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OGH vom 23.03.2010, 10ObS27/10h

OGH vom 23.03.2010, 10ObS27/10h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene Kienzl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Rudolf K*****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 145/09f-28, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision macht der Kläger geltend, die Vorinstanzen hätten den Zeitpunkt des Entstehens seiner Meldepflicht bezüglich der Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit durch seine Ehegattin mit unrichtig beurteilt. Die Vorinstanzen seien zu Unrecht davon ausgegangen, er wäre bereits ab dem Zeitpunkt, zu dem er von der Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit durch seine Ehegattin ab Kenntnis erlangt habe, zur Meldung an den die Ausgleichszulage auszahlenden beklagten Pensionsversicherungsträger verpflichtet gewesen.

Nach § 298 Abs 1 ASVG ist der Pensionsberechtigte, der eine Ausgleichszulage bezieht, verpflichtet, jede Änderung des Nettoeinkommens oder der Umstände, die eine Änderung des Richtsatzes bedingen, dem Träger der Pensionsversicherung gemäß § 40 ASVG anzuzeigen. Nach § 40 Abs 1 ASVG sind die Zahlungsempfänger verpflichtet, jede Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung maßgebenden Verhältnissen binnen zwei Wochen dem zuständigen Versicherungsträger anzuzeigen.

Der Umstand, dass der Kläger nach dieser Bestimmung (objektiv) verpflichtet war, die von seiner Gattin ab ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit dem beklagten Pensionsversicherungsträger bekannt zu geben, ist nicht strittig. Es trifft auch zu, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 10 ObS 91/88 = SSV-NF 3/9 ua; RIS-Justiz RS0083665, RS0083612) der Leistungs oder Zahlungsempfänger dem Versicherungsträger schon den Beginn einer Erwerbstätigkeit anzeigen muss, auch wenn zu dieser Zeit noch nicht feststeht, in welcher Höhe ihm - oder im vorliegenden Fall seiner Ehegattin - ein Einkommen zufließen wird. Der Versicherungsträger muss nämlich in die Lage versetzt werden, über die Gewährung der Leistung als Vorschuss zu entscheiden. In diesem Sinn gehört schon der Beginn einer Erwerbstätigkeit zu den für den Fortbestand des Bezugsrechts maßgebenden Verhältnissen. Daran ändert auch § 298 Abs 1 ASVG nichts, weil aus der dort festgelegten Verpflichtung, jede Änderung des Nettoeinkommens anzuzeigen, nicht geschlossen werden darf, dass der Sachverhalt, der zur Erzielung eines Nettoeinkommens führen kann (und der daher im wörtlichen Sinn keine „Änderung“ des Nettoeinkommens bedeutet), nicht anzuzeigen ist. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Meldevorschriften (10 ObS 91/88 = SSV-NF 3/9).

Die Frage, ob der Kläger den Bezug einer Leistung durch Verletzung der Meldevorschriften (§§ 40, 298 ASVG) herbeigeführt hat, kann nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (10 ObS 120/08g mwN). Auch wenn man mit den insoweit zutreffenden Ausführungen des Klägers berücksichtigt, dass ihm für die Meldung an den Versicherungsträger gemäß § 40 Abs 1 ASVG eine zweiwöchige Frist zur Verfügung stand, gelangt man zu dem Ergebnis, dass er jedenfalls bis Mitte November 2004 dem beklagten Pensionsversicherungsträger die Erwerbstätigkeit seiner Gattin hätte melden müssen. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch geäußerte Rechtsansicht, der Kläger hätte jedenfalls nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am unverzüglich seiner Meldepflicht nachkommen müssen, ist daher jedenfalls vertretbar. Auf die Richtigkeit der vom Kläger bekämpften Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach er bereits im Oktober 2004 zur Meldung der Beschäftigung seiner Ehegattin ab verpflichtet gewesen wäre, kommt es somit im vorliegenden Fall nicht an, weil der Kläger nach der nicht zu beanstandenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedenfalls ab zur Meldung verpflichtet gewesen wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen wegen Verletzung der Meldevorschriften ein Verschulden des Leistungsempfängers voraus, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt. Hat der Leistungsempfänger die Meldung trotz ausdrücklicher Belehrung unterlassen, so begründet dies regelmäßig ein Verschulden. Es ist Sache des Versicherten, nachzuweisen, dass ihn (ausnahmsweise) kein Verschulden an der Verletzung der Meldevorschrift trifft (vgl 10 ObS 104/90 = SSV-NF 4/91 ua; RIS-Justiz RS0083641). Unter Berücksichtigung der Feststellungen der Vorinstanzen, wonach der Kläger die beklagte Partei über die unselbständige Erwerbstätigkeit seiner Ehegattin zu keinem Zeitpunkt informierte, obwohl er von der beklagten Partei ausdrücklich auf seine diesbezügliche Meldepflicht hingewiesen wurde und er zur Erfüllung der Meldepflicht auch in der Lage gewesen wäre, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dem Kläger liege eine schuldhafte Verletzung seiner Meldepflicht zur Last, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Soweit der Kläger geltend macht, eine Rückforderung der von ihm zu Unrecht bezogenen Ausgleichszulage für die Monate Dezember 2004 bis einschließlich Oktober 2005 sei auch deshalb nicht berechtigt, weil die beklagte Partei bereits lange vor der Bescheiderlassung am von der Erwerbstätigkeit der Ehegattin des Klägers gewusst habe, entfernt er sich von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt. Danach hat die beklagte Partei erstmals am durch eine Mitteilung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger von der Erwerbstätigkeit der Ehegattin des Klägers in der Zeit vom bis Kenntnis erlangt und daraufhin unverzüglich die Auszahlung der Ausgleichszulage an den Kläger ab eingestellt.

Dem weiteren Einwand des Klägers, das Erstgericht habe bei der Berechnung der Höhe der von ihm rückzuerstattenden Ausgleichszulage übersehen, dass der Zeitraum Jänner bis einschließlich Oktober 2005 nur 10 Kalendermonate umfasse, hat bereits das Berufungsgericht entgegengehalten, dass dieser Zeitraum auch zwei Sonderzahlungen an Ausgleichszulage für die Monate April und September 2005 beinhaltet (vgl § 105 Abs 3 ASVG). Es wurde vom Obersten Gerichtshof ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen, dass die vom Kläger hilfsweise angestrebte Aliquotierung der Sonderzahlungen im Bereich des ASVG nicht vorgesehen ist (vgl RIS-Justiz RS0083651).

2.) Schließlich macht der Kläger in seiner außerordentlichen Revision noch geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht § 107 Abs 3 ASVG, wonach der Versicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände auf die Rückforderung verzichten könne, nicht angewendet. Auch in dieser Frage steht die Entscheidung des Berufungsgerichts jedoch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach den Sozialgerichten nur die Möglichkeit der Ratengewährung nach § 107 Abs 3 Z 2 ASVG durch die Bestimmung des § 89 Abs 4 ASGG ausdrücklich eingeräumt wurde, während es der Gesetzgeber des ASGG unterlassen hat, den Gerichten auch die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht nach § 107 Abs 3 Z 1 ASVG zu übertragen (vgl RIS-Justiz RS0085706). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass für ein Abgehen von dieser ständigen Rechtsprechung.

Die außerordentliche Revision des Klägers war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.