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VfGH vom 14.10.1987, B414/87

VfGH vom 14.10.1987, B414/87

Sammlungsnummer

11503

Leitsatz

Versagung einer Konzession für das Bestattungsgewerbe; eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, ist nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist; Bedarfsprüfung beim Bestattergewerbe zulässig, um zu gewährleisten, daß die unverzichtbaren Leistungen in angemessener Weise erbracht werden;

kein Widerspruch der §§237 ff. GewO zur Erwerbsausübungsfreiheit;

kein Eingriff dieser Regelung in das Recht auf Religionsfreiheit;

nach der Auslegungsmethode der Versteinerungstheorie keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen §§237 ff.; hier keine Willkür, auch nicht dadurch, daß sich die Behörde mit der Frage einer Änderung der Bedarfssituation in Zukunft nicht weiter auseinandergesetzt hat

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Landeshauptmann von Kärnten erteilte mit Bescheid vom dem Bf. gemäß § 25 der Gewerbeordnung 1973 die Konzession für das Bestattergewerbe im Standort Liesing ..., Gemeinde Lesachtal.

Dagegen erhob die Fachgruppe Bestattung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten (siehe § 344 Abs 1 GewO 1973) Berufung.

Der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gab mit Bescheid vom dieser Berufung Folge, behob den erstinstanzlichen Bescheid und verweigerte dem Bf. gemäß § 25 Abs 2 iVm § 238 Abs 1 Z 2 GewO 1973 die beantragte Konzession für das Bestattergewerbe (§237 Abs 1 GewO 1973) im erwähnten Standort. Dies wird damit begründet, daß kein Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung bestehe.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde. Der Bf. behauptet, in seinen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§238 Abs 1 Z 2 GewO 1973) und in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3.a) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (der nunmehr den angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie zu verantworten hat - siehe den durch ArtI Z 4 der Nov. zum Bundesministeriengesetz, BGBl. 78/1987, neu gefaßten Teil 2 der Anlage, Abschnitt C, Z 1) erstattete eine Gegenschrift, in der er begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

b) Auch die beteiligte Fachgruppe Bestattung in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten erachtet den angefochtenen Bescheid für verfassungsmäßig und die ihn stützenden gesetzlichen Bestimmungen als unbedenklich.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Bf. bringt zunächst vor, daß der den angefochtenen Bescheid in erster Linie tragende § 238 Abs 1 Z 2 GewO 1973 deshalb verfassungswidrig sei, weil er in Widerspruch zu dem auch den Gesetzgeber bindenden Art 6 StGG stehe.

a) Die in Betracht zu ziehenden Regelungen der GewO 1973 bestimmen:

Dem § 130 V zufolge zählt das Bestatter-Gewerbe zu den konzessionierten Gewerben (§5 Z 2).

§§237 bis 242 enthalten darüber eine nähere Regelung:

"§237. (1) Der Konzessionspflicht unterliegen:

1. die Durchführung von Totenaufbahrungen, -feierlichkeiten und -überführungen sowie von Bestattungen und Exhumierungen;

2. die Beistellung der erforderlichen Einrichtungen und Gegenstände zur Durchführung der unter Z 1 angeführten Verrichtungen;

3. die Herstellung der unter Z 2 angeführten Gegenstände, soweit diese nicht in den Berechtigungsumfang eines anderen konzessionspflichtigen Gewerbes oder eines Handwerkes fällt.

(2) . . .

Besondere Voraussetzungen

§238. (1) Die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Bestatter erfordert neben der Erfüllung der im § 25 Abs 1 Z 1 angeführten Voraussetzungen

1. die Erbringung des Befähigungsnachweises und

2. das Vorliegen eines Bedarfes (§25 Abs 4) nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.

(2) Bei Prüfung der Voraussetzungen gemäß Abs 1 Z. 2 ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob durch die Gemeinde für die Bestattung ausreichend Vorsorge getroffen ist.

(3) Die Voraussetzung des Abs 1 Z. 2 entfällt in den Fällen des Überganges eines Unternehmens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder im Erbwege an Deszendenten des Konzessionsinhabers.

