OGH vom 28.11.2005, 9ObA150/05g

OGH vom 28.11.2005, 9ObA150/05g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Slavko Z*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Thomas Mader, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Hrvatske Zeljeznice d.o.o. (Kroatische Eisenbahnen GmbH), Mihanoviceva 12, 10000 Zagreb, Kroatien, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 190.805,51 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 83/05k-47, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 21 Cga 74/03k-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem Zuspruch von EUR 123.455,77 samt 8 % Zinsen aus EUR 45.899,83 seit , 8 % Zinsen aus EUR 14.966,61 seit und 8 % Zinsen aus EUR 62.589,33 seit als Teilurteil bestätigt wird, wird darüber hinaus, somit hinsichtlich des auf Urlaubsersatzleistung und Abfertigung entfallenden Betrages von EUR 67.349,77 sA, aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt in Ansehung des Teilurteils der Endentscheidung vorbehalten; darüberhinaus sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1957 zunächst Bediensteter der jugoslawischen Eisenbahnen und anschließend bei der Beklagten beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag wurde in Kroatien abgeschlossen. Zunächst war eine Tätigkeit des Klägers auch nur in Kroatien beabsichtigt.

Mit Wirkung ab wurde er als Repräsentant der Beklagten nach Wien entsandt. Sein Monatsgehalt betrug zuletzt EUR 4.988,87 brutto. Auf Grund seiner Ernennung zum Vertreter übersiedelte er ab nach Wien, wo er seitdem auch wohnt. Er erhielt sein Gehalt aus Kroatien zunächst regelmäßig auf ein Gehaltskonto in Wien überwiesen. Daneben erhielt regelmäßige Beträge auf ein Spesenkonto überwiesen, aus denen er die Kosten für die Vertretung und die Kosten der Tochtergesellschaft der Beklagten „K***** GmbH" mit dem Sitz in Wien bestritt. Neben seiner Funktion als Repräsentant der Beklagten war der Kläger auch Geschäftsführer dieser GmbH, deren einzige Gesellschafterin die Beklagte ist.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten war vereinbart, dass diese die Miete seiner Wiener Wohnung bezahlt. Daneben behielt der Kläger auch seine Wohnung in Zagreb. Gelegentlich fuhr er auch über das Wochenende dorthin, um private Angelegenheiten zu erledigen.

In Wien mietete der Kläger zunächst eine Wohnung in 1010 Wien, *****, 1997 übersiedelte er in die ***** in 1100 Wien. Er schickte der Beklagten jeweils Kopien dieser Mietverträge, sodass diese über seine jeweiligen Wohnorte informiert war.

Das Büro der Beklagten befand sich in einem Gassenlokal in der Operngasse 5, 1010 Wien. Die Vertretung der Beklagten teilte dieses Lokal mit der kroatischen Fremdenverkehrsagentur. Während letztere den Erdgeschossbereich nutzte, befand sich das Büro des Klägers in einem durch eine Zwischendecke gebildeten Obergeschoss. Mieter des Lokales war die Kroatische Eisenbahn Transport GmbH.

Im Laufe des Jahres 2001 stellte die Beklagte die Zahlung der Spesen für die Repräsentanz an den Kläger ein. Er konnte schon im letzten Quartal 2001 verschiedene Aufwendungen nicht mehr bezahlen, sodass das Büro nicht mehr gereinigt werden konnte und das Telefon abgeschaltet wurde. Ende des Jahres 2001 zog auch die Kroatische Fremdenverkehrsagentur aus dem Büro aus, danach war der Kläger nur mehr alleine dort tätig. Er wandte sich wiederholt an die Beklagte und ersuchte um Überweisung der Spesen. Im Dezember 2001 schrieb er auch einen diesbezüglichen Brief, erhielt aber darauf keine Antwort. Am fasste das Direktorium der Beklagten einen Beschluss, der dem Kläger am ausgefolgt wurde und wie folgt lautete:

