VfGH vom 11.12.1986, B437/86
Sammlungsnummer
11194
Leitsatz
StudFG 1983; Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem StudFG; Berufung gegen die Zuerkennung einer Studienbeihilfe ohne Zuschlag nach § 13 Abs 2 StudFG; keine Bedenken gegen § 5 der Verordnung dahingehend, daß die tägliche Hin- und Rückfahrt zu und vom Studienort (Kefermarkt/Linz) zeitlich noch zumutbar sei; Begriff des "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels"; keine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm
Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. J E studiert an der Kath.-Theologischen Hochschule in Linz Theologie. Sein Aufenthaltsort war Kefermarkt. Zur Durchführung seines Studiums hat er seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort nach Linz verlegt; er wohnt in der S-Straße. ...
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom , Z 56.034/5-17/86, gab der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung der Berufung des J E gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Linz nicht Folge; dieser hatte einer Vorstellung des J E gegen den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde nicht stattgegeben, mit dem dem J E für das Studienjahr 1985/86 eine Studienbeihilfe in der Höhe von 26700 S ohne Zuschlag nach § 13 Abs 2 des Studienförderungsgesetzes 1983, BGBl. 436, idF BGBl. 361/1985 (im folgenden StudFG) zuerkannt worden war.
Der letztinstanzliche Bescheid war wie folgt begründet:
"Ihrer Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 13 Abs 2 litc StudFG gebührt einem Studierenden ein Zuschlag von S 15500,- zum Grundbetrag, wenn dieser im Gemeindegebiet des Studienortes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, weil der bisherige Aufenthaltsort vom Studienort so weit entfernt ist, daß die tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich nicht zumutbar ist.
Von welchen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt gemäß dieser zitierten Gesetzesstelle noch zumutbar ist, kann der zuständige Bundesminister durch Verordnung feststellen. Mit Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , BGBl. 429/1985, wurde nun festgestellt, daß die tägliche Hin- und Rückfahrt von Ihrer Heimatgemeinde Kefermarkt zum Hochschulort Linz zeitlich noch zumutbar ist.
An diese Verordnung, die im BGBl. kundgemacht wurde, ist nicht nur der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Linz, sondern auch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gebunden.
Es hat daher weder der Senat der Studienbeihilfenbehörde noch auch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung eine rechtliche Handhabe, aus welchen Gründen auch immer, für diese Gruppe von Studierenden den Zuschlag gemäß § 13 Abs 2 StudFG zu bewilligen.
Zu Ihren obigen Ausführungen ist schließlich noch zu bemerken, daß nur eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr als zumutbar anzusehen ist.
Die günstigste Fahrzeit von Kefermarkt zum Hochschulort Linz beträgt jedenfalls nicht mehr als eine Stunde.
Bei dieser Rechtslage entspricht daher der angefochtene Bescheid dem Gesetz.
Es war daher auch spruchgemäß zu entscheiden."
3. Gegen diesen Bescheid des Bundesministers richtet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde des J E an den VfGH, in der dieser ausschließlich die Gesetzwidrigkeit des Wortes "Kefermarkt" in § 5 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , BGBl. 429, über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem StudFG (im folgenden StudFV) geltend macht und die Prüfung dieses Wortes auf seine Gesetzmäßigkeit anregt sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
4. Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Bf. macht ausschließlich geltend, der angefochtene Bescheid verletzte ihn wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in dem ihm durch § 13 Abs 2 litc StudFG gewährleisteten Recht, Studienbeihilfe in einer bestimmten Höhe zu beziehen.
2. Die für die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit des Wortes "Kefermarkt" in § 5 StudFV maßgebenden Stellen des § 13 StudFG haben folgenden Wortlaut:
"(1) Bei Festsetzung der Höhe der Studienbeihilfe ist bei unverheirateten Studierenden von einem jährlichen Grundbetrag von 30000,- S..... auszugehen.
(2) Dieser Grundbetrag erhöht sich um insgesamt 15500,- S, wenn
...
c) der Studierende im Gemeindegebiet des Studienortes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, weil der bisherige Aufenthaltsort vom Studienort so weit entfernt ist, daß die tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich nicht zumutbar ist oder
...
(4) Von welchen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt gemäß Abs 2 litc zeitlich noch zumutbar ist, kann der zuständige Bundesminister durch Verordnung feststellen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist jedenfalls nicht mehr als zumutbar anzusehen."
...
§5 StudFV lautet auszugsweise:
"Von den angeführten Gemeinden ist die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort zeitlich noch zumutbar:
..., Kefermarkt, ..."
3. Der VfGH teilt die vom Bf. hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit des Wortes "Kefermarkt" in § 5 StudFV geltend gemachten Bedenken nicht:
Gemäß § 13 Abs 4 letzter Satz StudFG ist eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel jedenfalls nicht mehr als zumutbar anzusehen. Das günstigste öffentliche Verkehrsmittel benötigt in beiden Fahrtrichtungen für die Fahrtstrecke Kefermarkt bis Linz und zurück jeweils weniger als eine Stunde. Der Gesetzgeber hat aber gerade auf diesen Umstand abgestellt. Er nimmt hiebei in Kauf, daß ein für den Studenten im Einzelfall zweckmäßigeres Verkehrsmittel unwesentlich länger als eine Stunde für die Bewältigung der Wegstrecke benötigt. Der Gesetzgeber hat demnach bewußt diese Unschärfen in Kauf genommen. Nach Ansicht des VfGH kann der im Gesetz verwendete Begriff des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels nicht anders als dahin verstanden werden, daß in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden besteht, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältigt.
Da die hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung vom Bf. geltend gemachten Bedenken nicht stichhältig sind und im Zuge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens auch sonst keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der von der bel. Beh. angewendeten Normen entstanden sind, war die Beschwerde abzuweisen.