OGH vom 27.09.2016, 8Ob32/16p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** B*****, vertreten durch Dr. Susanne Schuh, Rechtsanwältin in Perchtoldsdorf, gegen die beklagten Parteien 1. E***** L*****, 2. O***** L*****, beide *****, beide vertreten durch DDr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in Mödling, wegen 136.883,70 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 19 R 40/15s 193, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 28 C 85/14a-181, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Gegenstand des Verfahrens sind die Ansprüche des Klägers auf Abgeltung von Investitionen, die er als Mieter eines Gebäudes auf einer im Hälfteeigentum der Beklagten stehenden Liegenschaft getätigt hat.
Die Beklagten, die im späteren Mietobjekt einen Lebensmittelhandel betrieben hatten, suchten nach Aufgabe dieses Geschäfts im Jahr 1996 einen Mieter. Zu diesem Zeitpunkt umfasste das Gebäude ein ebenerdiges Geschäftslokal mit Festbrennstoff-Etagenheizung, bestehend aus Verkaufsraum, Küche und Lager, ohne WC, mit nicht ausgebautem Dachboden, und einem überdachten, an einer Seite offenen Kfz-Stellplatz. Auf dem Grundstück der Beklagten befinden sich darüber hinaus ein Stadl, ein Ausgedingegebäude und eine Werkstätte, die vom Sohn der Beklagten genutzt wird.
Der Kläger und seine Lebensgefährtin führten als Interessenten mehrere Gespräche mit den Beklagten, in denen der Kläger von Beginn an erklärte, dass er die Sanierung des Geschäftslokals und die Schaffung von Wohnraum für sich und seine Lebensgefährtin beabsichtige. Im Ergebnis kamen die Streitteile überein, dass der Kläger die „vorderen Teile“ der Liegenschaft zu den besprochenen Zwecken mieten würde, nämlich das Geschäftslokal mit dem überdachten Parkplatz.
Der schriftliche Mietvertrag wurde von der Lebensgefährtin des Klägers in mehreren, immer wieder abgeänderten Entwürfen erstellt. In der unterfertigten Endfassung finden sich insbesondere folgende Bestimmungen:
„ 2. (…) im Folgenden kurz Vermieter genannt, vermietet an Herrn (…) , im Folgenden kurz Mieter genannt, und letzterer mietet von den Vermietern die Liegenschaft in (…) . Die Liegenschaft besteht aus einem Geschäftslokal samt 2 Nebenräumen und unbewohnbarem Dachboden, Toilette, Keller und überdachtem Stellplatz. Weiters wird die Benützung der Zufahrt (…) sowie der Zugang zum Keller und Wasserkessel vereinbart. Das Geschäftslokal wird zur gewerblichen Nutzung vermietet.
3. Das Mietverhältnis beginnt am und wird auf Lebenszeit abgeschlossen.
4. Das Mietverhältnis kann von Seiten der Vermieter unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist bei Nichtzahlung des Mietzinses gerichtlich gekündigt werden. Der Mieter kann das Mietverhältnis unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist aufkündigen. (...)
7. Der Mieter ist berechtigt, den Mietgegenstand zu gebrauchen und zu benutzen sowie Änderungen vorzunehmen. Von diesen hat er jedoch den Vermieter zu informieren, wobei es keiner schriftlichen Form bedarf. Den Vermietern ist bekannt, dass der Mieter das Objekt renovieren und bewohnbar machen und den Dachboden über dem Mietobjekt ausbauen wird.
Die Kosten gehen zu Lasten des Mieters, die jedoch, sollte der Vertrag gekündigt werden, von den Vermietern lt. Mietgesetz abgelöst werden müssen. Dies gilt auch für Eigenleistungen, die an dem Mietobjekt vorgenommen werden.
