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OGH vom 31.08.2010, 17Ob6/10x

OGH vom 31.08.2010, 17Ob6/10x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Dr. Griss als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH Co KGaA, *****, vertreten durch Fiebinger Polak Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 36.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 2 R 32/10f 20, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 10 Cg 116/09b 14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.888,44 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 620,84 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Inhaberin des Schutzzertifikats SZ 41/2002 für den Wirkstoff Memantin. Dieses Schutzzertifikat wurde vom Patentamt für die Zeit vom bis zum erteilt, und zwar aufgrund des am angemeldeten und am erloschenen Europäischen Patents 392059 (AT E 94384). Beim Patentamt ist ein von einem dritten Unternehmen eingeleitetes Verfahren zur Nichtigerklärung dieses Schutzzertifikats anhängig.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, ihr aufgrund des Schutzzertifikats den Vertrieb von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Memantin in Österreich zu untersagen. Sie beabsichtige, solche Arzneimittel auf den österreichischen Markt zu bringen. Das habe sie der Patentabteilung jener Unternehmensgruppe angekündigt, der auch die Beklagte angehöre. Die österreichischen Vertreter der Gruppe hätten erwidert, sie würden ihre Schutzrechte mit allen rechtlichen Mitteln verteidigen. Dieser Ankündigung fehle jedoch die rechtliche Grundlage: Die Beklagte habe für ein den Wirkstoff Memantin enthaltendes Arzneimittel bereits am und damit vor der Anmeldung des Basispatents eine arzneimittelrechtliche Genehmigung in Luxemburg erwirkt. Diese Genehmigung sei die „erste“ Genehmigung iSd Art 3 lit b und d der Verordnung (EG) Nr 469/2009 des Rates vom über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel (idF: SchZVO 2009) gewesen. Eine solche „erste“ Genehmigung liege auch dann vor, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen der RL 65/65/EWG nicht erfüllt seien; auch die unterschiedlichen Verwendungszwecke des Wirkstoffs (ursprünglich Parkinson, nun Demenz) seien unerheblich. Das Schutzzertifikat sei daher entgegen Art 2 und 3 SchZVO 2009 erteilt worden und gemäß Art 15 Abs 1 lit a SchZVO 2009 „ durch Reduzierung der Laufzeit auf Null zur Gänze nichtig“ . Diese Frage könnten die Gerichte, wie sich aus der Entscheidung 4 Ob 191/05z (= ÖBl 2006, 233 Carvedilol) ergebe, selbständig beurteilen. Das rechtliche Interesse an der Feststellung ergebe sich aus der Ankündigung der Beklagten, auf der Grundlage des Schutzzertifikats gegen das Inverkehrbringen eines Generikums vorgehen zu wollen.