„Slavko *****, Dipl. Oec, wird seines Amtes als Vertreter der HZ (Anmerkung: = der Beklagten) in der Vertretung der HZ in Wien abberufen. Dem geschäftsführenden Direktor der HZ Cargo wird aufgetragen, dem oben Genannten den Abschluss eines Dienstverhältnisses über einen entsprechenden Arbeitsplatz im Dienstbereich der HZ Cargo anzubieten. Dieser Beschluss tritt am Tage seiner Beschlussfassung in Kraft." Der Kläger wartete von da an darauf, dass ihm von der Beklagten entsprechend diesem Beschluss ein Anbot der HC Cargo unterbreitet bzw ihm ein neuer Dienstort zugewiesen würde. Er verrichtete daher während der Folgemonate weiterhin seinen Dienst im Geschäftslokal in Wien. Dieses geriet in einen zunehmend schlechteren Zustand, weil es nicht gereinigt wurde, Strom und Telefon nicht bezahlt wurden und das Erdgeschoss unbesetzt war. Der Kläger verließ dieses Lokal, um von der Post aus Telefongespräche zu erledigen oder zum Mittagessen zu gehen. Er war in seiner Eigenschaft als Repräsentant der Beklagten weiterhin Ansprechpartner des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse und stand im geschäftlichen Kontakt mit den Österreichischen Bundesbahnen. Vertreter der Beklagten hielten sich zwar regelmäßig in Österreich auf, suchten aber keinen Kontakt zum Kläger. Dieser leitete zahlreiche Schreiben, die er als Vertreter der Beklagten erhielt, an diese weiter. Im März 2002 erhielt er sein letztes Gehalt, danach erfolgten keine Zahlungen der Beklagten mehr. Der Kläger übersiedelte daher im Mai 2002 in eine preisgünstigere Wohnung in Wien. Er erteilte der Post einen Nachsendeauftrag von der bisherigen Wohnung an seine neue Adresse, sodass sämtliche Sendungen, welche an die alte Adresse adressiert waren, in die neue Wohnung nachgesendet wurden. Mit einem Schreiben vom forderte die Beklagte den Kläger auf, sich am um 8.00 Uhr zur Arbeit an der Adresse der Beklagten in Zagreb einzufinden. Die Nichtbefolgung dieses Auftrages werde als Verletzung der Dienstpflichten angesehen. Dieses Schreiben war an die Generalvertretung der Kroatischen Eisenbahnen, Operngasse 5, 1010 Wien, adressiert und wurde dem Unternehmen „DHL" zur Zustellung übergeben. Als „Kontaktperson" wurde auf dem Auftragsschein „Mister Slavko Z*****" angegeben. Diese Sendung wurde von DHL Wien am 26. 3. an die Beklagte zurückgestellt, wobei der Grund für die Rückstellung nicht ersichtlich ist. Der Kläger war vom 19. bis täglich im Lokal Operngasse 5 anwesend. Zwar war die Türe versperrt, weil sich der Kläger wie üblich im Obergeschoss aufhielt, doch war es möglich, Sendungen oder Hinterlegungsanzeigen durch einen Spalt zwischen der Türe und dem Türstock einzuwerfen. Dass dies erfolgt wäre, kann jedoch nicht festgestellt werden. In der Zeit vom 25. 3. bis 26. 4. und vom 21. 5. bis 21. 6. und 1. 7. bis befand sich der Kläger wegen eines Bandscheibenvorfalls im Krankenstand. Auf Grund dieser Umstände reiste er auch nicht, wie sonst fallweise, nach Zagreb. Im April 2002 übergaben die zuständigen Personen der Beklagten einer Juristin der Personalabteilungen Zagreb die Angelegenheit. Diese erhielt aber nicht den gesamten Personalakt des Klägers, sondern lediglich die Unterlagen betreffend seine Abberufung und das Anbot eines neuen Arbeitsvertrages sowie die Weisung, nach Zagreb zu kommen, um dort den Dienst anzutreten. Die Juristin kannte daher die Wiener Adresse des Klägers nicht, sondern nur diejenige der Repräsentanz in der Operngasse und die Adresse des Klägers in Zagreb. Sie versuchte dann weitere Zustellungen an der Adresse des Klägers in Zagreb vorzunehmen. Am fasste das Direktorium der Beklagten den Beschluss, wonach „dem Dienstnehmer Slavko Z***** .... der Dienstvertrag wegen besonders schwerer Verstöße im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis - unberechtigtes Fernbleiben vom Dienst seit - ohne Recht auf eine Kündigungsfrist aufgekündigt wird und das Dienstverhältnis des Dienstnehmers mit dem Tag der Zustellung dieser Kündigung endet". Die Zustellung dieser außerordentlichen Auflösung des Dienstverhältnisses wurde - erfolglos - nur an der Zagreber Adresse des Klägers versucht und wurde dann am auf der Ankündigungstafel der Beklagten in Zagreb ausgehängt. Von all diesen Zustellversuchen erfuhr der Kläger nichts.

