OGH vom 20.12.2011, 8ObA43/11y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Franz Boindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Peter R*****, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Konradsheim, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Herbst Vavrovsky Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen öffentlicher Ausschreibung und Feststellung (Streitwert 3.592 EUR sA), wegen Wiederaufnahme und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 8 ObA 1/11x, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Klage auf „Bewilligung der Wiederaufnahme und Aufhebung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 8 ObA 1/11x“, sowie der „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Beschlussfassung durch den erkennenden Senat zu 8 ObA 1/11x“ werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte im Verfahren 8 ObA 1/11x, den beklagten Salzburger Festspielfonds schuldig zu erkennen, die Position der Präsidentin sowie des künstlerischen Leiters für den Zeitraum vom bis nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes spätestens bis zum öffentlich auszuschreiben, in eventu, festzustellen, dass die Verpflichtung bestehe, diese Positionen öffentlich auszuschreiben. Er stützte diese Begehren vor allem auf das Stellenbesetzungsgesetz, das auf den Beklagten anzuwenden sei. Die Klagebegehren wurden aber mit dem im Spruch genannten Urteil abgewiesen, weil deren Berechtigung jedenfalls die Unwirksamkeit der bereits erfolgten Bestellungen voraussetze. Diese Unwirksamkeit wurde aber selbst für den Fall der Anwendbarkeit des Stellenbesetzungsgesetzes verneint.
Der Kläger begehrte danach mit einer Nichtigkeitsklage, diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als nichtig iSd § 529 Abs 1 Z 1 ZPO aufzuheben, da an der Entscheidung kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossene bzw befangene Laienrichter beteiligt gewesen seien und die Entscheidung Begründungsmängel aufweise. Einem gleichzeitg erhobenen Ablehnungsantrag gegen einen an der Entscheidung beteiligten Berufsrichter wurde zu 9 Nc 15/11x nicht Folge gegeben. Die Nichtigkeitsklage wurde mit Beschluss vom zurückgewiesen (§ 538 Abs 1 ZPO). Das Vorliegen der vom Kläger geltend gemachten Ausschließungsgründe wurde verneint.
Der Kläger hat auch die „Bewilligung der Wiederaufnahme und Aufhebung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 8 ObA 1/11x“, und „aus anwaltlicher Vorsicht“ die „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Beschlussfassung durch den erkennenden Senat zu 8 ObA 1/11x“ beantragt.
Zur Wiederaufnahmsklage:
Der Kläger hat zur Begründung der Wiederaufnahmsklage keine über die Begründung der Nichtigkeitsklage hinausgehenden Behauptungen vorgebracht. Ein im Sinne der Geltendmachung eines Wiederaufnahmsgrundes deutbares Vorbringen ist in seiner Klage allerdings insofern enthalten, als er den beiden an der bekämpften Entscheidung beteiligten Laienrichtern vorwirft, ihre Befangenheit nicht gemäß § 31 ASGG angezeigt zu haben, woraus er den Verdacht eines unter § 302 StGB subsumierbaren Verhaltens ableitet. Damit beruft er sich erkennbar auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:
1) Bei der Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage sind die fachkundigen Laienrichter, auf deren angebliches Fehlverhalten die Klage gestützt wird, zufolge § 537 ZPO ausgeschlossen.
2) Die Wiederaufnahmeklage ist nach § 538 Abs 1 ZPO unter anderem dann zurückzuweisen, wenn sie nicht auf einen gesetzlichen Anfechtungsgrund gestützt ist. Das trifft zu, wenn sich der behauptete Sachverhalt unter keinen Wiederaufnahmegrund einordnen lässt oder in keinem Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht, der Wiederaufnahmewerber also auch bei Zutreffen seiner Behauptungen die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung nicht erreichen könnte (RIS Justiz RS0044504; zuletzt etwa 4 Ob 14/11d). Das Gericht hat daher die Schlüssigkeit der Wiederaufnahmeklage zu prüfen (RIS Justiz RS0044631). Das gilt auch im Verfahren über eine auf § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmeklage; das Verfahren ist nur dann nach § 539 Abs 1 ZPO zur Einleitung einer strafrechtlichen Ermittlung zu unterbrechen, wenn der Kläger ein tatsächliches Geschehen behauptet, das den Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt (RIS Justiz RS0044604, RS0103696). Letzteres ist aber hier nicht der Fall:
Wie bereits in der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage dargestellt, sind die betroffenen Laienrichter nicht als ausgeschlossen zu qualifizieren. Der Ausschließungsgrund des § 20 Abs 1 Z 4 JN setzt ja voraus, dass der betroffene Richter in der Sache selbst als Bevollmächtigter einer der Parteien bestellt war oder noch bestellt ist. Der Kläger hat aber weder eine Vollmacht kraft Gesetzes, noch eine konkrete rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung der Laienrichter durch den Beklagten für diese Rechtssache dargestellt. Auch Befangenheitsgründe bzw eine strafrechtliche relevante Verfehlung in diesem Zusammenhang stellt der Wiederaufnahmekläger nicht dar, macht er doch nur geltend, dass die Laienrichter Mitglieder des Vorstands der Pensionsversicherungsanstalt seien, die von ähnlichen Rechtsfragen (Unternehmungsbegriff des Stellenbesetzungsgesetzes) betroffen sei. Ein Laienrichter sei auch Dienstnehmer der Wirtschaftskammer Österreich, die den Salzburger Festspielfonds mitfinanziere und Mitglied der Fondskommission sei. Auch sei die von der Klage betroffene Präsidentin des Beklagten eine frühere Präsidentin der Salzburger Wirtschaftskammer. Die Laienrichter könnten allenfalls auch Mitglieder der Delegiertenversammlung des Salzburger Festspielfonds sein. Daraus ist aber schon wie bereits in der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage ausgeführt - im Ansatz weder eine Ausgeschlossenheit noch eine offensichtliche Befangenheit der betroffenen Laienrichter abzuleiten. Damit besteht aber für die Annahme einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Pflichtverletzung dadurch, dass die Laienrichter ihre Befangenheit oder Ausgeschlossenheit nicht geltend gemacht haben, von vornherein keine Grundlage.
Die Wiederaufnahmsklage war daher zurückzuweisen.
Zum Wiedereinsetzungsantrag:
Der in § 146 ZPO geregelte Wiedereinsetzungsantrag steht zur Verfügung, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen bei einer Tagsatzung oder an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Der Wiedereinsetzungsantrag soll daher die Folgen der Versäumung einer fristgebundenen Prozesshandlung beseitigen. Er ist aber kein Mittel zur Bekämpfung behaupteter Mängel des gerichtlichen Verfahrens. Wiedereinsetzungsanträge, die sich gegen behauptete Mängel des Verfahrens richten, sind daher zurückzuweisen ( Gitschthaler in Rechberger ZPO 3 , Vor § 146 Rz 9 mwN).