensionsvertrag verändern sich die Pensionsbezüge mit dem für den jeweiligen kollektivvertraglichen Höchstbezug „maßgeblichen Veränderungssatz“. Auf diesen Vertrag als Sondervertrag sollen die Bestimmungen des Kollektivvertrags für Angestellte der Banken und Bankiers nur so weit zur Anwendung gelangen, als ausdrücklich auf sie verwiesen wurde. Vergleichbare Vertragsbestimmungen finden sich auch in den Dienst und Pensionsverträgen von zwei anderen früheren Mitarbeitern dieses Kreditinstituts, deren Gesamtbezüge im aktiven Dienststand allerdings höher waren, ebenso deren Pensionsansprüche. Sie waren so wie der Kläger und insgesamt acht Leiter von Geschäftsbereichen und fünf Stabsabteilungen der sogenannten „zweiten Führungsebene“ zugeordnet. Allerdings waren diese zwei Mitarbeiter als Leiter der Personalabteilung für die Einstellung und Beendigung von Dienstverhältnissen, Versetzungen und die Verhandlung von Betriebsvereinbarungen entscheidungsbefugt. Nach dem Kollektivvertrag für Angestellte der Banken und Bankiers war ab eine Deckelung der Erhöhungen der kollektivvertraglichen und überkollektivvertraglichen Bezugsbestandteile von 200 EUR pro Monat vorgesehen. Dies galt nach dem Kollektivvertrag auch für die leistungsorientierten Pensionen. Zum persönlichen Geltungsbereich bestimmt der Kollektivvertrag, dass dieser für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten, denen ein „maßgeblicher Einfluss auf die Betriebsführung zusteht (§ 36 Abs 2 Z 1 und 3 ArbVG)“, zur Anwendung gelangt. Nach dem Kollektivvertrag konnte in Instituten mit mehr als 49 Arbeitnehmern durch Betriebsvereinbarungen festgelegt werden, wer unter diesen Personenkreis fällt. Die hier maßgebliche Betriebsvereinbarung bestimmt dazu, dass Vorstandsmitglieder und stellvertretende Vorstandsmitglieder nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des Kollektivvertrags fallen sollen.

Die Beklagte wendete bei der Valorisierung der Betriebspensionen die im Kollektivvertrag vorgesehene Deckelung bei jenen etwa 170 Pensionisten, die aufgrund von Einzelverträgen in ähnlicher Weise Pensionsansprüche haben wie der Kläger, an. Sie nahm nur 24 Personen von der Anwendung dieser Deckelung mit 200 EUR pro Monat aus, und zwar 22 ehemalige Vorstandsmitglieder oder deren Hinterbliebene und die beiden genannten Leiter der Personalabteilung. Dabei ging sie davon aus, dass letztere als leitende Angestellte iSd § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG anzusehen sind und nicht vom persönlichen Geltungsbereich des Bankenkollektivvertrags erfasst werden.

II Der Kläger begehrt im Wesentlichen die Erhöhung seiner Betriebspension in der vollen Höhe der kollektivvertraglichen Änderungssätze von 3,48 % ab und 0,8 % ab . Er stützt sich einerseits auf eine Auslegung der im Pensionsvertrag enthaltenen Valorisierungsklausel, wonach der verwendete Begriff des „Veränderungssatzes“ einer solchen Deckelung entgegenstehe und andererseits auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 18 PBG und den Umstand, dass zwei anderen ehemaligen Arbeitnehmern die Valorisierung ohne Deckelung gewährt wurde. Auch die beiden Personaldirektoren seien dem Bankenkollektivvertrag unterworfen gewesen. Die Höhe der Aktivbezüge könne kein fachliches Differenzierungskriterium sein, da diese auch von anderen Mitarbeitern erreicht worden sei, bei denen die Deckelung angewendet wurde.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass die vertragliche Valorisierungsklausel dynamisch auf den Bankenkollektivvertrag verweise und dementsprechend auch die Deckelung umfasse. Die Differenzierung hinsichtlich der beiden anderen ehemaligen Mitarbeiter sei sachlich, da diese als Personaldirektoren vom Geltungsbereich des Bankenkollektivvertrags ausgenommen wären. Die Deckelung sei auch im Hinblick auf die unterschiedliche Bezugshöhe und die unterschiedliche Stellung im Betrieb gerechtfertigt gewesen.

III Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es ging zusammengefasst davon aus, dass auch die genannten Personaldirektoren in den Anwendungsbereich des Bankenkollektivvertrags fielen und dementsprechend insoweit eine sachliche Differenzierung nicht nachvollziehbar sei. Anders stelle sich dies jedoch hinsichtlich der unterschiedlichen Höhe der Aktivbezüge und der dementsprechenden unterschiedlichen Deckung durch die Pensionsbezüge und die Vermeidung von höheren Versorgungslücken dar. Auch die unterschiedlichen Funktionen des Klägers und der Personaldirektoren würden ein zulässiges Differenzierungskriterium bilden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, ging aber rechtlich davon aus, dass der Kollektivvertrag auf die Personalleiter nicht zur Anwendung gelange. Es sei davon auszugehen, dass neben den leitenden Angestellten wie den Personalleitern auch andere Personen, und zwar stellvertretende Vorstandsmitglieder und Vorstandsmitglieder auszunehmen seien. Die Personalleiter seien eindeutig als leitende Angestellte iSd § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG zu qualifizieren. Ausgehend von dieser Stellung als leitende Angestellte hätten sie aber auch anders als die anderen Personen in der zweiten Führungsebene nicht den Genuss des Kündigungsschutzes des § 105 ArbVG, sodass es durchaus sachlich sei, eine bessere Absicherung im Rahmen einer Pensionszusage vorzunehmen.

Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision als zulässig, weil eine Auslegung eines Kollektivvertrags eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO sei.

Rechtliche Beurteilung

IV Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Fragen der Vertragsauslegung stellen regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0042936 uva). Der geltend gemachte Pensionsanspruch stützt sich aber auf einen Einzelvertrag. Der Umstand, dass allenfalls „ähnliche“ Einzelverträge existieren, vermag daran nichts zu ändern, weil nicht ersichtlich ist, dass die maßgeblichen Erklärungen im Rahmen des jeweiligen Vertragsverhältnisses ident sind. Die Fragen der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes wurden von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt (vgl RIS Justiz RS0103384).

V Zur Auslegung der Valorisierungsklausel des Dienst und Pensionsvertrags des Klägers ist darauf zu verweisen, dass es den Vertragsparteien offensichtlich darum gegangen ist, sicherzustellen, dass die Betriebspension des Klägers so valorisiert wird, wie dies der Kollektivvertrag, auf den der Dienst und Pensionsvertrag verweist, für die am besten entlohnten aktiven Dienstnehmer vorsieht. Damit soll offensichtlich gewährleistet werden, dass der Kläger als Pensionist an der Gehaltsentwicklung der „Aktiven“ teilnimmt (vgl etwa auch 9 ObA 47/12w). Davon ausgehend, kann aber das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen, dass diese Valorisierung eben nur soweit erfolgen soll, wie dies auch bei den „Aktiven“ mit besonders hohen Bezügen vorgesehen ist, keinesfalls als unvertretbar angesehen werden.

Auch aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 ObA 197/98f lässt sich nicht ableiten, dass eine „Deckelung“ der kollektivvertraglichen Gehaltserhöhung nicht zu berücksichtigen wäre. Vielmehr hat der Oberste Gerichtshof damals, als es um eine sowohl in Fixerträgen als auch Prozentsätzen festgelegte Valorisierung der Kollektivvertragsgehälter ging, zugrundegelegt, dass in solchen Fällen beide Erhöhungen zusammenzunehmen sind, und ausgehend davon dann der Gesamtprozentsatz bezogen auf den kollektivvertraglichen Höchstbezug zu ermitteln und auf die jeweilige Betriebspension zu übertragen wäre. Dies ist aber nicht der Ansatz des Klägers, der die Deckelung bei der Erhöhung der kollektivvertraglichen Aktivbezüge außer Betracht lassen möchte.