Im April 2002 telefonierte der Kläger anlässlich seines ersten der zuvor genannten Krankenstände mit der Beklagten und teilte dort seinen Krankenstand mit. Dabei wurde ihm nichts davon gesagt, dass ihm bereits ein neuer Dienstvertrag angeboten worden sei und er sich zum Dienst in Zagreb melden solle.

Im Juni 2002 richtete der Kläger nochmals ein Schreiben an die Beklagte, in welchem er darauf hinwies, dass er kein Geld mehr für die Spesen habe, das Lokal nicht gereinigt werde, der Briefkasten zerstört sei und dass er seinen Lohn nicht erhalten habe und forderte daher die Beklagte auf, ihre Pflichten als Dienstgeber wahrzunehmen. Am richtete der Kläger erneut ein Schreiben an die Beklagte, in dem er sinngemäß ersuchte, ihm seinen neuen Dienstort bekannt zu geben. Er teilte auch seine neue Adresse mit.

Bis November 2002 blieb der Kläger als Geschäftsführer der Kroatischen Eisenbahnen Transport GmbH im Firmenbuch eingetragen. In weiterer Folge wurden Gespräche über eine außergerichtliche Bereinigung des Streitfalles zwischen den Parteien geführt. Da diese zu keinem Ergebnis führten, erklärte der Kläger schließlich mit Schreiben vom seinen vorzeitigen Austritt wegen Entgeltvorenthaltens.

Am brachte der Kläger beim Kreisgericht Zagreb eine Klage gegen die Beklagte ein, in welcher er die Aushändigung der Entscheidung über die außerordentliche Aufkündigung, die Nichtigerklärung derselben, die Zuteilung eines verantwortungsvollen Arbeitspostens, eine Gehaltszahlung und Kostenersatz begehrte. Es kann nicht festgestellt werden, in welchem Stadium sich dieses Verfahren befindet.

In den Jahren 2000, 2001 und 2002 erhielt der Kläger keine Sonderzahlungen. Urlaubs-, Abwesenheitsevidenz und Zeiterfassung über den Kläger werden in Zagreb geführt.

In Entsprechung des Art 123 des kroatischen Gesetzes über die Arbeit erließ die Beklagte eine Arbeitsordnung, deren Art 157 lautet: „Zustellungen an den Arbeitnehmer von Entscheidungen, Mitteilungen und anderen Schriftstücken, die dessen Rechte und Pflichten betreffen, haben in der Regel durch direkte Übergabe an den Arbeitnehmer zu erfolgen, unter Aufzeichnung des Zustelldatums und Einholung der Unterschrift des Arbeitnehmers, durch die die Übernahme bestätigt wird. Zustellungen können auch im Postweg an die Adresse erfolgen, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitgeteilt hat.

Falls der Arbeitnehmer die Übernahme der Sendung verweigert oder die Adresse unbekannt ist, hat die Zustellung durch Aushang an der Ankündigungstafel des Dienstgebers zu erfolgen. Nach Ablauf von 8 Tagen seit dem Anschlag gilt die Zustellung als bewirkt".

Mit seiner Klage begehrte der Kläger (nach einer Einschränkung vom ) die Zahlung folgender Beträge: Bezug April 2002 bis Dezember 2002 EUR 44.899,83; Bezug Jänner 2003 bis EUR 14.966,61, Urlaubs- und Weihnachtsgeld aliquot Jänner bis März 2003 EUR 2.494,43, Urlaubsentschädigung 2003 („für 6 Wochen") EUR 7.483,30, Urlaubsgeld 2000 bis 2002 EUR 14.966,61, Weihnachtsgeld 2000 bis 2002 EUR 14.966,61, Kündigungsentschädigung 1. 4. bis einschließlich Sonderzahlungen EUR 34.922,09 und Abfertigung (12 Bezüge) EUR 59.866,44 sowie die Miete für eine Dienstwohnung in der Zeit von Mai 2002 bis September 2003 in Höhe von EUR 6.239,59. Obwohl die Summe dieser Beträge EUR 200.805,51 ergibt, schränkte der Kläger sein Begehren auf nur EUR 190.805,51 sA ein, sodass vom Erstgericht auch nur dieser Betrag - vom Kläger unangefochten - zuerkannt wurde.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt dessen Berechtigung dem Grund nach. Die Entsendung des Klägers nach Österreich sei im Jänner 2002 beendet worden, danach hätte er wieder seinen Dienst in Zagreb antreten müssen. Auf Grund seiner Weigerung, dies zu tun, sei er per entlassen worden. Weil direkte Zustellversuche an der der Beklagten bekannten Adresse der Klägers fehlgeschlagen seien, habe man ihm die Entlassung durch Aushang an der Ankündigungstafel am Sitz der Beklagten am wirksam zugestellt. Zur Urlaubsersatzleistung brachte die Beklagte vor, dass diese - wenn überhaupt - auch im Fall eines Austritts des Klägers nur anteilig zustehe (AS 37). Zur Abfertigung wendete die Beklagte konkret ein, dass diese bestritten werde und „insbesondere wegen seiner Entlassung „nicht zustehe" (AS 39). Die Beklagte wendete ausdrücklich ein, dass kroatisches Arbeitsrecht anzuwenden sei, was der Kläger zunächst im Hinblick auf eine mögliche Schlechterstellung gegenüber dem inländischen (= österreichischen) Recht bestritt (AS 61). Die Beklagte hielt ihren diesbezüglichen Einwand aufrecht (AS 71 f).

