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OGH vom 11.05.2010, 9ObA33/10h

OGH vom 11.05.2010, 9ObA33/10h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt und Mag. Michaela Haydter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** H*****, Angestellte, *****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.163,39 EUR brutto abzüglich 504,10 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 98/09m 21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Die Bereinigungswirkung eines anlässlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses geschlossenen Vergleichs erstreckt sich im Zweifel auf alle aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen. Sie tritt selbst dann ein, wenn in den Vergleich keine Generalklausel aufgenommen wurde. Die Bereinigungswirkung umfasst auch solche Ansprüche, an die die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht haben, an die sie aber denken konnten. Macht eine Partei nach Abschluss eines Vergleichs ein Recht geltend, so muss sie im Bestreitungsfall die Voraussetzungen für das Nichteintreten der Bereinigungswirkung des Vergleichs behaupten und unter Beweis stellen (RIS Justiz RS0032589; RS0032453; 9 ObA 34/05y; 8 ObA 78/06p).

Das Berufungsgericht hat sich an diese Grundsätze gehalten. Die Auslegung des Vergleichs nach dem objektiven Sinn der Erklärung unter Berücksichtigung der für den Vergleichsabschluss maßgebenden Umstände und ebenso die Beurteilung der Reichweite der Bereinigungswirkung kann aber nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen (RIS Justiz RS0044358 [T5]; RS0042776; RS0112292).

2. Der zu beurteilende Vergleich ist erst am mit Unterfertigung des Schreibens Beil ./C durch den Klagsvertreter zustande gekommen. Zu diesem Zeitpunkt waren die vom Erstgericht erwähnten „Endansprüche“ bereits gezahlt. Zudem war in der an die Klägerin übermittelten Arbeitsbescheinigung ausdrücklich angegeben, dass keine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt gezahlt wurde. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin angesichts der konkreten Umstände bei Vergleichsabschluss an die hier strittige Urlaubsersatzleistung hätte denken können, ist jedenfalls vertretbar.

Hinzu kommt, dass der Vergleich Beil ./C eine ausdrückliche Generalbereinigungsklausel und zudem die Erklärung der Klägerin enthält, keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Beklagte zu haben und auf allfällige nicht im Vergleich geregelten Ansprüche ausdrücklich zu verzichten. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich weder dem Vergleichstext noch den relevanten Begleitumständen eine Beschränkung der Bereinigungsklausel entnehmen.

Bei den in der außerordentlichen Revision wiedergegebenen Ausführungen des Erstgerichts handelt es sich nicht um Tatsachenfeststellungen, sondern um dessen rechtliche Beurteilung.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.