Die vom Kläger relevierte Frage der Unzulässigkeit der Deckelung von einzelvertraglichen Pensionsansprüchen durch einen Kollektivvertrag stellt sich nicht. Ausgehend von der vertretbaren Auslegung durch das Berufungsgericht besteht durch den einzelvertraglichen Verweis auf den Kollektivvertrag ja schon einzelvertraglich nur ein „gedeckelter“ Valorisierungsanspruch. Auch insoweit vermag der Kläger also keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

VI Seine Revision zur Frage der Verletzung von § 18 BPG stützt der Kläger im Ergebnis darauf, dass auf der zweiten Führungsebene acht Geschäftsbereiche und fünf Stabsabteilungen angesiedelt gewesen seien, die alle hierarchisch derselben Ebene angehörten, darunter auch die Personalleiter. Dementsprechend sei die Differenzierung und unterschiedliche Behandlung der Personalleiter einerseits und des Klägers andererseits unzulässig. Alle anderen Bezieher der Pensionen seien einer Deckelung unterworfen worden. Auch ein Vergleich der Aktivbezüge rechtfertige die Differenzierung nicht.

Dem steht schon im Ansatz entgegen, dass es sich hier um eine Direktzusage und die Frage der Gewährung von Valorisierungen handelt, auf die zufolge § 18 Abs 1 erster Fall BPG nur der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung gelangt (vgl dazu Schrammel , Betriebspensionsgesetz 195 f; Strasser , Betriebspension und Gleichbehandlung 25 ff; Farny/Wöss , Betriebspensionsgesetz 173 f; zuletzt etwa Eichinger , Betriebspension und Gleichbehandlung in Drs , Betriebspensionsrecht 73 f; Resch in ZellKomm § 18 Rz 3). Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es aber für den Nachweis einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auch des Nachweises, dass ein Dienstnehmer gegenüber anderen Dienstnehmern, die in einer vergleichbaren Situation stehen, benachteiligt wurde, also der Benachteiligung der Minderheit gegenüber einer Mehrheit von Dienstnehmern; eine Bevorzugung einer Minderheit von Dienstnehmern stellt keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar (RIS Justiz RS0016815 [T1]; RS0016829). Dies ergibt sich schon daraus, dass es ja regelmäßig um ein Abweichen von einem generalisierenden Prinzip gehen muss, das nur aus der Behandlung der Mehrheit abgeleitet werden kann (RIS Justiz RS0060204 [T5]). Dafür spricht ferner, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz auch aus dem Fürsorgeprinzip und dem Verbot, die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu verletzen (zum „Vereinzelungsverbot“ Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser , Arbeitsrecht I 4 339; allgemein Krejci in Rummel , ABGB 3 § 1157 Rz 32 ff; Kietaibl, Arbeitsrecht I 352 mwN), abgeleitet wird. Gegenteiliges kann den Entscheidungen 8 ObA 239/95 und 8 ObA 50/06w schon deshalb zum ersten Fall des § 18 Abs 1 BPG nicht entnommen werden, weil in den Ausführungen dieser Entscheidungen auf Fragen der „Einstellung“ und des „Widerrufs“ von Betriebspensionen, also den zweiten Fall des § 18 Abs 1 BPG Bezug genommen wurde.

Hier beruft sich nun der Kläger im Ergebnis darauf, dass er so wie die Mehrheit der Mitarbeiter der zweiten Ebene behandelt wurde, während zwei Mitarbeiter der zweiten Ebene eine Begünstigung erfahren haben. Damit stützt er sich aber auf die aus seiner Sicht unsachliche Bevorzugung einer kleinen Minderheit, die regelmäßig eine Verletzung des im § 18 Abs 1 erster Fall BPG festgehaltenen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nachweisen kann.

Von einem willkürlichen Vorgehen kann hier schon wegen der unterschiedlichen Aufgaben nicht ausgegangen werden.

VII Insgesamt vermag es damit aber die Revision des Klägers nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Dementsprechend war dem Antrag der Beklagten folgend die Revision zurückzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00036.14F.0826.000