8. (…) Es wird ausdrücklich festgehalten, dass dem Mieter kein Weitergaberecht nach Ablauf der Mietzeit an dem vertragsgegenständlichen Objekt zusteht. “
Der Kläger, der im gemieteten Lokal ein Modellbaugeschäft betreiben wollte, hatte Erfahrung mit der Errichtung von Bauwerken, verfügte aber über keine entsprechende Gewerbeberechtigung oder einschlägige Ausbildung. Dies war den Beklagten bekannt und sie waren damit einverstanden, dass der Kläger wesentliche Teile der geplanten Bauarbeiten selbst durchführen wollte. Aus diesem Grund wurde auch die Ablöse von Eigenleistungen in den Vertrag aufgenommen, ohne dass aber konkret und im Detail besprochen wurde, in welcher Art und Höhe ein Ersatz erfolgen sollte, zumal alle davon ausgingen, dass der Kläger und seine Lebensgefährtin bis zum Lebensende im Objekt bleiben würden. Die Wendung „lt. Mietgesetz“ stammte von der Lebensgefährtin des Klägers. Über Bedeutung und Folgen dieses Verweises machte sich niemand Gedanken, es wurde darüber nichts gesprochen. Alle Vertragsparteien hegten die Vorstellung, dass es im Fall der Ablöse zu einer Abschreibung der Leistungen aufgrund der Nutzungsdauer kommen würde, näher erörtert wurde auch das nicht.
Der Kläger akzeptierte den vereinbarten Mietzins von ursprünglich 12.000 ATS (872 EUR, wertgesichert) pro Monat für das Geschäftslokal wegen der zugesagten Ausbaumöglichkeit; wegen dieser Option war dieser Mietzins auch objektiv aus Sicht des damaligen Marktes „realistisch“. Über eine eventuelle Aufteilung des Mietzinses auf die vorhandenen und die erst neu zu errichtenden Flächen sprachen die Streitteile nicht.
Der Kläger begann mit Einverständnis der Beklagten noch im Herbst 1996 mit seinen Umbauarbeiten. Er führte diverse Sanierungsarbeiten im Geschäftslokal durch, erneuerte den Kanal, die Heizungsanlage samt Neuverrohrung und Heizkörpern, den Boden und baute eine Toilette ein. Er trennte einen Vorraum aus dem großen Geschäftslokal ab, um einen Stiegenaufgang zur neu geschaffenen Wohnung zu erhalten, für die er einen Teil des Dachbodens ausbaute und den Dachstuhl neu errichten ließ.
Die Umbauarbeiten und die Errichtung der Wohnung erfolgten – mit geringfügigen Abweichungen – auf Grundlage eines von den Beklagten unterfertigten, baubehördlich bewilligten Einreichplans. Die Beklagten sprachen sich nie gegen die Baumaßnahmen des Klägers aus.
Nach dem Umbau weisen das Geschäftslokal im Erdgeschoß und die neue Wohnung separate Eingänge mit gemeinsamem Vorraum auf. Die Heizsysteme sind derzeit nicht getrennt. Im Erdgeschoß hat der Kläger einen gefliesten Garagenraum und ein Duschbad mit WC errichtet. Die Dachgeschoßwohnung, die der Kläger mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 1999 bezog, besteht aus einem großen Wohnbereich, einem weiteren Zimmer mit Ausgang auf eine Terrasse, einem Badezimmer und WC. Der bauliche Zustand ist gut, es fehlen lediglich einige kleinere Fertigstellungsarbeiten.
Erst im Zuge des gegenständlichen Verfahrens erlangten die Streitteile davon Kenntnis, dass die Tragfähigkeit der Gebäudedecke nicht den statischen Erfordernissen entspricht. Der noch von den Beklagten selbst im Jahre 1986 eingebaute Unterzug war geringer dimensioniert als seinerzeit vom Statiker berechnet. Wegen der Neuverteilung der Dachlast durch den Ausbau wäre aber auch ein den Statikervorgaben entsprechender Unterzugbalken nicht mehr ausreichend tragfähig gewesen und hätte jedenfalls einer Verstärkung bedurft. Die nachträgliche Herstellung der Tragfähigkeit ist technisch möglich. Die voraussichtlichen Kosten betragen, abhängig von der gewählten Variante, zwischen (gerundet) 10.000 bis 14.000 EUR, die Ausführung dauert ca 1 bis 2 Monate.
