OGH vom 25.03.2014, 9ObA30/14y

OGH vom 25.03.2014, 9ObA30/14y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Harald Kohlruss in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei E***** M*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Bruckner, Rechtsanwalt in Schärding, wegen 8.438,81 EUR brutto sA (Revisionsinteresse: 7.329,75 EUR brutto sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil der Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 93/13z-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Der Kläger war bei der Beklagten von bis als Disponent beschäftigt. Der auf ihn anwendbare Kollektivvertrag für die Speditionsangestellten Österreichs lautet auszugsweise:

§ 7 Überstunden

...

5. Überstunden werden spätestens auf den der Leistung darauf folgenden Monat ausbezahlt.

6. Überstundenentlohnungen müssen binnen 3 Monaten nach dem Abrechnungszeitraum geltend gemacht werden, ansonsten erlischt der Anspruch.

Das Berufungsgericht erachtete die vom Kläger erstmals am geltend gemachten Überstunden für den Zeitraum April 2011 bis April 2012 überwiegend als verfallen. In seiner dagegen gerichteten Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht entgegen den erstgerichtlichen Feststellungen, wonach kein Abrechnungszeitraum vereinbart worden sei, seiner Entscheidung ohne Änderung der Tatsachengrundlage einen Abrechnungszeitraum von einem Kalendermonat zugrunde gelegt habe. Damit missversteht er aber das Berufungsgericht, das mit seiner diesbezüglichen Ausführung (Berufungsurteil S 11 f) offenkundig nur zum Ausdruck bringen wollte, dass die Überstunden des Klägers mangels einer anderen Vereinbarung einer monatlichen Abrechnung unterliegen. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird damit nicht begründet.

In diesem Zusammenhang ist aus dem Umstand, dass § 7 Abs 5 des Kollektivvertrags den Auszahlungszeitpunkt (Fälligkeit) der Überstundenentlohnung regelt und § 7 Abs 6 des Kollektivvertrags auf den Abrechnungszeitraum Bezug nimmt, für den Kläger nichts zu gewinnen. Denn das Berufungsgericht hat den Beginn der dreimonatigen Verfallsfrist ohnedies erst mit dem Ende des der Leistung darauf folgenden Monats und nicht schon mit dem Ende desjenigen Monats, in dem die Leistungen erbracht wurden, angenommen.

2. Dass das Führen eines auch noch so genauen Zeiterfassungssystems des Dienstgebers der Geltendmachung von Überstunden durch den Dienstnehmer nicht gleichzuhalten ist, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Zudem wurde im Dienstvertrag des Klägers ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Aufzeichnungen durch das Zeiterfassungssystem in den Niederlassungen der Beklagten lediglich der Anwesenheitskontrolle dienen und nicht zur Überstundenerfassung verwendet werden. Diesbezüglich liegt im Einwand der Beklagten des Verfalls der Überstunden auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben, weil sich generell erst aus der Geltendmachung der Überstunden durch den Dienstnehmer ergibt, ob und welche Ansprüche er begehrt. Das Berufungsgericht hat auch die daraus resultierende Anforderung einer spezifizierten Geltendmachung (vgl RIS Justiz RS0064908; 9 ObA 141/00a) richtig dargestellt und es in vertretbarer Weise als unzureichend erachtet, wenn der Kläger zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt lediglich erwähnte, dass „seine Überstunden“ bislang nicht bezahlt worden seien. Dass in all dem eine im Sinn der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0016688) übermäßige Erschwerung der Geltendmachung von Überstunden läge, ist nicht ersichtlich.

3. Richtig ist, dass eine Geltendmachung von Überstunden zum Ausschluss des Verfalls nicht mehr erforderlich ist, wenn die Überstunden bereits Bestandteil der Lohnabrechnung durch den Dienstgeber waren (s RIS Justiz RS0034435), weil der Dienstgeber die Überstunden dadurch für gewöhnlich untechnisch gesprochen bereits „anerkannt“ hat. Darauf kann sich der Kläger jedoch nicht berufen, weil seine Überstunden gerade nicht in den Lohnabrechnungen der Beklagten berücksichtigt wurden.

4. Nach Ansicht des Klägers müsse es im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung der Überstunden zu Lasten der Beklagten gehen, dass nicht feststellbar war, wann er zum ersten Mal die Abgeltung gefordert hatte. Da der Kläger in erster Instanz jedoch ausdrücklich erklärte, nicht vorzubringen, bei der Lohnverrechnung jemals Überstunden geltend gemacht zu haben (AS 59), weswegen auch eine Zeugeneinvernahme unterblieb (AS 67), ist die entsprechende Feststellung überschießend und damit unbeachtlich (RIS Justiz RS0037972 [T14]).

5. Da der Kläger insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die Revision zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00030.14Y.0325.000