Höchsttarife

§239. (1) Der Landeshauptmann hat durch V

Höchsttarife festzulegen. Hiebei ist auf die Leistungsfähigkeit und auf nach Art und Umfang verschiedene Leistungen der Betriebe sowie die Interessen der Kunden Bedacht zu nehmen. Die Höchsttarife können für das gesamte Bundesland, für einzelne Verwaltungsbezirke oder auch für einzelne Gemeinden festgelegt werden.

(2) . . .

Aufsuchen und Entgegennahme von Bestellungen

§240. (1) Das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen des Bestattergewerbes (§237) ist nur auf ausdrückliche, an den zur Ausübung der Konzession berechtigten Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet.

(2) Die Entgegennahme von Bestellungen auf Leistungen des Bestattergewerbes ist nur in den Betriebsstätten des Gewerbetreibenden oder anläßlich des gemäß Abs 1 zulässigen Aufsuchens gestattet."

Die im § 238 GewO 1973 bezogenen Vorschriften des § 25 über die besonderen Voraussetzungen für konzessionierte Gewerbe besagen:

"§25. (1) Eine Bewilligung (Konzession) für ein konzessioniertes Gewerbe (§5 Z. 2) ist zu erteilen, wenn

1. bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Konzession bewirbt, eine der im § 13 Abs 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und

2. . . .

(4) Sofern die Erteilung der Konzession vom Bedarf nach der beabsichtigten Gewerbeausübung abhängig ist, ist bei seiner Feststellung vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen."

b) Diese Gesetzesbestimmungen beschränken die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Sie greifen daher in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit ein.

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) dem Art 6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Die jüngere Judikatur (zB VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 10932/1986, 11276/1987, 11483/1987) hat dies dahin ergänzt und präzisiert, daß eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist (vgl. auch die im VfSlg. 10932/1986 zitierte Literatur).

Dem einfachen Gesetzgeber ist bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der VfGH hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines Zieles etwa aus wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl. VfSlg. 9911/1983).

c) Ausgehend von den Grundgedanken dieser Judikatur trägt der Bf. gegen § 238 Abs 1 Z 2 GewO 1973 das Bedenken vor, daß dieses öffentliche Interesse an der Bedarfsprüfung nicht vorliege. Er meint:

"Eine geordnete Bestattung liegt zwar ohne Zweifel im öffentlichen Interesse, die die Erwerbsausübungsfreiheit stark beeinträchtigende Bedarfsprüfung bei der Verleihung von Bestatterkonzessionen ist jedoch zur Durchsetzung dieses öffentlichen Interesses nicht geeignet bzw. inadäquat. Diese Beschränkung dient vielmehr - wie sich aus dem Gutachten der Interessenvertretung augenscheinlich ergibt - dem nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Konkurrenzschutz und ist wohl nur historisch erklärbar. Ausschließlich diesem Zweck scheint § 238 Abs 3