Die Beklagte wendet ein, dass die Klägerin ohnehin beim Patentamt die Nichtigerklärung des Schutzzertifikats beantragen könne. Dies führte zu einer umfassenden Klärung der Rechtslage (auch) zwischen den Parteien. Hingegen müsste das Gericht sein Verfahren nach § 156 Abs 3 PatG 1970 unterbrechen, wenn es die Nichtigkeit für wahrscheinlich hielte. Ein stattgebendes Urteil könnte aus diesem Grund erst ergehen, wenn das Schutzzertifikat für nichtig erklärt worden sei. Der Zivilprozess verursache daher nur zusätzliche Kosten, ohne dass damit eine weitergehende Klärung der Rechtslage verbunden wäre. Aus diesem Grund fehle das rechtliche Interesse iSv § 228 ZPO. Zudem sei die Klage auch in der Sache unbegründet. Zwar sei in Deutschland schon 1976 ein Arzneimittel mit dem strittigen Wirkstoff vertrieben worden. Dieses Arzneimittel sei jedoch aufgrund der damals geltenden Regelungen ohne Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit registriert worden, was aufgrund von Übergangsvorschriften im deutschen Arzneimittelgesetz zu einer „fiktiven Zulassung“ ab geführt habe. Diese Zulassung habe nicht den Erfordernissen der RL 65/65/EWG genügt; eine gemeinschafsrechtskonforme Nachzulassung sei nicht erfolgt. Die von der Klägerin genannte Zulassung in Luxemburg habe ausschließlich auf der „fiktiven“ deutschen Zulassung beruht. Sie sei daher keine „erste Genehmigung“ iSd SchZVO 2009. Zudem habe sich diese Genehmigung nicht auf jene Verwendung des Wirkstoffs bezogen, für die nun das Schutzzertifikat erteilt worden sei.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung fehle, weil eine gerichtliche Entscheidung den Streit nicht endgültig bereinigen könne. Eigentlicher Gegenstand des Verfahrens sei die Nichtigkeit des Schutzzertifikats. Zwar sei insofern eine Vorfragenbeurteilung durch Gerichte möglich. Der Klägerin stehe aber auch das Nichtigkeitsverfahren vor dem Patentamt zur Verfügung, das zu einer endgültigen Bereinigung der Rechtslage führe. Weiche die Beurteilung des Patentamts von jener der Zivilgerichte ab, so sei nach § 156 Abs 6 PatG 1970 eine Wiederaufnahme des Zivilprozesses möglich. Die mit zusätzlichen Kosten verbundene Feststellungsklage könne daher nur zu einer vorläufigen Klärung der Rechtslage führen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Weiters sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Ein rechtliches Interesse bestehe bei einer negativen Feststellungsklage nur dann, wenn das Begehren geeignet sei, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für alle Mal Klarheit zu schaffen, und keine anderen oder nur wesentlich unökonomischere Abwehrmittel zur Verfügung stünden. Träfe der Standpunkt der Klägerin zu, wäre das Erzeugnis vor der Anmeldung des Grundpatents erstmals zugelassen worden. In diesem Fall hätte das Schutzzertifikat nicht erteilt werden dürfen und wäre daher nach der Rsp des EuGH (Rs C-127/00) nichtig. Die von der Klägerin gewählte Formulierung „ Reduzierung der Laufzeit auf Null“ könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie inhaltlich einen Nichtigkeitsgrund geltend mache. Zwar erfasse § 156 PatG (iVm § 7 SchZG 1996) seinem Wortlaut nach nur Verletzungsverfahren, in denen Rechteinhaber als Kläger einschritten. Es wäre jedoch mit der klaren Absicht des Gesetzgebers, dem Gericht die eigenständige Bejahung einer Nichtigkeit zu entziehen, unvereinbar, wenn diese Vorfrage in einem Feststellungsprozess mit vertauschten Parteirollen anders behandelt werde. Daher liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die eine analoge Anwendung von § 156 PatG (iVm § 7 SchZG 1996) gebiete. Die Klägerin könnte das von ihr angestrebte negative Feststellungsurteil nur nach einer Nichtigerklärung des Schutzzertifikats erwirken. Ihr fehle daher ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO, weil ihr ein eigener Nichtigerklärungsantrag iSd § 48 PatG 1970 (iVm § 7 SchZG 1996) und/oder ein Beitritt als Nebenintervenientin gemäß § 114a PatG 1970 (iVm § 7 SchZG 1996) zu einem bereits von einem anderen Unternehmen eingeleiteten Nichtigerklärungsverfahren als zweckmäßigere Abhilfemittel zur Verfügung stünden. Die Entscheidung 4 Ob 191/05z stehe dieser Rechtsansicht nicht entgegen, weil die dort geprüfte Verringerung der Schutzdauer nicht einer Nichtigkeit gleichzuhalten sei.

Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob das von § 228 ZPO geforderte rechtliche Interesse an einer negativen Feststellungsklage bestehe, wenn sich der Kläger zu deren Begründung auf die Nichtigkeit eines Schutzzertifikats berufe.

In ihrer Revision bestreitet die Klägerin die Anwendbarkeit von § 156 PatG 1970. Aus der Entscheidung 4 Ob 191/05z ergebe sich, dass die Gerichte die Schutzdauer eines Schutzzertifikats selbständig berechnen könnten. Das müsse auch für eine Reduktion der Schutzdauer auf Null gelten. Zudem sei zu C-195/09 eine Vorabentscheidung des EuGH zur Frage zu erwarten, was unter der „ersten Genehmigung“ iSv Art 3 SchZVO 2009 zu verstehen sei. Das Verfahren könne bis zum Vorliegen dieser Entscheidung unterbrochen werden. Danach seien keine voneinander abweichenden Entscheidungen der Patentbehörden und der ordentlichen Gerichte zu befürchten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig , sie ist aber nicht berechtigt .

