OGH vom 03.10.2016, 17Os1/16z

OGH vom 03.10.2016, 17Os1/16z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Krenn, LL.M. (WU), als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred M***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 24 Hv 23/15v 54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alfred M***** – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – vom Vorwurf freigesprochen, er habe von 20. März bis in H***** als Beamter, nämlich als Gerichtsvollzieher des dortigen Bezirksgerichts, mit dem Vorsatz, dadurch im angefochtenen Urteil namentlich genannte Gläubiger an deren Recht auf Durchführung der Fahrnisexekution und Ermittlung pfändbarer Gegenstände nach den Bestimmungen der §§ 252a ff EO sowie an ihrem Recht, vor Ablauf von sechs Monaten neuerlich einen Vollzug zu beantragen (§ 252e EO), zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, in neun, im Urteil einzeln angeführten Fällen (Punkt 1/a bis i), wissentlich missbraucht, indem er in Vollzugsberichten unrichtig vermerkt habe, am Wohnsitz des jeweiligen Verpflichteten eine Vollzugshandlung durchgeführt und keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden zu haben, und ohne weitere Vollzugsversuche Vermögensverzeichnisse aufgenommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde strebt die Staatsanwaltschaft einen Schuldspruch wegen Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB in Bezug auf fünf von diesem Freispruch erfasste Taten (Punkte 1/a, c, e, h und i) an. Dies jedoch zu Unrecht.

Das Erstgericht ging bei seinem Freispruch im Wesentlichen von folgendem Urteilssachverhalt aus (US 6 ff):

Alfred M***** habe in den hier gegenständlichen Exekutionsverfahren zwar Vollzugsversuche an den in den Exekutionsanträgen genannten Orten durchgeführt, Anzahl und Zeitpunkte dieser Amtshandlungen jedoch teils gar nicht, teils erst später aufgrund seiner Erinnerung dokumentiert. Er habe in keinem der fünf, von der Nichtigkeitsbeschwerde thematisierten Fälle die Wohnung des jeweils Verpflichteten (zur Gänze) durchsucht (vgl § 26 Abs 1 EO). Gleichwohl habe er in seinen Berichten an das Gericht und den betreibenden Gläubiger (§ 252d EO) vermerkt, es habe „keine pfändbaren Gegenstände“ gegeben. Dies habe er in dem – aus anderen Exekutionsverfahren erworbenen und teils auf (frühere) persönliche Einschätzung der „finanziellen und tatsächlichen Lebensverhältnisse“ der Verpflichteten gestützten – „Wissen“ getan, dass an jenen Orten tatsächlich keine pfändbaren Gegenstände vorhanden seien. Er habe die Berichte daher in der Überzeugung von der Richtigkeit ihres Inhalts verfasst.

Die Mängelrüge erblickt einen Widerspruch (Z 5 dritter Fall) in dieser Feststellung fehlenden Vorsatzes des Angeklagten in Bezug auf Unrichtigkeit des in diesen Berichten dokumentierten Ergebnisses („keine pfändbaren Gegenstände“) und den Konstatierungen, nach welchen er sich davon bei den Vollzugsversuchen nicht „mit eigenen Augen“ – mittels Durchsuchung der gesamten Wohnung der Verpflichteten – vergewissert habe. Der Beschwerdeansicht zuwider schließen einander diese beiden Aussagen nach Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung (RIS Justiz RS0117402) nicht zwingend aus.

Gestützt auf einzeln bezeichnete Verfahrensergebnisse begehrt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) „Ersatzfeststellungen“, insbesondere zu einem Vorsatz des Beschwerdeführers auf Unrichtigkeit der Beurkundung „eines ordnungsgemäß durchgeführten Exekutionsvollzuges“ und Gebrauch der Urkunden zum Beweis dieser (unrichtigen) Tatsache. Damit macht die Beschwerdeführerin aber der Sache nach keinen Feststellungsmangel (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 600) geltend, sondern bekämpft die – von ihr übergangenen (vgl RIS-Justiz RS0099730) – Konstatierungen, der Angeklagte sei von der Richtigkeit des „gesamten Inhalts des Vollzugsberichtes“ überzeugt gewesen (US 12 f und 23), nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Für die (zusätzliche) Annahme eines Vorsatzes auf unrichtige Dokumentation (von Einzelheiten) der Durchführung der Amtshandlung, welche übrigens weder nach den vom Erstgericht getroffenen noch von der Beschwerdeführerin begehrten Feststellungen (objektiv) in den inkriminierten Berichten enthalten ist, bleibt daneben kein Raum.

Mit Blick auf die erfolglos bekämpften – einem Schuldspruch entgegenstehenden – Feststellungen zur subjektiven Tatseite war auf das zu Punkt 1/h des Freispruchs im Zusammenhang mit dem objektiven Tatgeschehen erstattete Vorbringen nicht einzugehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0170OS00001.16Z.1003.000