In der Folge (AS 103) brachte der Kläger lediglich vor, dass eine Entlassung weder nach kroatischem noch nach österreichischem Recht zulässig gewesen sei. Infolge seines Dienstortes in Österreich stehe ihm zu, genauso entlohnt und gleich behandelt zu werden wie ein österreichischer Dienstnehmer.

Das Erstgericht gab dem (eingeschränkten) Klagebegehren Folge.

Ausgehend davon, dass der Dienstvertrag zwischen den Streitteilen in Kroatien abgeschlossen und zunächst lange Jahre auch nur dort erfüllt worden sei, sei die Entsendung des Klägers nach Wien nur eine vorübergehende gewesen. Es sei daher kroatisches Arbeitsrecht anzuwenden. Die Zustellung der Entlassung nach Art 157 der Arbeitsordnung der Beklagten sei nicht wirksam gewesen, weil die Adresse des Klägers bekannt gewesen sei und dieser eine Übernahme nie verweigert habe. Da er nie eine Abberufung nach Zagreb erhalten habe, sei er auch nicht verpflichtet gewesen, dorthin zurückzukehren, zumal ihm ja weder ein neuer Arbeitsort, noch der Beginn einer anderen Tätigkeit bekannt gegeben worden sei.

Gemäß Art 107 des Gesetzes über die Arbeit stehe dem Arbeitnehmer die Kündigung eines auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der vorgeschriebenen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist (außerordentliche Kündigung) zu, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umständen und Interessen beider Vertragsparteien wegen einer besonderen schweren Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis oder eines anderen besonders wichtigen Tatbestandes unmöglich sei.

Dem Kläger könne mangels Verständigung von seiner Abberufung eine Verletzung des Arbeitsvertrags nicht vorgeworfen werden. Es sei ihm auch die außerordentliche Kündigung niemals zugegangen. Das Arbeitsverhältnis sei während des gesamten Jahres 2002 und darüber hinaus aufrecht geblieben. Demgegenüber sei der Beklagten die Nichtzahlung des Entgeltes über rund ein Jahr als besonders schwere Verletzung der Pflicht nach dem Arbeitsvertrag vorzuhalten. Der Kläger sei daher zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen. Gemäß Art 107 Abs 3 des Gesetzes über die Arbeit habe der Kläger Anspruch auf Kündigungsentschädigung. Gemäß Art 118 des Gesetzes über die Arbeit stehe dem Kläger darüber hinaus auch ein Anspruch auf Abfertigung zu.

Ein erst in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung von der Beklagten erhobenes Vorbringen betreffend eine Gegenforderung wies das Erstgericht gemäß § 179 ZPO zurück.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Wie das Erstgericht vertrat es die Rechtsauffassung, dass der Kläger berechtigt vorzeitig das Arbeitsverhältnis wegen Nichtbegleichung erheblicher Entgeltansprüche aufgelöst habe. Es verneinte die Wirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Entlassung. Die Beklagte habe, obwohl ihr dies unschwer möglich gewesen wäre, das Klagebegehren der Höhe nach nicht qualifiziert bestritten, sodass die Anwendung des § 267 ZPO zulässig gewesen sei. Mit dem von der Beklagten in der Berufung erhobenen Einwand, dass eine Urlaubsersatzleistung nur anteilig gewährt werden könne und eine Abfertigung (Abfindung) nach dem anzuwendenden kroatischen Recht nicht zulässig sei, setzte sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Es sprach aus, dass die Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klageabweisung, in eventu mit einem Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

