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OGH 27.01.2016, 9ObA148/15b

OGH 27.01.2016, 9ObA148/15b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** K*****, vertreten durch Dr. Gottfried Kassin, Rechtsanwalt in St. Veit/Glan, gegen die beklagte Partei P***** AG, *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Mag. Marko MacKinnon, Rechtsanwälte in Wien, wegen 9.134,91 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 29/15m-40, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit im Sinn des § 27 Z 1 letzter Fall AngG fällt jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS-Justiz RS0029547). Ob dies zutrifft, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann (s RIS-Justiz RS0029547 [T40]; RS0029095 [T18] ua). Das ist auch hier nicht der Fall.

Die Vorinstanzen erachteten die Entlassung der Klägerin als gerechtfertigt, weil sie als Filialleiterin die der Zentrale übermittelten Zeitaufzeichnungen bezüglich einer Mitarbeiterin weisungswidrig nicht vollständig ausgefüllt (kein Eintrag der Pflegefreistellung der Mitarbeiterin) und entgegen der formularmäßigen Vorgabe ohne Kenntnis der Mitarbeiterin auch für diese unterschrieben hatte.

In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision meint die Klägerin, die Beklagte habe sich zunächst nur auf die Unterfertigung der Arbeitsaufzeichnungen für Juli 2012 bezogen und die Unterfertigung der Aufzeichnungen für August 2012 erst im Verfahren nachgeschoben. Ungeachtet dessen, dass derartiges nicht dem festgestellten Sachverhalt entspricht, ist es auch zulässig, wenn der Arbeitgeber im Prozess weitere Entlassungsgründe geltend macht (s RIS-Justiz RS0029131).

Dass die Klägerin das Zeiterfassungsblatt für die Mitarbeiterin - wie auch für sich selbst - lediglich mit den Vornamen unterzeichnet hatte, ändert nichts an dem der Beklagten dadurch fälschlich vermittelten Eindruck, dass die Datenaufzeichnung und -übermittlung vom Wissen und Wollen der Mitarbeiterin getragen war, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall war. Gründe dafür, warum die Lohnverrechnung die Echtheit und Richtigkeit der ihr übermittelten Daten ohne weiteren Anlass nachzuprüfen gehabt hätte, sind hier nicht ersichtlich, zumal eine Vorgangsweise wie jene der Klägerin das Entdecken fehlerhafter Arbeitsaufzeichnungen erschwert. Bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Aufzeichnungen, kommt es im Hinblick auf eine Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin auch nicht darauf an, dass sie nachträglich hätten korrigiert werden können. Das Vorbringen der Klägerin, dass keine wesentlichen Interessen der Beklagten beeinträchtigt worden seien, ist insofern nicht verständlich, als ihr Verhalten schon die Gefahr ungewollter Lohnverkürzungen und für den Fall eines arbeitsrechtlichen Streits die Gefahr eines unrichtigen Beweismittels in sich barg. Schließlich stützt es ihren Standpunkt nicht, dass die Filialleiterstellvertreterin die Aufzeichnungen vor Versendung an die Zentrale auf ihre Richtigkeit zu prüfen und entsprechende Änderungen vorzunehmen gehabt hätte, weil die Aufzeichnungen für die Stellvertreterin hier keinen Anlass zu Nachprüfungen boten.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Arbeitsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00148.15B.0127.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAD-98540