1. Rechtsgrundlage für die Erteilung ergänzender Schutzzertifikate für Arzneimittel war ursprünglich die VO (EWG) Nr 1768/92 (SchZVO 1992). Diese VO wurde mehrfach geändert, und zwar einerseits durch die Beitrittsakte 1994, 2003 und 2005 und andererseits durch die VO (EG) Nr 1901/2006. Schließlich wurde sie durch die als „kodifizierte Fassung“ bezeichnete VO (EG) Nr 469/2009 ersetzt (SchZVO 2009). Wegen des Fehlens besonderer Übergangsvorschriften ist die SchZVO 2009 grundsätzlich auch auf Schutzzertifikate anzuwenden, die vor deren Inkrafttreten aufgrund der SchZVO 1992 erteilt wurden. Mangels ausdrücklicher Anordnung ist aber nicht anzunehmen, dass die Neuregelung ein nach altem Recht erteiltes Zertifikat rückwirkend sanieren oder ungültig machen sollte. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Schutzzertifikaten sind daher weiterhin nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung zu beurteilen.

Das Schutzzertifikat der Beklagten wurde am erteilt. Zu diesem Zeitpunkt galt die SchZVO 1992 in der Fassung der Beitrittsakte 1994. In der hier hauptsächlich strittigen Frage der Laufzeit (Art 13 Abs 1) stimmt sie mit der SchZVO 2009 überein.

2. Die Klägerin stützt ihre negative Feststellungsklage in der Sache auf die Nichtigkeit des Schutzzertifikats.

2.1. Die Erteilung eines Schutzzertifikats setzte nach Art 3 SchZVO 1992 voraus, dass


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das betroffene Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt war (lit a),
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dafür eine gültige (arzneimittelrechtliche) Genehmigung für das Inverkehrbringen nach den RL 65/65/EWG oder 81/851/EWG oder in Österreich, Finnland oder Schweden nach nationalem Recht erteilt worden war (lit b),
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diese Genehmigung die „erste Genehmigung“ für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als Arzneimittel gewesen war (lit d), und
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für das Erzeugnis nicht schon einmal ein Schutzzertifikat erteilt worden war (lit c).

Bei der „Genehmigung“ iSv Art 3 lit b SchZVO 1992 handelte es sich um eine Genehmigung in jenem Staat, für den die Erteilung des Zertifikats beantragt wurde (EuGH C-110/95, Yamanouchi Pharmaceutical, Slg 1997 I 3251, Rz 20); auch das Erfordernis der „ersten Genehmigung“ musste, soweit es um die Anwendung von Art 3 SchZVO 1992 ging, für diesen Staat erfüllt sein ( Grabinski in Benkard , Patentgesetz 10 [2006] § 16a Rz 29; Hacker in Busse , Patentgesetz 6 [2003] Anh § 16a Rz 50; Kühnen in Schulte , Patentgesetz 8 [2008] § 16a Rz 17). Traf das nicht zu, so war das Schutzzertifikat nichtig nach Art 15 Abs 1 lit a SchZVO 2009 (Art 15 Abs 1 lit a SchZVO 1992).

2.2. Ein Sachvorbringen, das diesen Nichtigkeitsgrund tragen könnte, hat die Klägerin nicht erstattet. Denn sie stützt sich für die Beurteilung des österreichischen Schutzzertifikats ausschließlich auf die Luxemburger Genehmigung aus dem Jahr 1983. Damit nahm sie Bezug auf die in Art 3 lit b und d SchZVO 1992 nicht angesprochene erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft .

2.3. Auch diese Genehmigung war (und ist) aber für die Beurteilung von Schutzzertifikaten von Bedeutung, und zwar einerseits für die (weitere) Erteilungsvoraussetzung des Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 und andererseits für die Berechnung der Schutzdauer nach Art 13 SchZVO 1992 (Art 13 SchZVO 2009).

