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VfGH vom 09.06.1984, B407/80

VfGH vom 09.06.1984, B407/80

Sammlungsnummer

10028

Leitsatz

Kapitalverkehrssteuergesetz; keine denkunmögliche Besteuerung von Kommanditanteilen einer GesmbH & Co. KG nach deren Eintritt in eine KG in (analoger) Anwendung des § 6 Abs 1 Z 4

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Vertrag vom wurde die P G-M-GesmbH & Co. KG ohne Neuwidmung von Gesellschaftskapital und ohne Beteiligung an der Substanz mit einer Gewinnbeteiligung von 3 vH als Komplementärin in die A P KG aufgenommen, während deren bisheriger Komplementär seine Kapitaleinlage in eine Kommandit- und Haftungseinlage in der gleichen Höhe umwandelte.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für OÖ vom wurde für diesen Vorgang unter Berufung auf § 2 Z 1 und § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG vorläufig auf Grundlage des Einheitswertes des Betriebsvermögens des aufnehmenden Unternehmens im Betrag von 23868000 S Gesellschaftssteuer im Betrag von 477360 S vorgeschrieben. Der Steuer unterliege der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft (§2 Z 1 KapVStG), als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften würden aber auch Anteile der Kommanditisten behandelt, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört (§6 Abs 1 Z 4 KapVStG); die Einbringung einer solchen "fiktiven Kapitalgesellschaft" in eine Kommanditgesellschaft bewirke daher die Steuerpflicht von deren Kommanditanteilen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gerügt wird.

Da die aufgenommene GesmbH & Co. KG keine Kapitalgesellschaft sei, könnten auch die Kommanditanteile an der aufnehmenden Kommanditgesellschaft nicht als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften gelten. Eine andere Auslegung des eindeutigen Gesetzeswortlautes sei denkunmöglich. Der deutsche Gesetzgeber habe es für erforderlich gehalten, die gleichartige Bestimmung des (deutschen) Kapitalverkehrsteuergesetzes durch einen Hinweis auf die Kommanditgesellschaften zu ergänzen, "zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine als Kapitalgesellschaft geltende Kommanditgesellschaft gehört". Gleiches könne nicht in Österreich ohne Gesetzesänderung Rechtens sein. Anderenfalls müßte sogar eine stille Beteiligung an einer GesmbH & Co. KG als Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft gelten, obwohl diese nur eine Beteiligung am Gewinn einer Kommanditgesellschaft, nicht an dem Gewinn einer Kapitalgesellschaft bewirke.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG, wonach Anteile der Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften gelten, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft eine Kapitalgesellschaft gehört, und behandelt den Eintritt einer solchen ("kapitalistischen") Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin in eine andere Kommanditgesellschaft - also die Bildung einer sogenannten "doppelstöckigen GesmbH & Co. KG" - als ebenso gesellschaftsteuerpflichtig wie den Eintritt einer Kapitalgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafterin in eine Kommanditgesellschaft.

Der Beschwerde ist einzuräumen, daß dem bloßen Wortlaut des Gesetzes ein solches Ergebnis nicht entnommen werden kann: § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG spricht nur von Kommanditgesellschaften, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört, und Kapitalgesellschaften sind Kommanditgesellschaften auch nach § 5 KapVStG nicht. Andererseits schließt der Gesetzeswortlaut diese Auslegung aber auch nicht völlig aus. Die in der Literatur vertretene These, der Gesetzgeber hätte die Kommanditgesellschaften mit persönlich haftender Kapitalgesellschaft bloß dem in § 5 KapVStG enthaltenen Katalog der als Kapitalgesellschaften geltenden Rechtsgebilde anfügen müssen, wenn er ein solches Ergebnis gewollt hätte (Arnold in Kastner - Stoll, die GmbH & Co. KG, 2. Auflage, 1977, 208) trifft nicht zu, weil solche Gesellschaften auch im Kapitalverkehrsteuerrecht nicht allgemein, sondern (in § 6) nur in bezug auf die Behandlung der Kommanditanteile den Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden. Der VfGH kann aus diesem Grund übrigens auch nicht allen Formulierungen der bel. Beh. folgen. Wie er schon im Erk. VfSlg. 5165/1965 ausgesprochen hat, sagt das Gesetz gerade nicht, daß die GesmbH & Co. KG (für den Bereich der Kapitalverkehrsteuer) eine Kapitalgesellschaft sei, sondern nur, daß deren Kommanditisten den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt werden. Eine analoge Anwendung dieses Gedankens auf gleichwertige Situationen ist freilich zu erwägen. Es war daher - wie in eben diesem Erk. festgestellt wurde - zumindest nicht denkunmöglich, wenn das einer GesmbH & Co. KG gewährte Darlehen, für das ein Kommanditist Sicherheit geleistet hat, wie ein Darlehen an eine Kapitalgesellschaft behandelt wurde, für das deren Gesellschafter Sicherheit leistet (§3 Abs 1 und 2 KapVStG vor Aufhebung des jeweils ersten Satzes durch die Erk. VfSlg. 5993/1969 und 6686/1972).

Bringt aber § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG - auf verfassungsrechtlich unbedenkliche Weise: VfSlg. 5165/1965, 5481/1967, 6269/1970, 6536/1971 und 6932/1972 - die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Geltung, so ist es auch nicht schlechterdings ausgeschlossen, für Kommanditisten, deren persönlich haftender Gesellschafter eine Kommanditgesellschaft ist, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört (sodaß der Komplementär aus einer Kapitalgesellschaft und Kommanditisten besteht, die ihrerseits gesellschaftsteuerrechtlich als Inhaber eines Gesellschaftsrechtes an einer Kapitalgesellschaft gelten), eine Gesetzeslücke anzunehmen, die nicht durch einen Umkehrschluß, sondern durch (analoge) Anwendung des § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG mit der Wirkung zu schließen ist, daß auch der Erwerb solcher Kommanditanteile gesellschaftsteuerpflichtig ist.

Die Entwicklung der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland kann offenkundig auch so gedeutet werden, daß der Gesetzgeber die Lücke dort selbst geschlossen hat. Es bleibt auch unerfindlich, warum die Vorgangsweise der Behörde dazu zwingen soll, selbst Beteiligungen stiller Gesellschafter an einer GesmbH & Co. KG als Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer Kapitalgesellschaft zu werten. Geht es doch immer nur um den Erwerb von Anteilen der Kommanditisten, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft oder ein ihr (nach § 6 Abs 1 Z 4 KapVStG) gleichzuhaltendes Rechtsgebilde gehört. Nur die Richtigkeit dieser Gesetzesauslegung kann fraglich sein.

Unter diesen Umständen kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH von einer Verletzung des Eigentumsrechtes nicht die Rede sein. Rechtswidrige generelle Normen wurden nicht angewendet. Da auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist, kann die Beschwerde als offenkundig unbegründet ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs 4 Z 1 und 2 VerfGG).