Der Kläger kündigte den Mietvertrag zum auf. Seit seinem Auszug steht das Objekt leer. Die Beklagten lehnen eine statische Sanierung der Decke ab und wollen lieber den ursprünglichen Zustand des Gebäudes wiederhergestellt haben, wofür wesentlich höhere Kosten auflaufen würden. Ohne Verstärkung des Deckenbalkens ist das Objekt derzeit wegen des statischen Risikos nicht vermietbar. Davon unabhängig besteht derzeit in der Gemeinde lagebedingt kein Markt für eine Vermietung des Geschäftslokals zur gewerblichen Nutzung; theoretisch wäre es für eine Ordination verwendbar, falls sich ein Interessent finden würde. Die vom Kläger neu errichtete Wohnung ist ebenfalls schlecht vermietbar, einerseits weil in der Gemeinde kein relevanter Mietmarkt besteht, andererseits weil die Raumaufteilung mit nur einem Schlafzimmer für Familien mit Kindern nicht geeignet ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Mieter gefunden werden kann, der sowohl Wohnung als auch Geschäftslokal nutzen will.
Für eine allfällige Parifizierung zur Schaffung von Eigentumsobjekten müssten getrennte Eingänge geschaffen werden, außerdem würde sehr viel Allgemeinfläche entstehen. Eine Abteilung der zuordenbaren Grundstücksfläche vom restlichen Grundbuchskörper zur Veräußerung wäre nicht möglich.
Der Verkehrswert des dem Mietobjekt zuordenbaren Liegenschaftsanteils samt baulichen Anlagen betrug zum Zeitpunkt der Anmietung 118.000 EUR. Bei der Rückstellung durch den Kläger belief sich der Verkehrswert mit den von ihm getätigten Investitionen, nach Abzug der Kosten der erforderlichen statischen Sanierung und einiger Fertigstellungsarbeiten, auf 196.000 EUR. Ohne die Investitionen des Klägers hätte die Liegenschaft zum selben Stichtag einen fiktiven Verkehrswert von 115.000 EUR gehabt. Der Bodenwert der zuordenbaren Flächen stieg im Mietvertragszeitraum um 8.750 EUR.
Der Restwert des Kostenaufwands des Klägers bei Rückgabe des Objekts betrug unter Veranschlagung einer typischen Nutzungsdauer derartiger Anlagen für die Sanierung des Geschäftslokals 27.412 EUR und für die Errichtung des Neubaus 123.779 EUR, beides ohne Berücksichtigung der zuletzt unstrittigen Fertigstellungs- und Mängelbehebungsarbeiten und ohne Berücksichtigung der notwendigen statischen Sanierung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Ansprüche des Klägers aus dem nicht dem MRG unterliegenden Mietverhältnis seien nach § 1097 ABGB zu beurteilen. Es sei danach zu prüfen, ob der Kläger einen dem Bestandgeber obliegenden oder nützlichen Aufwand getätigt hat, der zum klaren und überwiegenden Vorteil der Beklagten gesetzt wurde.
Eine wie immer geartete vorteilhafte Verwertung der vom Kläger geschaffenen baulichen Änderungen wäre für die Beklagten nur unter Inkaufnahme des besonderen Aufwands der vorherigen statischen Sanierung der Decke möglich. Nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung wäre diese Investition zwar sinnvoll, allerdings sei auch der fehlende Immobilienmarkt am konkreten Standort zu berücksichtigen. Eine relativ hohe Investition, deren Verwertung mangels realistischer Vermietbarkeit fraglich wäre, sei den Beklagten nicht zumutbar, sodass der Aufwand des Klägers nicht zu ihrem klaren und überwiegenden Vorteil gereicht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Ergebnis.