1. Fall leg.cit. zu dienen. Danach entfällt die Bedarfsprüfung bei Übergang eines Unternehmens - wohl auch bloß einer Filiale - durch Rechtsgeschäft unter Lebenden. Die Regelung ermöglicht somit auch ohne Vorliegen eines Bedarfes zwar den rechtsgeschäftlichen Erwerb einer Konzession, nicht aber deren Verleihung durch die Behörde. Dies kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein und ist auch sachlich nicht zu rechtfertigen. Der Bf. wie auch jeder andere erwerbsausübungswillige Staatsbürger ist nach dieser Gesetzeslage gezwungen, z.B. vom Bestattungsunternehmen in Kötschach-Mauthen nach Errichtung der - von der Interessenvertretung positiv begutachteten - weiteren Betriebsstätte im Lesachtal, diese käuflich zu erwerben und damit - ohne Bedarfsprüfung - in den Genuß der gegenständlichen Konzession zu kommen. Abgesehen von diesen Bedenken, erscheint die Bedarfsprüfung dem öffentlichen Interesse nach einer ordentlichen Bestattung eher abträglich als förderlich. Diese objektive Zulassungsvoraussetzung führt schließlich zu einer kulturellen und wirtschaftlichen Gefährdung ohnedies schon dünn besiedelter Talschaften. Ein ortsfremder Bestatter wird von der Bevölkerung immer als Fremdkörper empfunden und daher möglichst gemieden. Aus diesem Grund wird das Bestattungsunternehmen in Kötschach-Mauthen selten und nur im äußersten Notfalle beauftragt. Darüberhinaus kann ein fremder Unternehmer mangels hinreichender Kenntnisse den besonderen, religiösen Bestattungssitten und -gebräuchen dieser eigenständigen Talschaften nicht gerecht werden. Letztlich hat diese Zulassungsvoraussetzung auch zur Folge, daß die Infrastruktur abgelegener und bisher nahezu autarker Gebiete verarmt und die ohnedies geringe Kaufkraft abfließt. Dieser Zustand bzw. diese fortschreitende Entvölkerung ländlicher, strukturschwacher Gebiete kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, zumal eine ordentliche Bestattung durch andere Maßnahmen als die Bedarfsprüfung ungleich effektiver und unbedenklich gewährleistet werden könnte. Insbesondere die landesrechtlichen Bestimmungen über das Leichen- und Bestattungswesen und die örtliche Sanitätspolizei der Gemeinden gewährleisten bereits derzeit eine ordentliche Bestattung (für Kärnten LGBl. Nr. 61/1971, 21/1972). Diesem Anliegen könnte - was allerdings nicht erforderlich erscheint - durch weitere sanitätspolizeiliche - Vorschriften über die persönlichen Voraussetzungen, welche der Bestattungsunternehmer und inbesondere seine Leute zu erfüllen haben, sowie durch kraftfahrrechtliche - Bestimmungen über die Ausstattung der Bestattungsfahrzeuge bzw. -fuhrwerke, entsprochen werden. Flankierend könnte noch eine öffentlich-rechtliche Bereithalteverpflichtung normiert werden. Diese Regelungen könnten, bei Fehlen einer objektiven Zulassungsvoraussetzung, eine ordentliche Bestattung gewährleisten. Gleichzeitig könnte die Bevölkerung in diesem heiklen menschlichen Bereich jenen Bestatter zuziehen, dem sie v.a. aus Gründen der Pietät den Vorzug gibt. Ein unschöner Wettbewerb würde wegen des Werbeverbotes hiedurch nicht eintreten. Auch die Existenz von Bestattern würde dadurch nicht in Frage gestellt.

Zusammenfassend ergibt sich, daß § 238 Abs 1 Z 2 GewO 1973 dem auch den Gesetzgeber bindenden Grundsatz der Erwerbsausübungsfreiheit zuwider läuft und den Wesensgehalt dieses Grundrechtes verletzt."

d) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten tritt dieser Auffassung mit folgenden Argumenten entgegen:

"Das derzeitige System ist darauf aufgebaut, daß eine regional ausgewogene und flächendeckende Versorgung mit Leistungen des Bestattergewerbes nur dann gewährleistet ist, wenn ein Bestattungsbetrieb eine bestimmte Mindestanzahl von Bestattungen im Jahr durchführen kann. Da die Nachfrage nach Leistungen des Bestattergewerbes auch durch geschicktestes Marketing, durch Innovation und ähnliche Unternehmensstrategien nicht vergrößerbar ist, weil Leistungen des Bestattergewerbes nur im Zuge von Todesfällen in Betracht kommen, sind bei diesem Gewerbe dem Wettbewerb natürliche Grenzen gesetzt, die sonst kaum bei einem Gewerbe existieren. Es ist auch kaum möglich, daß eine Expansion in die Richtung erfolgen kann, daß der Bestatter den Kreis seiner Leistungen erweitert und dadurch zusätzliche Wettbewerbselemente zum Tragen kommen. Denn es bedarf wohl keiner näheren Darlegungen, daß Bestatter eben nur in Todesfällen zwecks Durchführung der Bestattung mit den hiebei üblichen Leistungen in Anspruch genommen werden.

