OGH vom 29.05.2013, 9ObA30/13x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** A*****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, 1082 Wien, Rathausstraße 4, vertreten durch Dr. Alice Gao, Mag. Monika Keki Angermann, Rechtsanwältinnen in Wien, wegen 16.117,17 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 101/12t 17, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
1. Der als Pflegehelfer bei der Beklagten seit 2004 beschäftigt gewesene Kläger trat am einen von der Pensionsversicherungsanstalt wegen seiner Bandscheibenbeschwerden bewilligten dreiwöchigen Heilaufenthalt in einem Rehabilitationszentrum an, obwohl ihm die Beklagte zu diesem Termin eine entsprechende Dienstfreistellung versagt hatte. Er wurde deshalb entlassen.
Rechtliche Beurteilung
Zur Beurteilung des Berufungsgerichts, das die Entlassung des Klägers nicht als gerechtfertigt erachtete, besteht kein Korrekturbedarf:
2. Gemäß § 36 Abs 1 VBO 1995 ist der Vertragsbedienstete auf Antrag für die Dauer eines Kur oder Landaufenthalts, eines Aufenthalts in einem Genesungsheim oder Rehabilitationszentrum vom Dienst freizustellen, wenn dieser Aufenthalt zur nachhaltigen Festigung oder Besserung der Dienstfähigkeit erforderlich ist und (ua) ein Träger der gesetzlichen Sozialversicherung die Kosten des Aufenthalts trägt. Dass diese Voraussetzungen vorlagen, stellt die Beklagte nicht in Frage.
Zur Parallelbestimmung des § 79 Abs 1 BDG 1979 wurde im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/12/0087, ausgesprochen, dass sich bei Vorliegen der angegebenen Voraussetzungen ein Anspruch des Beamten auf diese besondere, als „Krankenstand“ zu wertende Dienstbefreiung ergibt. Ähnlich wurde in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 8 ObA 82/12k, darauf hingewiesen, dass auch Kur und Rehabilitationsaufenthalte, die helfen, den regelrechten Körper und Geisteszustand zu erhalten, zu bessern oder wiederherzustellen, unter den Krankheitsbegriff fallen.
3. Hinsichtlich der zeitlichen Einteilung der Dienstbefreiung wird der Anspruch des Arbeitnehmers durch § 36 Abs 2 VBO 1995 insofern beschränkt, als auf zwingende dienstliche Gründe Rücksicht zu nehmen ist. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof zur Parallelbestimmung des § 79 Abs 2 BDG 1979 ausgesprochen hat (; ua), dürfen unter zwingenden dienstlichen Gründen nur wesentliche und schwerwiegende dienstliche Erfordernisse verstanden werden, durch die der Dienstgeber gleichsam gezwungen wird, auf die Arbeitskraft des Bediensteten im entsprechenden Zeitraum nicht verzichten zu können.
Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, womit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet wird. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger den Termin seines Rehabilitationsaufenthalts einen Monat davor bekannt gegeben. Wenn das Berufungsgericht keine zwingenden dienstlichen Gründe für die Verweigerung der Dienstfreistellung erkennen konnte, weil die Beklagte zur Aufrechterhaltung ihres Dienstbetriebs für die Dauer von 22 Tagen neben der Anordnung von Überstunden auch auf (teureres) Pflegepersonal anderer Abteilungen oder aus dem Internet Pool des Spitals zurückgreifen konnte, so ist dies angesichts des gebotenen strengen Maßstabs vertretbar (vgl auch 9 ObA 88/95: Antritt eines Kuraufenthalts kein Entlassungsgrund).
4. Soweit sich die außerordentliche Revision auch gegen den teilaufhebenden Teil der Berufungsentscheidung richtet, ist sie mangels Zulassung des Rekurses jedenfalls unzulässig (§ 519 Abs 1 ZPO). Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.