Die im Mietvertrag aufgenommene Verweisung auf das „Mietgesetz“ sei mangels feststellbarer abweichender Parteienabsicht als Vereinbarung gerade jener mietrechtlichen Gesetzesbestimmungen zu verstehen, die den Investitionskostenersatz regeln, konkret des Inhalts des § 10 MRG. Dieser sei daher heranzuziehen, soweit die Streitteile nicht etwas Abweichendes vereinbart hätten, wie bezüglich der Ablöse von Eigenleistungen.
Nach § 10 MRG sei der objektive, für jeden möglichen Nachmieter vorhandene Nutzen zu ersetzen und nur dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende und einwandfrei ausgeführte Investitionen abzugelten. Ein Ersatz von Investitionen mit negativen oder schädlichen Auswirkungen könne nicht begehrt werden. Dies schließe den Anspruch des Klägers aus. Angesichts der relativ hohen Kosten für die Herstellung eines statisch einwandfreien Zustands sei das Ergebnis seiner Baumaßnahmen nicht bloß geringfügig mangelhaft.
Die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1097 ABGB sei abbedungen worden, weil sich der Kläger zur Herstellung der Brauchbarkeit des Objekts auf eigene Kosten verpflichtet habe. Die Errichtung eines Wohntrakts sei überhaupt keine Erhaltungsarbeit. Darüber hinaus hätten die Investitionen nicht zum klaren und überwiegenden Vorteil der Beklagten gereicht, weil sie daran kein Interesse hätten und eine Neuvermietung selbst nach vorheriger statischer Sanierung schwer möglich wäre.
Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Ersatz für Aufwendungen nach § 10 MRG auch dann gebührt, wenn Mängel vorliegen, die sich nur mit größerem Kostenaufwand beheben lassen, aber diese Kosten im Verhältnis zum geltend gemachten Gesamtaufwand und bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtungsweise in den Hintergrund treten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit der er die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinn, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung anstrebt.
Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen einer Korrektur im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bedarf. Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel und die behauptete Aktenwidrigkeit liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.
Die Auslegung einer Urkunde ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (RIS-Justiz RS0017911). Das Berufungsgericht ist nicht von Feststellungen der ersten Instanz ohne Beweiswürdigung abgewichen, wenn es den von den Streitteilen geschlossenen Mietvertrag rechtlich anders interpretiert hat als das Erstgericht.
Soweit die Revision meint, dass aufgrund der Angaben des Klägers andere Tatsachenfeststellungen zu treffen gewesen wären, wendet sie sich in unzulässiger Weise gegen die im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigung.
Eine Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und den darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen im Urteil besteht, der nicht das Ergebnis eines richterlichen Werturteils ist, also nicht bloß in der Gewinnung von Feststellungen aufgrund von Schlussfolgerungen liegt (RIS-Justiz RS0043421 [T2; T 4]). Die Revision beschränkt sich auf die Erklärung, die zunächst behaupteten Verfahrensmängel „hilfsweise auch als Aktenwidrigkeit“ zu rügen, womit sie diesen Anfechtungsgrund aber nicht darzustellen vermag.
2. Bei der Vertragsauslegung ist nach § 914 ABGB grundsätzlich vom Wortlaut auszugehen (RIS Justiz RS0017915 [T38]; RS0017783 [T7]; RS0017741; RS0017831; RS0109295 ua), wenn keine über den Wortsinn hinausgehende Parteienabsicht feststellbar war. Es kommt dann auf den objektiven Erklärungswert der Urkunde an, nicht aber darauf, wie eine Partei diese subjektiv verstanden hat (RIS-Justiz RS0017783 [T7]). Dabei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen.
Wie eine Erklärung aufzufassen ist, kann nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0042555 [T7]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt darum nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn ein geradezu unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde oder dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (RIS-Justiz RS0042936 [T28]).
Der Kläger rügt hier zu Recht, dass die Vorinstanzen bei ihrer rechtlichen Beurteilung nur mehr von den von ihnen für subsidiär anwendbar erachteten gesetzlichen Bestimmungen ausgegangen sind, dabei aber den maßgeblichen Vertragstext selbst aus den Augen verloren haben.
Der vorliegende Mietvertrag war vom Anwendungsbereich des MRG zur Gänze ausgenommen (§ 1 Abs 2 Z 5 MRG) und unterlag der freien Vereinbarung.