Andererseits besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, daß die Bestattungen ordnungsgemäß durchgeführt werden (sanitätspolizeiliches Interesse) und daß vor allem im Interesse der Hinterbliebenen des Verstorbenen eine Durchführung der Bestattung gewährleistet wird, die vom Grundsatz der Pietät getragen ist.

Dies setzt aber Bestattungsunternehmungen voraus, die dank einer regelmäßigen und ausreichenden Auslastung wirtschaftlich einigermaßen abgesichert sind. Nur dann ist es ihnen auf Dauer möglich, entsprechend geeignetes und ausgebildetes Personal aufzubieten als auch über das materielle Substrat an Ausstattung zu verfügen, die eine vom sanitätspolizeilichen als auch vom Standpunkt der Pietät einwandfreie Gewerbeausübung gewährleisten. Nur dann ist es aber auch möglich, im Wege des für die Bestatter festgelegten Höchsttarifs (§239 GewO 1973) zu gewährleisten, daß die den Hinterbliebenen für die Bestattung in Rechnung gestellten Kosten unabhängig davon, ob die Bestattung in einer entlegenen Ortschaft stattfindet oder in dichtbesiedelten Gebieten, das gleiche Niveau aufweisen; insbesondere kann dadurch auch nicht eine allfällige Zwangslage der Hinterbliebenen ausgenützt werden.

Das derzeitige System schützt aber auch die Hinterbliebenen gerade in den schweren Tagen nach dem Todesfall vor Überrumpelungstaktiken uä. Denn eine marktwirtschaftliche Wettbewerbssituation könnte sich ohnehin nur in einem äußerst beschränkten Umfang ergeben, weil ja die Leistungen des Bestatters innerhalb kurzer Zeit bestellt und erbracht werden müssen und daher für Preis- und Leistungsvergleiche ohnehin kaum Zeit bestehen würde, wenn man davon absieht, daß die Hinterbliebenen in diesen Tagen ohnehin genügend andere Sorgen haben.

Man könnte zwar allenfalls einen Teil dieser öffentlichen Interessen durch Ausübungsvorschriften einfangen. Allerdings würde dadurch, soweit es um die Wettbewerbssituation geht, ein Wettbewerb auch ziemlich unterbunden, wenn man davon ausgeht, daß die Ausübungsvorschriften die Hinterbliebenen vor unnötiger Belästigung oder vor Überrumpelungstaktiken uä. schützen müßten. Im übrigen darf die Wirkung von Ausübungsvorschriften nicht überschätzt werden. Die Erfahrung zeigt, daß strenge Ausübungsvorschriften in der Praxis nur dann zum Tragen kommen, wenn sie den wirtschaftlichen Realitäten entsprechen. Sie versagen dann, wenn den betroffenen Unternehmen jener wirtschaftliche Background fehlt, der ihnen erst die strikte Einhaltung solcher Ausübungsvorschriften wirtschaftlich ermöglicht.

Aus den dargelegten Gründen ist nach Ansicht der bel. Beh. die beim Bestattergewerbe im § 238 Abs 1 Z. 2 GewO 1973 vorgesehene Bedarfsregelung mit dem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit vereinbar."

Ähnliches bringt die beteiligte Fachgruppe vor.

e) Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles nicht das Bedenken, daß die vorgesehene Bedarfsprüfung beim Bestattergewerbe dem Art 6 StGG widerspräche:

Der VfGH bleibt bei der oben (II.1.b) wiedergegebenen Judikatur. Es ist die Frage zu lösen, ob mit Grund anzunehmen ist, daß bei Fehlen dieser objektiven Zulassungsvoraussetzung öffentliche Interessen beeinträchtigt oder gefährdet würden; ferner, ob die Festsetzung derartiger Zulassungsvoraussetzungen ein an sich taugliches, adäquates und auch sonst sachlich gerechtfertigtes Mittel ist, die Beeinträchtigung oder Gefährdung öffentlicher Interessen hintanzuhalten.