Zur behaupteten Mangelhaftigkeit wegen Nichtberücksichtigung der Gegenforderung: In diesem Zusammenhang übersieht die Revisionswerberin, dass diesbezügliches Vorbringen gemäß § 179 ZPO vom Erstgericht zurückgewiesen worden ist und ein daraus abgeleiteter Mangel des Verfahrens erster Instanz vom Berufungsgericht verneint wurde. Derartige vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel können aber nicht erneut in der Revision geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 3).

Vorweg ist den Vorinstanzen dahin beizupflichten, dass auf das vorliegende Rechtsverhältnis kroatisches materielles Arbeitsrecht Anwendung zu finden hat. Wenn man davon ausgeht, dass das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten tatsächlich ein durchgehendes war, wäre § 37 ABGB anzuwenden, zumal das ua diese Bestimmung aufhebende IPRG mit in Kraft getreten ist und keine Rückwirkung vorgesehen hat (RIS-Justiz RS0008744). Da, wie festgestellt, der Dienstvertrag zunächst in Jugoslawien bzw dann in Kroatien zu erfüllen gewesen wäre, war demnach für den von einem Ausländer mit einem Ausländer abgeschlossenen Dienstvertrag das Recht des Dienstortes maßgebend (RIS-Justiz RS0009273). Eine Ausnahme in dem Sinn, dass der Arbeitsvertrag nur in Österreich zu erfüllen gewesen wäre (Arb 7369; SZ 24/93) liegt hier nicht vor.

Wenn man davon ausgehen wollte, dass - ebenfalls lange vor der Entsendung - ein neuer Vertrag mit der selbständig gewordenen kroatischen Eisenbahngesellschaft eingegangen worden ist, hätte dies im zeitlichen Geltungsbereich des IPRG stattgefunden. Dieses sah in seinem § 44 Abs 1 vor, dass Arbeitsverträge nach dem Recht des Staates zu beurteilen sind, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet. Nach Satz 2 dieser Bestimmung bleibt dieses Recht auch maßgebend, wenn der Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsort in einem anderen Staat entsandt wird.

Erwägen könnte man auch noch die Anwendung des für Österreich mit in Kraft getretenen EVÜ. Der ausdrückliche Wortlaut des Art 17 EVÜ scheint zwar eine Anwendung dieses Übereinkommens nur auf Verträge zu erlauben, die nach seinem Inkrafttrten geschlossen wurden; Doch wird - vor allem unter Berufung auf deutsche Judikatur und (geteiltes) deutsches Schrifttum - auch die Meinung vertreten (Verschraegen in Rummel ABGB II3 § 50 IPRG Rz2 iVm Art 17 EVÜ Rz 3), dass es sachgerechter sei, auch schon bestehende Dauerschuldverhältnisse wegen ihrer Fortwirkung in die Zukunft dennoch dem neuen Kollisionsrecht zu unterstellen. Ob diese Ansicht zutrifft, braucht hier nicht geprüft zu werden, weil im vorliegenden Fall die Anwendung des EVÜ zum selben Ergebnis führen würde wie die früher geltenden Kollisionsnormen: Art 6 Abs 2 lit a EVÜ sieht nämlich für alle Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse von Einzelpersonen das Recht des Staates als maßgeblich an, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist. Der Kläger hat nicht einmal behauptet, dass seine Zuteilung nach Wien keine bloß vorübergehende gewesen sei und bestritt auch gar nicht die Zulässigkeit seiner Rückberufung. In seiner Bestreitung der Anwendbarkeit des kroatischen Arbeitsrechtes beschränkte er sich vielmehr auf den - nicht relevanten - Einwand, dass „dies eine Schlechterstellung des Klägers gegenüber österreichischen Arbeitnehmern bedeuten würde, sodass im Ergebnis österreichisches Arbeitsrecht anzuwenden sei" (AS 61). Demgegenüber können nicht zuletzt sowohl das Beibehalten der Wohnung in Kroatien als auch die durch die Beklagte vorzunehmende Finanzierung der Wiener Wohnung des Klägers als Indizien für eine nur vorübergehende Zuteilung gewertet werden.