Dem Kläger wurde in der geschlossenen Vereinbarung gestattet, auf eigene Kosten das vermietete Gebäude zu renovieren und es um eine Dachgeschoßwohnung zu erweitern, wobei die Kosten im Fall einer Kündigung von den Vermietern einschließlich der erbrachten Eigenleistungen „abgelöst werden müssen“. Die Höhe des Mietzinses war erst unter Berücksichtigung der dem Kläger eingeräumten Ausbauoption angemessen, die damit als entgeltlich anzusehen ist.
Der von der Mieterseite in den Vertragstext reklamierte Zusatz „lt. Mietgesetz“ war nach dem festgestellten Sachverhalt für beide Vertragsteile eine leere Floskel. Die einzige gemeinsame Vorstellung, die über den Vertragstext hinausging, bestand darin, dass eine Abwertung der Investitionen nach der Nutzungsdauer erfolgen sollte.
Diese zusammengefasst wiedergegebene Vereinbarung besagt also, dass die Beklagten jene Kosten, die der Kläger in Ausübung der Option aufgewendet hat, grundsätzlich zu ersetzen haben. Im Sinne redlicher und vernünftiger Vertragsparteien wird diese Verpflichtung lediglich insofern einschränkend zu verstehen sein, als die Kosten substanzschädigender, fehlgeschlagener, objektiv völlig nutzloser oder konsenswidriger Maßnahmen nicht umfasst sind. Ein derartiger nutzloser Aufwand wurde aber nicht festgestellt.
Der Umstand, dass der zum Altbestand gehörende Unterzug des Hauses zur Herstellung einer technisch ausreichenden Tragfähigkeit verstärkt werden muss, kann entgegen der Ansicht der Vorinstanzen weder als Mangel der Renovierungsarbeiten am gemieteten ebenerdigen Geschäftslokal (durch die an der Deckenkonstruktion nichts verändert wurde), noch als unbehebbarer Mangel des dem Einreichplan entsprechenden, nach den Feststellungen bis auf kleinere Fertigstellungsarbeiten konsensgemäßen und in gutem Zustand befindlichen Dachgeschoßausbaus gesehen werden. Es handelt sich um eine noch fehlende zusätzliche Maßnahme, die aber jederzeit nachgeholt werden kann, höchstens zwei Monate Bauzeit erfordert und deren Kosten im Verhältnis zum Wert der Investitionen des Klägers nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Die Revision verweist auch darauf, dass der Kläger die Verstärkung des Unterzugs, wäre dessen zu geringe Dimension früher bekannt gewesen, bereits im Zuge des Dachausbaus vornehmen hätte lassen, sodass die dafür aufgewendeten Kosten nach Punkt 7. des Mietvertrags von den Beklagten abzulösen gewesen wären. Es steht allerdings bisher nicht fest, wie hoch diese Kosten gewesen wären, wenn diese Arbeiten bereits in einem Zug mit dem Umbau stattgefunden hätten. Darüber hinaus ist bei der Berechnung die Amortisation zu berücksichtigen, da die Beklagten nicht wegen der verspäteten Sanierung mit höheren Kosten belastet werden dürfen als sie bei zeitgerechter Ausführung zu tragen gehabt hätten.
