OGH 30.09.2013, 17Os12/13p
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek und Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus K***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom , GZ 52 Hv 37/12f-32, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im schuldig sprechenden Teil, demgemäß auch im Strafausspruch und im Kostenausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus K***** mehrerer Verbrechen (vgl jedoch RIS-Justiz RS0121981) des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in R***** als zur Vornahme wiederkehrender Begutachtungen gemäß § 57a KFG Ermächtigter, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf (richtig:) Ausschluss nicht verkehrs-, betriebssicherer und umweltverträglicher Fahrzeuge von der Teilnahme am Straßenverkehr sowie den jeweiligen Fahrzeuglenker und andere Verkehrsteilnehmer in ihrem Recht auf Sicherheit zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs 1 KFG vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er am (Punkt 1 des Schuldspruchs) und am (Punkt 2) jeweils ein positives Prüfgutachten hinsichtlich zweier im Urteil näher bezeichneter PKW ausstellte, obwohl er wusste, dass diese Fahrzeuge wegen schwerer Mängel nicht den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie des Umweltschutzes entsprachen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt zutreffend auf, dass die Feststellungen zur subjektiven Tatseite den Schuldspruch nicht tragen. Missbrauch der Amtsgewalt setzt (unter anderem) voraus, dass der Täter die ihm eingeräumte Befugnis wissentlich (§ 5 Abs 3 StGB) missbraucht. Ein Wissen des Beschwerdeführers, durch „dieses Verhalten seine gesetzlichen Verpflichtungen verletzt und seine Befugnis(,) im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen“, missbraucht zu haben, hat das Erstgericht zwar einerseits - im Wesentlichen unter Verwendung der verba legalia - festgestellt (US 5 vierter Satz). Diese Urteilspassage lässt sich jedoch mit den übrigen Entscheidungsgründen nicht in Einklang bringen. Der Schöffensenat ging nämlich (teils im Rahmen der Beweiswürdigung) auch davon aus, dass der Beschwerdeführer (zu Punkt 1) mehrere leichte - also der Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs 5 KFG nicht entgegenstehende (§ 10 Abs 2 Z 2 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung - PBStV) - und einen als behoben vermerkten schweren Mangel (§ 10 Abs 2 Z 3 PBStV) festgestellt habe, hingegen drei unbehobene schwere Mängel „ignorierte“ sowie (zu Punkt 2) sieben leichte Mängel und vier als behoben bezeichnete, nicht jedoch drei unbehobene schwere Mängel konstatiert habe, obwohl diese vorhanden und „erkennbar“ gewesen seien (US 4 f). Er habe die inkriminierten Prüfgutachten wissentlich unrichtig ausgestellt, obwohl er die Fahrzeuge „nicht ordnungsgemäß und sorgfältig überprüfte“ und die „vorgelegenen schweren Mängel ignorierte und sie ungerügt ließ“ (US 9 f). Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe „keine Durchrostungen gesehen“, schließe nach Ansicht der Tatrichter „weder die Wissentlichkeit hinsichtlich des Befugnismissbrauchs noch den Schädigungsvorsatz aus“ (US 12). Seine trotz des Zugeständnisses, es seien „kleinere Fehler“ passiert, und er habe schwere Mängel „womöglich übersehen“, leugnende Verantwortung erachteten sie - auch mit Blick auf die subjektive Tatseite - auf Grund des eingeholten Sachverständigengutachtens (ON 10) als widerlegt, weil nach diesem die verfahrensgegenständlichen Mängel „für einen durchschnittlichen § 57a KFG-Sachverständigen erkennbar waren“ und ein solcher diese auch hätte „erkennen müssen“ (US 7 f). Die „immanente Nachlässig- und Achtlosigkeit des Angeklagten“ ergebe sich zudem aus dem Umstand, dass er die in einem ihm bekannten „Revisionsbericht“ (vgl § 57a Abs 2a KFG) beanstandete Begutachtungspraxis fortgeführt habe (US 11).
Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs könnte sich im gegebenen Zusammenhang aus der Ausstellung positiver Prüfgutachten trotz tatsächlichen Erkennens von (diesen entgegenstehenden) schweren Mängeln (13 Os 88/09d) oder trotz bewusster Unterlassung einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Prüfung (also wegen unvertretbarer Missachtung von Verfahrensvorschriften [13 Os 29/08a; vgl RIS-Justiz RS0096721; jüngst 17 Os 16/13a]) ergeben.
Keine dieser Varianten hat das Erstgericht in einer für den Obersten Gerichtshof (unzweifelhaft) erkennbaren Weise festgestellt. Die zuvor wiedergegebene Urteilspassage zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs (US 5 vierter Absatz) bleibt somit ohne (ausreichenden) Sachverhaltsbezug (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8, 19 und 571; RIS-Justiz RS0119090).
Die Aufhebung des Schuldspruchs schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO), demgemäß auch des Strafausspruchs und des Kostenausspruchs, war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - unumgänglich. Demzufolge erübrigt sich eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens.
Auf diese Entscheidung waren der Beschwerdeführer und die Staatsanwaltschaft mit ihren Berufungen zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht zu prüfen haben, ob der Bescheid vom über den Widerruf der dem Beschwerdeführer gemäß § 57a Abs 2 KFG erteilten Ermächtigung (vgl US 3) im Zeitpunkt der zu Punkt 3 der Anklage angelasteten Tat bereits (zugestellt und damit) rechtswirksam erlassen worden war.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
Schlagworte | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2013:0170OS00012.13P.0930.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAD-99726