OGH vom 24.10.2000, 10ObS272/00y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter MR DI Gustav Poinstingl und MR Dr. Richard Warnung (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt H*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Gernot Kusatz, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Feststellung von Versicherungszeiten, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 167/96g-46, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 25 Cgs 195/93a-37, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird in seinem abweisenden Teil hinsichtlich der Feststellung von 96 Versicherungsmonaten für Kindererziehung sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Auf Antrag des Klägers vom - in der Landesstelle Oberösterreich der beklagten Partei eingelangt am (vgl OZ 161 im Anstaltsakt) - stellte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Bescheid vom fest, dass der Kläger bis in der österreichischen Pensionsversicherung die im Einzelnen angeführten Versicherungszeiten, insgesamt 325 Versicherungsmonate, erworben hat.
Das Erstgericht stellte die Versicherungszeiten des Klägers in bescheidmäßigem Umfang fest und wies das Begehren auf Feststellung von darüber hinausgehenden Versicherungszeiten ab. Das im Revisionsverfahren allein noch strittige Begehren des Klägers auf Feststellung von 96 weiteren Versicherungsmonaten für Kindererziehung wies das Erstgericht mit der Begründung ab, eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten sei im Hinblick auf die am Stichtag () maßgebliche Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 116a GSVG über die Anrechnung von Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, stellte über die vom Erstgericht bereits berücksichtigten und der bescheidmäßigen Feststellung entsprechenden Versicherungszeiten für die Monate Jänner 1977 bis einschließlich August 1979 32 Beitragsmonate als weitere Versicherungszeiten fest und wies das darüber hinausgehende Begehren (unter anderem auch auf Feststellung von 96 weiteren Versicherungsmonaten für Kindererziehung) ab. Es verwies in seiner Begründung darauf, dass § 116a GSVG, der unter bestimmten Voraussetzungen den Erwerb von Ersatzzeiten im Ausmaß von jeweils höchstens 48 Kalendermonaten für die Erziehung von Kindern ermögliche, erst mit und damit nach dem hier relevanten Stichtag () in Kraft getreten sei.
Die allein gegen die Nichtberücksichtigung von 96 weiteren Versicherungsmonaten für Kindererziehung erhobene Revision des Klägers ist im Ergebnis im Sinne der beschlossenen Aufhebung berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Kläger in seinen Revisionsausführungen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit seines Rechtsmittels eine angebliche Bewertung des Entscheidungsgegenstandes mit S 50.000 durch das Berufungsgericht als unrichtig bekämpft, missversteht er offensichtlich die Ausführungen des Berufungsgerichtes. Das Berufungsgericht hat nämlich in seiner Entscheidung lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Betrag von S 50.000 gemäß § 77 Abs 2 ASGG Bemessungsgrundlage für den Kostenersatzanspruch des Klägers ist. Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG auch ohne die Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässig, weil es sich bei dem im § 117a GSVG vorgesehenen Verfahren zur Feststellung der Versicherungszeiten um ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen handelt (SSV-NF 1/18 ua; RIS-Justiz RS0084930).
Gemäß § 117a GSVG ist ebenso wie nach § 247 ASVG auf einen Antrag von Feststellung von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung die Stichtagsregelung des § 113 Abs 2 GSVG (bzw § 223 Abs 2 ASVG) entsprechend anzuwenden. In sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung wird als "Stichtag" jener Monatserste in Betracht kommen, der der Einbringung des Feststellungsantrages folgt (Teschner/Widlar, MGA ASVG 68. Erg-Lfg Anm 6 zu § 247).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen Antrag auf Feststellung der Versicherungszeiten am bei der beklagten Partei eingebracht. Der Stichtag, zu dem die Feststellung der Versicherungszeiten zu erfolgen hat, ist daher der . Dem entspricht auch der ausdrückliche Antrag des Klägers auf Feststellung der Versicherungszeiten "mit Stichtag " (vgl OZ 161 im Anstaltsakt). Der Umstand, dass die beklagte Partei offensichtlich im Sinne sozialer Rechtsanwendung im Interesse des Klägers (vgl OZ 164 ff im Anstaltsakt) diesen Stichtag im Hinblick auf einen vom Kläger erstmals am gestellten (OZ 54) - vom Kläger aber mit Eingabe vom (OZ 160) wieder zurückgezogenen - Antrag auf Erwerbsfähigkeitspension auf den zurückverlegt hat, vermag daran nichts zu ändern. Mit trat jedoch die Regelung des § 116a GSVG über die Anrechnung von Ersatzzeiten für Zeiten der Kindererziehung nach dem in Kraft (vgl § 259 Abs 1 Z 5 und Abs 4 GSVG), sodass diese Bestimmung im Hinblick auf den für den Antrag des Klägers auf Feststellung der Versicherungszeiten maßgebenden Stichtag bereits zur Anwendung kommt.
Nach § 116a Abs 1 GSVG in der rückwirkend mit in Kraft getretenen (vgl § 260 Abs 1 Z 2 GSVG sowie 10 ObS 107/94 zur vergleichbaren Rechtslage nach dem BSVG) Fassung der 20. GSVGNov, BGBl 1994/21, gelten unter der Voraussetzung, dass eine Beitragszeit nach diesem Bundesgesetz vorangeht oder nachfolgt, bei einem Versicherten, der sein Kind tatsächlich und überwiegend erzogen hat, die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes, als Ersatzzeiten. Der Kläger hat dazu in seiner Klage vorgebracht, er habe seine beiden Kinder allein versorgt und erzogen.
Da das Erstgericht ausgehend von einer anderen Rechtsansicht dieses Prozessvorbringen des Klägers bisher noch nicht ausreichend erörtert hat und dazu auch keine Feststellungen getroffen hat, kann nicht beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die noch strittigen Zeiten der Kindererziehung als Ersatzzeiten anrechenbar sind.
Es war daher das angefochtene Urteil in dem noch strittigen Umfang aufzuheben und die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.