Dies alles ist hier der Fall:

Die Ordnung der Leichenbestattung auf eine den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechende Weise liegt - dies bedarf keiner weiteren Erörterung - aus mehreren Gründen in besonderem Maß im öffentlichen Interesse. Sie muß unter allen Umständen gewährleistet sein. Würden die Leistungen nicht von privaten Unternehmern erbracht, so müßte die öffentliche Hand (so etwa die Gemeinde) dafür vorsorgen (vgl. § 238 Abs 2 GewO 1973; § 14 Abs 4 und § 18 des Kärntner Leichenbestattungsgesetzes, LGBl. 61/1971). Es liegt auch im öffentlichen Interesse, Werbeund sonstige Konkurrenzstrategien auf diesem Gebiet auszuschalten. So ist es unerwünscht, daß in der Zeit zwischen Ableben und Begräbnis sich die Angehörigen des Verstorbenen, die in der Regel in einer sie psychisch stark belastenden Ausnahmesituation sind, durch die Bestattungsunternehmen belästigt oder bedrängt fühlen. Die im § 240 GewO 1973 vorgesehenen Verbote können nicht das ganze Spektrum denkbarer Werbemöglichkeiten erfassen.

Die beim Bestattergewerbe vorgesehene Bedarfsprüfung bewirkt vielfach eine Monopolstellung des Unternehmens für ein bestimmtes Gebiet. Dies steht aus den erwähnten Gründen in einer sachlichen Beziehung zu den angestrebten Zielen. Die GewO 1973 sieht, um einen Mißbrauch dieser Stellung zu verhindern, in § 239 zwingend vor, daß der Landeshauptmann Höchsttarife zu erlassen hat. Der VfGH hat bei Erörterung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes davon auszugehen, daß die Tarife verfassungs- und gesetzmäßig festgelegt werden.

Insgesamt ergibt sich, daß die Bedarfsprüfung hier - zum Unterschied vom anderen in Bedarfsprüfungsfragen ergangenen hg. Erkenntnissen zugrunde gelegenen Sachverhalt (so etwa VfSlg. 10179/1984, 10932/1986, 11276/1987, 11483/1987) - ein geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich gerechtfertigtes Mittel ist, um zu gewährleisten, daß die unverzichtbaren Leistungen in angemessener Weise erbracht werden.

2. Der Bf. meint außerdem, daß die getroffene Regelung des Bestattergewerbes dem Art 9 MRK widerspräche.

Der VfGH teilt diese Bedenken nicht, weil die §§237 ff GewO 1973 in das Recht auf Religionsfreiheit überhaupt nicht eingreifen.

3.a) Der Bf. bringt weiters Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der §§237 ff GewO 1973 deshalb vor, weil der Bundesgesetzgeber nicht kompetent gewesen sei, diese Bestimmungen zu erlassen:

"Nach Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG sind die Angelegenheiten des Leichen- und Bestattungswesens von der Bundeskompetenz in Gesetzgebung und Vollziehung ausgenommen. Die in § 237 Abs 1 GewO 1973 aufgezählten Tätigkeiten sind dieser ausgenommenen Materie zuzuordnen. Dies ergibt u.a. ein Vergleich mit dem Gesetz vom 30. April 1870, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, RGBl. 1870/68, idgF, insbesondere § 2 litg. Aber auch aus § 2 Abs 1 Z 11 leg.cit. welcher zwar im Widerspruch zur oben genannten, verfassungswidrigen Bestimmung des Gesetzes steht, erhellt, daß die Sanitätshilfsdienste - als solche sind die Tätigkeiten der Bestatter zu qualifizieren - vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1973 ausgenommen sind.

Die Bestattung ist derzeit im dritten Abschnitt des Kärntner Gesetzes vom über das Leichen- und Bestattungswesen, LGBl. Nr. 61/1971, idgF, geregelt. Obwohl dieser Abschnitt - bisher noch - keine (etwa dem Gesetz vom über die Schischulen, LGBl. Nr. 52/1966 vergleichbare) Regelung der selbständigen erwerbsmäßigen (gewerbsmäßigen) Bestattung enthält, erscheint lediglich der Landesgesetzgeber zur Regelung dieser Materie (auch vom gewerberechtlichen Gesichtspunkt aus) zuständig; die Ausübung dieser Tätigkeit steht daher jedem Staatsbürger mangels verfassungsgemäßer gesetzlicher Bedingungen bzw. Einschränkungen offen bzw. frei."

b) Die Generalkompetenz der Gesetzgebung liegt nach dem System der Bundesverfassung bei den Ländern. Von der Zuständigkeit der Bundesländer sind nur diejenigen Angelegenheiten ausgenommen, die ausdrücklich in die Zuständigkeit des Bundes verwiesen sind.