Die in Ausübung der entgeltlichen Option ausgeführten Renovierungs- und Ausbauarbeiten, denen die Beklagten durch Unterfertigung der Einreichpläne ausdrücklich zugestimmt haben, wurden ihnen nicht rechtsgrundlos aufgedrängt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagten das Ergebnis weiterhin haben wollen und ob sie aus dem Objekt wieder einen laufenden Mietertrag erzielen können, weil sie diese Umstände nicht zur Bedingung der Ablöseverpflichtung gemacht haben. Die in der Verkehrswerterhöhung der Liegenschaft gelegene Vermögensvermehrung ist ihnen in jedem Fall zugute gekommen. Auch wenn die Beklagten nicht damit gerechnet hatten, dass die Ablöseverpflichtung schlagend würde, musste ihnen aufgrund der vereinbarten Kündigungsmöglichkeit doch klar sein, dass dieser Fall eintreten konnte und sie ihre Verpflichtung zu erfüllen haben würden. Soweit die Vorinstanzen es für unzumutbar angesehen haben, dass die Beklagten eine mit Kosten verbundene statische Sanierung vornehmen müssten, obwohl die Möglichkeit einer Neuvermietung höchst ungewiss sei, wird auch nicht berücksichtigt, dass das Objekt nicht akut einsturzgefährdet ist (der Kläger hat es immerhin rund zehn Jahre lang bewohnt und für sein Geschäft genutzt) und mit der kurzfristig zu bewerkstelligenden Sanierung zugewartet werden kann, bis ein konkreter Mietinteressent auftritt oder eine anderweitige Nutzung feststeht.
Die Regelung des § 1097 ABGB ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Der zweite Satz dieser Bestimmung regelt den nicht vertraglich begründeten Ersatz von Aufwendungen auf die Bestandsache selbst (ua Würth in Rummel , ABGB³ § 1097 Rz 2). Die Renovierungsarbeiten des Klägers erfolgten aufgrund eines Vertrags, zudem war die Neuerrichtung einer Wohnung durch Dachausbau begrifflich keine bloße Änderung oder Verbesserung des Bestandgegenstands. Der Kläger ist nicht im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag zugunsten der Vermieter tätig geworden, sondern aufgrund der ihm vertraglich eingeräumten, entgeltlichen Option. Auf die Frage, ob der getätigte Aufwand auch iSd § 1097 ABGB als nützlich anzusehen wäre, kommt es mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht an.
3. Zur Höhe des Ablöseanspruchs haben die Parteien vereinbart, dass der tatsächliche Aufwand, inklusive Eigenleistungen, aliquot nach Amortisation zu ersetzen ist. Die Vorinstanzen haben diesen Aufwand unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Nutzungsdauer der jeweiligen Investitionen (bis zu 100 Jahren) mit insgesamt 151.191 EUR festgestellt. Von diesem Betrag geht auch das eingeschränkte Klagebegehren aus, vermindert lediglich um Abzüge von 1.920 EUR an Kosten der Entfernung einer konsenswidrig errichteten Dachterrasse, 9.887,30 EUR an offener Miete bzw Benützungsentgelt und 2.500 EUR für die Erlangung einer Fertigstellungsanzeige.
Die Streitteile haben darüber, wie die Abwertung der Investitionen aufgrund der Nutzungsdauer zu berechnen ist, keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen. In diesem Punkt kommt allerdings dem unbestimmten Verweis auf das „Mietgesetz“ Bedeutung zu. Soweit die Streitteile mit ihrem Vertrag den Investitionsersatz nicht autonom geregelt haben, sollten nach dem maßgeblichen objektiven Verständnis der Regelung die einschlägigen mietrechtlichen Bedingungen gelten.
Nach § 10 Abs 1 MRG beträgt das Ausmaß der jährlichen Abschreibung für jedes vollendete Jahr
1. bei den in Abs 3 Z 1 und 3 leg cit genannten Aufwendungen ein Zehntel,
2. bei den von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mitteln geförderten Aufwendungen jenen Bruchteil, der sich aus der Laufzeit der Förderung errechnet,
3. sonst ein Zwanzigstel.
Der festgestellte Sachverhalt reicht daher noch nicht aus, um die Höhe des dem Kläger gebührenden Kostenersatzes abschließend beurteilen zu können.
Das Erstgericht wird diese Frage mit den Parteien zu erörtern haben, welche Aufwendungen den § 10 Abs 3 Z 1 und Z 3 MRG zuzuordnen sind, allenfalls ob öffentliche Förderungen in Anspruch genommen wurden, und danach die Höhe der aufgewendeten Kosten unter Berücksichtigung der § 10 Abs 1 MRG entsprechenden Nutzungsdauer festzustellen haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00032.16P.0927.000