2.3.1. Nach der Stammfassung von Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 konnte ein Schutzzertifikat (nur) erteilt werden, wenn die erste Genehmigung für ein Inverkehrbringen in der Gemeinschaft nach dem erfolgt war. Ein Verstoß gegen diese Regelung führte nach der Rsp des EuGH zur Nichtigkeit des Zertifikats; die Aufzählung der Nichtigkeitsgründe in Art 15 Abs 1 SchZVO 1992 (Art 15 Abs 1 SchZVO 2009) hatte keinen abschließenden Charakter (Rs C-127/00, Hässle, Slg 2003 I 14781). Mit dieser Begründung bekämpft jenes Unternehmen, das in Österreich den eingangs erwähnten Antrag auf Nichtigerklärung beim Patentamt gestellt hat, das entsprechende englische Schutzzertifikat vor dem High Court in London (Synthon B.V. v. Merz Pharma GmbH Co KG, case n° HC 08 C 02210; Vorabentscheidungsersuchen vom , Rs C-195/09).

Für das österreichische Schutzzertifikat ist diese Problematik jedoch unerheblich. Denn Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 wurde mit der Beitrittsakte 1994 dahin ergänzt, dass für in Belgien, Italien und Österreich zu erteilende Zertifikate nicht der , sondern der maßgebend ist. Da die Luxemburger Genehmigung erst am erteilt wurde, steht Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 der Erteilung des Schutzzertifikats in Österreich anders als in Großbritannien auch dann nicht entgegen, wenn diese Genehmigung als „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ anzusehen wäre.

2.3.2. Nach Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 (entspricht Art 13 Abs 1 SchZVO 2009) gilt das Schutzzertifikat ab Ablauf des Grundpatents für eine Dauer, die dem Zeitraum zwischen der Einreichung der Anmeldung für das Grundpatent und jenem der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft entspricht, abzüglich eines Zeitraums von fünf Jahren. Aus dieser Bestimmung ergibt sich zwingend, dass ein Schutzzertifikat nur erteilt werden kann, wenn die erste Genehmigung in der Gemeinschaft mehr als fünf Jahre nach der Anmeldung des Grundpatents erteilt wurde ( Grabinski in Benkard § 16a Rz 32; Hacker in Busse Anh § 16a Rz 95).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, wenn die Luxemburger Genehmigung als „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ anzusehen ist. In diesem Fall führte die Berechnungsmethode des Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 zu keiner (positiven) Laufzeit; das Zertifikat hätte daher nicht erteilt werden dürfen. Dieser Umstand wird zusätzlich zur Nichtigkeit nach Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 - auch im englischen Verfahren geltend gemacht. Im Vorlagebeschluss heißt es dort, dass das englische Zertifikat in diesem Fall nicht nur nach Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 nichtig wäre, sondern auch einen „zero term“ (eine „Nulllaufzeit“) hätte.

2.4. In der Sache hängt daher das Schicksal sowohl des hier strittigen als auch des englischen Schutzzertifikats davon ab, wie der Begriff der „ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ zu verstehen ist.

Dabei könnte zunächst die Auffassung vertreten werden, dass dafür jegliche von einem Mitgliedstaat erteilte Genehmigung ausreiche, weil Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 (Art 13 Abs 1 SchZVO 2009) und Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 anders als Art 3 lit b SchZVO 1992 (Art 3 lit b SchZVO 2009) nicht auf eine Genehmigung aufgrund bestimmter Rechtsnormen verwiesen. Dem steht allerdings die Entscheidung des EuGH in der Rs Hässle entgegen, wonach es sich auch bei der Genehmigung iSv Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 und daher auch bei jener iSv Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 (Art 13 Abs 1 SchZVO 2009) - um die „erste nach Arzneimittelrecht erforderliche Genehmigung im Sinne der RL 65/65/EWG“ handeln muss (Rs C-127/00, Rz 61). Ungeachtet dessen hat der High Court diese Frage neuerlich dem EuGH unterbreitet.

Richtigerweise dürfte allerdings angesichts der Hässle-Entscheidung nur fraglich sein,


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ob die Genehmigung tatsächlich den materiellen und formellen Vorgaben der im relevanten Zeitpunkt geltenden Richtlinie entsprochen haben muss, oder
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ob es ausreicht, dass die Genehmigung auf der Grundlage eines diese Richtlinie umsetzenden Gesetzes erteilt wurde, mögen dabei auch die inhaltlichen Vorgaben der Richtlinien nicht erfüllt worden sein.

