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OGH vom 23.07.2019, 11Os37/19d

OGH vom 23.07.2019, 11Os37/19d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Binder als Schriftführer in der Strafsache gegen David D***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2, Abs 4 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Onuegbu A***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 61 Hv 127/18v-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten A***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch eines Mitangeklagten sowie einen Freispruch des Angeklagten Onuegbu A***** von weiteren gleichartigen Tatvorwürfen enthält, wurde Letztgenannter des Vergehens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ in K***** mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) zu den Betrugshandlungen eines unbekannt gebliebenen Täters beigetragen, indem er Kontakt mit David D***** aufnahm und diesen dazu brachte, sein Konto zur Verfügung zu stellen, und dem unmittelbaren Täter die von diesem im Zuge seiner Täuschungshandlungen verwendete Kontonummer des David D***** verschaffte, wonach der unbekannt gebliebene Täter nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung der EMailAdresse ***** zu Handlungen, die nachgenannten Personen in einem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten (I./) bzw schädigen sollten (II./),

I./ verleitete,

1./ indem er wahrheitswidrig vorgab, sie müssten für ein aus dem Ausland ankommendes Paket an Steuern und Versandkosten 5.000 Euro zahlen, zur Überweisung von 5.000 Euro, nämlich

b./ am Monika G***** auf das oben erwähnte Konto des David D*****;

2./ am Svetlana Du*****, indem er wahrheitswidrig vorgab, das Paket sei von den Zollbehörden aufgegriffen worden, es könnte beschlagnahmt und ein Strafverfahren wegen Geldwäsche gegen sie eingeleitet werden, wenn sie nicht 67.000 Euro überweise, zu einer Überweisung von 67.000 Euro auf das oben erwähnte Konto des David D*****;

II./ zu verleiten versuchte, nämlich

1./ am Monika G*****, indem er wahrheitswidrig vorgab, das Paket sei von den Zollbehörden aufgegriffen worden, es könnte beschlagnahmt und ein Strafverfahren wegen Geldwäsche gegen sie eingeleitet werden, wenn sie nicht 68.000 Euro überweise, zu einer Überweisung von 68.000 Euro auf das oben erwähnte Konto des David D*****.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*****.

Die Beschwerde kritisiert, der Urteilsspruch lasse nicht erkennen, ob auch der unmittelbare (unbekannte) Täter mit entsprechendem Bereicherungsvorsatz gehandelt habe (Z 3 iVm § 260 Abs 1 Z 1 StPO).

Eine aus Z 3 beachtliche Verletzung des § 260 Abs 1 Z 1 StPO liegt aber nur vor, wenn das Referat der in den Entscheidungsgründen als erwiesen angenommenen entscheidenden – somit für die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) maßgeblichen – Tatsachen (US 8 f, 12) die Tat mangels hinreichender Individualisierung nicht von anderen (strafbarkeitsrelevanten) historischen Sachverhalten abgrenzt (RIS-Justiz RS0120334; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 272 f; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 6 ff). Da es mangels qualitativer Akzessorietät ohne Bedeutung ist, ob der Ausführende selbst vorsätzlich gehandelt hat, sondern Strafbarkeit wegen Beitragstäterschaft nur dessen Vorsatz auf Tatbildverwirklichung voraussetzt (RIS-Justiz RS0120600; Leukauf/Steininger/Öner/Schütz, StGB4§ 12 Rz 50), geht der Beschwerdeeinwand von vornherein ins Leere.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des (zuletzt) in der Hauptverhandlung am (ON 46 S 11) gestellten Antrags auf Vernehmung der Ehefrau des Beschwerdeführers dessen Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Die Befragung der Genannten sollte zum Beweis dafür erfolgen, dass sie und der Angeklagte A***** „den Tatverdächtigen Ak*****“ auf einer Reise in die Schweiz kennengelernt haben und dass dieser in weiterer Folge gegenüber A***** vorgetäuscht habe, von seinem Landsmann einen Freundschaftsdienst zu benötigen, nämlich die Weiterleitung von Zahlungen aus legalen Geschäften. Weiters, dass der Angeklagte A***** diesen Freundschaftsdienst gutgläubig ausgeführt und dafür kein Geld vereinnahmt habe und im Haushalt A***** „auch keine Vermögenswerte aus den hier gegenständlichen Vorfällen“ vorhanden seien oder gewesen seien (ON 46 S 9).

