OGH vom 04.12.1990, 10ObS273/90
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Felix Joklik und Mag. Robert Renner (beide AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ingeborg B***, Pensionistin, 2344 Maria Enzersdorf, Donaustraße 25, vertreten durch Dr. Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W*** (L*** N***), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84 - 86, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rückforderung eines Überbezuges an Witwenpension, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 33 Rs 30/90-21, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 20 Cgs 5002/88-17, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Beiden Rekursen wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses und der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom stellte die beklagte Partei das Ausmaß der Witwenpension der Klägerin ab neu fest (Punkt 1.), stellte weiters fest, daß diese Pension vom an während bestimmter Zeiträume mit bestimmten Beträgen nach § 60 GSVG (Punkt 2.) und während bestimmter Zeiträume mit bestimmten Beträgen wegen § 243 GSVG ruhte (Punkt 3.) und sprach aus, daß der zuviel bezogene Vorschuß von insgesamt S 121.585,40 mit der zu erbringenden Leistung verrechnet werde (§ 71 GSVG). Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin zu 11 C 4/85 des Schiedsgerichtes der S*** FÜR N*** in Wien, rechtzeitig Klage, in der sie zunächst begehrte, die beklagte Partei zur Leistung der Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß auf der Grundlage des Bescheides vom ohne Ruhen, zur Abstandnahme von der Verrechnung eines Vorschusses von S 121.585,40
und zur Auszahlung der bisher einbehaltenen Beträge zu verurteilen. In der Tagsatzung vom erklärte die Klägerin, die Klage gegen die Punkte 1. bis 3. des Bescheides zurückzunehmen und stellte die Höhe des verrechneten Betrages mit S 121.585,40 außer Streit.
Die beklagte Partei wendete damals gegen das die Verrechnung als Vorschuß und die Einbehaltung betreffende Begehren lediglich ein, daß Pensionsleistungen, die trotz des Ruhens erbracht worden seien, als Vorschüsse nach § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG aufgerechnet werden könnten, ohne daß Rückforderungstatbestände vorliegen müßten. Sie berief sich dazu auf mehrere Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien.
Das Erstgericht wies das eingeschränkte Klagebegehren ab und verurteilte die Klägerin, der beklagten Partei den zuviel bezogenen Vorschuß von S 121.585,40 zurückzuzahlen.
Mit Urteil vom , 35 R 114/86-13, änderte das Oberlandesgericht Wien das erstgerichtliche Urteil in Stattgebung der Berufung der Klägerin dahin ab, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, der Klägerin gegenüber von der Aufrechnung eines Überbezuges an Witwenpension von S 121.585,40 auf die von ihr zu erbringenden Geldleistungen Abstand zu nehmen und die bisher einbehaltenen Beträge wieder auszuzahlen.
Das Berufungsgericht begründete dies damals im wesentlichen damit, im Hinblick auf die Änderung des § 103 Abs. 1 Z 3 ASVG und des § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG durch die 41. ASVGNov bzw. die 10. GSVGNov habe die Verwirklichung eines Ruhenstatbestandes nicht mehr zur Folge, daß eine ungekürzt weiter gewährte Pension bezüglich ihrer bei rückwirkender Betrachtung vom Ruhen erfaßten Teile als Vorschuß zu behandeln sei, dessen Aufrechnung mit künftig fällig werdenden Pensionsleistungen nach § 71 GSVG zulässig wäre. Ein Rückforderungstatbestand sei von der dafür behauptungs- und beweispflichtigen beklagten Partei nie geltend gemacht worden. Daraufhin stellte die beklagte Partei mit Bescheid vom für die Zeit vom bis und für Jänner 1984 einen Überbezug von S 121.585,40 fest, den sie gemäß § 76 GSVG zurückforderte, wobei sie die zu Unrecht bezogene Geldleistung aufrechnete (§ 71 GSVG). Sie begründete diesen Bescheid damit, daß zu Unrecht erbrachte Geldleistungen zurückzufordern seien, wenn der Überbezug durch bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen sowie Verletzung der Meldevorschriften und der Auskunftspflicht entstanden sei (§ 76 GSVG).
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage bestritt die Klägerin, einen im § 76 GSVG genannten Rückforderungsgrund gesetzt zu haben und begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, von der Rückforderung und der Aufrechnung eines Überbezuges von S 121.585,40 Abstand zu nehmen und die bereits einbehaltenen Beträge zu zahlen. Die Klägerin wies schon in der Klage darauf hin, daß im Hinblick auf das zit. Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom , 35 R 114/86, auch über die Rückforderung eines Überbezuges rechtskräftig entschieden worden sei. Weiters wendete sie Verjährung ein. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und die Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des Überbezuges von S 121.585,40.