Die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagten die Wiener Adressen des Klägers bekannt waren, sodass Zustellungen an seiner Adresse in Zagreb von Anfang an keine Zustellwirkung entfalten konnten. Richtig ist auch die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Kläger eine Zustellung weder im Geschäftslokal noch an seiner Privatadresse verhindert hatte. Damit konnte auch die von der Beklagten durch Anschlag zugestellte Entlassungserklärung keine rechtliche Wirkung entfalten. Auch hinsichtlich der Pflichtverletzung der Beklagten durch Vorenthalten des Entgeltes kann auf die diesbezüglich zutreffende Begründung im Urteil des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Kläger hat somit Anspruch auf Bezahlung der begehrten - nicht qualifiziert bestrittenen - Beträge, die sich aus den Bezügen für April bis Dezember 2002 und Jänner bis März 2003, aus den Sonderzahlungen für die Jahre 2000 bis 2003 sowie für Jänner bis März 2003, aus der Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1.4. bis und den vom Kläger von Mai 2002 bis September 2003 getragenen Mietentgelten ergeben, soweit diese in der Klagssumme Deckung finden (ds zusammen EUR 123.455,77).

Berechtigt ist das Vorbringen der Beklagten jedoch dahin, dass die Ansprüche hinsichtlich Urlaubsersatzleistung für 2003 und Abfertigung (Abfindung) noch nicht spruchreif sind.

Der Kläger begehrte einen Betrag von 7.483,30 EUR an Urlaubsentschädigung für das Jahr 2003. Dagegen wendete die Beklagte ein (AS 37), dass eine Urlaubsentschädigung, wenn überhaupt, nur anteilig zustehe. Damit ergibt sich aber kein Anwendungsbereich für § 267 ZPO mehr, weil dieser Anspruch auch dem Grunde nach bestritten war und daher der Kläger verhalten gewesen wäre, darzutun, auf welche rechtliche Grundlage (des kroatischen Rechtes) er diesen Anspruch stützt. Eine notwendige Erörterung dieses Umstandes ist jedoch durch die Vorinstanzen unterblieben.

Ein Arbeitnehmer, der Partei eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist, und dem der Arbeitgeber nach zwei Jahren ununterbrochener Arbeit kündigt, hat gemäß Art 118 Abs 1 des kroatischen Gesetzes über die Arbeit Anspruch auf eine Abfindung. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung lässt sich daher noch nicht der Schluss ziehen, dass eine Abfindung auch im Falle des - berechtigten - vorzeitigen Austrittes des Arbeitnehmers zusteht. Nach einzelnen Literaturmeinungen (- die folgenden Zitate erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit -) besteht jednefalls bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers kein Anspruch auf Abfindung. Nach Ivica Crnic, Kommentar zum Gesetz über die Arbeit, Zagreb 1999, 273, hat der Arbeitnehmer, der den Arbeitsvertrag kündigt, keinen Anspruch auf Abfertigung aus dem Arbeitsverhältnis. Ähnlich schreibt Marijan Ruzdjak in seinem Aufsatz „Abfertigungszahlung und andere Ersatzansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" in „Aktuelle Fragen der kroatischen Gesetzgebung und Rechtspraxis", Zagreb 1999, 309: „Wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag kündigt, hat er keinen Anspruch auf Abfertigung, ohne Rücksicht darauf, aus welchem Grund er den Arbeitsvertrag kündigt." Von diesem Grundsatz ist auch das Gespanschaftsgericht in der Rechtssache GZ 299/98 (RspSlg 1/98-94) ausgegangen. Auch dieses Problem wurde mit den Parteien des Verfahrens bislang noch nicht erörtert, sodass eine Entscheidung in der Sache durch das Revisionsgericht überraschend wäre. Dazu kommt noch, dass die Rechtsfragen betreffend Urlaubsersatzleistung und Abfindung, wie schon erwähnt, derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden können, weil noch Ermittlungen im Sinne des § 4 Abs 1 IPRG mit den dort vorgesehenen Methoden erforderlich sind. Im Hinblick auf die notwendige Erörterung mit den Parteien erweist sich daher die Zurückweisung der Rechtssache mit dem Ermittlungsauftrag an das Erstgericht als am Zweckmäßigsten (JBl 1980, 600; 7 Ob 626/95).

Die Kostenvorbehalte gründen sich auf § 392 Abs 2 ZPO bzw § 52 Abs 2 ZPO.