Dieses Begehren wurde angesichts der Angaben des Beschwerdeführers zu Ak***** (ON 8 S 3, 7 ff; ON 37 S 24 ff, 28 f, 34; im Urteil „Ag*****“ – US 15 f) zu Recht abgewiesen, weil nicht dargetan wurde, weshalb die Ehefrau unmittelbare Wahrnehmungen (vgl RIS-Justiz RS0097540) zu (angeblichen) Äußerungen des Ak***** während mit dem Beschwerdeführer Monate oder ein Jahr nach dem behaupteten (gemeinsamen) Kennenlernen geführten Telefonaten, aber auch zur (tatsächlichen) inneren Einstellung ihres Ehemanns haben sollte. Damit lief der Beweisantrag insoweit auf einen im Hauptverfahren unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus (RIS-Justiz RS0118123).

Dass im gemeinsamen Haushalt keine Vermögenswerte aus den inkriminierten Handlungen vorhanden sind oder waren, ist für die Frage einer allfälligen Bereicherung des Beschwerdeführers oder eines Dritten (US 2, 9) unerheblich, sodass die Beweisaufnahme auch zu diesem Thema (als ungeeignet – § 55 Abs 2 Z 2 StPO) unterbleiben konnte.

Die Behauptung, die Entscheidung des Schöffensenats über den Beweisantrag sei angesichts der (nach Meinung des Nichtigkeitswerbers) kurzen Beratungszeit „völlig offensichtlich faktisch durch eine spontane Entscheidung des Vorsitzenden ersetzt“ worden, ist sachlicher Erwiderung nicht zugänglich.

Da sich der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO bloß auf während der Hauptverhandlung gefasste Beschlüsse über einen Antrag oder gegen einen Antrag oder Widerspruch bezieht, kann die Kritik an der Dauer der nach Schluss der Verhandlung erfolgten Beratung des Schöffensenats zur Urteilsfällung (§ 257 StPO) auf sich beruhen.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) einleitend „auf die Ausführungen zur Tatsachenrüge und zur Strafberufung“ verweist, vernachlässigt sie, dass die Nichtigkeitsgründe einerseits sowie Nichtigkeits- und Berufungsgründe andererseits wesensmäßig verschieden sind und daher getrennt ausgeführt werden müssen (RIS-Justiz RS0115902).

Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) ist der von den Tatrichtern aus Angaben des Angeklagten D***** zu objektiven Handlungen des Angeklagten A*****, aus der (WhatsApp-)Korrespondenz zwischen diesen beiden und aus der kontoführenden Bank vorgelegten (gefälschten) Unterlagen gezogene Schluss auf die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers (US 16 f iVm 14 f) nicht zu beanstanden.

Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) sind die Entscheidungsgründe, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben, mit anderen Worten: wenn sich im Urteil ein falsches Zitat aus den Akten findet (vgl RIS-Justiz RS0099547). Die Richtigkeit von auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüssen (hier: zur Identität des „Geschäftspartners“ namens „Jonath[an]“, welchem D***** Bargeld übergab und mit dem er sowohl fernmündlich als auch via WhatsApp kommunizierte; US 13 f) kann unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit hingegen nicht angefochten werden (RIS-Justiz RS0099524).

Mit einer eigenständigen Bewertung der Beweisergebnisse bekämpft die Mängelrüge insgesamt bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Hinsichtlich des Verweises der Tatsachenrüge (Z 5a) auf die Argumente der Mängelrüge und der Strafberufung sei abermals an die Verschiedenheit der Rechtsmittelgründe erinnert (neuerlich RIS-Justiz RS0115902).

Mit dem Hinweis auf eine schweizerische Telefonnummer des Korrespondenzpartners („Mr. Jonath“) des Angeklagten D*****, auf Angaben dieses Angeklagten und auf isoliert hervorgehobene Teile der (WhatsApp-)Korrespondenz, aber auch mit einer eigenständigen Bewertung der „Täterlogik“ gelingt es der
– im Übrigen auch keine Fundstellen in den Akten bezeichnenden (RIS-Justiz RS0124172 [T3]) – Beschwerde nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu erwecken.

Die Darstellung der Diversionsrüge (Z 10a) wiederum ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO – auf der Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS-Justiz RS0124801).

Indem der Nichtigkeitswerber auf seine– nunmehrige – Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme verweist, vernachlässigt er die Tatsachenannahme, dass er in der Hauptverhandlung eine vorsätzliche Beteiligung an den Betrügereien stets bestritten hat (US 15, 24). Indem er solcherart nicht vom (gesamten) Urteilssachverhalt ausgeht, bringt er den angesprochenen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0116823).

Da die Diversionsvoraussetzungen zudem kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich ein Eingehen auf die für das Nichtvorliegen „schwerer Schuld“ eintretenden Ausführungen des Rechtsmittels (vgl zudem die von diesem vernachlässigten [den Versuch zu A./I./II./1./ mitberücksichtigenden] Ausführungen des Erstgerichts zur [hohen] Schadenssumme von insgesamt 140.000 Euro; US 3, 7 f, 21, 24 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00037.19D.0723.000

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