VfGH vom 14.03.2007, B405/05
Sammlungsnummer
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Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der zu B405/05 beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- und der zu B406/05 beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B405/05 und B406/05 Beschwerden zweier Ziegelherstellungsunternehmen gemäß Art 144 B-VG anhängig, die sich gegen Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wenden, mit denen den beschwerdeführenden Gesellschaften - unter Berufung ua. auf § 13 Abs 4 Emissionszertifikategesetz (EZG) und § 4 Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005 - jeweils für eine namentlich genannte Anlage für den Zeitraum 2005 bis 2007 eine bestimmte Anzahl von Emissionszertifikaten zugeteilt wird. Es handelt sich dabei einerseits um das Ziegelwerk M Aschach und andererseits um die Anlage H Götzis.
2. Die beschwerdeführenden Gesellschaften erachten sich beide durch die von ihnen bekämpften Zuteilungsbescheide in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, in concreto der Bestimmungen des EZG, der Zuteilungsverordnung und des Nationalen Zuteilungsplanes für Österreich gemäß § 11 EZG, verletzt und beantragen jeweils die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerden beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die vorliegenden, gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen, zulässigen Beschwerden erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G138-142/05, V97-101/05 ua., die Bestimmung des § 13 Abs 4 EZG, BGBl. I 46/2004, als verfassungswidrig und die Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005, (zur Gänze) als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG und Art 139 Abs 6 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes bzw. die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als rechtswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art 140 Abs 7 B-VG bzw. Art 139 Abs 6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein ().
3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren begann am . Die vorliegenden Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, waren also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; die ihnen zugrunde liegenden Fälle sind somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung sowie die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles (im Hinblick auf die Novelle zum EZG BGBl. I 171/2006) nicht ausgeschlossen, dass deren Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien im Ergebnis nachteilig war.
Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung und einer rechtswidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den jeweils zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten.