OGH vom 25.06.2015, 8ObA48/15i

OGH vom 25.06.2015, 8ObA48/15i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Claudia Gründel und Dr. Peter Schnöller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** G*****, vertreten durch Dr. Heinz Kallan, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch die Klein Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 2.478,57 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 6 Ra 16/15t 13, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach ständiger Rechtsprechung schließt das Erfordernis einer Urlaubsvereinbarung die Annahme eines einseitigen Gestaltungsrechts des Arbeitgebers zum Urlaubsverbrauch aus. Eine Dienstfreistellung, etwa auch während der Kündigungsfrist, kann aber das Anbot des Arbeitgebers auf Abschluss einer Urlaubsvereinbarung enthalten, sofern die dafür erforderlichen Voraussetzungen einer zumindest schlüssigen Willenserklärung vorliegen (9 ObA 144/05z; 8 ObA 81/08g). Das Anbot des Arbeitgebers bedarf der ebenfalls zumindest schlüssigen Annahme durch den Arbeitnehmer (9 ObA 160/11m).

Die Frage, ob aufgrund übereinstimmender, zumindest schlüssiger Willenserklärungen eine Urlaubsvereinbarung zustande gekommen ist, hängt typisch von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, deren Beantwortung im Allgemeinen, abgesehen von einer groben Fehlbeurteilung, keine erhebliche Rechtsfrage begründet.

1.2 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Verhalten des Klägers sei weder als ausdrückliche noch als schlüssige Annahme der als Anbot zu wertenden Aufforderung des Geschäftsführers der Beklagten zum Urlaubsverbrauch zu werten, weil das Verhalten des Klägers nur dafür spreche, dass er die angeordnete Dienstfreistellung zur Kenntnis genommen und dieser entsprochen habe, ist zumindest vertretbar.

Der Geschäftsführer der Beklagten ließ dem Kläger beim Ausspruch der Kündigung keine Wahl, sondern erklärte, dass dieser den noch nicht konsumierten Urlaub verbrauchen müsse . Aufgrund der gleichzeitig erklärten Dienstfreistellung konnte der Kläger davon ausgehen, dass seine Arbeitsleistung nicht mehr erwünscht sei. In dieser Situation liegt die Ansicht, dass dem Schweigen des Klägers und der Schlüsselrückgabe bei verständiger Betrachtungsweise nicht der Erklärungswert einer Zustimmung zum angeordneten Urlaubsverbrauch beigemessen werden kann, nicht außerhalb des Beurteilungsspielraums. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Geschäftsführer der Beklagten habe nicht damit rechnen können, dass der Kläger mit der einseitigen Anordnung des Urlaubsverbrauchs einverstanden sei, zumal er die Dienste des Klägers endgültig nicht mehr zugelassen habe, begründet damit keinen Korrekturbedarf.

2. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach der Rechtsprechung mit der Treuepflicht des Arbeitnehmers nicht vereinbar sei, im gekündigten Arbeitsverhältnis das Anbot des Arbeitgebers zum Abschluss einer Urlaubsvereinbarung während der Dienstfreistellung zwar abzulehnen, dann aber doch die bezahlte Freizeit zu einem erheblichen Teil tatsächlich für Zwecke zu verwenden, die die Gewährung von Urlaub erfordern (8 ObA 81/08g). Der Arbeitnehmer hat demnach nur im Fall der Verletzung der Treuepflicht und des Rechtsmissbrauchs die grundsätzliche Obliegenheit, ein Anbot des Arbeitgebers auf Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist anzunehmen (8 ObA 23/09d).

Auf einen solchen Ausnahmetatbestand hat sich die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren allerdings nicht berufen.

3. Insgesamt bedarf die Entscheidung des Berufungsgerichts keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00048.15I.0625.000