Auch diese Frage hat das englische Gericht dem EuGH gestellt. Dabei handelt es sich auch im vorliegenden Fall um den (materiellen) Kern des Streits zwischen den Parteien: Die Klägerin ist der Auffassung, dass Luxemburg die RL 65/85/EWG spätestens mit einer letzten Ausführungsverordnung vom umgesetzt habe, weshalb die Genehmigung vom jedenfalls eine solche „im Sinne“ dieser Richtlinie sei. Die Beklagte hält dem entgegen, dass die Luxemburger Behörden was zuzutreffen scheint (Stellungnahme des Luxemburger Justizministers, Beilage ./7) die Genehmigung ausschließlich aufgrund der früheren Zulassung in Deutschland erteilt hätten, ohne eine eigene Prüfung vorzunehmen. Eine Genehmigung „im Sinne“ der Richtlinie liege daher nicht vor.

2.5. Trifft die Auffassung der Klägerin zu, so hätte das Zertifikat nicht erteilt werden dürfen. Denn ein Zertifikat ohne Laufzeit ist sinnlos; ein darauf gerichteter Antrag wäre daher abzuweisen gewesen. Wird das Zertifikat dennoch aufgrund einer falschen Annahme über den Zeitpunkt der „ersten Genehmigung“ iSv Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 erteilt, so leidet es an einem Mangel an der Wurzel, der ebenso wie der Verstoß gegen Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 (EuGH Rs C-127/00 Hässle ) - den Nichtigkeitsgründen des Art 15 Abs 1 SchZVO 2009 (Art 15 Abs 1 SchZVO 1992) gleichzuhalten ist. Denn auch in diesem Fall fehlte eine Voraussetzung für die Erteilung des Zertifikats. In der Sache macht die Klägerin daher trotz der von ihr gewählten Formulierung „Reduktion der Laufzeit auf Null“ - einen Nichtigkeitsgrund geltend ( Hacker in Busse Anh § 16a Rz 107; Grabinski in Benkard § 16a Rz 46; ebenso für die Laufzeitverringerung [Teilnichtigkeit] BPatG 3 Ni 2/06 = GRUR 2008, 67 Finasterid ; Patentamt N 20/2004 = PBl 2007, 33).

3. Dieser Nichtigkeitsgrund kann in Österreich mit Antrag an das Patentamt geltend gemacht werden.

3.1. Nach Art 15 Abs 2 SchZVO 2009 (Art 15 Abs 2 SchZVO 1992) kann jedermann bei der nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für die Nichtigerklärung des Grundpatents zuständigen Stelle einen Antrag oder eine Klage auf Nichtigerklärung des Schutzzertifikats erheben. Nach § 5 Abs 1 SchZG 1996 (idF BGBl I 2007/81) ist zur Beschlussfassung und zu den sonstigen Erledigungen in Angelegenheiten von Schutzzertifikaten das Patentamt zuständig. § 5 Abs 2 SchZG 1996 sieht vor, dass über die Nichtigerklärung aus jenen Gründen, die auch in Art 15 Abs 1 SchZVO 1992 (Art 15 Abs 1 SchZVO 2009) genannt sind, ein rechtskundiges Mitglied ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet.

3.2. § 5 Abs 2 SchZG 1996 dient der Umsetzung von Art 15 Abs 2 SchZVO 1992 bzw 2009. Er ist in unionsrechtskonformer Auslegung auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen andere als die dort ausdrücklich genannten Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden. Dem Patentamt obläge daher insbesondere die Nichtigerklärung wegen Vorliegens einer ersten Genehmigung iSv Art 19 Abs 1 SchZVO 1992 vor dem . Gleiches muss für den Fall gelten, dass sich die Nichtigkeit des Schutzzertifikats daraus ergibt, dass die erste Genehmigung iSv Art 13 Abs 1 SchZVO 1992 (Art 13 Abs 1 SchZVO 2009) nicht mehr als fünf Jahre nach der Anmeldung des Grundpatents erteilt wurde und das Schutzzertifikat daher mangels Laufzeit nicht hätte erteilt werden dürfen.