Das Erstgericht gab im ersten Rechtsgang der Klage statt. Nach seiner Meinung habe das Oberlandesgericht Wien mit seinem zit. Urteil rechtskräftig über den von der beklagten Partei geltend gemachten Leistungsanspruch auf Rückzahlung von S 121.585,40 entschieden. Der im Bescheid vom geltend gemachte Anspruch sei ein Rückforderungsanspruch gewesen. Daß er nicht als solcher gemäß § 76 GSVG, sondern als Vorschuß geltend gemacht worden sei und durch Aufrechnung nach § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG hereingebracht werden sollte, sei nur eine rechtliche Beurteilung der beklagten Partei gewesen. Deshalb sei der nunmehr angefochtene Bescheid wegen der Rechtskraftwirkung des zit. Urteils zu Unrecht erlassen worden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Gegenstand des seinerzeitigen Verfahrens sei nur gewesen, ob die Verrechnung des darin schließlich nicht mehr strittigen Betrages von S 121.585,40 als Vorschuß gemäß § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG (§ 103 Abs. 1 Z 3 ASVG) zulässig sei, was vom Berufungsgericht damals im Hinblick auf die neue Rechtslage durch die 41. ASVGNov verneint worden sei. Dadurch sei das Recht der beklagten Partei nach § 71 Abs. 1 Z 2 GSVG nicht berührt worden, von dem sie auch unverzüglich nach dem zit. Urteil des Berufungsgerichtes Gebrauch gemacht habe. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht die Voraussetzungen für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen iS des § 76 GSVG zu erheben und zu prüfen haben.
Der erkennende Senat gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin mit B 10 Ob S 252/88 nicht Folge und teilte die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes. Die Rechtskraft des Berufungsurteils sei mangels Identität des Anspruches nach § 76 Abs. 1 GSVG und der Aufrechnung nach § 71 Abs. 1 Z 2 GSVG der Weiterverfolgung des Anspruches auf Rückersatz nicht entgegengestanden.
Auch im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die beklagte Partei schuldig, von der Rückforderung und der Aufrechnung eines Überbezuges von S 121.585,40 Abstand zu nehmen und die bereits einbehaltenen Beträge binnen 14 Tagen zu zahlen.
Es ging dabei von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Die beklagte Partei anerkannte mit Bescheid vom den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach § 77 Abs. 1 iVm § 71 GSPVG. In diesem Bescheid machte sie die Klägerin darauf aufmerksam, daß diese ihr jede Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit sowie den Erhalt einer sonstigen Pension oder Rente sofort zu melden habe. Auf Anfrage der beklagten Partei vom gab ihr die Klägerin mit einem am eingelangten Schreiben vom bekannt, daß sie seit 1972 Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit habe und legte eine Fotokopie des Steuerbescheides 1972 vor. Mit einem am
eingelangten Schreiben vom wurde bekanntgegeben, daß die Klägerin als Rechnungslegerin für Apotheken selbständig erwerbstätig sei, die Steuererklärung für 1977 beim Finanzamt Mödling abgegeben worden sei und die Bilanz nachgereicht werde. Nach zweimaliger Aufforderung durch die beklagte Partei legte die Klägerin die Einkommensteuererklärung für 1977 vor. Mit Erklärung vom gab sie bekannt, daß ihr monatliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit voraussichtlich im Jahre 1978 S 6.000,--, im Jahre 1979 S 5.000,-- nicht übersteigen werde. Mit Schreiben vom legte sie den Einkommensteuerbescheid für 1982 vor. Am gab sie bei der beklagten Partei niederschriftlich an, daß sie seit Juli 1970 als Taxatorin tätig sei. Gleichzeitig legte sie die Einkommensteuerbescheide 1970 und 1971, die Einkommensteuererklärungen für 1972 bis 1976 sowie 1978 bis 1981 vor. Am gab die F*** A*** KG, 1140 Wien, Hütteldorfer Straße 175 bekannt, daß die Klägerin seit als Rechnungslegerin angestellt sei. Die beklagte Partei übermittelte der Klägerin Lohnzettel für die Jahre 1971 und 1973 bis 1979.
Sodann stellte das Erstgericht im einzelnen fest, in welcher monatlichen Höhe der Klägerin die Witwenpension in der Zeit vom bis zustand, welche zusätzlichen monatlichen Einkünfte die Klägerin im genannten Zeitraum erzielte und daß der unbestrittene Bruttoüberbezug an Witwenpension in diesem Zeitraum S 125.537,70, der Nettoüberbezug nach Abzug von 3 % Krankenversicherungsbeitrag und S 130,20 Lohnsteuerrückvergütung S 121.585,40 betrug.
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei der erst mit Bescheid vom geltend gemachte Rückforderungsanspruch nach § 76 Abs. 2 GSVG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der
10. GSVGNov (zweijährige Verjährungszeit) verjährt, weil der beklagten Partei bereits 1979, spätestens jedoch am bekannt gewesen sei, daß die Klägerin seit 1970 selbständig erwerbstätig war.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück.
Nach seiner Rechtsmeinung sei § 76 Abs. 2 lit. b GSVG in der seit geltenden Fassung der 10. GSVGNov (dreijährige Verjährungszeit) anzuwenden. Ausgehend von dem vom Erstgericht angenommenen Beginn der Verjährungsfrist am , auf den sich die Berufungswerberin bezogen habe und der in der Berufungsbeantwortung auch als spätester Beginn zugestanden worden sei, sei der mit Bescheid vom geltend gemachte Rückforderungsanspruch grundsätzlich nicht verjährt. Der in der Berufungsbeantwortung erhobene Einwand, auch bei einer dreijährigen Verjährungsfrist seien die Rückforderungsansprüche für die Jahre 1972 (Einkommensbekanntgabe am ) und 1977 (Bekanntgabe 1979) sowie hinsichtlich der Jahre 1978 ff insoweit, als die Ruhensbeträge auf das S 6.000,-- monatlich übersteigende Einkommen für 1978 und das S 5.000,-- übersteigende Einkommen für 1979 zurückzuführen seien, verjährt, sei hingegen berechtigt. Dies verhindere eine abschließende Beurteilung, weil nicht festgestellt worden sei, aus welchen Jahresbeträgen sich der Rückforderungsbetrag von S 121.585,40 zusammensetze. Dazu fehlten Behauptungen und Verfahrensergebnisse.
Dagegen richten sich die Rekurse beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Beschluß durch Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern oder ihn aufzuheben und dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung aufzutragen. Die beklagte Partei beantragt, den angefochtenen Beschluß durch ein klageabweisendes Urteil zu ersetzen oder den Vorinstanzen die Fortsetzung des Verfahrens unter Bedachtnahme auf die im Rekurs vertretene Rechtsansicht aufzutragen. Die Klägerin beantragt, dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse sind nach § 519 Abs. 1 Z 2 ZPO iVm § 46 Abs. 1 ASGG zulässig; sie sind auch berechtigt.
Die Rechtsansicht der Klägerin, daß im vorliegenden Fall § 76 Abs. 2 GSVG idF vor der 10. GSVGNov (zweijährige Verjährungsfrist) anzuwenden sei, ist richtig.
Der zit. Absatz lautete:
"Das Recht auf Rückforderung gemäß Abs. 1 verjährt binnen zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem dem Versicherungsträger bekanntgeworden ist, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist." Durch Art. I Z 16 oder 10. GSVGNov erhielt § 76 Abs. 2 GSVG folgende Fassung:
"Das Recht auf Rückforderung nach Abs. 1
a) besteht nicht, wenn der Versicherungsträger zum Zeitpunkt, in dem er erkennen mußte, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist, die für eine bescheidmäßige Feststellung erforderlichen Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist unterlassen hat;
b) verjährt binnen drei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem dem Versicherungsträger bekannt geworden ist, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist." Die EB der RV zur 10. GSVGNov 775 BlgNr 16. GP 13 führen dazu aus, daß diese Änderung der im Entwurf zur 41. ASVGNov vorgeschlagenen gleichartigen Änderung des § 107 Abs. 2 ASVG entspreche und verweisen auf die entsprechenden Erläuterungen zum letztgenannten Entwurf (774 BlgNr 16. GP). Dort heißt es auf S 38, im § 107 Abs. 2 lit. b ASVG solle - analog zu der im § 69 ASVG nunmehr vorgeschlagenen Verjährungsfrist für die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge - die Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen ebenfalls auf drei Jahre erweitert werden. Durch Art. I Z 10 der 10. GSVGNov wurde § 41 GSVG (Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge), der bis dahin nur aus einem Absatz bestand, in 6 Absätzen neu geregelt. Während nach der alten Fassung zu Ungebühr entrichtete Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach der Zahlung zurückgefordert werden konnten, verjährt das Recht auf Rückforderung nach der neuen Fassung (Abs. 1) nach Ablauf von drei Jahren nach deren Zahlung, wobei der Lauf der Verjährung des Rückforderungsrechtes durch Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur Herbeiführung einer Entscheidung, aus der sich die Ungebührlichkeit der Beitragsentrichtung ergibt, bis zu einem Anerkenntnis durch den Versicherungsträger bzw. bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Verwaltungsverfahren unterbrochen wird. Die zweijährige Ausschlußfrist der alten Fassung wurde also durch eine dreijährige Verjährungsfrist ersetzt (so auch EB der RV zur 41. ASVGNov 774 BlgNR 16. GP 28f).
