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VfGH vom 23.06.2005, B393/04

VfGH vom 23.06.2005, B393/04

Sammlungsnummer

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Spruch

Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer Rechtsvertreter je die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerinnen sind jeweils Alleineigentümerinnen zweier aneinander grenzender Grundstücke in Innsbruck. Mit Anträgen vom (B393/04) bzw. (B448/04) suchten sie um Baubewilligungen zur Errichtung eines Wohnhauses auf ihren Grundstücken an. Zu diesem Zeitpunkt stand für beide Grundstücke der Verbauungsplan Nr. 51/S aus dem Jahre 1964 und - laut Flächenwidmungsplan Nr. HA-F1 (rechtskräftig seit ) - die Widmung "Wohngebiet" in Geltung. Mit trat der allgemeine Bebauungsplan HA-B2 für die betroffenen Grundstücke in Kraft. Die Anträge auf Erteilung der Baubewilligung wurden mit Bescheiden vom September 2003 abgewiesen. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit Berufungsbescheiden des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 6. Februar bzw. unter Berufung auf § 26 Abs 3 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), Anlage zur Kundmachung der Landesregierung über die Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. für Tirol 2001/94, iVm §§54 Abs 5, 113 Abs 1 zweiter Satz Tiroler Raumordnungsgesetz 2001 (TROG 2001), Anlage zur Kundmachung der Landesregierung über die Wiederverlautbarung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. für Tirol 2001/93, als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die vorliegenden, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide beantragt wird. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass für den Fall, dass nur ein allgemeiner, nicht aber auch ein ergänzender Bebauungsplan vorliegt, die Bürger der Willkür der Behörden ausgesetzt seien und hoffen müssten, dass die Behörden auch einen ergänzenden Bebauungsplan erlassen. Der Umstand, dass eine Baubewilligung erlassen werden könne, wenn weder der allgemeine noch der ergänzende Bebauungsplan vorliegt, nicht allerdings wenn nur der allgemeine Bebauungsplan vorliegt, stelle eine verfassungswidrige Willkür dar, zumal hier eine Differenzierung zu Lasten des Baubewerbers vorgenommen werde, welche sachlich nicht gerechtfertigt sei.

3. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. 1. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art 140 Abs 1 B-VG mit Beschluss vom ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 54 Abs 3 und 5, des § 113 Abs 1 sowie der Wortfolge "nach Abs 1 erster Satz" in § 113 Abs 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001), Anlage zur Kundmachung der Landesregierung über die Wiederverlautbarung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. für Tirol 2001/93, sowie der Wortfolgen "§54 Abs 5," und "oder § 113 Abs 1 zweiter Satz" in § 26 Abs 3 litc der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), Anlage zur Kundmachung der Landesregierung über die Wiederverlautbarung der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. für Tirol 2001/94, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom , G178-181/04, hat der Verfassungsgerichtshof § 113 Abs 1 zweiter Satz TROG 2001 sowie die Wortfolge "oder § 113 Abs 1 zweiter Satz" in § 26 Abs 3 litc TBO 2001 als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die belangte Behörde hat daher eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerinnen nachteilig war. Die Beschwerdeführerinnen wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist je eine Eingabegebühr in Höhe von € 180,-

sowie Umsatzsteuer in Höhe von je € 360,- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Fundstelle(n):
YAAAD-98413