3.3. Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man die unrichtige Berechnung der Schutzdauer dem „Rechtsbehelf“ nach Art 17 SchZVO 1992 (Art 18 SchZVO 2009) unterstellt. Dies ist ausdrücklich in Art 17 Abs 2 der VO (EG) Nr 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel vorgesehen. Danach kann gegen die Erteilung des Zertifikats „ein Rechtsmittel eingelegt werden, das darauf abzielt, die Laufzeit des Zertifikats zu berichtigen, falls der [...] in der Zertifikatsanmeldung enthaltene Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft unrichtig ist“. Das soll nach Erwägungsgrund 17 dieser VO „sinngemäß“ auch für die Auslegung von Art 17 SchZVO 1992 gelten. Da der Verweis in § 7 SchZG 1996 das patentrechtliche Einspruchsverfahren nicht erfasst, kann dieser Rechtsbehelf nach österreichischem Recht nur im Antrag auf Nichtigerklärung bestehen (Patentamt N 20/2004; vgl zum entsprechenden Problem im deutschen Recht BPatG 3 Ni 2/06 - Finasterid).

4. Auf dieser Grundlage fehlt das rechtliche Interesse für die negative Feststellungsklage.

4.1. Das rechtliche Interesse für eine negative Feststellungsklage liegt im Regelfall vor, wenn der Beklagte das Bestehen eines Rechts behauptet und und dadurch die Rechtsstellung des Klägers gefährdet („Berühmung“ eines Rechts; RIS-Justiz RS0039096; RS0038974). Das gilt insbesondere für die Behauptung eines lauterkeits- oder immaterialgüterrechtlichen Unterlassungsanspruchs (4 Ob 358/69 = ÖBl 1970, 79 Karmelitengeist).

4.2. Die begehrte Feststellung muss allerdings das zur Beseitigung der Gefährdung geeignete Mittel sein (RIS-Justiz RS0039096; zuletzt etwa 3 Ob 111/07f = ZIK 2008, 35). Nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage fehlt das rechtliche Interesse auch dann, wenn dem Kläger ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen ( Rechberger / Klicka in Rechberger ³ § 228 ZPO Rz 8; Fasching in Fasching / Konecny 2 § 228 Rz 88; RIS-Justiz RS0038849 [T5]). Gibt es auch andere Rechtsschutzformen oder Abhilfemöglichkeiten, so besteht das rechtliche Interesse nur dann, wenn dadurch ein größerer Prozessaufwand vermieden oder eine weitergehende Streitbereinigung ermöglicht wird ( Fasching aaO). Dieser Grundsatz äußert sich zwar vor allem im Vorrang der Leistungs- vor der Feststellungsklage (RIS-Justiz RS0038849, RS0039021), es besteht jedoch kein Anlass, ihn auf diese Fallgestaltung zu beschränken.

4.3. Im vorliegenden Fall steht der Klägerin neben der Feststellungsklage auch der Nichtigkeitsantrag beim Patentamt oder die Nebenintervention im dort bereits anhängigen Nichtigkeitsverfahren zur Verfügung. Ist sie damit erfolgreich, entfällt die Grundlage für einen Unterlassungsanspruch der Beklagten. Die Klägerin kann daher das Rechtsschutzziel der Feststellungsklage auch auf anderem Weg erreichen. Dieser Weg ist jedenfalls mit geringerem Aufwand verbunden als der von ihr gewählte.

4.3.1. Nach § 7 SchZG 1996 sind auf Verfahren, die Schutzzertifikate betreffen, ergänzend unter anderem die §§ 112 bis 165 PatG 1970 anzuwenden. Zu diesen Bestimmungen gehört insbesondere § 156 Abs 3 PatG 1970. Hängt daher im Verletzungsstreit ein Urteil davon ab, ob ein Patent (Schutzzertifikat) nichtig ist, und hält das Gericht die Nichtigkeit für wahrscheinlich, so hat es das Verfahren zu unterbrechen. Dem Beklagten obliegt es in weiterer Folge, die Nichtigkeit beim Patentamt geltend zu machen. Unterlässt er dies, ist ohne Rücksicht auf den Nichtigkeitseinwand zu entscheiden.