Nach Art. II Abs. 3 der 10. GSVGNov gelten die Bestimmungen des § 41 GSVG idF des Art. I Z 10 auch für noch nicht verjährte Rückforderungen, die vor dem entstanden sind. Eine entsprechende Übergangsbestimmung findet sich im Art. VI Abs. 4 der
41. ASVGNov bezüglich des § 69 ASVG.
Die am in Kraft getretenen zit. Novellen enthalten hingegen keine den § 76 Abs. 2 GSVG bzw. den § 107 Abs. 2 ASVG betreffende Übergangsbestimmungen.
Aus dem Fehlen solcher entsprechender Übergangsbestimmungen hat schon das Erstgericht den zutreffenden Schluß gezogen, daß § 76 Abs. 2 GSVG idF des Art. I Z 16 der zit. Nov für (am ) noch nicht verjährte Rechte eines Versicherungsträgers auf Rückforderung nach Abs. 1 leg cit, die vorher entstanden sind, nicht gilt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß mit der durch Art. I Z 10 der 10. GSVGNov vorgenommenen Änderung des § 41 (Abs. 1) GSVG die Rechtsstellung des Versicherten, der ungebührlich entrichtete Beiträge zurückfordert, ua. dadurch erheblich verbessert wurde, daß sein Rückforderungsrecht seither erst nach Ablauf von drei Jahren nach der Zahlung verjährt, während zu Ungebühr entrichtete Beiträge vorher nur innerhalb von zwei Jahren nach der Zahlung zurückgefordert werden konnten. Hingegen bewirkte die durch Art. I Z 16 der zit. Nov verfügte Änderung des § 76 Abs. 2 (lit. b) GSVG eine Besserstellung des Versicherungsträgers, dessen Recht auf Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen seither erst binnen drei Jahren verjährt.
Weil nur die genannte Änderung des § 41 (Abs. 1) GSVG eine Verbesserung für den Versicherten brachte und es sich um ein Sozialversicherungsgesetz handelt, liegt es nahe, daß der Gesetzgeber durch eine Übergangsbestimmung die neue dreijährige Verjährungsfrist schon für Rückforderungsrechte des Versicherten sicherstellen wollte, die am noch nicht verjährt waren. Es ist also anzunehmen, daß der Gesetzgeber damit für diesen Fall vom Grundsatz des Abs. 6 KaisP 1. Juni 1811 JGS 946 (Kundmachung des ABGB) abgehen wollte, nach dem auch eine schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurteilen ist (vgl. zB. Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 5 mwN; Posch in Schwimann ABGB Rz 5 zu § 5; JBl. 1958, 269; RZ 1960, 164 mwN; SZ 60/137 ua.). Aus dem Unterbleiben einer dem Art. II Abs. 3 der 10. GSVGNov entsprechenden Übergangsbestimmung hinsichtlich des nur den Versicherungsträger begünstigenden neuen § 76 Abs. 2 lit. b GSVG darf aber nicht auf eine diesbezügliche planwidrige Unvollständigkeit (Gesetzeslücke) geschlossen werden, die eine analoge Anwendung dieser Übergangsbestimmung auf die letztzit. Gesetzesstelle rechtfertigen würde. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die genannte Nov. in dieser Beziehung nicht bewußt unvollständig wäre. Ihre Ergänzung würde daher der anzunehmenden, vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung widersprechen. Im Sinne eines wertenden Gesetzesverständnisses ist vielmehr aus dem Unterbleiben einer entsprechenden Übergangsbestimmung hinsichtlich des neuen § 76 Abs. 2 lit. b GSVG auf Grund eines Umkehrschlusses (arg e contrario bzw. silentio) davon auszugehen, daß der Gesetzgeber nur die den Versicherten begünstigende neue Fassung des § 41 (Abs. 1) GSVG, nicht aber auch die seine Rechtsstellung verschlechternde Neufassung des § 76 Abs. 2 lit. b leg cit auch auf noch nicht verjährte Rückforderungen, die vor dem entstanden sind, angewendet haben wollte.
