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OGH vom 26.08.2008, 17Ob27/08g

OGH vom 26.08.2008, 17Ob27/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** KG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Klaus S*****, vertreten durch Mag. Bernd Moser, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 21.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 70/08h-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Rein beschreibend im Sinn des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstanden werden (4 Ob 38/06a - Shopping City; 17 Ob 1/07g - Wein & Co; 17 Ob 4/08z - intima; RIS-Justiz RS0066456, RS0117763). Dies ist der Fall, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (17 Ob 4/08z - intima mwN; RIS-Justiz RS0066456). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung geschützt (17 Ob 3/07a - immoeast; 17 Ob 27/07f - laendleimmo.at; RIS-Justiz RS0109431 [T3]).

1.2. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu den Schutzhindernissen des Art 7 GMV sind Marken beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit uä der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten (EuGH Rs 326/01 - Universaltelefonbuch Rn 33 mwN). Bei Wortmarken ist der normale Wortsinn, wie er sich aus Wörterbüchern oder ähnlichen Werken ergibt, heranzuziehen. Die Mehrdeutigkeit der Angabe ist für sich allein kein ausreichender Grund, den beschreibenden Charakter einer Marke zu verneinen, solange eine der Bedeutungen (oder auch mehrere) beschreibend ist. Daran ändert auch die Möglichkeit nichts, zur Kennzeichnung der jeweiligen Eigenschaft andere Bezeichnungen zu verwenden (EuGH Rs C-191/01 - Doublemint Rn 32; Rs C-265/00 - Biomild, Rn 38, 42; Rs C-363/99 - Postkantoor Rn 57, 97). Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu prüfen. Ihre Schutzfähigkeit ist als bloß beschreibend nur dann zu verneinen, wenn der Satz oder Satzteil nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthält, die sie beschreibt (EuGH Rs 517/99 - Bravo Rn 40; vgl Rs C-64/02 - Das Prinzip der Bequemlichkeit Rn 31 ff; 17 Ob 15/07s - we will rock you).

1.3. Ob ein Zeichen schutzfähig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und verwirklicht - grobe Fehlbeurteilung ausgenommen - keine erhebliche Rechtsfrage (17 Ob 3/07a; RIS-Justiz RS0121895).

2. Die Beurteilung der aus dem Lateinischen stammenden Sentenz „carpe diem" als nicht beschreibendes und daher kennzeichnungskräftiges Zeichen ua für Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen widerspricht den Grundsätzen dieser Rechtsprechung nicht.

2.1. Auch wenn der Sinngehalt von „carpe diem" den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist und die Wortfolge (auch von Gastgewerbebetrieben) häufig verwendet wird, folgt daraus nicht, dass damit Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen beschrieben würden.

2.2. Für der lateinischen Sprache entnommene Wörter oder Wortfolgen gilt nichts anderes als für fremdsprachige Wörter ganz allgemein. Ihr Sinngehalt ist maßgebend, wenn er im Inland einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs bekannt ist. Das Fehlen einer Rechtsprechung zum beschreibenden Charakter von lateinischen Wörtern außerhalb der Pharmabranche vermag daher noch keine erhebliche Rechtsfrage zu begründen.

2.3. „Carpe diem" mag, wie der Rechtsmittelwerber geltend macht, ein Lebensgefühl und eine Einstellung beschreiben. Daraus folgt aber nicht, dass die Wortfolge für „praktisch alle Dienstleistungsklassen" beschreibend wäre.

2.4. Ob Gastwirte in ganz Europa „carpe diem" in der Werbung für ihre Dienstleistungen verwenden, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Maßgebend ist der Gebrauch in Österreich, weil die Klägerin ihren Anspruch auf inländische Marken stützt. Im Übrigen kann der beschreibende Charakter eines Wortes oder einer Wortfolge für bestimmte Dienstleistungen nicht aus der häufigen Verwendung abgeleitet werden, wenn es sich dabei um eine Werbeaussage handelt, die die Inanspruchnahme der Dienstleistung zwar empfehlenswert erscheinen lässt, zu deren Art oder Beschaffenheit aber keine Angabe enthält.