Diese Regelung erfasst zwar nach ihrem Wortlaut nur „Verletzungsklagen“, also das aktive Vorgehen des Rechtsinhabers gegen Eingriffe in sein Recht. Ihr Zweck liegt aber, wie der Senat in anderem Zusammenhang ausgeführt hat (17 Ob 18/08h = ÖBl 2009, 196 [ Schönherr / Adocker / Koller ] = GRUR Int 2009, 612 [ Schultes ] Losartan), darin, die Zuständigkeit des Patentamts für die (endgültige) Beurteilung der Rechtsbeständigkeit des Patents (Schutzzertifikats) abzusichern. Daher liegt es nahe, § 156 Abs 3 PatG 1970 auch in anderen Verfahren anzuwenden, in denen die Nichtigkeit als Vorfrage zu beurteilen ist (4 Ob 128/06m = SZ 2006/146 Gasmischanlage).

4.3.2. Ein solcher Fall liegt hier vor: Hätte die Klägerin ein eigenes Erzeugnis auf den Markt gebracht und gegen die Verletzungsklage der Beklagten einen Nichtigkeitseinwand erhoben, so hätte sie damit wegen § 156 Abs 3 PatG 1970 nur nach einer die Nichtigkeit aussprechenden Entscheidung des Patentamts Erfolg haben können. Dieses Verfahren wäre daher zu unterbrechen.

4.3.3. Daraus folgt zwingend, dass schon das Verfahren über die negative Feststellungsklage zu unterbrechen wäre, wenn ihre Berechtigung davon abhängt, dass das dem strittigen Untersagungsrecht zugrunde liegende Patent (Schutzzertifikat) nichtig ist. Denn hätte der Gesetzgeber bedacht, dass findige Kläger versuchen könnten, das Verfahren des § 156 Abs 3 PatG 1970 dadurch zu vermeiden, dass sie einer Verletzungsklage durch eine negative Feststellungsklage zuvorkommen, hätte er die Unterbrechungspflicht zweifellos auch für diesen Fall angeordnet. Eine analoge Anwendung (zumindest) auf Klagen, mit denen - gestützt auf die Nichtigkeit des Schutzrechts - die Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen nach den §§ 147 ff PatG 1970 begehrt wird, ist daher geboten.

4.3.4. Damit fehlt aber jedenfalls das rechtliche Interesse für die Feststellungsklage. Denn der Kläger könnte damit ohnehin nur Erfolg haben, wenn das Patentamt das Schutzzertifikat vor der gerichtlichen Entscheidung für nichtig erklärte. Damit ist der sofortige Antrag beim Patentamt oder eine Nebenintervention im dort bereits anhängigen Verfahren - jedenfalls der bei weitem einfachere Weg, um das mit der negativen Feststellungsklage verfolgte Rechtsschutzziel zu erreichen. Welchen Nutzen ein (zusätzliches) gerichtliches Verfahren haben sollte, ist nicht erkennbar.

4.4. Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 191/05z (= ÖBl 2006, 233 Carvedilol) aufgrund eines vergleichbaren Feststellungsbegehrens inhaltlich über die Dauer der Schutzfrist entschieden hat. In der Sache lag dort ebenfalls eine allerdings bloß teilweise - Nichtigkeit des Schutzzertifikats vor. Allerdings war das Feststellungsinteresse im Revisionsverfahren nicht mehr strittig gewesen; ebenso wenig hatte die dort Beklagte das Unterbleiben einer Unterbrechung nach § 156 Abs 3 PatG gerügt. Damit hatte der Oberste Gerichtshof diese Punkte nicht mehr zu prüfen.

5. Aus den dargelegten Gründen ist das angefochtene Urteil zu bestätigen. Zusammengefasst gilt:

Hätte ein ergänzendes Schutzzertifikat aufgrund des Zeitpunkts der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses in der Gemeinschaft nicht oder nur mit einer geringeren Schutzdauer erteilt werden dürfen, so ist es ganz oder zum Teil nichtig. Dies kann mit Antrag an das Patentamt geltend gemacht werden.

Das rechtliche Interesse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen nach den §§ 147 ff PatG 1970 fehlt, wenn sich der Kläger allein auf die Nichtigkeit des diesen Ansprüchen zugrunde liegenden Patents oder Schutzzertifikats stützt. In diesem Fall ist der beim Patentamt zu stellende Antrag auf Nichtigerklärung des Schutzrechts der einfachere Weg, um das mit der Klage verfolgte Ziel zu erreichen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.