Das bedeutet, daß das Recht des Versicherungsträgers auf Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen, das vor dem (Inkrafttreten der 10. GSVGNov) entstanden ist, iS des § 76 Abs. 2 GSVG idF vor der zit. Nov binnen zwei Jahren nach dem Zeitpunkt verjährt, in dem dem Versicherungsträger bekanntgeworden ist, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes war daher ein allfälliges Recht der beklagten Partei auf Rückforderung der wegen Ruhens zu Unrecht erbrachten Witwenpensionsbeträge binnen zwei Jahren nach dem als dem unbestritten spätestem Zeitpunkt, in dem dem Versicherungsträger bekanntgeworden ist, daß die Leistung zu Unrecht erbracht worden ist, nach § 76 Abs. 2 GSVG idF vor der 10. GSVGNov verjährt, weil die Verjährung weder gehemmt noch unterbrochen wurde.
Die beklagte Partei hätte ihren behaupteten Anspruch auf Rückersatz ohne weiteres während der in der ersten Hälfte des Jahres 1984 beginnenden zweijährigen Verjährungsfrist bescheidmäßig feststellen können.
Dadurch, daß die beklagte Partei zunächst den Bescheid vom erließ, in dem sie das Ausmaß der Witwenpension der Klägerin vom an neu und weiters feststellte, daß diese Pension vom an während bestimmter Zeiträume mit bestimmten Beträgen ruhte und den zuviel bezogenen Vorschuß von insgesamt S 121.585,40 mit der zu erbringenden Leistung nach § 71 GSVG verrechnete, wurde die zweijährige Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 76 Abs. 2 GSVG nicht unterbrochen. Die beklagte Partei machte nämlich damit nur ihr (behauptetes) Recht auf Aufrechnung eines Vorschusses in dieser Höhe nach § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG nicht aber auf Rückforderung eines von der Klägerin zu Unrecht bezogenen Betrages in dieser Höhe gem. § 76 GSVG geltend, ist doch die Rückforderung nach § 76 GSVG nur unter bestimmten im Gesetz umschriebenen Bedingungen zulässig. Die Klägerin hat das im genannten Bescheid behauptete Recht der beklagten Partei auf Aufrechnung dieses angeblichen Vorschusses damals nicht anerkannt, sondern den Aufrechnungsbescheid durch rechtzeitige Klage außer Kraft gesetzt, der mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien , 35 R 114/86-13, rechtskräftig stattgegeben wurde. Daß sie das im vorliegenden Verfahren strittige Rückforderungsrecht jemals ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt hätte, wurde nie behauptet.
Weil es im Verfahren gegen den Bescheid vom nur um die Zulässigkeit der Aufrechnung eines Vorschusses nach § 71 Abs. 1 Z 3 GSVG und nicht um die Rückforderung einer zu Unrecht erbrachter Witwenpension ging, hätte die beklagte Partei über dieses Rückforderungsrecht mangels Identität des Anspruchs (siehe hg. Rekursentscheidung 10 Ob S 252/88) auch während des die Aufrechnung des Vorschusses betreffenden gerichtlichen Verfahrens und damit während der zweijährigen Verjährungsfrist bescheidmäßig feststellen dürfen, so daß sie nicht gezwungen war, damit bis zur rechtskräftigen Erledigung des erstgenannten Verfahrens zuzuwarten. Schon deshalb kann von einer Hemmung der Verjährung keine Rede sein.
Damit erweist sich die Streitsache im klagestattgebenden Sinne zur Entscheidung reif. Deshalb konnte der Oberste Gerichtshof über den berechtigten Rekurs der Klägerin und den nur im Ergebnis berechtigten Rekurs der beklagten Partei nach § 519 Abs. 2 letzter Satz ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen und das erstgerichtliche Urteil wiederherstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 3 und § 54 Abs. 1 ZPO. Weil die Klägerin im Rekurs und in der Rekursbeantwortung kein Kostenverzeichnis vorgelegt hat, hat sie ihre allfälligen Kostenersatzansprüche verloren.