Gemäß Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG fallen u.a. die "Angelegenheiten des Gewerbes" in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, während dem Art 10 Abs 1 Z 12 iVm Art 15 Abs 1 B-VG zufolge das "Leichen- und Bestattungswesen" vom Landesgesetzgeber zu regeln ist.

Nach der vom VfGH entwickelten "Versteinerungstheorie" müssen die in den Kompetenzartikeln verwendeten Ausdrücke, sofern sich aus dem B-VG nichts anderes ergibt, in der Bedeutung verstanden werden, die ihnen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kompetenzartikel () nach dem Stand der Rechtsordnung zugekommen ist. Unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes" fallen sohin alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfachgesetzlichen Regelung am als gewerberechtliche Vorschriften anzusehen sind (vgl. zB VfSlg. 2500/1953, 2670/1954, 4227/1962, 5024/1965).

Nun war - worauf der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu Recht hinweist - das Bestattergewerbe zum erwähnten Zeitpunkt Gegenstand einer gewerberechtlichen Regelung. Es war durch § 15 Abs 1 Z 23 der damals geltenden Gewerbeordnung 1859 idF der Nov. RGBl. 26/1907 als konzessioniertes Gewerbe erklärt; nähere Bestimmungen enthielt § 21 g leg.cit.

Der VfGH hegt mithin auch aus kompetenzrechtlicher Sicht gegen die §§237 ff. GewO 1973 keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

4.a) Der Bf. erachtet sich in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zunächst dadurch verletzt, daß die den bekämpften Bescheid tragenden Gesetzesbestimmungen verfassungswidrig seien. Diese Prämisse ist - wie soeben dargetan (II.1. und 2.) unzutreffend.

Der Bf. meint weiters, die Behörde sei willkürlich vorgegangen, weil sie - entgegen dem § 25 Abs 4 GewO 1973 - nur den gegenwärtigen, nicht aber auch den zu erwartenden Bedarf geprüft habe.

b) Darauf erwidert die bel. Beh. in der Gegenschrift:

"Der Bf. hat die im gegenständlichen Verwaltungsverfahren durchgeführten eingehenden Bedarfserhebungen unbestritten gelassen. Es ist sohin davon auszugehen, daß in den Nachbargemeinden der Gemeinde Lesachtal Kötschach-Mauthen, Untertilliach und Obertilliach kein bisher ungedeckter Bedarf nach Leistungen des Bestattergewerbes besteht. Andere Nachbargemeinden, die von der in Aussicht genommenen Standortgemeinde mit Leistungen des Bestattergewerbes versorgt werden könnten, kommen in Anbetracht der geographischen Lage des Lesachtales nicht in Betracht. Im gesamten Verfahren ist auch kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß hinkünftig mit einer erhöhten Nachfrage nach Leistungen des Bestattergewerbes in der Gemeinde Lesachtal zu rechnen sein wird. Das Vorbringen der Gemeinde Lesachtal, wonach aufgrund der Zunahme des Fremdenverkehrs und der nichtbäuerlichen Bevölkerung ein Bedarf nach einem Bestattungsunternehmen im Lesachtal zu erwarten ist, entbehrt jeder schlüssigen Begründung."

c) aa) Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung, 10338/1985).

Im vorliegenden Fall lag die Annahme, daß sich die Bedarfssituation in absehbarer Zeit ändern würde, nicht nahe. Wenn sich die Behörde mit dieser Frage nicht weiter auseinandergesetzt hat, liegt darin jedenfalls kein derart gravierender Fehler, daß von Willkür die Rede sein könnte.

bb) Der Bf. ist sohin auch nicht in den erwähnten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.